Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2017, Az. 4 StR 334/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 3472

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:241017B4STR334.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 334/17

vom
24. Oktober
2017
in der Strafsache
gegen

wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr
u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 24.
Oktober 2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.]

Außenkammer Bautzen

vom 28.
März 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte im Fall
II.
2 der Urteilsgründe ver-urteilt worden ist,
b)
in den Aussprüchen über
aa)
die Gesamtstrafe,
bb)
die Maßregel.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Brandstiftung sowie wegen vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter gefähr-1
-
3
-
licher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und die Entziehung seiner Fahrerlaubnis für die Dauer von einem Jahr angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner allgemein auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teil-erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte im Fall
II.
2 der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Voll-streckungsbeamte und versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt wur-de.
a)
Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die Strafbarkeit nach §
315b Abs.
1 StGB bei einem sog. verkehrsfeindlichen Inneneingriff, von [X.] Vorliegen das [X.] hier ausgegangen ist, voraus, dass zu dem [X.] zweckwidrigen Einsatz des Fahrzeugs in [X.] Einstellung hinzukommt, dass es der Täter mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz

etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug

missbraucht. Erst dann liegt eine über den Tatbestand des §
315c StGB hinausgehende und davon abzugren-

315b Abs.
1 StGB vor (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Februar 2003

4
StR
228/02, [X.]St 48, 233; Beschlüsse vom 22.
November 2011

4
StR
522/11, [X.], 123; vom 16.
März 2010

4
StR
82/10, StraFo 2010, 259; vom 9.
Februar 2010

4
StR 556/09, [X.], 391, 392).
2
3
-
4
-
Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr erfordert zu-dem, dass durch eine der in den Nummern
1 bis 3 des §
315b Abs.
1 StGB ge-nannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenver-kehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage
zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder
einer fremden Sache von bedeutendem Wert verdichtet hat. Dabei muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Situation geführt haben, in der

was nach allgemeiner [X.] auf Grund einer objektiven nachträglichen Prognose zu beurteilen ist

die [X.] abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 15.
März 2017

4
StR
53/17, [X.], 224; vom 10.
Dezember 2009

4
StR
503/09, [X.], 120
f.; vom 3.
November 2009

4
StR
373/09, [X.]R StGB §
315b Abs.
1 Nr.
3 Eingriff, erheblicher
6).
b)
Die Erwägungen, mit denen das [X.] diese Voraussetzungen bejaht hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa)
Dies gilt zunächst mit Blick auf das Erfordernis eines zumindest be-dingten Schädigungsvorsatzes des [X.]. Zwar hat die [X.] ange-nommen, dass der Angeklagte beim Zufahren auf den Polizeibeamten L.

8). Jedoch begegnen die dieser Annahme zugrundeliegenden Erwägungen durchgreifenden recht-lichen Bedenken. Denn das [X.], das sachverständig beraten davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte mit einer Geschwindigkeit von mehr als 10
km/h bis höchstens 39
km/h auf den Zeugen L.

zufuhr, hat seine An-
4
5
6
-
5
-
nahme eines Schädigungsvorsatzes des Angeklagten maßgeblich damit [X.], dem Zeugen L.

der zur Seite wich, als der Pkw noch etwa fünf
bis acht Meter entfernt war

maximal zu errei-

km/h nur 0,4 bis 0,75
Sekun-den zum Ausweichen

n-den habe (UA S.
17). Damit hat die [X.] ihrer Berechnung der dem Zeugen zur Verfügung stehenden Ausweichzeit und ihrer hierauf gestützten Annahme eines Schädigungsvorsatzes

in Umkehrung des Zweifelsgrundsat-zes

die für den Angeklagten ungünstigste der in Betracht kommenden [X.] zugrunde gelegt; dieses Vorgehen war unzulässig.
bb)
Darüber hinaus kann den Feststellungen auch keine konkrete Gefahr für den Zeugen L.

entnommen werden. Das [X.] hat festgestellt,
dass der Angeklagte

nachdem der
Zeuge, als der Pkw noch ca. fünf bis acht Meter entfernt war, zur Seite gewichen war und so den Fahrweg freigegeben hatte

i-fuhr (UA S.

-e-kommen ist, also ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der [X.] nicht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 22.
November 2011

4
StR
522/11, [X.], 123, 124; vom 5.
August 1986

4
StR
359/86, [X.]R StGB §
315b Abs.
1 Nr.
3 Eingriff, erheblicher
1).
c)
Die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körper-verletzung durch das Zufahren auf den Zeugen L.

hat ebenfalls keinen
Bestand. Die vorstehend

mit Blick auf eine Strafbarkeit nach §
315b StGB

erörterten Bedenken gegen die Annahme eines Schädigungsvorsatzes stehen 7
8
-
6
-
auch der Annahme eines Tatentschlusses des Angeklagten zur Begehung einer gefährlichen Körperverletzung entgegen.
2.
Die Aufhebung der Verurteilung im Fall
II.
2 der Urteilsgründe und der zugehörigen Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe sowie der [X.] gemäß §
69 StGB nach sich.
Das neu erkennende Tatgericht wird, sofern erneut eine Maßregel nach §
69 StGB anzuordnen ist, Gelegenheit haben, auch eine Entscheidung über die Einziehung des [X.] Führerscheins des Angeklagten zu treffen.
Sost-Scheible
Bender
Feilcke

Paul
Grube
9
10

Meta

4 StR 334/17

24.10.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2017, Az. 4 StR 334/17 (REWIS RS 2017, 3472)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3472

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