Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2019, Az. KZR 73/17

Kartellsenat | REWIS RS 2019, 2904

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[X.]:[X.]:[X.]:2019:081019UKZR73.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
KZR 73/17
Verkündet am:
8. Oktober 2019
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Werbeblocker III
GWB § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1
a)
Die [X.], denen sich ein auf einem zweiseitigen Markt tätiges Unternehmen zu stellen hat, das eine Dienstleistung gegenüber einer [X.] unentgeltlich erbringt und von der anderen [X.] Entgelte verlangt, können in der Regel nicht
ohne Betrachtung beider [X.]n und deren wechselseitiger Beeinflussung zutreffend erfasst werden.
b)
Der Anbieter einer [X.] unentgeltlich zur Verfügung gestellten Software, die es ermöglicht, beim Abruf werbefinanzierter [X.]angebote die Anzeige von Werbung zu unterdrücken, und der den Betreibern dieser [X.]eiten gegen Entgelt die Freischaltung der blockierten Werbung durch Aufnahme in eine [X.] anbietet, ist auf dem Markt der Eröff-nung des Zugangs zu Nutzern, die seinen Werbeblocker installiert haben, marktbeherrschend, wenn die Betreiber dieser [X.]eiten keine andere wirtschaftlich sinnvolle Zugangsmöglichkeit zu diesen Nutzern haben.
[X.], Urteil vom 8. Oktober 2019 -
KZR 73/17 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der Kartellsenat
des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
21.
Mai 2019 durch die Präsidentin des [X.] [X.], die Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck und Dr. Raum sowie die Richter Prof.
Dr.
[X.] und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 17.
August 2017 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als die [X.] zu
1, 2, 4 und 5 sowie der
darauf rückbezogene Antrag
auf Fest-stellung der Verpflichtung der [X.]n zum Schadensersatz
ab-gewiesen worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die [X.] gehören zur R.
-Gruppe. Die Klägerin zu 2
(nachfolgend
Klägerin)
betreibt verschiedene
[X.]eiten, unter anderem
R.
.de, V.
.de
und W.

.de. Die betreffenden Seiten
können von den
[X.]
überwie-
gend kostenlos aufgerufen werden
und
sind
im Wesentlichen durch
in die [X.] eingebundene und
von der Klägerin zu
1 vermarktete
vorwiegend audiovi-suelle Werbung
finanziert. Dabei richtet sich die Höhe der erzielten [X.]
-
3
-
se nach der Reichweite des Mediums, für die es darauf ankommt, dass
die Werbung im [X.] des Nutzers geladen und auf der Bildschirmoberfläche wahrnehmbar gemacht wird.
Die [X.] zu
1
(nachfolgend: [X.]), deren Geschäftsführer der [X.] zu
3 ist und der [X.] zu
2 bis zum 17.
Dezember 2015 war, bietet [X.] ein Programm "[X.]"
an, das gängige [X.] um eine "Werbeblocker"-Funktion ergänzt.
Deren Funktionsweise lässt sich wie folgt beschreiben:
In einem [X.]fenster werden Informationen und Werbung dem Nutzer als einheitliches Webseitenangebot dargestellt. Typischerweise werden Informationsinhalte von [X.]eiten
von anderen Servern ("[X.]") abgerufen
als
Werbeinhalte, die auf
"[X.]" gespeichert sind, die [X.]adressen
haben, die sie
als
solche
erkennbar
machen. [X.] kann
den Zugriff des [X.]s auf die
vom
Nutzer
aufgerufene [X.]eite in der Weise beeinflussen, dass Daten
von den [X.] nur noch unter be-stimmten Voraussetzungen oder gar nicht
abgerufen werden, so dass [X.], deren Anzeige der Seitenbetreiber mit dem Aufruf der [X.]eite [X.] hat, dem Nutzer gegebenenfalls nicht angezeigt wird.
In welchem Umfang Werbung
blockiert
wird, richtet sich nach Filterlisten, für die die [X.] den Nutzern Voreinstellungen zur Verfügung stellt. Stan-dardmäßig ist eine Schwarze Liste ("E.

Germany") voreingestellt, die sämtli-che
Werbung blockiert, die nicht durch Aufnahme in eine ebenfalls voreinge-stellte [X.] zur Anzeige freigegeben ist. Die [X.] bietet jedenfalls größeren Betreibern von [X.]eiten wie der Klägerin die Aufnahme in diese Filterliste ("Whitelisting") nur gegen Zahlung eines
Entgelts
an, das regelmäßig 30%
der Werbeerlöse
beträgt, die
der Seitenbetreiber mit der Anzeige der
frei-geschalteten
Werbung erzielt. Die [X.] verlangt für die
Aufnahme in die [X.] ferner, dass die Werbung von ihr
formulierten Kriterien für "akzep-table"
oder "nicht aufdringliche"
Werbung entspricht; hierfür wird vorausgesetzt, 2
3
-
4
-
dass es sich um statische Text-
oder Bildwerbung handelt. Mehr als 90% der Adblock-Plus-Nutzer
behalten
die Voreinstellungen der [X.]n bei.
Die
[X.]
machen geltend, das Geschäftsmodell der [X.]n sei unlauter und kartellrechtswidrig; es
stelle zudem einen Eingriff in ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.
Mit der Klage begehren sie, soweit für das Revisionsverfahren von [X.], den [X.]n zu untersagen, mit dem Werbeblocker "[X.] Plus"
Werbung auf ihren [X.]eiten zu blockieren (Unterlassungsantrag zu 1), die Freischaltung von Werbung auf diesen Seiten vom Abschluss eines Vertrages oder der Zahlung eines Entgelts, insbesondere eines erlösabhängigen Entgelts,
abhängig zu machen (Unterlassungsantrag zu 2),
Nutzer dazu aufzurufen, den Werbeblocker zur [X.] auf ihren [X.]eiten einzusetzen (Unterlassungsantrag zu 3), die Kommunikation zwischen Nutzergeräten und den Servern von Medienagenturen durch Störung von Meldungen über ange-zeigte Werbung zu beeinträchtigen (Unterlassungsantrag zu 5), die Nutzer durch eine vorgebliche Freischaltung von Werbung durch eine "[X.]"
zu täuschen (Unterlassungsantrag zu 6)
sowie schließlich die Funktionsweise des [X.] gegenüber den Nutzern als uneigennützige oder ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit darzustellen (Unterlas-sungsantrag zu 7). Ferner begehren sie die Feststellung der Schadensersatz-pflicht der [X.]n für diese Handlungen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen
(LG [X.]
I

37
O
11843/14, juris), die Berufung der [X.] ist erfolglos geblieben
(OLG [X.], [X.], 1365). Dagegen wenden sich die [X.] mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.]n beantragen.
4
5
6
-
5
-
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, den [X.] stünden die geltend gemachten Ansprüche
weder aus Lauterkeitsrecht
noch aus Kartell-recht oder allgemeinem Deliktsrecht zu. Der Antrag zu 1 ziele auf ein Verbot des [X.], wenn die [X.]n nur mittels
einer Filterliste Werbung freischalten könnten, und erfasse deshalb, weil das "Whitelisting"
zum Teil
un-entgeltlich erfolge, auch nicht-geschäftliche Handlungen. Der mit dem Antrag zu 2 angegriffene unentgeltliche Vertrieb der Software zur Vorbereitung eines ent-geltlichen "Whitelistings"
stelle keine gezielte Mitbewerberbehinderung im Sinne von §
4 Nr.
4 UWG dar, und ebenso wenig seien die beanstandeten [X.] aggressive geschäftliche Handlungen im Sinne von §
4a UWG. Selbst wenn die [X.] durch die auf der kostenlosen Bezugsmöglichkeit be-ruhende weite Verbreitung des [X.] eine lauterkeitsrechtlich bedeut-same wirtschaftliche Machtposition erlangt haben sollte, läge kein Ausnutzen dieser Position zur Druckausübung im Sinne des §
4a Abs.
1 Satz
3 UWG vor. Die Anträge könnten
auch nicht auf eine Verletzung des Rechts am eingerichte-ten und ausgeübten Gewerbebetrieb gestützt werden, weil es im Hinblick auf die Klägerin
zu 2 an einer Rechtsschutzlücke
und im
Hinblick auf die Klägerin zu 1 an der erforderlichen Unmittelbarkeit eines betriebsbezogenen Eingriffs fehle. Schließlich sei die [X.] auch
nicht Normadressatin gemäß §
19 GWB, weil sie auf dem sachlich und örtlich relevanten Markt des Zugangs zu [X.] in [X.] über keine marktbeherrschende Stellung verfü-ge; allenfalls etwas über 20% aller [X.] [X.]nutzer verwendeten [X.].
Unbegründet seien auch die
Anträge zu 3, 5, 6
und 7. Eine gezielte [X.] gemäß §
4 Nr.
4 UWG unter dem Gesichtspunkt des Boykottaufrufs liege nicht vor, weil die [X.]
als etwaige Verrufene schon nicht hinrei-7
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-
6
-
chend bestimmt seien; zudem wäre bei der gebotenen umfassenden Interes-senabwägung aller Beteiligten ein etwaiger Boykottaufruf im Streitfall jedenfalls nicht unlauter
(Antrag zu 3).
Die lediglich in Einzelfällen aufgrund eines Fehlers in der "Blacklist"
vorgekommene Blockade von Zählpixeln trotz Ausspielung der Werbung auf den [X.]eiten der Klägerin behindere diese
nicht im Sinne des §
4 Nr.
4 UWG
(Antrag zu 5).
Die Nutzer würden schließlich weder
darüber getäuscht, dass die [X.] und nicht die [X.]
(Antrag zu
6), noch über die Gewinnerzielungsabsicht der [X.]n
(Antrag zu 7).
II.
Diese
Beurteilung steht auf die zulässige Revision in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Revisionsgericht.
Es kann offenbleiben, ob und [X.] in welchem Umfang das Berufungsgericht die Revision wirksam auf die lauterkeitsrechtliche Beurteilung des Streitfalls hätte beschränken [X.]. Denn die Entscheidungsformel des Berufungsurteils enthält keine Be-schränkung der Revisionszulassung, und eine solche folgt auch nicht aus den Entscheidungsgründen. Zwar hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Zulas-sung der Revision sei veranlasst, weil es hinsichtlich der lauterkeitsrechtlichen Zulässigkeit von [X.] der streitgegenständlichen Art um Rechtsfra-gen grundsätzlicher Bedeutung gehe, sowie auch im Hinblick auf
eine
abwei-chende Entscheidung des [X.] zum Vorliegen einer ag-gressiven geschäftlichen Handlung im Sinne des §
4a UWG. Daraus ergibt sich
indes lediglich die Begründung der grundsätzlichen Bedeutung des Streitfalls, jedoch keine
Beschränkung der Zulassung des Rechtsmittels.
III.
Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klageanträge zu 3, 6 und 7 wendet, die keine Grundlage im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
finden können.
9
10
11
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7
-
1.
Eine gezielte Behinderung im Sinne des §
4 Nr.
4 UWG unter dem Gesichtspunkt des Boykottaufrufs hat das Berufungsgericht zutreffend mit der Begründung verneint, die [X.] seien in ihrer Eigenschaft als Webseiten-betreiber als etwaige Verrufene schon nicht hinreichend bestimmt.
a)
Ein Boykottaufruf ist der Versuch, die freie Willensentscheidung des Adressaten dahingehend zu beeinflussen, dass er bestimmte [X.] mit Dritten nicht eingeht oder nicht aufrechterhält. Dabei müssen der Adressat des Aufrufs und der Verrufene bestimmt oder zumindest
bestimmbar sein. Zwar reicht dafür eine nähere Bezeichnung nach Gruppen, Tätigkeoder Organisationsmerkmalen (vgl. [X.], Urteil vom 13. November 1979 -
KZR 1/79, [X.]/E [X.] 1666, 1668 [juris Rn. 40] -
Denkzettel-Aktion; Urteil vom 22. Juli 1999
KZR
13/97, [X.]/E [X.]-R 352, 354 [juris Rn. 47]
-
Kartenlesegerät). Die Individualisierbarkeit fehlt jedoch, wenn der Kreis der zu sperrenden Unter-nehmen praktisch unübersehbar ist.
b)
Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die erforderliche Bestimmbarkeit rechtsfehlerfrei
verneint. Es hat ausgeführt, im Streitfall biete die [X.] ihren Werbeblocker rund 67
Millionen [X.] [X.] als Adressaten des etwaigen Boykottaufrufs unentgeltlich zur Nutzung an. Als Verrufene kämen sämtliche in der umfangreichen "[X.]"
aufge-führten Betreiber werbefinanzierter Webseiten in Betracht, deren Onlinewer-bung blockiert werden solle und die nicht in die [X.]
aufgenommen [X.] seien. Die Nutzer nähmen die in der schwarzen und der weißen Liste
je-weils aufgeführten Webseitenbetreiber nicht im Einzelnen wahr. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht unter den
festgestellten Umständen angenommen hat, dass die Nutzer des [X.] keine Vorstellung dar-über
haben, ob und in welchem Umfang ein bestimmter Seitenbetreiber und namentlich die Klägerin blockiert werden.
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-
8
-

c)
Aus §
823 Abs.
1 BGB in Verbindung mit §
1004 Abs.
1 BGB ergibt sich unter dem Aspekt der Verletzung des Rechts am eingerichteten und [X.] Gewerbebetrieb nichts anderes.

2.
Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei
eine Täuschung der Nutzer
über eine vermeintliche
Freischaltung von Werbung durch die "[X.]"
sowie die
Gewinnerzielungsabsicht der [X.]n verneint.
a)
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Darstellung der Ent-scheidung über die Freischaltung von Werbung sei nicht irreführend. Auf den
[X.]eiten
der [X.]n fänden sich dazu die Aussagen, dass ein "Vor-schlag zur Freischaltung"
in ein Forum gestellt und die Werbung freigeschaltet werde, falls es keine berechtigten Einwände gebe. Mit diesen Aussagen verbin-de
der Durchschnittsverbraucher die Erwartung, die "Community"
könne zwar Bedenken äußern, ob die Werbung den Kriterien für akzeptable Werbung ent-spreche, die Entscheidung werde aber
letztlich durch die [X.] getroffen.
Den Nutzern werde auch deutlich, dass die [X.] ihre Tätigkeit zwar [X.] als "Mission"
zur Verbesserung des [X.] anpreise, es sich aber
zu-gleich um ein Geschäftsmodell mit Gewinnerzielungsabsicht handele. Bereits durch die Überschrift "Wie verdienen wir Geld?"
in der von den [X.] in Bezug genommenen Darstellung werde dies klargestellt. Die [X.] weise zudem darauf hin, dass ihr Modell zur Veränderung der [X.] auch von einigen größeren Firmen bezahlt werde, die unaufdringliche Werbung [X.] wollten. Auch wenn sie die Nutzer zu Spenden für die Weiterentwicklung des [X.] aufrufe, verbleibe der Gesamteindruck, dass die [X.] ein auch finanziell erfolgreiches Geschäftsmodell zumindest anstrebe.
b)
Dieses Verständnis
hält sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung. Soweit die Revision die Verletzung eines Erfahrungssatzes rügt, 14
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-
9
-
gibt sie schon nicht an, welchen Erfahrungssatz das Berufungsgericht missach-tet
haben soll.
Soweit sie geltend macht, es werde nicht deutlich, dass die [X.] im Ergebnis ausschließlich von den Zahlungen der [X.] Unternehmen abhänge, ist eine fehlende Aufklärung über diesen Punkt schon nicht vom Antrag
zu 7
umfasst.
IV.
Im Übrigen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Das Be-rufungsgericht hat
kartellrechtliche Ansprüche

18 Abs.
1 i.V.m.
§
19 Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 GWB)
der [X.] rechtsfehlerhaft mit der Erwägung verneint, die [X.] sei nicht Normadressat des kartellrechtlichen Behinderungs-
und Diskriminierungsverbots.
1.
Gemäß §
19 Abs.
1 GWB ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung eines
Unternehmens
verboten. Ein solcher Missbrauch liegt nach §
19
Abs.
2 Nr.
1 GWB insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer be-stimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein anderes Unterneh-men unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfer-tigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unter-nehmen.

[X.] ist ein Unternehmen nach §
18 Abs.
1 GWB, wenn es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerb-lichen Leistungen
auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt ohne Wett-bewerber ist, keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.
2.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die [X.] möge
zwar die einzige Anbieterin einer Werbefreischaltung sein und die Klägerin könne die [X.]nutzer, die den Werbeblocker der [X.]n installiert haben, auch nur 18
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10
-
durch eine Freischaltung durch die [X.] mit ihrer Werbung erreichen. [X.] ergebe sich
aber keine marktbeherrschende Stellung auf dem hier relevan-ten Markt. Das Klagebegehren sei auf den ungehinderten Zugang der Klägerin zu den [X.] mit ihren Angeboten einschließlich
der darin enthaltenen Werbung gerichtet. Maßgeblich für die Frage der Marktbeherrschung sei somit, in welchem Ausmaß die [X.] den Zugang der Klägerin zu allen [X.]nut-zern beschränken könne. Ebenso wie ein Lebensmitteldiscounter mit einem kleinen Marktanteil am Lebensmittelmarkt nicht deshalb gegenüber Lebensmit-telherstellern marktbeherrschend sei, weil der Lebensmittelhersteller die Stammkunden des [X.] nicht erreichen könne, wenn der Discounter die Lebensmittel des Herstellers nicht in sein Sortiment aufnehme, habe
die [X.] nicht deshalb eine marktbeherrschende Stellung, weil nur sie durch [X.] der Werbung der Klägerin Zugang zu den
[X.] verschaffen könne, die ihren Werbeblocker installiert hätten.
3.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
a)
Eine marktbeherrschende Stellung kann der Anbieter oder Nachfra-ger einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen haben. Geht es wie im Streitfall um einen möglicherweise marktbeherrschenden Anbie-ter, ist zunächst das Produkt (oder die Dienstleistung)
zu identifizieren, das die-ser anbietet. Erst auf dieser Grundlage kann sinnvoll geprüft werden, ob von anderen Anbietern angebotene Produkte aus der Sicht der Nachfrager, d.h. der (potentiellen) Abnehmer des Produkts, nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind ([X.]; s. nur [X.], Urteil vom 24.
Januar 2017
KZR
2/15, [X.], 707 Rn.
20
Kabelkanalanlagen).

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11
-
b)
Die [X.] ist, wie das
Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutref-fend sieht,
auf einem "zweiseitigen"
Markt tätig. Sie bietet zum einen [X.]-nutzern (unentgeltlich) den Werbeblocker Adblock
Plus an, mit dem diese als unerwünscht, lästig oder belästigend angesehene Werbung auf den von ihnen aufgerufenen [X.]eiten blockieren können. Sie bietet zum anderen den Betreibern von [X.]eiten, deren für die Nutzer unentgeltliche Bereitstellung
typischerweise
durch Werbung finanziert wird, unter bestimmten Voraussetzun-gen die Aufnahme in die von ihr voreingestellte [X.] an, die es den [X.]betreibern ermöglicht, mit ihrer Werbung die Nutzer der Seiten zu erreichen, die sie damit ohne das "Whitelisting"
nicht erreichen können,
weil die Werbung von dem Werbeblocker der [X.]n blockiert wird. Die Aufnahme in die [X.] Liste erfolgt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenüber "größeren"
Seitenbetreibern entgeltlich und nach dem Vorbringen der [X.]n gegenüber einer Vielzahl kleinerer Anbieter unentgeltlich.
Die [X.] tritt [X.] als [X.] zwischen die Seitenbetreiber und die Nutzer, wobei sich die Besonderheit ihrer Stellung gegenüber anderen [X.]en daraus ergibt, dass sie den Seitenbetreibern ausschließlich
die Beseitigung eines Zugangs-hindernisses anbietet, das sie mit der Bereitstellung des [X.] und seiner
voreingestellten
Schwarzen Liste gegenüber den Nutzern selbst geschaf-fen hat.
c)
Für
die Beurteilung des Streitfalls kommt es -
in erster Linie -
auf die grundsätzlich entgeltliche Dienstleistung der Aufnahme in die [X.] an. Sie wird den Betreibern (ganz oder teilweise) werbefinanzierter [X.]eiten
wie der Klägerin
angeboten, und
der individuelle
Bedarf der
Klägerin
ist
insoweit
nur
von Belang,
als
sie wie andere Betreiber werbefinanzierter [X.]eiten Teil der Marktgegenseite ist, die den Zugang zu den von der [X.]n blo-ckierten [X.] nachfragt.
Der Vergleich des Berufungsgerichts geht daher fehl: Anders als der Discounter ist die [X.]
kein
Nachfragemittler, 24
25
-
12
-
sondern Anbieter, und es kommt daher nicht darauf an, welchen Anteil
aller
In-ternetnutzer sie den Seitenbetreibern zugänglich machen kann, sondern auf welchem Markt sie die Beseitigung der von ihr selbst geschaffenen Zugangs-schranke anbietet.
Die [X.]nutzer sind anders als bei einem Nachfragemittler den [X.]betreibern ohne das Hinzutreten der [X.]n ohne weiteres zugänglich. Nur wenn Werbeblocker und "Whitelisting"
getrennt betrachtet würden, ließe sich annehmen, die [X.] erschlösse
den Seitenbetreibern -
ähnlich dem Discounter im Beispiel des Berufungsgerichts -
mit der Weißen Liste schlicht einen weiteren Kreis von [X.]
und damit eine größere
Reichweite
für ihr werbefinanziertes Angebot. Damit würde aber das Ziel der Bestimmung des relevanten Markts verfehlt, die [X.] zu ermitteln, denen sich die beteiligten Unternehmen zu stellen haben, und der Zielsetzung des § 19 GWB entsprechend die missbräuchliche Ausnutzung nicht hinreichend vom Wettbe-werb kontrollierter Handlungsspielräume zu Lasten Dritter zu unterbinden (vgl. nur [X.], Urteil vom 4. November 2003 [X.], [X.]Z 156, 379, 384
Strom und [X.]).
[X.])
Der Preissetzungsspielraum der [X.]n ist nur dann durch den Wettbewerb kontrolliert, wenn sich die Betreiber werbefinanzierter Seiten den Zugang zu den [X.], die den Werbeblocker der [X.]n installiert und die "[X.]"
voreingestellt haben, auch in anderer Weise als durch entgeltliche Aufnahme in die voreingestellte [X.] verschaffen könnten, die entsprechende Dienstleistung der [X.]n mithin aus der Sicht der Marktgegenseite durch andere Dienstleistungen substituierbar wäre. [X.] ist aus der Sicht eines Seitenbetreibers die Zahlung jeden Entgelts an die [X.] wirtschaftlich vernünftig, das ihm wenigstens noch einen Anteil an den Werbeerlösen belässt, die er infolge der "Freischaltung"
der Werbung ge-nerieren kann.
26
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-
13
-
bb)
Für die Beurteilung der Ausweichmöglichkeiten der Nachfrager
ist dem Berufungsurteil
nichts Zureichendes zu entnehmen.
(1)
Von vornherein unerheblich ist dafür die Erwägung, die Klägerin könne eine Bezahlschranke
einrichten. Bei der Prüfung einer
marktbeherr-schenden Stellung
auf einem Angebotsmarkt
ist regelmäßig das Geschäftsmo-dell der
Marktgegenseite
und die sich daraus ergebende Nachfrage als gege-ben hinzunehmen. Abgesehen davon, dass die Finanzierung durch Nutzerent-gelte für viele [X.]eiten
mangels Bereitschaft der Nutzer, für das Angebot zu zahlen,
nicht realisierbar sein dürfte, entschiede sich ein Seitenbetreiber mit der Einführung einer Bezahlschranke anstelle einer Werbefinanzierung seines
Angebots für ein grundlegend anderes Geschäftsmodell und schiede damit aus dem Kreis der (potentiellen) Nachfrager der von der [X.]n
angebotenen Dienstleistung aus; für die Marktdefinition ist diese Möglichkeit
unerheblich.
(2)
Aus den
Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich auch nicht, dass Seitenbetreiber die Möglichkeit haben, die von der [X.]n bewirkte [X.] wirksam in anderer Weise als durch Aufnahme
in die [X.] zu umgehen.
(a)
Zwar stellt das Berufungsgericht fest, dass die [X.] "jeden-falls
teilweise"
in der Lage seien, Videowerbung unter Umgehung des [X.] der [X.]n auszuspielen, und es mehrere Anbieter gebe, die damit würben, mit der von ihnen -
entgeltlich -
angebotenen Software Werbeblocker zu umgehen. Ob, in welchem Umfang und zu welchen Kosten auf diese Weise das "Whitelisting"
umgangen werden kann
und ob hierdurch der Preissetzungs-spielraum der [X.]n begrenzt wird, ist dem Berufungsurteil aber nicht zu entnehmen.
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31
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-
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-
(b)
Nach den von der Revision
insoweit
nicht angegriffenen Feststellun-gen
des Berufungsgerichts haben Seitenbetreiber
ferner die technische Mög-lichkeit, den Aufruf der [X.]eiten
durch Nutzer zu unterbinden, die den Werbeblocker
der [X.]n verwenden, und so den Versuch zu unternehmen, diese Nutzer zu veranlassen, den Werbeblocker
jedenfalls für den Besuch der betreffenden Seiten außer Funktion zu setzen. Auch insoweit fehlt es aber an Feststellungen, ob und in welchem Umfang das "Whitelisting"
auf diese Weise tatsächlich substituierbar ist. Es liegt nicht fern, dass hiermit
nur ein mehr oder weniger großer Teil der Nutzer zu einer vorübergehenden Abschaltung des [X.] motiviert werden kann.
(c)
Entsprechendes gilt für die nach den Feststellungen des Landge-richts, auf die das Berufungsgericht verweist, bestehende Möglichkeit, Nutzer zur Abschaltung des [X.] dadurch zu veranlassen, dass Inhalte bei eingeschaltetem Werbeblocker
lediglich in geminderter Qualität
angeboten werden, z.B. Filme nur in deutlich kleinerem Format anstatt im Vollbildmodus.
d)
Ist die Marktabgrenzung des Berufungsgerichts fehlerhaft, kann mit der von ihm gegebenen Begründung auch eine marktbeherrschende Stellung der [X.]n nicht verneint werden.
V.
Das Berufungsurteil erweist sich
hinsichtlich der Anträge zu 1 und 2
auch nicht
aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts können kartellrechtliche Ansprüche nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, es fehle jedenfalls an einem missbräuchlichen Verhalten der [X.]n.
1.
Die Beurteilung, ob ein Normadressat des §
19 Abs.
2 Nr.
1 GWB ein anderes
Unternehmen unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund anders behandelt als gleichartige Unternehmen, erfordert nach ständiger 33
34
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-
15
-
Rechtsprechung des [X.] eine umfassende Abwägung der be-teiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des [X.] gerichteten Zielsetzung des [X.] ([X.], Urteil vom 12.
April 2016
KZR
30/14, [X.] 2016, 427 Rn.
48

[X.]; Urteil vom 6.
Oktober 2015
KZR
87/13, [X.] 2015, 535 Rn.
59
Porsche-Tuning, mwN).
Bei dieser Interessenabwägung ist im Streitfall zwar zu berücksichtigen, dass das Geschäftsmodell der [X.]n nach der Rechtsprechung des [X.] als solches nicht zu beanstanden ist ([X.], Urteil vom 19. April 2018 -
I [X.], [X.]Z 218, 236
Werbeblocker
II). Der Grundsatz, dass die Unlauterkeit einer Behinderung auch ihre kartellrechtliche Unbilligkeit begründen kann, gilt aber nicht umgekehrt. Dem [X.] können besondere Verhaltenspflichten auferlegt sein, die für das Marktverhal-ten anderer Unternehmen nicht gelten. Dieser aus dem besonderen Anwen-dungsbereich der kartellrechtlichen Vorschriften folgende Unterschied gegen-über dem Lauterkeitsrecht darf bei der parallelen Anwendung dieser Vorschrif-ten nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. [X.] in [X.]/Obergfell,
UWG, 3. Aufl., §
4 Nr.
4 Rn.
15; [X.] in [X.]/[X.],
UWG, 4. Aufl., §
4 Nr.
4 Rn.
12; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], UWG, 37. Aufl., §
4 Rn.
4.18).
2.
Für die
erforderliche
umfassende
Interessenabwägung, bei der [X.] auch wirtschaftlich sinnvolle Abwehrmaßnahmen der Klägerin zu berücksichtigen sein können,
fehlt es an Feststellungen
des Berufungsgerichts.
a)
In die Interessenabwägung ist auf Seiten der Betreiber werbefinan-zierter [X.]eiten wie der Klägerin das
Interesse an einer ungestörten Ver-breitung der Werbung einzustellen, über die sie
den Nutzern kostenlos bereit-gestellte Seiteninhalte
finanzieren. Das Geschäftsmodell der [X.]n, das 37
38
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-
16
-
diese Werbung grundsätzlich blockiert und nur unter bestimmten Vorausset-zungen und nur gegen ein
erhebliches Entgelt ganz oder teilweise von der [X.] ausnimmt, beeinträchtigt damit die Seitenbetreiber in durch die [X.] (Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG) und der Berufsfreiheit (Art.
12 Abs.
1 GG)
geschützten Rechtspositionen. Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG schützt die Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht unter Einschluss des Anzeigenteils eines Presseorgans. Der Schutzbereich erfasst dabei nicht nur Presseerzeugnisse im herkömmlichen Sinne, sondern auch die Verbreitung von Informationen über andere Medien wie das [X.]
(vgl. [X.] 21, 271, 278; 66, 116, 133; [X.], [X.], 170, 172). Das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art.
12 Abs.
1 GG
schließt
neben der Berufswahl auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit ein ([X.] 50, 290, 363; 114, 196, 244).
b)
Auf Seiten der [X.]n ist zu berücksichtigen, dass ihre Tätigkeit ebenfalls durch die Berufsfreiheit geschützt ist und sie ein marktgängiges Dienstleistungsangebot entwickelt hat, das, wie die
Verbreitung ihres
[X.]
zeigt,
den Bedürfnissen eines nicht unerheblichen Teils der [X.]-nutzer entspricht und daher als Teil des [X.] bei Dienstleis-tungen der [X.] angesehen werden kann (vgl. [X.]Z 218, 236 Rn.
26
Werbeblocker
II; Pressemitteilung des [X.] vom 21.
Januar 2019 "Bundeskartellamt
Adblocker/Whitelisting", S.
1, vorgelegt als Anlage
RE
1).
Zwar erscheint es nicht ohne weiteres schutzwürdig, dass die Nutzer des [X.] der [X.]n [X.]angebote unentgeltlich nutzen möchten, ohne bereit zu sein, die Anzeige der zu deren Refinanzierung von den [X.] mit diesen Seiten verbundenen
Werbung zu dulden. Zu berücksichtigen ist aber gleichwohl, dass die Nutzer rechtlich grundsätzlich nicht gehindert sind, die Anzeige von Werbung, insbesondere von besonders aufdringlicher Wer-40
41
-
17
-
bung, zu unterdrücken. Es kann daher auch der [X.]n nicht grundsätzlich versagt sein, die Nutzer hierbei durch die Bereitstellung eines [X.] technisch zu unterstützen.
Daraus ergibt sich jedoch, dass das Interesse der [X.]n, durch
Blockade
und Freischaltung die Werbung der Seitenbetreiber zu steuern und an
deren
Werbeerlösen zu partizipieren, nicht als solches schutzwürdig ist, son-dern nur insoweit berücksichtigt werden darf, als es legitimen
Interessen derje-nigen [X.]nutzer
dient, die den Werbeblocker der [X.]n installiert ha-ben, oder dazu, die Entwicklung und Pflege des [X.] zu finanzieren
sowie damit einen angemessenen und risikoadäquaten Gewinn zu erzielen. Insbesondere kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass
es keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellt, wenn die Bereitstel-lung des [X.] durch eine den Seitenbetreibern -
in beliebiger Höhe -
abverlangte Beteiligung an den
durch die von der [X.]n veranlasste [X.] erzielten
Umsatzerlösen mit nicht
mehr
blockierter
Werbung finanziert wird. Andererseits kann dieses Finanzierungsmodell
jedoch auch nicht schlechthin ausgeschlossen werden. Vielmehr bedarf es einer weitergehenden Berücksichtigung der Einzelheiten
seiner
Ausgestaltung, zu denen das [X.] keine Feststellungen getroffen hat.
c)
Im Übrigen versteht der Senat das Klagebegehren zu 1 und 2 dahin, dass das Anbieten eines [X.] mit schwarzer und weißer Liste und das entgeltliche, insbesondere von einer Umsatzbeteiligung abhängige "[X.]"
nicht nur als solches angegriffen werden, sondern auch in der konkreten Erscheinungsform des [X.] [X.], bei dem insbesondere das
von der [X.]n geforderte
Entgelt
regelmäßig
30% der Werbeerlöse beträgt und die Aufnahme in die [X.] ferner von der Einhaltung bestimmter, von der [X.]n formulierter Voraussetzungen abhängt. Auch insoweit fehlt es an hinreichenden Feststellungen für eine umfassende Abwägung der beiderseiti-42
43
-
18
-
gen Interessen, insbesondere zu tatsächlich vereinbarten (im Gegensatz zu nur geforderten) Erlösbeteiligungen
und der näheren Ausgestaltung der Vorausset-zungen des Whitelistings.
d)
[X.] ist auch die Abweisung des hilfsweise zum Antrag zu
1 gestellten Antrags zu
4.
3.
Schließlich kann nicht
von vornherein
ausgeschlossen werden, dass sich aus der mit dem Klageantrag zu 5 beanstandeten Beeinträchtigung der Rechnerkommunikation bei der Erfassung der Seitenzugriffe ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ergibt.
4.
Soweit das Berufungsurteil hinsichtlich der [X.] aufzuheben ist, hat auch die Abweisung des auf Feststellung der Schadenser-satzpflicht gerichteten Antrags keinen Bestand.
5.
Ansprüche wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung der [X.]n können auch der Klägerin zu 1 zustehen, deren Tätigkeit durch die angegriffenen Handlungen gleichfalls beeinträchtigt wird.

VI.
Das Berufungsurteil ist daher im bezeichneten Umfang aufzuheben. Die Sache ist insoweit
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist. Für die weitere Prüfung weist der Senat auf Folgendes hin:
1.
Da die Klageanträge bislang im Wesentlichen durch die lauterkeits-rechtlichen Angriffe geprägt sind, wird das Berufungsgericht auf eine sachge-rechte Antragstellung und eine stärkere Herausarbeitung der für die kartellrecht-liche Beurteilung des Streitfalls maßgeblichen Gesichtspunkte auch im Vortrag der Parteien hinzuwirken haben.
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-
19
-
2.
Gelangt das Berufungsgericht zu Feststellungen, aus denen sich
ei-ne marktbeherrschende Stellung der [X.]n ergibt, wird es unter umfassen-der Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen der [X.]n
und
der Betreiber werbefinanzierter [X.]eiten sowie
der Nutzer solcher Seiten zu prüfen haben, ob die Klägerin von der [X.]n unbillig be-hindert oder diskriminiert wird.
Dabei können auch folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen sein:
a)
Nach den vorstehenden Ausführungen zur Interessenabwägung (Rn.
39-42) kann für die Frage einer unbilligen Behinderung insbesondere
Be-deutung gewinnen, welche Wirkungen durch die Kombination von schwarzer und weißer Liste, die Kriterien für ein "Whitelisting"
sowie die von der [X.]n gewählte Entgeltgestaltung erzielt werden.
Nach der eigenen Darstellung der [X.]n ist ihr
Geschäftsmodell nicht auf die Unterdrückung jeglicher Werbung gerichtet, sondern zielt darauf ab, es den [X.] zu ermöglichen, sich vor
aufdringlicher, als belästigend empfundener Werbung zu schützen. Den Betreibern der für Nutzer kostenlosen [X.]eiten solle
indes ermöglicht werden, sich durch -
nach von der [X.] aufgestellten Kriterien -
akzeptable Werbung zu refinanzieren.
Da es naheliegt, dass die von der [X.]n angelegten Kriterien für "ak-zeptable"
Werbung nicht mit den Kriterien übereinstimmen, die von den Seiten-betreibern unter dem Gesichtspunkt der Erzielung möglichst hoher Erlöse aus Werbeeinnahmen aufgestellt
werden, wird das Berufungsgericht sein Augen-merk darauf zu richten haben, ob die von den [X.]n aufgestellten Kriterien unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Nutzer plausibel sind und ob die formulierten Kriterien auch tatsächlich
und einheitlich
angewandt und kontrolliert werden.
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20
-
Dies kann umso größere Bedeutung gewinnen, als
eine großzügige Zu-lassung von Werbung gegen ein eher geringes Entgelt in Widerspruch zu dem Ziel treten könnte, den [X.] mit der Kombination von schwarzer und weißer Liste den Eindruck sowohl eines effektiven Schutzes vor unerwünschter Werbung als auch der Förderung "unterstützungswürdiger"
Seitenbetreiber zu vermitteln, was das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Selbstdarstel-lung der [X.]n als
von ihr angepriesene
"Mission"
zur Verbesserung des [X.] bezeichnet hat. Wird ihr Preissetzungsspielraum aber nur durch die Notwendigkeit begrenzt, dem Seitenbetreiber
einen
Minimalanteil an den
durch die "Freischaltung"
generierbaren Werbeerlösen
zu belassen,
könnte dies der [X.]n demgegenüber
auch
erlauben, die Zulassung von [X.] restriktiv auszugestalten und gleichwohl hohe Einnahmen aus dem "[X.]"
zu erzielen.
Andererseits könnte
ein plausibles und auch tatsächlich angewandtes und kontrolliertes Schutzkonzept, bei dem Nutzern durch die für das "[X.]"
angewandten Kriterien in der Standardeinstellung nur "akzeptable"
[X.] angezeigt wird, gegebenenfalls auch aus der Sicht der Seitenbetreiber eine
gewisse
Gegenleistung für das
für die Freischaltung
entrichtete Entgelt darstellen, wenn die Werbung infolgedessen
besser wahrgenommen würde
oder sozusagen als Werbung "mit Prädikat"
erschiene, insbesondere wenn sie
deswegen von den Seitenbetreibern auch zu einem höheren Preis vermarktet
werden könnte.
b)
In diesem Zusammenhang wird gegebenenfalls auch zu erwägen sein, ob der generelle Ausschluss "nicht-statischer"
Werbung von einem "[X.]"
die Möglichkeiten der Betreiber werbefinanzierter [X.]eiten [X.] einschränkt, sich auf diese Weise potentiell Zugang zu denjenigen Nutzern zu verschaffen, die den Werbeblocker der [X.]n installiert haben.
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c)
Da sich die Beschränkung der Freiheit der Seitenbetreiber, selbst darüber zu entscheiden, ob
und wie
sie den Nutzern
Seiteninhalte nur zusam-men mit Werbung anzeigen wollen, durch den Werbeblocker und die Entgelt-forderung der [X.]n für ein "Whitelisting"
nicht durch das Interesse der [X.]n, Werbeerlöse von den
Seitenbetreibern
teilweise auf sich umzulenken, sondern nur durch einen von der [X.]n befriedigten [X.] nach einer Blockade unerwünschter Werbung rechtfertigen lässt, wird auch zu prüfen sein, ob sich eine unbillige Behinderung daraus ergibt, dass dem Nutzer keine transparente und leicht handhabbare Möglichkeit zur Verfügung steht, eine In-ternetseite
selbst
auf eine weiße Liste zu setzen.
Zwar hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Nutzer "bei entspre-chenden Computerkenntnissen"
einzelne [X.]eiten selbst freischalten oder eigene [X.]n erstellen und pflegen
kann und außerdem die Möglichkeit besteht, den Werbeblocker temporär zu deaktivieren, wenn dem Nutzer
wegen dessen Aktivierung
die Seiteninhalte nicht oder nicht vollständig oder nur in [X.] attraktiver Form angezeigt werden. Für die Abwägung der Interessen kann es jedoch darauf ankommen, ob es den Seitenbetreibern durch eine ein-fachere
benutzerfreundliche
und deutlich herausgestellte andere Ausgestaltung des [X.] erleichtert werden könnte, einen
Nutzer (dauerhaft) zur Aufnahme einer bestimmten [X.]eite auf eine weiße Liste zu veranlassen und damit den Interessen des Seitenbetreibers gegenüber dem Entgeltinteres-se der [X.]n jedenfalls dann Geltung zu verschaffen, wenn dies dem [X.] entspricht.
d)
Auf eine unbillige Behinderung
dürfte
hindeuten, wenn die [X.] Versuchen der Seitenbetreiber, den Nutzer durch eine Beschränkung des [X.]zugangs zu einer Deaktivierung des [X.] zu veranlassen, [X.] durch technische Maßnahmen entgegenwirkte (zur entsprechenden [X.] im Lauterkeitsrecht vgl. [X.]Z 218, 236 Rn. 32, 41 -
Werbeblocker II).

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-
e)
Ferner wird gegebenenfalls zu prüfen sein, ob die Differenzierung zwischen Seitenbetreibern, denen von der [X.]n für die Aufnahme in die "[X.]"
ein Entgelt abverlangt wird, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, sachlich angemessen ist
und von der [X.]n auch diskriminierungs-frei praktiziert wird.

f)
Ebenso wird gegebenenfalls zu prüfen sein, ob das von der [X.] von größeren Webseitenbetreibern wie der Klägerin regelmäßig für die [X.] verlangte Entgelt von 30% der mit der freigeschalteten
Werbung
er-zielten Erlöse als sachlich gerechtfertigt angesehen werden kann.
[X.])
Eine Prüfung der Entgelte am Maßstab der auf einem vergleichbaren Markt erzielbaren Entgelte setzte einen
geeigneten Vergleichsmarkt
voraus. In dieser Hinsicht wird das Vorbringen der [X.]n, eine Umsatzbeteiligung
von 30% sei im Bereich der Onlinewerbung nicht unüblich, nicht weiterführen. Denn
die verlangten Zahlungen der Seitenbetreiber erfolgen jedenfalls ganz überwie-gend nur deswegen, weil sie damit eine bewusst von der [X.]n bewirkte Entwertung ihrer Werbung vermeiden
können. Allenfalls in geringem Umfang könnte derartigen Zahlungen
möglicherweise
ein durch die Einstufung als "ak-zeptable Werbung"
erzielbarer Mehrwert
zugeordnet werden
(vgl. oben Rn.
55).
bb)
[X.] Prüfung bedarf ferner, ob eine Berechnung des für die [X.] zu zahlenden Entgelts in Form eines Erlösanteils überhaupt als sach-lich angemessen angesehen werden kann. Zwar ist die wirtschaftliche Bedeu-tung der erkauften Freischaltung für den Seitenbetreiber umso höher, je
mehr Werbeerlöse er infolgedessen erzielen kann. Andererseits dürften der Aufwand der [X.]n für die Freischaltung immer gleich und ihre dafür
jeweils
aufzu-wendenden Kosten äußerst gering sein.
Die Entwicklung und fortlaufende Pfle-ge des [X.]
sowie ein angemessener und risikoadäquater Unter-nehmensgewinn der [X.]n könnten grundsätzlich auch durch ein Pau-60
61
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schalentgelt gedeckt werden, das gegebenenfalls nach der wirtschaftlichen Be-deutung der in Rede stehenden [X.]eite oder des Seitenbetreibers gestaf-felt sein könnte.
-
24
-
cc)
Sollte sich kein Markt feststellen lassen, auf dem Entgelte und Ent-geltstruktur einen Vergleich mit den von der [X.]n verlangten Entgelten zulassen, wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben, ob sich eine missbräuchliche Preisstruktur oder -höhe daraus ergibt, dass die von der [X.]n verlangten Entgelte in ihrer Summe in einem Missverhältnis zu den Kosten der Entwicklung und fortlaufenden Pflege des [X.]
zuzüglich eines angemessenen und risikoadäquaten Unternehmensgewinns der [X.]
stehen.
[X.]
Meier-Beck
Raum

[X.]
Sunder
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 27.05.2015 -
37 O 11843/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.08.2017 -
U 2184/15 Kart -

64

Meta

KZR 73/17

08.10.2019

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2019, Az. KZR 73/17 (REWIS RS 2019, 2904)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2904

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Kein Unterlassungsanspruch gegen Vertrieb von Werbeblocker-Software für Internetseiten


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I ZR 154/16

37 O 11843/14

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