Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2012, Az. II ZB 17/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6720

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II
ZB 17/11

vom

8.
Mai 2012

in der unternehmensrechtlichen Sache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 62, 74 Abs. 1; [X.] § 122 Abs. 3
a)
Im Verfahren auf Ermächtigung einer Aktionärsminderheit zur Einberufung einer Hauptversammlung und Ergänzung der Tagesordnung gem. § 122 Abs. 1 bis 3 [X.] tritt eine Hauptsacheerledigung ein, wenn die Hauptversammlung entsprechend dem Verlangen gesetzes-
und satzungsgemäß einberufen und durchgeführt worden ist.
b)
Im unternehmensrechtlichen Verfahren wird ein Rechtsmittel mit der Erledigung der Hauptsache grundsätzlich insgesamt unzulässig, wenn kein Fall des § 62 Abs.
1 [X.] vorliegt oder der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in zulässiger Weise auf den Kostenpunkt
beschränkt.
[X.], Beschluss vom 8. Mai 2012 -
II ZB 17/11 -
[X.]

[X.]

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2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 8.
Mai 2012
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Bergmann
und
die
Richterin
Caliebe
sowie
die Richter Dr.
Drescher, Born und
Sunder
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des 25.
Zivilsenats des [X.] vom 25. August 2011 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:
I.
Die Antragstellerin, eine Aktionärin der Rechtsbeschwerdeführerin, [X.] beim [X.], sie zur Einberufung einer Hauptver-n-sprüchen gemäß § 147 Abs. 1 Satz 2 [X.] gegen den Aufsichtsratsvorsitzen-esonderen Vertreters gemäß § 147 Abs. 2 Satz 1 [X.] antragsgemäß am 28. Februar 2011. Auf der Hauptversammlung der Rechtsbeschwerdeführerin vom 31. März 2011 kam es nicht zur Feststellung der beantragten Beschlüsse. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende als 1
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Versammlungsleiter bewertete die Stimmen der Antragstellerin als treuwidrig abgegeben und nichtig.
Daraufhin stellte
die Antragstellerin den Antrag auf Einberufung einer Hauptversammlung mit den genannten Tagesordnungspunkten am 20. Mai 2011 erneut. Das [X.] wies den Antrag ab, weil es be-reits mit Beschluss vom 28. Februar 2011 einem solchen Antrag
der Antragstel-lerin stattgegeben habe. Der dagegen erhobenen
Beschwerde der Antragstelle-rin half das Amtsgericht insoweit ab, als es eine Ergänzung der Tagesordnung für die inzwischen auf den 30.
August 2011 einberufene Hauptversammlung der Rechtsbeschwerdeführerin um die genannten Tagesordnungspunkte [X.]. Gegen den [X.] legte die Rechtsbeschwerdeführerin [X.] Beschwerde ein. Das [X.] verwarf mit Beschluss vom
25. August 2011 die Beschwerde der Antragstellerin, soweit ihr nicht abgehol-fen worden war, als unzulässig, weil der Vorstand der Rechtsbeschwerdeführe-rin bereits für den 30. August 2011 eine Hauptversammlung einberufen habe, wies die Beschwerde der Rechtsbeschwerdeführerin zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu. Danach sagte die Rechtsbeschwerdeführerin die auf den 30. August 2011 anberaumte Hauptversammlung ab.
Gegen den Beschluss des [X.] legte die Rechtsbeschwerde-führerin am 31. August 2011 Rechtsbeschwerde ein, mit der sie beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ihrer Beschwerde stattzugeben, hilfsweise das Verfahren zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Auf erneuten Antrag der Antragstellerin ermächtigte sie das [X.] am 12. September 2011 zur Einberufung einer Hauptversamm-2
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lung mit den genannten Tagesordnungspunkten. In der Hauptversammlung der Rechtsbeschwerdeführerin vom 17. Oktober 2011 wurden entsprechende [X.] gefasst.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen (§
74 Abs.
1
FamFG). Sie ist unzulässig geworden, weil die Hauptsache mit der Fassung der beantragten Beschlüsse in der Hauptversammlung der Rechtsbeschwerdefüh-rerin am 17. Oktober 2011 erledigt ist.
1. Ein bereits eingelegtes Rechtsmittel wird im
Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit der Erledigung der Hauptsache grundsätzlich insgesamt unzulässig, wenn kein Fall des § 62 Abs. 1 FamFG vorliegt oder der [X.] sein Rechtsmittel nicht in zulässiger Weise auf den Kostenpunkt be-schränkt (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
Dezember 2011 -
V
ZB
170/11, WM
2012, 300 Rn.
5; Beschluss vom 3.
Dezember 1986 -
IVb
ZB
35/84,
FamRZ 1987, 469; Beschluss vom 10.
Februar 1983 -
V [X.], [X.]Z 86, 393, 395; [X.], [X.], 590, 591). Mit der Erledigung entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für das Rechtsmittel. Im Verfahren der freiwilligen Ge-richtsbarkeit tritt eine Erledigung der Hauptsache ein, wenn der Verfahrensge-genstand durch ein Ereignis, das eine Veränderung der Sach-
und Rechtslage bewirkt, weggefallen ist, so dass die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, da eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann (vgl. [X.], [X.] vom 25. November 1981 -
IVb
ZB
756/81, NJW 1982, 2505, 2506; [X.] vom 10. Oktober 2010 -
V
ZB
78/10, [X.] 2011, 39).

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2. Mit der Beschlussfassung in der Hauptversammlung am 17. Oktober 2011 über die Tagesordnungspunkte

Geltendmachung von Ersatzansprüchen gemäß §
147 Abs.
1 Satz

onderen Vertreters gemäß §

sich das Begehren der Minderheit gemäß §
122 Abs. 3 [X.] und somit die Hauptsache des mit dem Antrag vom 20. Mai 2011 eingeleiteten Verfahrens erledigt. Der Verfahrensgegenstand ist weggefallen, so dass die Weiterführung des Verfahrens sinnlos geworden ist und eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann.
a) Im Verfahren auf Ermächtigung einer Aktionärsminderheit zur Einberu-fung einer Hauptversammlung und Ergänzung der Tagesordnung gem. § 122 Abs. 1 bis 3 [X.] tritt eine Hauptsacheerledigung ein, wenn die Hauptversamm-lung entsprechend dem Verlangen gesetzes-
und satzungsgemäß einberufen und durchgeführt worden ist (vgl. [X.], [X.] 2003, 441, 442; [X.] in Groß-komm. [X.], 4. Aufl., § 122 Rn. 67; [X.]/[X.] in KK-[X.], 3. Aufl., §
122 Rn. 110; [X.] in Bürgers/Körber, [X.], 2. Aufl., § 122 Rn. 22; [X.] in Obermüller/[X.]/Winden, [X.], 4.
Aufl., Rn. [X.]; Wagner, [X.] 1992 [105], 294, 300). Wenn die [X.] über die mit der beantragten Ermächtigung gewünschten [X.]gegenstände abgestimmt hat und ein Abstimmungsergebnis festgestellt ist, ist der Verfahrensgegenstand für das Ermächtigungsverfahren nach § 122 Abs. 3 [X.] entfallen. Das Ermächtigungsverfahren dient der Durchsetzung des [X.] nach § 122 Abs. 1 und 2 [X.]. Mit der Durchführung der Hauptversammlung und der Beschlussfassung über [X.] ist das Minderheitenverlangen erfüllt. § 122 Abs. 1 und 2 [X.] gewährleistet einer Minderheit von Aktionären, dass die Hauptversammlung zusammentritt und sich 7
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mit Angelegenheiten befasst, deren Behandlung die Minderheit wünscht. Damit erhält die Minderheit zugleich die Möglichkeit, andere Aktionäre für die von ihr gewünschte Beschlussfassung zu gewinnen und bei einer Ablehnung ihrer An-träge den entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung einer gerichtli-chen Nachprüfung zu unterziehen ([X.], [X.] 2003, 441, 443; [X.] in
[X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 122 Rn. 1; MünchKomm[X.]/[X.], 2. Aufl., §
122 Rn. 1).
Die Rechtmäßigkeit der Ermächtigung ist nach der Beschlussfassung auf einer satzungs-
und gesetzesmäßig einberufenen Hauptversammlung ohne Bedeutung. Wegen der Gestaltungswirkung der gerichtlichen Ermächtigung kann die Anfechtung des gefassten Beschlusses nicht darauf gestützt werden, dass die Ermächtigung nicht hätte erteilt werden dürfen; deren Wirksamkeit ist vielmehr im Verfahren nach § 122 Abs. 3 [X.] zu überprüfen ([X.], 88, 93 zur Genossenschaft; [X.], [X.], 1153, 1158). Eine Aufhebung der Ermächtigung im Beschwerdeverfahren oder Rechtsbeschwerdeverfahren nach Beschlussfassung der Hauptversammlung hat aus diesem Grund ebenso wenig wie eine Bestätigung Bedeutung für die Wirksamkeit der gefassten [X.] ([X.]/[X.] in KK-[X.], 3. Aufl., §
122 Rn. 124; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 122 Rn. 68; MünchKomm[X.]/[X.], 2. Aufl., §
122 Rn. 64; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 241 Rn. 29; [X.] in Groß-komm. [X.], 4. Aufl., § 122 Rn. 85; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., §
241 Rn. 45; [X.] in Obermüller/[X.]/Winden, [X.], 4. Aufl., Rn. [X.]; Wagner, [X.] 1992 [105], 294, 303).
Das Verfahren ist auch erledigt, wenn über die mit einem Antrag nach §
122 Abs. 2 [X.] verlangten Beschlussgegenstände unabhängig von der er-9
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teilten Ermächtigung Beschluss gefasst worden ist. Auch dann ist ein Verlangen der Minderheit erfüllt.
b) Durch die Abstimmung über die Tagesordnungspunkte auf der [X.] am 17. Oktober 2011 ist das mit dem Antrag vom 20. Mai 2011 verfolgte Begehren der Antragstellerin erfüllt worden. Der Wirksamkeit der am 17. Oktober 2011 gefassten [X.] stände auch eine Aufhebung der hier angefochtenen Entscheidung des [X.] und eine Wiederherstellung des Beschlusses des [X.] vom 27.
Juni 2011 nicht entgegen. Ob mit der Beschlussfassung auf der [X.] vom 17. Oktober 2011 der Ermächtigungsbeschluss des [X.] vom 12. September 2011 vollzogen wurde oder von der aufgrund des Antrags vom 20. Mai 2011 erteilten Ermächtigung Gebrauch [X.] wurde, ist dafür ohne Bedeutung.
c) Der Eintritt der Erledigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren zu be-achten. Eine
Bindung des [X.] an die insoweit fehlenden Feststellungen des Beschwerdegerichts (§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO) besteht nicht. Neu vorgetragene Tatsachen, welche die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde betreffen, sind vom Rechtsbeschwerdegericht zu berücksichtigen. Dazu gehö-ren insbesondere die Tatsachen, die zu einer Erledigung der Hauptsache wäh-rend des [X.] führen ([X.], Beschluss vom 31. März11
12
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2011 -
V
ZB
83/10, juris Rn.
7; [X.], FamFG, 17. Aufl., § 74 Rn.
39, 41; [X.] in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl., § 74 Rn. 20, 23).

Bergmann

Caliebe

Drescher

Born

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.06.2011 -
83 HRB 77581 B -

[X.], Entscheidung vom 25.08.2011 -
25 W 63/11 -

Meta

II ZB 17/11

08.05.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2012, Az. II ZB 17/11 (REWIS RS 2012, 6720)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6720

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