Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.11.2011, Az. V R 16/09

5. Senat | REWIS RS 2011, 1780

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Gegenstand

Umsatzsteuer bei "Refundierung" der "Vorverkaufsgebühr" beim Verkauf von Konzertkarten


Leitsatz

1. Überträgt ein Konzertveranstalter den Kartenvorverkauf einer als Vermittlerin tätigen "Vorverkaufsstelle", ist die "Vorverkaufsgebühr" Teil des vom Kunden für die Konzertkarte geschuldeten Entgelts und unterliegt dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.

2. Die zwischen Konzertveranstalter und "Vorverkaufsstelle" vereinbarte "Refundierung" eines Teils der von den Kartenkäufern verlangten "Vorverkaufsgebühr" mindert die Bemessungsgrundlage für die vom Konzertveranstalter der Vorverkaufsstelle geschuldete Vermittlungsprovision, nicht dagegen die Bemessungsgrundlage für den Kartenverkauf.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als Konzertveranstalterin tätig. Unter anderem übernimmt sie bei Tourneen von Künstlern die Funktion des örtlichen Veranstalters. Dazu kauft sie vom [X.] die künstlerischen Leistungen ein, beschafft geeignete Auftrittsorte, bewirbt die Veranstaltungen und organisiert den Verkauf der Eintrittskarten.

2

Die Klägerin setzte in den Streitjahren (1999 bis 2001) die Karten unter anderem über [X.] ab. Dabei wurden den [X.] die bedruckten Eintrittskarten überlassen, verbunden mit der Abrede, dass nicht verkaufte Karten von der Klägerin zurückgenommen werden. In dem jeweiligen "[X.]" übernahm die Vorverkaufsstelle den Verkauf der Eintrittskarten "von" der Klägerin. Darüber hinaus verpflichteten sich die [X.], von der jeweiligen Veranstaltung zwei Plakate im Schaufenster auszuhängen. Die Eintrittskarten enthielten jeweils einen Hinweis auf die Klägerin als örtlichen Veranstalter. Ferner war der Preis aufgedruckt mit dem Vermerk "[X.] Vvk.-Gebühr", zu dem die [X.] die Karten zu verkaufen hatten. Den [X.] war gestattet, eine Vorverkaufsgebühr von bis zu 10 v.[X.] zu erheben.

3

Bei einigen Veranstaltungen mussten die Vorverkaufskassen über den auf der Karte aufgedruckten Preis hinaus einen bestimmten Anteil der erzielten Vorverkaufsgebühren an die Klägerin abführen (sog. teilweise Refundierung der Vorverkaufserlöse). Diese "Refundierungen" behandelte die Klägerin ebenso wie die eigentlichen [X.] überwiegend als Umsätze zum ermäßigten Steuersatz, zum Teil auch als gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) steuerfreie Umsätze.

4

Im [X.] an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) davon aus, dass die Klägerin die "refundierten" Vorverkaufsgebühren zu Unrecht den ermäßigt besteuerten oder steuerfreien Umsätzen zugerechnet habe, schätzte die Höhe der "refundierten" Vorverkaufserlöse auf 1,25 v.H. der insgesamt verbuchten Erlöse und änderte die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre entsprechend.

5

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Zur Begründung seines in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2009, 1346 veröffentlichten Urteils führte das Finanzgericht ([X.]) im Wesentlichen aus, die jeweilige Vorverkaufsstelle habe Vermittlungsleistungen gegenüber den Kartenkäufern erbracht, für die sie als Entgelt die vollen Vorverkaufsgebühren erhalten habe.

6

Die Vorverkaufsstelle habe sowohl zivilrechtlich als auch umsatzsteuerrechtlich als Vermittler gehandelt und die Konzertkarten nicht im eigenen, sondern im Namen der Klägerin verkauft. Für den Erwerber der Eintrittskarte sei aufgrund der Gestaltung der Karte --der namentlichen Nennung der Klägerin und der gesonderten Nennung des Eintrittspreises für die genannte Veranstaltung der [X.] ohne weiteres erkennbar, dass er von der Klägerin eine Eintrittsberechtigung für deren Veranstaltung erwerbe.

7

Bestätigt werde dies im Übrigen durch die erkennbare Interessenlage des Erwerbers einerseits, der sich bei Fehlleistungen an den genannten Veranstalter wenden wolle, und der Vorverkaufsstelle andererseits, die Handlungsspielräume nur in Bezug auf die Höhe der Vermittlungsgebühr habe und sich nicht den Haftungsrisiken bei Fehlleistungen der Veranstaltung aussetzen wolle. Da die Vorverkaufsstelle die Eintrittskarten im Namen der Klägerin vertreibe, trete die Klägerin in unmittelbare Leistungsbeziehungen zu den Kartenkäufern, wobei es sich bei den auf den Eintrittskarten aufgedruckten Preisen ohne Vorverkaufsgebühren um die von der Klägerin erzielten Entgelte handele. Auch die Voraussetzungen eines Kommissionsgeschäftes lägen deswegen nicht vor, weil die [X.] aufgrund der Gestaltung der Eintrittskarten erkennbar sich nicht im eigenen Namen verpflichtet haben, die betreffende Veranstaltung durchzuführen.

8

Darüber hinaus erbringe die Klägerin Leistungen an die [X.], indem sie diesen die Eintrittskarten zum Vorverkauf bereitstelle und ihnen damit Geschäftschancen einräume. Bei den "refundierten" Vorverkaufserlösen handele es sich um das hierfür von den [X.] an die Klägerin gezahlte Entgelt.

9

Auch die Höhe der vom [X.] zugrunde gelegten Umsätze sei nicht zu beanstanden. Die Gewährung weiterer Vorsteuern sei nicht angezeigt, weil nicht klar sei, ob die Klägerin ihre Vorsteuer im Hinblick auf die von ihr erzielten steuerfreien Umsätze gekürzt habe und der Anteil der steuerfreien Umsätze an den Gesamtumsätzen sehr gering sei.

Mit der hiergegen gerichteten Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend. Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Leistungen der [X.] seien die zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen maßgebend. In Betracht kämen Eigengeschäfte der [X.], Kommissionsgeschäfte oder [X.]. Die [X.] handelten aus Sicht des Kartenkäufers im eigenen Namen; mit ihnen komme deshalb auch das zivilrechtliche Rechtsverhältnis zustande. Allerdings könne auch von Kommissionsgeschäften ausgegangen werden. Auszuschließen hingegen seien [X.].

Letztlich komme es auf die tatsächliche rechtliche Einstufung nicht an, da in allen zivilrechtlichen Fallkonstellationen als Rechtsfolge nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ein Steuersatz von nur 7 v.H. anzusetzen sei.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1999 um ... €, für 2000 um ... € und für 2001 um ... € herabzusetzen.

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor, von der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sei nur die Verschaffung der Eintrittsberechtigung selbst erfasst, nicht jedoch damit im Zusammenhang stehende sonstige Dienstleistungen der hier vorliegenden Art. Nur die Klägerin in ihrer Eigenschaft als (örtliche) Veranstalterin könne [X.] verschaffen. Die zwischengeschalteten [X.] seien hierzu nicht in der Lage. Den Kartenkäufern komme es nicht auf den Erwerb einer Eintrittskarte als solcher, sondern auf die Erlangung der Möglichkeit zur Teilnahme an einer Veranstaltung an. Die Eintrittskarte diene lediglich zum Nachweis der Berechtigung des Besuchers.

Die [X.] handelten im fremden Namen und seien durch [X.] für die Klägerin tätig geworden. Die Vorverkaufsgebühr stelle eine Art Entgelt an die Vorverkaufsstelle für den vorzeitigen und gesicherten Kartenerwerb dar. Das Entgelt werde nur vom jeweiligen Kartenkäufer gegenüber der Vorverkaufsstelle geschuldet.

Das Handeln im fremden Namen schließe die Annahme von Kommissionsgeschäften aus. Diese entsprächen auch nicht den wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Beteiligten.

Umsatzsteuerrechtlich stehe die Vorverkaufsstelle allein in einem Leistungsaustausch mit der Klägerin. Dieses Leistungsaustauschverhältnis werde durch die Einräumung der Möglichkeit zum Handel mit Eintrittskarten durch die [X.] seitens der Klägerin einerseits und der Abführung eines Teils der von den Kartenkäufern der Vorverkaufsstelle geschuldeten Vorverkaufsgebühren an die Klägerin andererseits charakterisiert.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei den "refundierten" [X.]serlösen um Entgelte für dem Regelsteuersatz unterliegende Leistungen der Klägerin an die [X.] gehandelt hat. Entgegen der Auffassung des [X.] umfassen die nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt zu besteuernden Leistungen der Klägerin an die Erwerber der [X.] (folgend: Kartenkäufer) auch den [X.] und das hierfür zu entrichtende Entgelt. Die mit den [X.] vereinbarte "Refundierung" mindert die von der Klägerin den [X.] für deren Vermittlung geschuldete Provision. Die Feststellungen des [X.] erlauben dem Senat nicht die abschließende Beurteilung, ob in den Streitjahren die auf die Leistungen der Klägerin (Kartenverkauf [X.] [X.]) bei Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entstandene Steuer niedriger ist, als in den vom [X.] bestätigten Umsatzsteuerbescheiden.

1. Das [X.] geht zu Recht davon aus, dass die [X.] lediglich Vermittler für die Leistungen der Klägerin an die Kartenkäufer waren und die Klägerin mit der durch die [X.] vermittelten entgeltlichen Überlassung von Eintrittskarten sonstige Leistungen i.S. des § 3 Abs. 9 UStG erbracht hat, die auch den [X.] umfassen; entgegen der Auffassung des [X.] haben die [X.] keine Vermittlungsleistungen gegenüber den Kartenkäufern erbracht.

a) Die Beteiligten eines Leistungsaustausches ergeben sich aus den schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen. Deren Inhalt ist durch Auslegung der abgegebenen Willenserklärungen, bei der auch der [X.] zu berücksichtigen ist (z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 12. Januar 2011 [X.]/09, [X.], 755), zu ermitteln. Die Vertragsauslegung obliegt grundsätzlich dem [X.] als Tatsacheninstanz; sie bindet den [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 27. Januar 2011 [X.], [X.], 1733, unter [X.], und vom 28. Oktober 2009 [X.], [X.]E 227, 349, [X.], 539, Leitsatz). Hat das [X.] seine Überzeugung vom Inhalt der in einem Vertrag abgegebenen Erklärungen wie im Streitfall vorrangig nicht aufgrund tatrichterlicher Feststellungen eines dahingehenden übereinstimmenden Willens der Vertragsparteien, gewonnen, und kommen --wie im [X.] weitere tatrichterliche Feststellungen insoweit nicht in Betracht, kann der [X.] die Auslegung des [X.] durch seine eigene Auslegung ersetzen ([X.]-Urteil vom 27. März 1981 [X.], nicht veröffentlicht, Leitsatz 1).

b) Das [X.] geht im Streitfall zu Recht davon aus, dass die [X.] gegenüber den Kartenkäufern sowohl zivilrechtlich als auch umsatzsteuerrechtlich als Vermittler aufgetreten sind und die Konzertkarten nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Klägerin verkauft haben und schließt dies aus dem auf den verkauften Karten aufgedruckten Hinweis auf die Klägerin als die Veranstalterin der Konzerte, bestätigt durch das erkennbare Interesse des Kartenkäufers an einem Vertragsschluss mit dem Veranstalter. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ob die [X.] dabei handelsrechtlich als Handelsvertreter zu beurteilen sind (vgl. Urteil des [X.] vom 20. Februar 1986 [X.], Der Betrieb 1986, 1117), ist entgegen der Auffassung der Klägerin umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung.

c) Die Leistungen der Klägerin an die Kartenkunden umfassen entgegen der Auffassung des [X.] auch den [X.]. Die Würdigung des [X.], die [X.] erbrächten Vermittlungsleistungen an den Kartenkunden, sowie die Annahme, die Klägerin habe an die [X.] eine sonstige Leistung in Form der Einräumung einer Marktchance erbracht und hierfür die vereinbarte "Refundierung erhalten", lässt sich mit den Feststellungen des [X.], die [X.] seien als Vermittler für die Klägerin aufgetreten, nicht vereinbaren.

aa) Liegt --wovon das [X.] zu Recht ausgeht-- eine zwischen der Klägerin und den [X.] vereinbarte entgeltliche Vermittlungsleistung der [X.] an die Klägerin vor und sind die [X.] gegenüber den Kartenkäufern in Bezug auf den Kartenverkauf nur als Vermittler für die Klägerin aufgetreten, ist die Überlassung der für die Ausübung dieser Vermittlungstätigkeit erforderlichen Unterlagen (hier die Überlassung der Konzertkarten zum Verkauf) lediglich die vom Auftraggeber (hier der Klägerin) zu schaffende Voraussetzung für die Ausübung der Vermittlungstätigkeit durch die [X.] (vgl. z.B. für die Pflichten des Geschäftsherrn gegenüber dem Handelsvertreter § 86a des Handelsgesetzbuchs). Des Weiteren ist auch die Einräumung der Berechtigung zur Vermittlung und die durch den Vermittlungsauftrag für den Vermittler eröffnete Geschäftschance, aufgrund vermittelter Geschäfte Provisionen zu erhalten, lediglich Folge des [X.] (hier der Vereinbarung der Klägerin mit den [X.]). Für die Annahme einer eigenständigen (gegenläufigen) Leistung der Klägerin an die [X.] in Form der Einräumung einer Geschäftschance durch Überlassung der Konzertkarten zum Verkauf ist danach kein Raum.

Vergleichbares gilt für die Annahme des [X.], die [X.] seien für die Kartenkäufer erkennbar nur als Vermittler für Leistungen der Klägerin aufgetreten, gleichwohl erbrächten sie aber Vermittlungsleistung gegenüber den Kartenkäufern. War für die Kartenkäufer aufgrund der Gestaltung erkennbar, dass die [X.] die Karten lediglich als Vermittler im [X.] in deren Namen vertreiben, ist damit die Annahme des [X.], jeder einzelne Kartenkäufer schließe selbst einen Vermittlungsvertrag mit der [X.]sstelle, nicht vereinbar. Im Übrigen dient der [X.] auch aus der Sicht des Erwerbers einer Konzertkarte lediglich dem Zweck, für den Kartenkäufer den Besuch der Konzertveranstaltung durch rechtzeitigen Erwerb der Zugangsberechtigung sicherzustellen und hat damit nur die Bedeutung einer den Erwerb der Eintrittsberechtigung für die betreffende Veranstaltung lediglich optimierenden Leistung und keine selbständige Bedeutung. Allein der Umstand, dass die vom Kartenkäufer neben dem "Kartenpreis" zusätzlich zu entrichtende [X.]sgebühr auf den Eintrittskarten als Teil des vom Kunden zu entrichtenden [X.] erwähnt ("[X.] Vvk.-Gebühr"), aber nicht betragsmäßig beziffert war, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

bb) Die "[X.]sgebühr" ist daher Teil des von den Kartenkäufern an die Klägerin zu bezahlenden Entgelts für die Veranstaltungsleistung der Klägerin, die auch die damit zusammenhängende Organisation des [X.]s umfasst. Diese ist auch umsatzsteuerrechtlich eine unselbständige Nebenleistung.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]), der sich der [X.] angeschlossen hat, liegt eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung vor, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 30. Juni 2011 [X.]/10, [X.], 2189; vom 25. Juni 2009 [X.], [X.]E 226, 407, [X.], 239; vom 2. März 2011 [X.], [X.]E 233, 348, [X.], 737, m.w.N. zur Rechtsprechung des [X.]). Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers verfolgt die Organisation des [X.]s keinen anderen Zweck, als für den Kartenkäufer den Besuch der Konzertveranstaltung durch rechtzeitigen Erwerb der Zugangsberechtigung sicherzustellen. Sie ist daher Nebenleistung, die das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung "Veranstaltung von Konzerten" teilt.

d) Die Leistungen der Klägerin an die Kartenkunden unterliegen dem ermäßigten Steuersatz.

aa) Die Klägerin als Veranstalterin der Konzerte hat an die Erwerber der Eintrittskarten sonstige Leistungen i.S. des § 3 Abs. 9 UStG erbracht ([X.]-Urteil vom 3. Juni 2009 [X.], [X.]E 226, 369, [X.], 857, unter II.1.b).

bb) Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. für die Leistungen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer. Die Klägerin ist gegenüber den Erwerbern der Eintrittsberechtigung als Veranstalter der Konzerte aufgetreten, denn der Leistungsaustausch --Vorführung gegen [X.] hat sich zwischen ihr, dem Veranstalter und dem Publikum vollzogen ([X.]-Urteil vom 9. Oktober 2003 [X.]/01, [X.]/NV 2004, 984, unter [X.], m.w.N.).

cc) Unionsrechtliche Grundlage für die Steuerermäßigung ist Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] ([X.]/[X.]) in Verbindung mit Anhang H Nr. 7 der [X.]/[X.]. Danach können die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz anwenden auf die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen. Damit ist die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, auch wenn die Richtlinie den Veranstalter nicht ausdrücklich erwähnt, vereinbar ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2004, 984, unter II.2.).

e) Bemessungsgrundlage für die von den [X.] vermittelten Leistungen der Klägerin an die Kartenkäufer ist der Betrag, den die Kartenkunden für die Veranstaltungsleistungen der Klägerin zu entrichten hatten, mithin der bezifferte "Kartenpreis" zuzüglich der vom Kartenkunden zu bezahlenden "[X.]sgebühr". Dass die [X.] die Höhe der [X.]sgebühr innerhalb des von der Klägerin vorgegebenen Rahmens bestimmen konnten, ist insoweit unerheblich.

Entgegen der Auffassung der Klägerin berührt die "Refundierung" eines Teils der von den [X.] für die Klägerin von den Kartenkäufern vereinnahmten Entgelte nicht die Bemessungsgrundlage für den Verkauf der Konzertkarte, sondern mindert die Höhe der von der Klägerin den [X.] geschuldeten Vermittlungsprovision; denn die "Refundierung" beruht allein auf den Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der jeweiligen [X.]sstelle. Entgelt für deren Vermittlungsleistung an die Klägerin ist letztendlich nur der Betrag, den die [X.] von den [X.]sgebühren als Provision behalten dürfen, also in den "[X.]" der um die "Refundierung" geminderte Betrag.

2. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden. Die Klägerin hat zu Unrecht die [X.]sgebühren, die die Kartenkunden jeweils zu entrichten hatten, nur in Höhe der "refundierten" [X.]sgebühren als Entgelt für ihre Umsätze erfasst. Zur Bemessungsgrundlage für ihre insgesamt dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Leistungen an die Kartenkunden gehören jedoch die ungekürzten [X.]sgebühren. Die Minderung des Provisionsentgelts ist nach § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG erst im Besteuerungszeitraum der "Refundierung" zu berücksichtigen (vgl. [X.]-Urteile vom 15. September 2011 [X.], [X.], 2392, unter [X.]; vom 18. September 2008 [X.], [X.]E 222, 162, [X.], 250, Leitsatz). Zur Höhe der Provisionen und der "Refundierung" sind weitere Feststellungen erforderlich. Auch fehlen Feststellungen zum Vorsteuerabzug für die von den [X.] an die Klägerin erbrachten Vermittlungsleistungen, insbesondere zum Vorliegen entsprechender Rechnungen.

Meta

V R 16/09

03.11.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 8. April 2009, Az: 7 K 5054/05 B, Urteil

§ 3 Abs 9 UStG 1999, § 12 Abs 2 Nr 7 Buchst a UStG 1999, Art 12 Abs 3 Buchst a EWGRL 388/77, Anh H Nr 7 EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.11.2011, Az. V R 16/09 (REWIS RS 2011, 1780)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1780

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