Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.03.2012, Az. V ZR 115/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8320

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
115/11
Verkündet am:

9. März 2012

Langendörfer-Kunz

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachträglicher Leitsatz

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] Art. 3 Abs. 3; [X.] § 903 Satz 1; A[X.] § 19 Abs. 1 Nr. 1, §
21
a)
Hat sich ein Hotelbetreiber vertraglich verpflichtet, einen Gast zu beherbergen, bedarf die Erteilung eines Hausverbots der Rechtfertigung durch besonders ge-wichtige Sachgründe.
b)
Hat sich ein Hotelbetreiber die Entscheidung darüber vorbehalten, [X.] er als Gast aufnimmt, ist er in seiner unternehmerischen Entscheidung frei, ob und unter wel-chen Voraussetzungen er anderen den Aufenthalt in seinen Räumen gestattet; die Erteilung eines Hausverbots muss in diesem Fall nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden.

[X.], Urteil vom 9. März 2012 -
V [X.] -
OLG Brandenburg

LG [X.] (Oder)

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren auf-grund der bis zum 17.
Februar 2012 eingereichten Schriftsätze durch den [X.] [X.] Prof.
Dr.
Krüger, die [X.]in Dr.
Stresemann, den [X.] Dr.
Czub und die [X.]innen Dr.
Brückner und [X.]
für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 1.
Zivilsenats des [X.] vom 18.
April
2011 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Ertei-lung des Hausverbots für den [X.]raum vom 6.
bis zum 10.
De-zember 2009 ohne Erfolg geblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung des [X.] das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts [X.]
(Oder) vom 22. Juni 2010 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das dem Kläger von der [X.]n
er-teilte Hausverbot rechtswidrig war, soweit es den [X.]raum vom 6. bis zum 10. Dezember 2009 betrifft.

Im Übrigen bleibt die Berufung des [X.] zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgeho-ben.

Von Rechts wegen

-
3
-

Tatbestand:

Die Ehefrau des [X.] buchte bei einem Touristikunternehmen für [X.] Eheleute einen Aufenthalt in einem von der [X.]n betriebenen Hotel für die [X.] vom 6.
bis zum 10.
Dezember 2009. Nachdem das [X.] die Buchung zunächst bestätigt hatte, teilte es am 19.
November 2009 mit, dass ein Aufenthalt in dem Hotel der [X.]n nicht möglich sei, und bot [X.] sowie eine kostenfreie Stornierung an. Auf Nachfrage erteilte die [X.] dem Kläger am 23.
November 2009 ein Hausverbot. Dieses begründete sie mit Schreiben vom 8. Dezember 2009 [X.], dass die politische Überzeugung des [X.] -
dieser war seinerzeit [X.] der [X.] ([X.])
-
nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten.

Der Kläger, der sich dadurch diskriminiert sieht, möchte mit der Klage den Widerruf des Hausverbots erreichen. Hierzu verweist er u.a. darauf, dass er
sich bei seinen früheren Aufenthalten in dem Hotel nicht politisch geäußert habe. Da er dies bei künftigen und daher auch bei dem gebuchten Aufenthalt ebenso habe halten wollen, hätte das Hausverbot nicht ausgesprochen werden dürfen.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klagean-trag weiter. Die [X.] beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

1
2
3
-
4
-
Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NJW-RR 2011, 890
ff. veröffentlicht ist, hält das Hausverbot für rechtmäßig. Eine das Persönlichkeits-recht des [X.] verletzende Diskriminierung liege nicht vor. Die [X.] als Betreiberin eines sog. Wellnesshotels ein berechtigtes Interesse daran, ihren Gästen eine ruhige und friedliche Atmosphäre zu bieten. Daraus folge zugleich das Recht, einen Gast von der Nutzung des Hotels auszuschließen, sofern dessen politische Überzeugung befürchten lasse, dass sich andere Gäs-te provoziert fühlen könnten. Davon sei bei dem Kläger als dem (im [X.]punkt der Entscheidung des [X.] noch) [X.] einer rechtsextremen [X.], der selbst wiederholt in der Öffentlichkeit [X.] geäußert habe, auszugehen. Die konkrete Besorgnis, der Kläger werde während des [X.] seine politische Auffassung bekunden, sei für die Erteilung des Hausverbots nicht erforderlich. Es genüge bereits der Eindruck, die [X.] beherberge in ihrem Hotel Rechtsex-tremisten. Darauf, dass sich der Kläger schon mehrfach dort aufgehalten habe, ohne dass Beschwerden an die [X.] herangetragen worden seien, komme es nicht an, weil die Anwesenheit des [X.] möglicherweise in der Zukunft durch andere Gäste missbilligt
werde. Schließlich stünden dem erteilten [X.] weder Grundrechte des [X.] entgegen noch werde dessen politische Überzeugung durch das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot nach §
19 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (A[X.]) geschützt. Eine Ausgrenzung aus dem öffentlichen Leben finde durch das Hausverbot nicht statt, zumal der Kläger auf ein anderes Hotel in der Region ausweichen könne.

4
-
5
-
II.
Die Revision ist teilweise begründet.

1.
Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen die Frage, ob das [X.] hätte erteilt werden dürfen, soweit der Kläger dadurch an seinem bereits gebuchten Aufenthalt in dem Hotel der [X.]n gehindert wurde. Darüber hinaus und -
ausweislich der Klagebegründung -
vor allem will der Kläger durch die der Sache
nach beantragte Aufhebung (vgl. auch LG München
I, NJW-RR 2010, 760) des Hausverbots erreichen, dass die aus seiner Sicht auch für die Zukunft fortwirkende Diskriminierung beseitigt wird. Mit dieser Unterscheidung gehen unterschiedliche rechtliche Maßstäbe einher, an denen sich das [X.] messen lassen muss. Sie führen dazu, dass das Hausverbot, soweit es den gebuchten Aufenthalt betrifft, rechtswidrig war, im Übrigen aber rechtmäßig ist.

2.
Zu Unrecht erachtet das Berufungsgericht das Hausverbot auch inso-weit für rechtmäßig, als dem Kläger dadurch der bereits vor dessen Ausspruch für die [X.] vom 6.
bis zum 10.
Dezember 2009 gebuchte Aufenthalt in dem Hotel der [X.]n untersagt wurde.

a)
Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die [X.] aufgrund ihres Hausrechts grundsätzlich befugt ist, für das von ihr betriebene Hotel ein Hausverbot auszusprechen. Das Hausrecht beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§
858
ff., 903, 1004 [X.]) und [X.] es seinem Inhaber, in der Regel frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt ([X.], Urteil vom 20.
Januar 2006

[X.], [X.], 1054 Rn.
7; Urteil vom 30.
Oktober 2009

V
ZR 253/08, [X.], 534, 535 Rn.
11; [X.], Urteil vom
8.
November 5
6
7
8
-
6
-
2005

[X.], [X.]Z 165, 62, 70 mwN). In ihm kommt insbesondere die

ihrerseits aus der grundrechtlichen Eigentumsgarantie (Art.
14 [X.]) fließende

Befugnis des Eigentümers zum Ausdruck, mit der Sache grundsätzlich nach Belieben zu verfahren und andere von der Einwirkung auszuschließen (§
903 Satz
1 [X.]). Darüber hinaus ist das Hausrecht Ausdruck der durch Art.
2 Abs.
1 [X.] gewährleisteten Privatautonomie, die die Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben schützt ([X.], NJW 1994, 36, 38 mwN). Dazu ge-hört, dass rechtlich erhebliche Willensentscheidungen in der Regel keiner Rechtfertigung bedürfen; das gilt in gleicher Weise für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang einem Dritten der Zugang zu einer bestimmten Örtlich-keit gestattet wird.

b)
Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass aus der speziellen zivilrechtlichen Regelung des §
19 Abs.
1 Nr.
1 i.V.m. §
21 A[X.] [X.] Einschränkungen des Hausrechts der [X.]n hergeleitet werden können. Abgesehen davon, dass es bereits zweifelhaft erscheint, ob Verträge über den Aufenthalt in einem Wellnesshotel überhaupt unter den Tatbestand der Norm fallen (für [X.] bejahend [X.]/[X.], [X.], 12.
Aufl., §
19 A[X.] Rn.
20; differenzierend Bauer/[X.]/Krieger, A[X.], 3.
Aufl., §
19 Rn.
8), scheitert das Eingreifen der Vorschrift jedenfalls daran, dass der Ge-setzgeber bewusst davon Abstand genommen hat, das Diskriminierungsverbot auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugungen zu erstrecken (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, [X.]. 16/2022, S.
13). Auch die der Regelung zugrunde liegenden [X.][X.] vom 29.
Juni 2000 zur An[X.]dung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unter-schied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. [X.] 2000 Nr.
L
180 S.
22) und 2004/113/[X.] des Rates vom 13.
Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu 9
-
7
-
und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (ABl. [X.] 2004 Nr.
L
373 S.
37) enthalten insoweit keine weitergehenden Anforderungen [X.]/[X.]/Krieger, aaO, 3.
Aufl., §
19 Rn.
2; [X.]/[X.] in [X.]/Bertzbach, A[X.], 2.
Aufl., §
19 Rn.
8; [X.]/Mohr, A[X.], §
19 Rn.
8).

c)
Das Berufungsgericht hat aber übersehen, dass die [X.] ihr Hausrecht bezogen auf die [X.] vom 6. bis zum 10. Dezember 2009 deshalb nicht frei ausüben konnte, weil sie vertraglich verpflichtet war, dem Kläger den gebuchten Aufenthalt in dem Hotel zu gestatten. Mit der Bestätigung der Bu-chung seitens des [X.] erwarb nämlich nicht nur seine Ehe-frau, sondern auch der Kläger selbst jedenfalls nach den Regeln des Vertrages zugunsten Dritter einen auf die Erbringung der vereinbarten Leistungen gerich-teten Anspruch (vgl. auch [X.], Urteil vom 17.
Januar 1985

VII ZR 63/84, [X.]Z 93, 271, 274
ff.).

d)
Von diesem Vertrag hat sich die [X.] weder durch eine Anfech-tung noch durch eine Kündigung aus wichtigem Grund wirksam gelöst, ohne dass es auf die

nicht festgestellten

Einzelheiten der vertraglichen Beziehun-gen zwischen der [X.]n, dem Touristikunternehmen sowie dem Kläger und dessen Ehefrau ankäme.

aa)
Eine Anfechtung nach §
119 Abs.
2 [X.] wegen eines Irrtums über eine Eigenschaft des [X.] scheitert schon daran, dass die [X.] sie nicht unverzüglich im Sinne von §
121 Abs.
1 Satz
1 [X.] erklärt hat. Dass die [X.] den Kläger wegen dessen politischer Überzeugung nicht als Gast in ih-rem Hotel wünschte, hat sie erstmals mit Schreiben vom 8.
Dezember 2009 geltend
gemacht. Diese

nachgeschobene

Begründung mag bei [X.] als Anfechtungserklärung zu verstehen sein. Den Grund kann-10
11
12
-
8
-
te die [X.] aber zumindest seit der auf ihre Veranlassung hin vorgenom-menen Stornierung der Buchung durch das Touristikunternehmen am 19.
November 2009. Die damit mehr als zwei Wochen später erklärte Anfech-tung kann nicht als unverzüglich angesehen werden (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 6. Aufl., §
121 Rn.
7 mwN).

[X.])
Soweit in der Erteilung des Hausverbots zudem eine Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund durch die [X.] zu erblicken sein sollte, ginge diese schon deshalb ins Leere, weil das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund regelmäßig eine, nicht not[X.]dig schuldhafte, [X.] durch eine Vertragspartei voraussetzt (vgl. [X.], Urteil vom 26.
April 2002 -
LwZR 20/01, [X.]Z 150, 365, 369). Daran fehlt es.

e) Die zivilrechtliche Bindung, durch deren Begründung die [X.] ihre Interessen freiwillig -
privatautonom -
gestaltet hat, führt dazu, dass die Beru-fung auf die Privatautonomie (Art.
2 Abs.
1 [X.]) und die unternehmerische Freiheit (Art.
12 [X.]) sowie die Ausübung der Eigentumsrechte (Art.
14 [X.]) deutlich an Gewicht verlieren. Dasselbe würde für das Recht gelten, sich durch die Erteilung eines Hausverbots politisch zu positionieren (Art.
5 Abs.
1 Satz
1 [X.]); hierauf hat sich die [X.] allerdings nicht berufen. Diese Grundrechte treten bei der gebotenen Abwägung hinter das Persönlichkeitsrecht (Art.
2 Abs.
1 [X.]) des von dem Hausverbot Betroffenen sowie das Diskriminierungs-verbot (Art.
3 [X.]) zurück, da diese Regelungen insbesondere über die zivil-rechtlichen Generalklauseln der §§
138, 242 [X.] ebenfalls mittelbar in das Zivilrecht einwirken. Die Abwägung führt dazu, dass ein den [X.] durch besonders gewichtige Sachgründe bedarf. Solche Sachgründe lagen entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts nicht vor, soweit das Hausverbot den bereits gebuchten Aufenthalt betraf, 13
14
-
9
-
wobei nur solche Gründe zu würdigen sind, auf die es von vornherein gestützt worden ist oder die in den Tatsacheninstanzen unter Beachtung der §§
296, 529
ff. ZPO in den Prozess eingeführt worden sind.

aa)
Die von der [X.]n gegebene Begründung, wonach die politische
Überzeugung des [X.] in einem Widerspruch zu dem Ziel des Hotels stehe, nicht die Weigerung, dem Kläger den bereits gebuchten Aufenthalt in dem [X.] zu gestatten. Da keine
Verfahrensrügen gegen die tatsächlichen Feststel-lungen des [X.] erhoben worden sind, ist der [X.] als Revisi-onsgericht an den festgestellten Sachverhalt gebunden (§
559 ZPO). Tatrichter-liche Feststellungen, aufgrund deren konkrete Störungen durch den Kläger zu befürchten wären, liegen nicht vor. Insbesondere hat das Berufungsgericht [X.] Tatsachen festgestellt, aufgrund deren die Befürchtung bestanden hätte, dass der Kläger bei dem beabsichtigten Aufenthalt in dem von der [X.]n betriebenen Hotel

anders als bei seinen vorherigen Besuchen

durch Äuße-rung rechtsextremer Thesen Unruhe gestiftet hätte.

[X.])
Der [X.]n bleibt angesichts der eingegangenen vertraglichen Bindung auch die Berufung darauf versagt, berechtigte Belange anderer [X.] begründeten ein schutzwürdiges Interesse an der Erteilung des [X.]. Zwar liegt die Annahme durchaus nahe, dass die Anwesenheit des [X.] mit Blick auf die von diesem und dessen [X.] vertretenen rechtsextre-men Positionen bei anderen
Gästen Missfallen erregen oder gar als Provokati-on empfunden wird. Das Bestehen unterschiedlicher politischer Auffassungen ist der freiheitlichen -
wesentlich durch das Mehrparteiensystem geprägten
-
demokratischen Grundordnung indessen immanent (vgl. [X.]E 2, 1, 12
f.). Das schließt die Möglichkeit ein, im alltäglichen Leben und damit auch in einem 15
16
-
10
-
Wellnesshotel mit einer Person zusammenzutreffen, die innerhalb einer

nicht verbotenen

politischen [X.] eine hervorgehobene Funktion innehat. Es [X.] als solches keine rechtlich erhebliche Beeinträchtigung, die etwa [X.] gegen den Hotelbetreiber aus einem mit diesem geschlossenen Be-herbergungsvertrag oder, sofern der Aufenthalt auf der Grundlage eines [X.] erfolgt, gegen den Reiseveranstalter (vgl. §§
651c
ff. [X.]) auslösen könnte.

[X.])
Die Befürchtung, die Anwesenheit des [X.] in dem Hotel könne zu Beschwerden anderer Gäste oder gar dazu führen, das diese ihren Hotelau-fenthalt vorzeitig beenden oder von einem neuerlichen Aufenthalt Abstand nehmen werden, vermag bereits deshalb ein Hausverbot nicht zu tragen, weil es auch insoweit jedenfalls an hinreichend konkreten Anhaltspunkten für eine solche Annahme fehlt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] hat sich der Kläger bereits mehrmals in dem Hotel der [X.]n aufgehalten, ohne dass es deshalb zu Beanstandungen gekommen wäre. Die abstrakte Möglichkeit, es könne sich bei einem weiteren

rein privaten und nicht von der parteipolitischen Funktion des [X.] geprägten

Aufenthalt an-ders verhalten, reicht für die Erteilung eines Hausverbots nicht aus. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, ein Aufenthalt des [X.] werde die wirtschaftlichen Interessen der [X.]n
in rechtlich erheblicher Weise beeinträchtigen.

[X.])
Schließlich macht die [X.] schon nicht geltend, dass ein Aufent-halt des [X.] in ihrem Hotel die naheliegende Gefahr begründet, sie werde dadurch in der öffentlichen Wahrnehmung mit den von diesem bzw. der [X.] vertretenen politischen Positionen identifiziert.

17
18
-
11
-
3.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist das Hausverbot dagegen, soweit dem Kläger dadurch für die Zukunft der Zutritt zu dem Hotel untersagt wird.

a)
Ein vertraglicher Anspruch des
[X.], aufgrund dessen die [X.] bei der Ausübung ihres Hausrechts Einschränkungen unterläge, besteht nach Ablauf der [X.], für die der Hotelaufenthalt gebucht war, nicht mehr.

b)
Die [X.] war insoweit auch nicht aus sonstigen Gründen an der
Erteilung eines Hausverbots gehindert.

aa)
Einschränkungen bei der Ausübung des Hausrechts können sich, abgesehen von einer vertraglichen Bindung des Hausrechtsinhabers, insbe-sondere daraus ergeben, dass dieser die Örtlichkeit für den allgemeinen [X.] öffnet und dadurch seine Bereitschaft zu erkennen gibt, generell und unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall jedem den Zutritt zu gestatten, der sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegt ([X.], Urteil vom 20.
Januar 2006

[X.], [X.], 1054 Rn.
8; [X.], Urteil vom 3.
November 1993

VIII ZR 106/93, [X.]Z 124, 39, 43 mwN). Das schließt es zwar auch in solchen Fällen nicht aus, dass der Berechtigte die Befugnis zum Aufenthalt nach außen hin erkennbar an rechtlich zulässige Bedingungen knüpft (vgl. [X.], Urteil vom 3.
November 1993 -
VIII ZR 106/93, [X.]Z 124, 39, 43; Urteil vom 8.
November 2005

[X.], [X.]Z 165, 62, 70

jeweils mwN). Geschieht dies jedoch nicht oder sind die Bedingungen erfüllt, bedarf ein
gegenüber einer bestimmten Person ausgesprochenes Verbot, die Örtlichkeit (künftig) zu betreten, zumindest grundsätzlich eines sachlichen Grundes, weil auch in solchen Konstellationen die Grundrechte des Betroffenen, namentlich dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art.
2 Abs.
1 i.V.m. Art.
1 Abs.
1 [X.]) und das Gebot der Gleichbehandlung (Art.
3 [X.]), bei der gebotenen Abwä-19
20
21
22
-
12
-
gung einem willkürlichen Ausschluss entgegen stehen ([X.], Urteil vom 30.
Oktober 2009

[X.], [X.], 534, 535 Rn.
13).

In solchen Fallgestaltungen tritt die Privatautonomie (Art.
2 Abs.
1 [X.]) des Hausrechtsinhabers in ihrem Gewicht zurück. Das ist deshalb gerechtfer-tigt, weil bei einer Öffnung der Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr der Person des einzelnen Besuchers oder Kunden regelmäßig nur eine unter-geordnete Bedeutung zukommt. Hier liegt die Annahme besonders nahe, es sei unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall jedem der Zutritt gestattet, der sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegt (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Januar 2006

[X.], [X.], 1054 [Flughafenterminal] und vom 30.
Oktober 2009

[X.], [X.], 534 [Fußballstadion]; [X.], Urteil vom 3.
November 1993

VIII ZR 106/93, [X.]Z 124, 39 [[X.]]; ebenso bereits [X.], Urteil vom 13.
Juli 1979

[X.], [X.], 700 [Apotheke] und vom 25.
April 1991

[X.], NJW-RR 1991, 1512 [Ge-tränkemarkt]).

[X.])
Diese Erwägungen sind indes auf die Erteilung eines Hausverbots für ein Hotel mit [X.] nicht übertragbar. Mit dem Betrieb eines Wellnesshotels soll erkennbar nur ein eingeschränkter Besucher-
oder Kun-denkreis angesprochen werden. Aus der Sicht potentieller Gäste tritt klar [X.], dass sich der Hotelbetreiber eine individuelle Entscheidung darüber vorbe-halten wird,
ob er demjenigen, der um eine Beherbergung nachsucht oder aus sonstigen Gründen das Hotelgelände betreten will, den Zutritt gestattet. Ein solcher Vorbehalt ist im Grundsatz nicht zu beanstanden (vgl. [X.], Vertrags-freiheit und Hausrecht gewerblicher Anbieter, 2003, S.
135; [X.], [X.], 873, 874). Er ist ebenfalls Ausdruck der Privatautonomie (Art.
2 Abs.
1 [X.]), der unternehmerischen Freiheit (Art.
12 [X.]) sowie der Freiheit des Eigen-23
24
-
13
-
tums (Art.
14 [X.]; §
903 Satz
1 [X.]) und beruht auf dem legitimen Interesse, innerhalb der durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen auf die Zusam-mensetzung des Publikums Einfluss auszuüben. Daraus folgt, dass der [X.] nicht nur im Bereich privater Lebensgestaltung, sondern auch in seiner unternehmerischen Entscheidung frei ist, ob und ggf. unter welchen [X.] er anderen den Aufenthalt in seinen Räumen gestattet. Die pri-vatautonome Erteilung eines Hausverbots muss daher auch insoweit in der [X.] nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden.

[X.])
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die [X.] die Disposition über ihre Beherbergungskapazitäten teilweise einem Touristikunternehmen überlassen hat. Die darin zum Ausdruck kommende (teilweise) Öffnung des Hotels hat nicht zur Folge, dass die [X.] ihre Freiheit verliert, die Zusam-mensetzung des [X.] zu beeinflussen.

c)
Auch der Umstand, dass die [X.] das Hausverbot auf die politi-sche Überzeugung des [X.] gestützt hat, lässt dieses nicht als rechtswidrig erscheinen.
Wie bereits dargelegt, ergeben sich insoweit keine Einschränkun-gen aus §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 21 A[X.]. Nichts anderes folgt aus der Regelung des Art.
3 Abs.
3 [X.], durch die unter anderem solche Benachteiligungen ver-boten werden, die an die politischen Anschauungen einer Person anknüpfen. Diese Bestimmung ist im Rechtsverkehr zwischen Privaten nicht unmittelbar an[X.]dbar (vgl. [X.] in Dreier, [X.], 2.
Aufl., Art.
3 Rn.
138; [X.] in v.
Mangoldt[X.]/[X.], [X.], 6.
Aufl., Art.
3 Abs.
3 Rn.
376 mwN). Ob ihr im Wege der mittelbaren Drittwirkung eine im Vergleich zu dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art.
3 Abs.

-
jedenfalls was die Diskriminierung wegen der politischen Anschauung betrifft -
unterschiedlich beurteilt (bejahend [X.] in Maunz/[X.], [X.], Art.
3 Abs.
1 25
26
-
14
-
Rn.
516 [anders aber wohl Art.
3 Abs.
3 Rn.
172]; ähnlich [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11.
Aufl., Art.
3 Rn.
133;
AK-[X.]/[X.], 3.
Aufl., Art.
3 Abs.
2,
3 Rn.
93; [X.] in Dreier, aaO; einschränkend [X.] in [X.] [X.], [X.], Art.
3 Abs.
2 und
3 Rn.
607; [X.] in v.
Mangoldt[X.]/[X.], aaO; [X.], [X.], [X.]/2, 1988, S.
1580
f.; [X.], Grundrechte als Abwehrrechte, 2003, S.
337
ff., [X.]. S.
343), kann aber dahinstehen.

Selbst [X.]n der Regelung des Art.
3 Abs.
3 [X.] auch im Verhältnis zwi-schen Privaten ein besonderes Gewicht beizumessen wäre, führte dies nicht dazu, dass sich das Interesse des [X.], nicht auf Grund seiner politischen Überzeugung durch die Erteilung eines Hausverbots benachteiligt zu werden, bei der gebotenen Abwägung gegenüber den ebenfalls grundrechtlich ge-schützten Interessen der [X.]n durchsetzte. Der Kläger sieht sich durch das Verbot, das Hotel der [X.]n zu nutzen, lediglich in seiner Freizeitge-staltung beeinträchtigt. Im Übrigen erfährt er dadurch, dass das Hausverbot schriftlich
und nicht etwa erst bei seiner Ankunft in dem Hotel
erteilt wurde, auch keine öffentliche Bloßstellung. Demgegenüber trägt die [X.] das wirt-schaftliche Risiko für das von ihr betriebene Geschäftskonzept eines Wellness-hotels. Das lässt es gerechtfertigt erscheinen, der [X.]n
soweit sie nicht eine vertragliche Bindung eingegangen ist (dazu unter 2.)
die Freiheit einzu-räumen, solchen Gästen den Zutritt zu verweigern, von denen sie annimmt, ihr Aufenthalt könne mit Blick auf die von ihnen vertretene politische Auffassung diesem Konzept abträglich sein.

4.
Soweit die Revision Erfolg hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit nach §
563 Abs.
3 ZPO zur Endentscheidung reif ist. Da das dem 27
28
-
15
-
Kläger erteilte Hausverbot, soweit die [X.] bereits eine vertragliche [X.] eingegangen war, auf der Grundlage der von dem Berufungsgericht ge-troffenen Feststellungen nicht hätte ergehen dürfen, ist die [X.] entspre-chend §
1004 Abs.
1 Satz
1 [X.] an sich verpflichtet, die dadurch bewirkte Be-einträchtigung des [X.] zu beseitigen, indem sie das
Hausverbot, wie von dem Kläger der Sache nach beantragt, aufhebt. Dem Umstand, dass eine Auf-hebung mit Wirkung für die Vergangenheit nicht mehr in Betracht kommt, ist durch die Feststellung Rechnung zu tragen, dass das Hausverbot in dem be-treffenden [X.]raum rechtswidrig war.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs.
1 ZPO.

Krüger

Stresemann

Czub

Brückner

[X.]

Vorinstanzen:
LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 22.06.2010 -
12 O 17/10 -

OLG Brandenburg, Entscheidung vom 18.04.2011 -
1 U 4/10 -

29

Meta

V ZR 115/11

09.03.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.03.2012, Az. V ZR 115/11 (REWIS RS 2012, 8320)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8320

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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