Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.10.2018, Az. IV ZR 106/17

4. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 2767

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Gegenstand

Altvertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung im Antragsmodell: Ordnungsgemäße Belehrung über den Beginn der Rücktrittsfrist


Leitsatz

Bei einem Vertragsschluss im Antragsmodell wurde der Versicherungsnehmer mit der Belehrung, dass er "innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Abschluss des Vertrages" zurücktreten könne, über das für den Beginn der Rücktrittsfrist maßgebliche Ereignis hinreichend informiert.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des [X.] vom 15. März 2017 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 4.056,25 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Versicherer Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.

2

Diese wurde nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aufgrund eines Antrags des [X.] mit Versicherungsbeginn zum 1. März 2002 im Wege des so genannten Antragsmodells des § 8 [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung vom 21. Juli 1994 (im Folgenden: § 8 [X.] a.F.) abgeschlossen.

3

Der Versicherungsantrag enthielt unmittelbar über der Unterschriftenzeile folgende fettgedruckte Belehrung mit der seitlichen fettgedruckten Überschrift "Rücktrittsrecht":

"Sofern [X.] alle gesetzlichen Verbraucherinformationen und alle für diesen Antrag geltenden Versicherungsbedingungen bei Antragstellung ausgehändigt wurden, steht [X.] folgendes Rücktrittsrecht vom Vertrag zu: Ich kann innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Abschluss des [X.] zurücktreten. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung an den Versicherer. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über sein Rücktrittsrecht belehrt und der Versicherungsnehmer die Belehrung durch Unterschrift bestätigt hat. …"

4

Mit Schreiben vom 21. August 2015 erklärte der Kläger den "Widerspruch/Rücktritt/Widerruf" und hilfsweise die Kündigung. Die Beklagte akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.

5

Mit der Klage verlangt der Kläger - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 4.056,25 €.

6

Nach Auffassung des [X.] ist er wirksam vom Versicherungsvertrag zurückgetreten. Er habe auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 8 Abs. 5 Satz 4 [X.] a.F. den Rücktritt erklären können, weil er nicht ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt worden sei. Der Beginn der Rücktrittsfrist sei durch die Formulierung "nach Abschluss des Vertrages" nicht hinreichend klar bezeichnet worden. Außerdem fehle es an einer gesonderten Bestätigung der Belehrung durch Unterschrift.

7

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im dargelegten Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat keinen Erfolg.

9

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Kläger von dem im Wege des Antragsmodells abgeschlossenen Versicherungsvertrag nicht fristgerecht zurückgetreten. Er sei ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt worden. Die Belehrung im Antragsformular werde den formalen Anforderungen gerecht. Der Fristbeginn sei durch die Formulierung "nach Abschluss des Vertrages" hinreichend bestimmt. Die Belehrung gebe den Gesetzestext wieder, der durch den Versicherer nicht weiter erläutert werden müsse. Zudem habe der Kläger die Belehrung gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 [X.] a.F. durch Unterschrift bestätigt. Dem Gesetzeswortlaut sei nicht zu entnehmen, dass die [X.] durch eine gesonderte Unterschrift zu bestätigen sei. Vielmehr genüge die Unterschrift unter dem Antrag, in dem die Belehrung enthalten sei.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen - mit der Revision allein weiterverfolgten - Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 346 Abs. 1 BGB zu Recht versagt, weil der Kläger das Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 [X.] a.F. nicht wirksam ausgeübt hat.

1. Nach dieser Vorschrift konnte der Versicherungsnehmer bei der Lebensversicherung innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Abschluss des [X.] zurücktreten. Die Frist begann gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 [X.] a.F. erst zu laufen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über sein Rücktrittsrecht belehrt und der Versicherungsnehmer die Belehrung durch Unterschrift bestätigt hatte.

2. Als der Kläger im August 2015 den Rücktritt erklärte, war die vierzehntägige Rücktrittsfrist längst abgelaufen. Sie begann mit Übersendung des Versicherungsscheins vom 5. Februar 2002. Durch die damit seitens der Beklagten erklärte Annahme des Versicherungsantrags des [X.] wurde der Vertrag abgeschlossen.

a) Entgegen der Rüge der Revision hat die Beklagte den Kläger ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt.

aa) Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die im Antragsformular enthaltene [X.] den formalen Anforderungen entspricht, wird von der Revision nicht angegriffen.

bb) Die Belehrung ist auch in inhaltlicher Hinsicht ordnungsgemäß. Insbesondere ist der Kläger mit der von der Revision beanstandeten Formulierung, dass der Versicherungsnehmer "innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Abschluss des Vertrages" zurücktreten könne, über das für den Beginn der Rücktrittsfrist maßgebliche Ereignis hinreichend informiert worden. Der Versicherer musste den Versicherungsnehmer darüber belehren, dass er innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Abschluss des [X.] zurücktreten konnte. Auch wenn § 8 Abs. 5 Satz 3 [X.] a.F. nur allgemein eine Belehrung über das Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers verlangte, musste dieser über den Beginn und das Ende der Frist aufgeklärt werden (vgl. [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 8 Rn. 61). Eine von der Revision vermisste Erläuterung, dass der [X.] war, in dem der Versicherungsschein dem Versicherungsnehmer zuging, war allerdings nicht erforderlich (a.A. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2015 - 3 U 51/15, juris Rn. 8). Der Versicherer war nicht gehalten, dem Versicherungsnehmer die Anforderungen an das Rücktrittsrecht über den Gesetzeswortlaut hinaus zu erklären (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 2016 - [X.], juris Rn. 35). So musste er, wie der [X.] bereits entschieden hat, den Versicherungsnehmer nicht über eine etwaige Form der Rücktrittserklärung belehren, weil von ihm nicht verlangt werden konnte, die insoweit unklare gesetzliche Bestimmung des § 8 Abs. 5 [X.] a.F. auszulegen ([X.]surteil vom 29. Juni 2016 - [X.], [X.], 556 Rn. 15 m.w.[X.]). In Belehrungen über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. war der aus dieser Vorschrift entlehnte Begriff der "Textform" nicht erläuterungsbedürftig ([X.]surteil vom 10. Juni 2015 - [X.], [X.], 876 Rn. 11). Ebenso wenig konnte vom Versicherer eine Erläuterung der dem Gesetzeswortlaut des § 8 Abs. 5 Satz 1 [X.] a.F. entsprechenden Formulierung "nach Abschluss des Vertrages" gefordert werden.

Dies gilt umso mehr, als die Annahmeerklärung des Versicherers nicht zwangsläufig erst in der Übersendung des Versicherungsscheins liegen oder mit dieser verbunden sein musste. Ferner hätte eine umfassende Erläuterung auch den Fall einer verspäteten Annahmeerklärung (§ 150 Abs. 1 BGB) sowie die Möglichkeit einer Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen (§ 150 Abs. 2 BGB) umfassen und dabei die [X.] des § 5 [X.] a.F. einbeziehen müssen. Eine Belehrung, die all diese Eventualitäten des Vertragsschlusses abdeckte, hätte keine weitere Verdeutlichung der Voraussetzungen des Rücktrittsrechts bewirkt. Im Übrigen konnte der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne weiteres erkennen, dass jedenfalls in der zeitnahen Übersendung des seinem Antrag entsprechenden Versicherungsscheins die Annahme seines Angebots lag und damit der Vertrag zustande gekommen und die Rücktrittsfrist in Gang gesetzt worden war.

b) Ohne Erfolg rügt die Revision weiterhin, die Rücktrittsfrist habe nicht zu laufen begonnen, weil der Kläger den Erhalt der Belehrung nicht durch Unterschrift bestätigt habe. Für eine solche Bestätigung hat das Berufungsgericht die Unterschrift des [X.] auf dem Antragsformular, in dem die Belehrung unmittelbar oberhalb der [X.] enthalten war, als ausreichend angesehen. Diese tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Unerheblich ist es entgegen der Auffassung der Revision, dass sich die Unterschrift auch noch auf den Erhalt bestimmter - hier in dem Feld über der [X.] bezeichneter - Unterlagen beziehen konnte (a.A. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2015 - 3 U 51/15, juris Rn. 9 unter Bezugnahme auf das Urteil des [X.] vom 30. September 1992 - [X.], [X.]Z 119, 283, 295 ff. [juris Rn. 47 ff.] zu § 1b Abs. 2 Satz 3 [X.] a.F.). Entscheidend ist, dass sich die Unterschrift jedenfalls auch auf die Belehrung über das Rücktrittsrecht bezog. Eine gesonderte Bestätigung der [X.] war nach dem Gesetzeswortlaut des § 8 Abs. 5 Satz 3 [X.] a.F. nicht erforderlich.

[X.]     

      

[X.]     

      

Lehmann

      

Dr. Brockmöller     

      

Dr. Bußmann     

      

Meta

IV ZR 106/17

17.10.2018

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Köln, 15. März 2017, Az: 26 S 16/16, Urteil

§ 8 Abs 5 S 1 VVG vom 21.07.1994, § 8 Abs 5 S 3 VVG vom 21.07.1994

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.10.2018, Az. IV ZR 106/17 (REWIS RS 2018, 2767)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 1497-1498 WM2018,2127 REWIS RS 2018, 2767

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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