Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2014, Az. VI ZR 161/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8060

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

11. Februar 2014

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 41 Abs. 1 Anlage 2 Zeichen 297
Bei den auf dem [X.] in [X.] zwischen den Leitlinien befindlichen Pfeilen handelt es sich nicht um bloße Fahrempfehlungen, sondern um (ver-bindliche) Fahrtrichtungsgebote.

[X.], Urteil vom 11. Februar 2014 -
VI [X.] -
LG [X.]

AG [X.]-Mitte

-

2

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Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Februar 2014 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], den
Richter Pauge, die Richterin von [X.] und den Richter
Offenloch
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 41 des Landge-richts [X.] vom 21. Februar 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, der sich am 30. April 2011 in [X.]-Spandau auf dem [X.] ereignete. Dieser besteht aus einer kreisförmigen Grünanlage, um
die ein mehrspuriger, ausschließlich gegen den Uhrzeigersinn zu befahrender [X.] führt, in den von außen vier mehrspurige Straßen einmünden: im Nordwesten der [X.], im Südwesten der [X.], im Südosten die [X.]Am [X.]"
und im Nordosten die [X.]. Die in den [X.] hineinführenden Fahrbahnen dieser Straßen sind von den aus dem Platz herausführenden Fahrbahnen jeweils durch einen begrünten Mittelstreifen ge-1

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trennt. Im Bereich des Platzes befinden sich zwölf [X.], näm-lich jeweils drei im Bereich der vier Einmündungen, von denen jeweils eine den Verkehr auf den in den Platz hineinführenden Fahrbahnen regelt, eine zweite den Verkehr auf den herausführenden Fahrbahnen und eine dritte den Verkehr auf dem [X.]. Die hier befindlichen [X.] sind jeweils in Höhe der Mittelstreifen der vier Einmündungen angebracht. Unmittelbar vor ihnen und vor den [X.] der einmündenden Fahrbahnen befin-den sich jeweils Leitlinien (Zeichen 340 der [X.]) und Pfeilmarkierungen ([X.] der [X.]).
Die Klägerin befuhr gegen 10:15 Uhr mit ihrem Pkw [X.] aus dem [X.] kommend den [X.] des [X.]es und befand sich nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen bei der [X.] in Höhe des [X.] der [X.]Am [X.]" in dem dritten Fahrstreifen von links. Dort sind vor der Haltlinie Pfeile angebracht, die nach rechts weisen. Die Klägerin wollte an der nächsten Ausfahrt nicht nach rechts abbiegen, sondern im [X.] verbleiben.
Der Beklagte zu 1 kam mit seinem bei der [X.] zu 2 haftpflichtver-sicherten Pkw [X.] samt Anhänger ebenfalls aus dem [X.]. Er benutzte zunächst den äußersten
linken Fahrstreifen. Dieser wird im Straßen-ring in Höhe des [X.] der Einmündung der [X.]Am [X.]" zum zweiten Fahrstreifen von links, auf dem vor der Haltlinie der dortigen [X.] Pfeile als Fahrtrichtung sowohl ein Verbleiben auf dem Straßen-ring als auch ein Abbiegen nach rechts anzeigen. Der Beklagte, der den [X.] an der nachfolgenden Ausfahrt verlassen und in die [X.] abbiegen wollte, verblieb auf seinem Fahrstreifen und lenkte den Pkw nach rechts in Richtung [X.]. Unmittelbar vor der Ausfahrt kam 2
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es zur Kollision, wobei der [X.] der Klägerin gegen die rechte Seite des Anhängers stieß.
Die Klägerin hat wegen der Beschädigung ihres Fahrzeugs Schadenser-Das Amtsgericht hat der Klage durch [X.] stattgegeben und dieses nach rechtzeitigem Einspruch der Be-ist, dass die Richtungspfeile auf den Fahrstreifen lediglich Fahrempfehlungen seien und beide Fahrzeuge mithin sowohl auf dem [X.] hätten verblei-ben als auch aus diesem hätten ausfahren dürfen. Die Berufung der [X.] führte zur vollumfänglichen Klageabweisung. Mit der vom [X.] zugelas-senen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren im Umfang ihres Beru-fungsantrags weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Anscheinsbeweis spreche dafür, dass die Klägerin den Unfall allein verursacht und verschuldet habe. Sie habe gegen das Gebot verstoßen, der durch Zeichen 297 der [X.] angeordne-ten Fahrtrichtung zu folgen (§
41 Abs.
1 [X.]), und sich beim Fahrstreifen-wechsel entgegen §
7 Abs.
5 Satz 1 [X.] nicht so verhalten, dass eine Ge-fährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen gewesen sei. Hinter die-sen Verkehrsverstößen trete die Betriebsgefahr des von dem [X.] zu 1 geführten Pkw nebst Anhänger zurück. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob es sich bei den Fahrbahnmarkierungen auf wich-tigen [X.]er Verkehrsknotenpunkten wie dem [X.], dem Jakob-4
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Kaiser-Platz und dem [X.] um bloße Fahrempfehlungen (vgl. KG, 22. Zivilsenat, Urteil vom 29. März 2012 -
22
U 131/11, juris Rn. 7, insoweit in [X.] 2012, 315
nicht abgedruckt) oder um verbindliche Vorgaben gemäß §
41 Abs.
1 [X.] in Verbindung mit Zeichen 297 der [X.] handele, unterschiedlich beantwortet werde.

II.
Das angefochtene
Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellungen des [X.] bezüglich des tatsächlichen Unfallhergangs.
2. Sie macht allein geltend, das Berufungsgericht habe verkannt, dass auch dem [X.] zu 1 eine unfallursächliche Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, denn dieser habe gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (§
1 [X.]) verstoßen. Diese Pflichtverletzung sei nicht geringer zu bewerten als der Fahrstreifenwechsel der Klägerin, denn bei den Richtungspfeilen, die im [X.] [X.]es vor den Haltlinien der [X.] auf den Fahrstreifen angebracht seien, handele es sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nur um Fahrtrichtungsempfehlungen und nicht um [X.] im Sinne von §
41 Abs.
1 [X.]. Diese Rüge der Revision erweist sich als unbegründet. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klä-gerin, als sie mit ihrem Pkw nicht in die [X.] abbog, sondern im [X.] des [X.]es verblieb, gegen ein Fahrtrichtungsgebot verstieß.

a) Gemäß §
41 Abs.
1 [X.] hat jeder Verkehrsteilnehmer die durch [X.] nach Anlage 2 angeordneten Ge-
oder Verbote zu befolgen. 6
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Zeichen 297 der Anlage 2 (zu §
41 Abs.
1 [X.]) ordnet ein Fahrtrichtungsgebot an. Wer ein Fahrzeug führt, muss der Fahrtrichtung auf der folgenden Kreuzung oder Einmündung folgen, wenn zwischen den Pfeilen Leitlinien (Zeichen 340) oder Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295) markiert sind ([X.] in Hent-schel/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42.
Aufl., §
41 [X.] Rn.
248n;
Bur-mann in [X.][X.]/[X.]/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22.
Aufl.,
§
9
[X.] Rn.
51; zu §
41 [X.] aF vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2006 -
VI
ZR 75/06, [X.], 262; [X.], [X.], 144, 146; OLG Düssel-dorf, VerkMitt 1972, Nr. 60; [X.], NJW 1975, 1666, 1667 f. mit [X.]). Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellun-gen handelt es sich bei dem [X.] des [X.]es um eine mehrspurige Straße, deren Fahrstreifen jeweils durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind. Vor der Haltlinie der Lichtzeichenanlage in Höhe der Einmündung der [X.]Am [X.]" befinden sich zwischen den Leitlinien [X.]. Da die Pfeile auf dem dritten Fahrstreifen von links, den die Klägerin be-fuhr, nach rechts
weisen, gebieten sie gemäß Zeichen 297 der [X.] als ver-bindliche Fahrtrichtung ein Abbiegen nach rechts auf der folgenden Kreuzung oder Einmündung.
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass diese nach rechts weisenden Richtungspfeile als Fahrtrichtung ein Abbiegen in die [X.] gebieten. Bei der Ausfahrt [X.] handelt es sich um die folgende Einmündung im Sinne des [X.] der [X.]. Dem steht entgegen der Auffassung der Revision nicht entgegen, dass der [X.] nach der Haltlinie dieser Lichtzeichenanlage zunächst die in den [X.] der [X.]Am [X.]" passieren muss, bevor er nach rechts in die [X.] abbiegen kann. Die ein-mündende Richtungsfahrbahn ist nicht die nächste Einmündung im Sinne des [X.] der [X.], sondern eine nur in Gegenrichtung -
als Einfahrt in den 10

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[X.]
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befahrbare Richtungsfahrbahn der einmündenden [X.]Am [X.]". [X.] eine einmündende Straße
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wie hier
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zwei voneinander durch Mittelstreifen getrennte Richtungsfahrbahnen auf, handelt es sich nämlich nicht um zwei verschiedene Einmündungen, sondern, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, um eine einzige Straßeneinmündung.
c) Für diese Auffassung spricht auch, dass auf Kreuzungen von Straßen mit voneinander durch Mittelstreifen getrennten Richtungsfahrbahnen der Linksabbieger im [X.] zunächst die von links einmündende [X.] (Gegenfahrbahn), in die er nicht einfahren darf, passieren
muss, bevor er selbst nach links in die für ihn befahrbare Richtungsfahrbahn abbiegen kann. Würde man der Auffassung der Revision folgen, wäre die von ihm zunächst zu passierende Gegenfahrbahn der einmündenden
Straße als folgende Einmün-dung im Sinne des [X.] der [X.] anzusehen. Dies hätte zur Folge, dass Richtungspfeile vor solchen Kreuzungen grundsätzlich keinen Gebotscha-rakter hätten. Eine solche Auslegung ist mit dem Sinn und Zweck von [X.], die zu einem zügigen und sicheren Verkehrsfluss beitragen [X.], nicht vereinbar. Für von rechts einmündende Richtungsfahrbahnen einer Straße kann aber nichts anderes gelten als für Richtungsfahrbahnen von [X.], die auf einer Kreuzung zusammentreffen.
d) Die Überlegungen der Revision dazu, dass Ge-
und Verbotszeichen sofort und aus sich selbst heraus verständlich sein müssen (vgl. [X.], [X.] vom 13. Februar 1975 -
4
StR 508/74, [X.]St 26, 73, 79 mwN), vermö-gen nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Es mag sein, dass die [X.] auf dem großräumigen [X.] des [X.]es in [X.]-Spandau insbesondere von ortsunkundigen Kraftfahrern eine erhöhte Aufmerksamkeit verlangt. Diese ist jedoch gerade im Bereich von großen, stark befahrenen Kreuzungen und Einmündungen von jedem Verkehrsteilnehmer zu 11
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fordern. Von einer unklaren Verkehrsführung kann nach den vom Berufungsge-richt getroffenen Feststellungen jedenfalls keine Rede sein. Die zwischen den Leitlinien befindlichen Pfeile geben mit hinreichender Klarheit die Fahrtrichtung für die nächste Ausfahrt aus dem [X.] vor. Es handelt sich nicht um bloße Fahrempfehlungen, sondern um (verbindliche) Fahrtrichtungsgebote.
e) Da die Klägerin der für sie angeordneten Fahrtrichtung nicht gefolgt ist, hat sie gegen ein Fahrtrichtungsgebot verstoßen. Bei
dieser Sachlage ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, eine Haftung der [X.] scheide aus, weil die Klägerin das alleinige Verschulden an dem Verkehrsunfall trage und die Betriebsgefahr des von dem [X.] zu 1 geführten Pkw nebst Anhänger hinter dem Verkehrsverstoß der Klägerin zurücktrete, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Galke
[X.]
Pauge

von [X.]
Offenloch

Vorinstanzen:
AG [X.]-Mitte, Entscheidung vom 04.07.2012 -
112 C 3170/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 21.02.2013 -
41 S 117/12 -

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Meta

VI ZR 161/13

11.02.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2014, Az. VI ZR 161/13 (REWIS RS 2014, 8060)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8060

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 161/13

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