Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2013, Az. EnVR 18/12

Kartellsenat | REWIS RS 2013, 204

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
EnVR 18/12
Verkündet am:

17.
Dezember 2013

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

50Hertz Transmission GmbH
[X.] § 23 Abs. 1 Satz 1
a)
Als Erweiterungs-
und Umstrukturierungsmaßnahmen im Sinne von §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] sind nicht nur Maßnahmen anzusehen, die durch eine Veränderung der Versorgungsaufgabe veranlasst werden und deshalb als grundlegend zu
qualifizieren und mit besonders hohen Kosten verbunden sind.
b)
Eine Maßnahme ist als Erweiterungs-
oder Umstrukturierungsmaßnahme anzusehen, wenn sie sich nicht im Austausch bereits vorhandener Kompo-nenten und der damit zwangsläufig einhergehenden Verbesserungen er-schöpft, sondern jedenfalls auch zu einer nicht nur unbedeutenden Vergrö-ßerung des Netzes oder zu einer nicht nur unbedeutenden Veränderung von sonstigen technischen Parametern führt, die für den Betrieb des Netzes er-heblich sind.
[X.], Beschluss
vom 17. Dezember 2013 -
EnVR 18/12 -
[X.]

-
2
-
Der Kartellsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 17.
Dezember 2013 durch die Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck und Dr.
Raum sowie [X.]
Kirchhoff, Dr.
Grüneberg und Dr.
Bacher
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der am 14.
März 2012 verkündete Beschluss des 3.
Kartellsenats des Oberlandesge-richts Düsseldorf aufgehoben, soweit darin die Beschwerde gegen den Beschluss der [X.] vom 27.
August 2010 hin-sichtlich der Teilmaßnahmen "Einbau digitaler Schutzrelaistechnik", "Anpassung und Erweiterung der digitalen Stationsleittechnik" und "Einbau einer neuen Eigenbedarfsanlage" zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdever-fahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 130.000 Euro festgesetzt.
-
3
-
Gründe:
I.
Die Antragstellerin betreibt ein Höchstspannungsnetz. Mit Schreiben vom 30.
Juni 2008 beantragte sie unter anderem die Genehmigung eines [X.] für Maßnahmen an dem 1968 in Betrieb genommenen [X.].
Die [X.] hat den
Antrag abgelehnt. Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr Begehren hinsichtlich vier von insgesamt fünf zu dem Projekt gehörenden Teilmaßnahmen weiterverfolgt hat, ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom Beschwerdegericht zuge-lassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie ihr Begehren im Hinblick auf drei Teil-maßnahmen weiterverfolgt, nämlich den Einbau digitaler Schutzrelaistechnik, die Anpassung und Erweiterung der digitalen Stationsleittechnik und den Ein-bau einer neuen Eigenbedarfsanlage. Die [X.] tritt dem [X.] entgegen.
II.
Das zulässige Rechtsmittel führt im Umfang der Anfechtung zur Auf-hebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1.
Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die in Rede stehenden Maßnahmen seien nicht als Umstrukturierungs-
oder Erweiterungsmaßnahmen im Sinne von §
23 Abs.
1 [X.] anzusehen. Die genannte Vorschrift stelle grundsätzlich auf Neuinvestitionen ab, die durch eine Veränderung der Versorgungs-
und Transportaufgabe veranlasst würden, grundlegende Maßnahmen darstellten und mit erheblichen Kosten verbunden 1
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seien. Davon zu unterscheiden seien Maßnahmen, die nur der Erhaltung des bestehenden Netzes dienten, also seine Wartung, Instandhaltung und Instand-setzung oder die Ersatzbeschaffung beträfen.
Aus dem in §
23 Abs.
1 Satz
2 Nr.
7 [X.] normierten Regelbeispiel fol-ge nichts anderes. Dieses umfasse zwar Ersatzinvestitionen. Hieraus sei aber die Schlussfolgerung zu ziehen, dass alle anderen Ersatzinvestitionen nicht Gegenstand eines Investitionsbudgets sein könnten.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht die im Rechtsbeschwerdeverfahren noch zu beurteilenden Maßnahmen als nicht ge-nehmigungsfähig angesehen. Sie dienten nicht der Umstrukturierung des [X.], sondern führten nur zu einer grundsätzlichen Erneuerung der Schutz-
und Leittechnik des Umspannwerks, also eines Teils des bestehenden Netzes. [X.] liege keine grundlegende, mit erheblichen Kosten verbundene substantielle Umgestaltung des Netzes.
2.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a)
Hierbei kann offen bleiben, welche Fassung von §
23 Abs.
1 [X.] für die Beurteilung des [X.] maßgeblich ist.
Die Regelung in §
23 Abs.
1 [X.] ist zwar seit ihrem Inkrafttreten [X.] geändert worden. So wird der Gegenstand der Genehmigung in der seit 22.
März 2012 geltenden Fassung nicht mehr als Investitionsbudget, sondern als Investitionsmaßnahme bezeichnet. Zudem ist der in Satz
2 enthaltene [X.] von Maßnahmen, die insbesondere als genehmigungsfähig anzusehen sind, mehrfach geändert worden. Die für die Beurteilung des Streitfalls relevanten Tatbestandsvoraussetzungen des §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] sind von diesen Änderungen indes nicht betroffen.
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b)
Entgegen der Auffassung des [X.], gegen die auch die [X.] erhebt, sind als Erweiterungs-
und [X.] nicht nur Maßnahmen anzusehen, die durch eine [X.] veranlasst werden und deshalb als grundle-gend zu qualifizieren und mit besonders hohen Kosten verbunden sind.
aa)
Dem Wortlaut von §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] lässt sich, wie auch das Beschwerdegericht nicht verkannt hat, eine solche Einschränkung nicht ent-nehmen.
Unter den Begriff der Erweiterungsmaßnahme kann, wie auch die Bun-desnetzagentur in ihrem zuletzt im [X.] überarbeiteten Leitfaden zu Inves-titionsmaßnahmen nach §
23 [X.] darlegt, jede Maßnahme subsumiert wer-den, mit der das Netz vergrößert wird -
sei es durch Erhöhung der Leitungslän-ge, sei es durch Steigerung der Übertragungskapazität. Dies können auch Maßnahmen sein, denen keine grundlegende Bedeutung zukommt und die nicht mit außergewöhnlich hohen Kosten verbunden sind.
Für den Begriff der Umstrukturierungsmaßnahme gilt nichts anderes. [X.] kann jede Maßnahme subsumiert werden, mit der technische Parameter geändert werden, die für den Netzbetrieb erheblich sind. Hierunter fallen zum Beispiel qualitative Verbesserungen der Netzbeschaffenheit. Auch insoweit lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen, dass die Maßnahme zusätzlich grundlegende Bedeutung haben oder mit besonders hohen Kosten verbunden sein muss.
[X.])
Dass der Tatbestand des §
23 Abs.
1 Satz
2 Nr.
7 [X.] nur grund-legende, mit erheblichen Kosten verbundene Umstrukturierungsmaßnahmen erfasst, führt entgegen der Auffassung des [X.] nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
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In §
23 Abs.
1 Satz
2 [X.] sind bestimmte Maßnahmen aufgeführt, die "insbesondere" als genehmigungsfähige Erweiterungs-
und Umstrukturierungs-investitionen im Sinne von §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] anzusehen sind. Diese Aufzählung ist, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, nicht abschlie-ßend. Wenn bei einer bestimmten Maßnahme einzelne Voraussetzungen eines der in Satz
2 vorgesehenen Tatbestände nicht verwirklicht sind, kann deshalb nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, diese Maßnahme sei auch nach Satz
1 nicht genehmigungsfähig. Zwar können die in Satz
2 vorgesehenen Tatbestände bei der Auslegung von §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] eine Orientie-rungshilfe bilden. Dies darf aber nicht dazu führen, dass der Tatbestand von §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] um Voraussetzungen ergänzt wird, die dort nicht vorgesehen sind.
Entgegen der Auffassung des [X.] wird §
23 Abs.
1 Satz
2 [X.] damit nicht obsolet. Die Vorschrift dient nach ihrem Wortlaut und nach ihrem Sinn und Zweck nicht dazu, den in Satz
1 normierten Grundtatbestand zu modifizieren. Ihr kommt vielmehr die Funktion zu, den Anwendungsbereich die-ses Tatbestandes zu veranschaulichen und die Rechtsanwendung in typischen Konstellationen zu vereinfachen.
[X.])
Die vom Beschwerdegericht zu Grunde gelegte Auslegung von §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] ist auch mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht ver-einbar.
(1)
§
23 Abs.
1 [X.] trägt, wie das Beschwerdegericht im Ansatz [X.] dargelegt hat, dem Umstand Rechnung, dass auf die Betreiber von Übertragungsnetzen durch gesetzliche Anforderungen in erheblichem Umfang zusätzliche Aufgaben zukommen, die erhöhte Kosten verursachen. Die [X.] von Investitionsbudgets bzw. Investitionsmaßnahmen soll die [X.] dieser Anforderungen notwendigen Erweiterungs-
und Umstrukturie-rungsinvestitionen erleichtern. Die Beschränkung auf Erweiterungs-
und Um-16
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strukturierungsmaßnahmen dient dem Zweck, bloße Ersatzinvestitionen aus dem Kreis der genehmigungsfähigen Maßnahmen auszuschließen (BR-Drucks.
417/07, S.
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f.). Diese gehören seit jeher zum laufenden Geschäftsbe-trieb der Netzbetreiber und sollen von diesen wie zuvor nach eigenem Ermes-sen durchgeführt werden (vgl. den Bericht der [X.] nach §
112a [X.] zur Einführung der Anreizregulierung nach §
21a [X.] vom 30.
Juni 2006, Rn.
596
ff.).
Zur Erreichung dieses Zwecks ist es geboten, aber auch ausreichend, sol-che Investitionen aus dem Kreis der genehmigungsfähigen Maßnahmen [X.], mit denen lediglich vorhandene Bestandteile des Netzes durch neue ersetzt werden, ohne dass dies zu einer Vergrößerung oder zu einer sonstigen Änderung von erheblichen technischen Parametern des Netzes führt. Auch un-ter diesem Aspekt ist es weder erforderlich noch sachgerecht, nur solche [X.] als Umstrukturierung anzusehen, die als grundlegend zu qualifizieren und mit besonders hohen Kosten verbunden sind. Eine Maßnahme kann viel-mehr auch dann über eine bloße Ersatzinvestition hinausgehen, wenn sie einen verhältnismäßig kleinen Teil des Netzes betrifft oder nicht mit außergewöhnlich hohen Kosten verbunden ist.
(2)
Eine engere Auslegung ist auch nicht deshalb geboten, weil die [X.] zwischen Ersatz-
und Umstrukturierungsmaßnahmen ansonsten nicht möglich wäre.
Allerdings kann es im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, eine bloße Er-satzinvestition von einer Umstrukturierung abzugrenzen. Die Erneuerung defek-ter oder veralteter Komponenten wird häufig wegen des zwischenzeitlich einge-tretenen technischen Fortschritts zu gewissen Verbesserungen führen. Nicht alle diese Fälle dürfen unter §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] subsumiert werden.

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Nach dem Konzept des Verordnungsgebers darf diesem Problem aber nicht dadurch Rechnung getragen werden, dass der Austausch vorhandener Netzkomponenten nicht oder nur unter besonders strengen Voraussetzungen als Umstrukturierungsmaßnahme angesehen wird. Der Verordnungsgeber hält es vielmehr für möglich, dass eine Maßnahme sowohl als Ersatzinvestition als auch als Erweiterungs-
oder Umstrukturierungsinvestition zu qualifizieren ist. In diesen Fällen ist im Zusammenhang mit §
23 Abs.
1 [X.] nur ein prozentua-ler Anteil der Kosten berücksichtigungsfähig (BR-Drucks.
417/07, S.
67).
dd)
Entgegen der Auffassung der [X.] kann für [X.] kein strengerer rechtlicher Maßstab herangezogen wer-den als für Erweiterungsmaßnahmen.
(1)
In der Praxis mögen Erweiterungsinvestitionen regelmäßig leichter von bloßen Ersatzinvestitionen abgrenzbar sein. Dennoch können sich auch in diesem Zusammenhang Überschneidungen ergeben -
etwa dann, wenn eine vorhandene Leitung durch eine neue Leitung mit erheblich größerer Kapazität ersetzt wird. Daraus resultierende Abgrenzungsprobleme unterscheiden sich nicht grundlegend von den Problemen, die bei der Abgrenzung zwischen [X.] und Ersatzinvestitionen entstehen können. Auch unter diesem Gesichtspunkt dürfen deshalb für die Abgrenzung von [X.] keine zusätzlichen, im Wortlaut der Verordnung nicht vor-gesehenen Voraussetzungen aufgestellt werden.
Angesichts dessen findet auch die von der [X.] vertretene Auffassung, als Umstrukturierungsmaßnahmen seien nur solche Maßnahmen anzusehen, die durch eine konkrete Änderung der Anforderungen an das in Rede stehende Netz veranlasst seien, keine
Grundlage in §
23 Abs.
1 [X.]. Die Abgrenzung zwischen Umstrukturierungsinvestitionen und bloßen Ersatzin-vestitionen hat anhand des Gegenstands der Investitionsmaßnahme zu erfol-gen, nicht anhand des der Investition zugrunde liegenden Anlasses.
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(2)
Entgegen den von der [X.] geäußerten [X.] führt dies nicht dazu, dass schlechthin jede Investition unter den Tatbe-stand des §
23 Abs.
1 [X.] fällt.
(a)
Zum einen ist nicht jede Ersatzinvestition zugleich als Umstrukturie-rungsinvestition anzusehen.
Wie bereits dargelegt ist der Ersatz einer bereits vorhandenen [X.] nicht schon deshalb als Umstrukturierung zu qualifizieren, weil für die neue Komponente andere technische Standards gelten. Vielmehr müssen [X.], für die Struktur des Netzes erhebliche Änderungen hinzukommen, die nicht zu den zwangsläufigen Folgen der Ersatzinvestition gehören, sondern eine an-dere, über den bloßen Ersatz einer Komponente hinausgehende Funktion ha-ben.
(b)
Zum anderen ist nicht jede Erweiterungs-
oder Umstrukturierungsin-vestition nach §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] genehmigungsfähig.
Nach der genannten Vorschrift ist vielmehr erforderlich, dass die Investiti-onen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung in das nationale oder
internationale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach §
11 [X.] notwendig sind. Auch Erweite-rungs-
oder Umstrukturierungsmaßnahmen sind mithin nicht schon dann zu genehmigen, wenn sie sich unter irgendwelchen Gesichtspunkten als zweck-mäßig darstellen. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob sie für einen der ge-nannten Zwecke notwendig sind. Hierfür kann insbesondere von Bedeutung sein, ob konkrete Änderungen der Versorgungs-
oder Transportaufgabe oder sonstiger Anforderungen an das Netz eingetreten sind, die die in Rede stehen-de Maßnahme als erforderlich erscheinen lassen.

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c)
Vor diesem Hintergrund ist eine Maßnahme als Erweiterungs-
oder Umstrukturierungsmaßnahme anzusehen, wenn sie sich nicht im Austausch bereits vorhandener Komponenten und damit zwangsläufig einhergehenden Verbesserungen erschöpft, sondern jedenfalls auch zu einer nicht nur unbedeu-tenden Vergrößerung des Netzes oder zu einer nicht nur unbedeutenden Ver-änderung von sonstigen technischen Parametern führt, die für den Betrieb des Netzes erheblich sind. Wenn eine solche Maßnahme zugleich der Ersetzung vorhandener Netzkomponenten dient, führt dies nicht zum Ausschluss der [X.]sfähigkeit, sondern dazu, dass nur ein Teil der Investitionskosten berücksichtigt werden darf. Dieser Teil ist, sofern eine konkrete Zuordnung ein-zelner Teilmaßnahmen nicht möglich ist, als prozentualer Anteil an den [X.] der Maßnahme zu bestimmen.
Um eine klare Abgrenzung zu ermöglichen, müssen die zusätzlichen
Funktionen deutlich von den Wirkungen einer bloßen Ersatzinvestition unter-scheidbar sein. Ihnen muss deshalb eine gewisse eigenständige Bedeutung zukommen. Hierzu ist aber nicht erforderlich, dass die Maßnahme als grundle-gend zu qualifizieren oder mit außergewöhnlich hohen Kosten verbunden ist. Es reicht vielmehr aus, dass ihre Wirkungen nicht nur unbedeutend über diejenigen Wirkungen hinausgehen, die mit dem Austausch einer vorhandenen Kompo-nente zwangsläufig verbunden sind.
Der [X.] verkennt nicht, dass die Abgrenzung zwischen Umstrukturie-rungsinvestitionen und bloßen Ersatzinvestitionen danach in bestimmten Fällen eine wertende Betrachtung erfordern kann, in die alle für den Einzelfall relevan-ten Umstände einzufließen haben, und die im Falle einer gerichtlichen Anfech-tung dem Tatrichter vorbehalten ist. Auch dieser Umstand rechtfertigt es indes nicht, bei der Abgrenzung zusätzliche Merkmale heranzuziehen, die im Wortlaut von §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] nicht vorgesehen sind. Unabhängig davon erfor-derten sowohl die vom Beschwerdegericht als auch die von der Bundesnetz-agentur herangezogenen zusätzlichen Merkmale ebenfalls eine wertende Be-32
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trachtung. Ihre Einbeziehung würde die Abgrenzung nicht in nennenswertem Umfang erleichtern, sondern nur auf andere, in der Verordnung nicht vorgese-hene Kriterien verlagern.
d)
Bei Anwendung dieses rechtlichen Maßstabes kann die Entschei-dung des [X.], soweit sie angefochten ist, keinen Bestand ha-ben.
aa)
Das Beschwerdegericht hat die in Rede stehenden Maßnahmen schon deshalb nicht als Umstrukturierungsmaßnahmen angesehen, weil ihnen keine grundlegende Bedeutung zukommt und sie nicht mit besonders hohen Kosten verbunden sind. Diese Beurteilung beruht aus den oben dargelegten Gründen auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab.
[X.])
Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht im Hinblick auf die ergänzend angestellten Erwägungen des [X.] als zutref-fend.
(1)
Das Beschwerdegericht hat in der Umstellung auf digitale Schutz-technik auch deshalb eine reine Ersatzinvestition gesehen, weil die vorhandene elektromechanische Schutzrelaistechnik nach dem Vortrag der Antragstellerin die geforderten Zuverlässigkeitsanforderungen aufgrund technologischer Be-schränkungen, natürlichen Verschleißes und fehlender Serviceleistungen der Hersteller nicht mehr erfüllte und die Antragstellerin deshalb bereits in vierzig ihrer insgesamt fünfzig Umspannwerke digitale Schutztechnik installiert habe, was häufig anlässlich der Installation eines neuen Transformators geschehen sei.
Diese Erwägung vermag die Einordnung der Maßnahmen als bloße Er-satzinvestition ebenfalls nicht zu tragen.
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12
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Zwar obliegt die Beurteilung, ob eine konkrete Maßnahme anhand der oben dargestellten Kriterien als Umstrukturierungsmaßnahme oder als bloße Ersatzmaßnahme anzusehen ist, im Einzelfall im Wesentlichen dem Tatrichter. Dessen Entscheidung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf über-prüft werden, ob sie in Einklang mit den einschlägigen rechtlichen Vorgaben steht und weder auf Verfahrensfehlern beruht noch gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2011

KVR
95/10, [X.]Z 192, 18 Rn.
51 mwN -
Total/[X.]). Ein solcher Fehler liegt aber im Streitfall vor, weil das Beschwerdegericht -
von seinem Rechtsstand-punkt aus folgerichtig -
den für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt nicht vollständig festgestellt hat.
Aus dem Vortrag der Antragstellerin, wonach die vorhandene elektro-mechanische Schutzrelaistechnik ohnehin ersetzt werden
muss und dies übli-cherweise durch Einbau digitaler Schutztechnik geschieht, ergibt sich [X.], dass darin jedenfalls auch eine Ersatzinvestition zu sehen ist. Auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Tatsachenfeststellungen lässt sich aber nicht abschließend beurteilen, ob sich die mit dem Einbau digita-ler Schutztechnik im Streitfall eintretenden Wirkungen auf dasjenige beschrän-ken, was mit dem Austausch der veralteten Komponenten zwangsläufig einher-geht, oder ob die Maßnahme in nicht nur unbedeutendem Umfang zu [X.]n, darüber hinausreichenden Verbesserungen führt. Wenn letzteres zu be-jahen ist, sind die Maßnahmen zum Einbau der digitalen [X.] teilweise genehmigungsfähig.
Die Antragstellerin hat, wie die Rechtsbeschwerde im Einzelnen aufzeigt, im Beschwerdeverfahren hierzu vorgetragen, mit dem Einbau digitaler Schutz-relais im [X.] würden nicht lediglich elektromechanische Einrichtungen durch digitale Technik ersetzt. Vielmehr werde ein auf die [X.] Situation zugeschnittenes neues Schutzsystem eingesetzt, das es anders als das frühere System ermögliche, [X.] von einem Umspannwerk an 40
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das andere zu übertragen und durch eine [X.] auch dann einen Fehler zu erkennen, wenn der eingespeiste Kurzschlussstrom nicht aus-reiche, um nach herkömmlichen Kriterien ein [X.] zu generieren. Dieser Vortrag, den das Beschwerdegericht -
von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent -
unberücksichtigt gelassen hat, ermöglicht zwar
ebenfalls kei-ne abschließende Entscheidung. Er hätte dem Beschwerdegericht bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabes aber Anlass zu einer weiteren Aufklä-rung des Sachverhalts gegeben.
Die von der Antragstellerin aufgezeigten zusätzlichen Funktionen
Schutz-signalübertragung und [X.] -
reichen für die Bejahung einer Umstrukturierungsmaßnahme nicht aus, wenn sie zu den Funktionen gehören, die nach einer Umrüstung auf digitale Schutztechnik üblicherweise zur Verfü-gung stehen. Eine andere Beurteilung ist geboten, wenn es sich um Zusatz-funktionen handelt, die mit der Umstellung auf digitale Schutztechnik nicht zwingend oder zumindest üblicherweise verbunden sind und die zu einer nicht nur unbedeutenden Verbesserung des Netzbetriebs
führen. Dann sind die zu-sätzlichen Investitionen zur Verwirklichung dieser Funktionen als Umstrukturie-rungsinvestitionen anzusehen.
(2)
Entsprechendes gilt für die Anpassung und Erweiterung der digitalen Stationsleittechnik.
Die diesbezüglichen Maßnahmen dienen nach dem Vortrag der Antrag-stellerin dazu, [X.] zwischen verschiedenen Anlagen zu übertra-gen und Informationen an die zentrale Netzsteuerstelle zu übermitteln. Soweit die in Rede stehenden Änderungen im Streitfall über dasjenige hinausgehen, was im Rahmen einer Ersatzinvestition ohnehin üblicherweise geschieht, sind auch diese Investitionen als Umstrukturierungsinvestitionen anzusehen.

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(3)
Die Erstellung einer neuen Eigenbedarfsanlage hat das Beschwer-degericht nicht als Umstrukturierungsmaßnahme angesehen, weil die [X.]n Funktionen -
automatische Umschaltung auf redundante Systeme im [X.], ausreichender Berührungsschutz und Brandabschottung zwischen den Systemen -
nicht über eine Ersatzinvestition hinausgingen.
Diese Beurteilung lässt für sich gesehen keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Rechtsbeschwerde insoweit auch nicht angegriffen.
Die Antragstellerin hat aber, wie die Rechtsbeschwerde aufzeigt, im Be-schwerdeverfahren ergänzend geltend gemacht,
der Neubau der [X.] sei auch erforderlich, um die neuen Maßnahmen der [X.] zu können. Sofern diese Maßnahmen als Umstrukturierungsmaßnah-men anzusehen sind, bedarf es deshalb der Klärung, ob und in welchem [X.] die Verwirklichung der zusätzlichen Funktionen auch zu erhöhten Investiti-onen für die Eigenbedarfsanlage führt.
3.
Nach allem ist die angefochtene Beschwerdeentscheidung aufzuhe-ben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Das Beschwerdegericht wird den Sachverhalt im Hinblick auf die oben (Rn.
388)
aufgezeigten Gesichtspunkte weiter aufzuklären haben. Erweist sich danach zumindest eine der drei noch zu beurteilenden Teilmaßnahmen als Umstrukturierungsmaßnahme, so wird das Beschwerdegericht weiter zu klären
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haben, ob diese Investitionen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbin-dung in das nationale oder internationale Verbundnetz oder für einen bedarfs-gerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach §
11 [X.] notwendig sind.

Meier-Beck
Raum
Kirchhoff

Grüneberg
Bacher
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 14.03.2012 -
VI-3 Kart 118/10 (V) -

Meta

EnVR 18/12

17.12.2013

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2013, Az. EnVR 18/12 (REWIS RS 2013, 204)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 204

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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