Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.09.2016, Az. XI B 45/16

11. Senat | REWIS RS 2016, 5331

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Gegenstand

Unzulässige bedingte Klageerhebung


Leitsatz

NV: Eine Sprungklage, die unter der Bedingung erhoben wird, dass sich das FA "nach eingehender Prüfung nicht der Rechtsauffassung der betriebsnahen Veranlagungsstelle anschließen" werde, ist unzulässig.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 27. April 2016  6 K 919/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, legte mit Schreiben vom 14. Mai 2012, vertreten durch eine Steuerberatungsgesellschaft, Einspruch gegen den Bescheid über Umsatzsteuer 2008 vom 7. Mai 2012 ein. In dem Schreiben heißt es weiter: "Sollte sich die [X.] nach eingehender Prüfung nicht der Rechtsauffassung der betriebsnahen Veranlagungsstelle anschließen, legen wir hiermit bereits Sprungklage ein. Wir bitten um entsprechende Zustimmung. Auf eine Einspruchsentscheidung würden wir unsererseits verzichten."

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) übersandte das Schreiben unter dem 12. Juni 2012 an das [X.] ([X.]) und stimmte der Sprungklage zu.

3

Das [X.] wies die Klage als unzulässig ab und ließ die Revision nicht zu. Es führte aus, die Klage sei unter einer außerprozessualen Bedingung erhoben worden.

4

Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, das [X.] habe zu Unrecht durch Prozessurteil die Klage als unzulässig abgewiesen.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

6

1. Zwar ist --was die Klägerin sinngemäß als Zulassungsgrund geltend macht-- nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) gegeben, wenn das [X.] zu Unrecht durch Prozess- anstatt durch [X.] entschieden hat (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 16. September 2010 XI S 18/10 (PKH), [X.]/NV 2010, 2295, Rz 10; vom 16. Juli 2015 IV B 72/14, [X.]/NV 2015, 1351, Rz 13).

7

2. Allerdings hat das [X.] die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen.

8

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist ein Rechtsbehelf, der unter einer außerprozessualen Bedingung eingelegt wird, unzulässig (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 4. Juli 2003 VIII B 38/03, [X.]/NV 2003, 1344; vom 29. Oktober 2007 VI B 58/07, [X.]/NV 2008, 237, Rz 3; [X.]-Urteil vom 9. November 2005 I R 10/05, [X.]/NV 2006, 750, unter [X.], Rz 18). Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin ihre Klage vom 14. Mai 2012 als Sprungklage oder als Untätigkeitsklage verstanden wissen will.

9

b) Von einer unzulässigen außerprozessualen Bedingung ist der [X.] z.B. ausgegangen, wenn die Klage unter der Bedingung, dass das [X.] "trotz der vorgelegten weiteren Unterlagen an seiner Auffassung festhalten sollte" ([X.]-Beschluss vom 18. Januar 1994 IX B 126/93, [X.]/NV 1994, 871, unter 1.a, Rz 3), oder unter der "auflösenden Bedingung, dass das Finanzamt den begangenen [X.] selbst abhilft und eine zutreffende Steuerfestsetzung vornimmt" (Senatsbeschluss vom 9. November 2000 XI B 107/99, [X.]/NV 2001, 615, unter 1., Rz 4), erhoben wurde.

c) Ausgehend davon hat das [X.] die Klage vom 14. Mai 2012 zu Recht als unzulässig abgewiesen, da sie --vergleichbar dem Fall in [X.]/NV 1994, 871-- unter der aufschiebenden Bedingung erhoben wurde, dass sich die [X.] des [X.] "nach eingehender Prüfung nicht der Rechtsauffassung der betriebsnahen Veranlagungsstelle anschließen" werde.

d) Das von der Klägerin zitierte Urteil des [X.] Düsseldorf vom 11. Dezember 1973 X 271/70 E (Entscheidungen der Finanzgerichte 1974, 320) führt zu keiner anderen Beurteilung, weil dort im Zeitpunkt der Klageerhebung (§§ 64 Abs. 1, 66 [X.]O) eine Klageschrift ohne eine außerprozessuale Bedingung vorlag bzw. in diesem Zeitpunkt die außerprozessuale Bedingung aktenkundig bereits eingetreten war (vgl. ebenso [X.]-Beschluss vom 24. Februar 2010 III B 13/09, [X.]/NV 2010, 931, Rz 7). Im Streitfall ist hingegen die von der Klägerin formulierte Bedingung noch nicht eingetreten; denn nach den Feststellungen des [X.] auf Seite 4 des Urteils und den Angaben des [X.] in der Beschwerdeerwiderung ist über den --unbedingt eingelegten-- Einspruch der Klägerin bisher noch nicht entschieden. Die endgültige Entscheidung, ob sich das [X.] auf den Einspruch der Klägerin vom 14. Mai 2012 "nach eingehender Prüfung" "der Rechtsauffassung der betriebsnahen Veranlagungsstelle anschließen" wird oder nicht, erfolgt durch Erlass eines [X.] oder einer Einspruchsentscheidung (§ 367 Abs. 1 Satz 1, § 367 Abs. 2 Satz 3 der Abgabenordnung).

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O).

4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI B 45/16

20.09.2016

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 27. April 2016, Az: 6 K 919/12, Urteil

§ 40 FGO, § 45 FGO, § 64 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.09.2016, Az. XI B 45/16 (REWIS RS 2016, 5331)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5331

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