Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2007, Az. 1 StR 157/07

1. Strafsenat | REWIS RS 2007, 3316

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 157/07 vom 20. Juni 2007 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 20. Juni 2007, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] [X.] und [X.] am [X.] Dr. Wahl, [X.], [X.], Dr. Graf, [X.] als Vertreter der [X.]schaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Rechtsanwalt als Vertreter des [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom [X.] 2006 werden verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels der [X.] und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Angeklagte hat die Kos-ten seines Rechtsmittels und die insoweit entstandenen not-wendigen Auslagen des [X.] zu tragen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Freiheitsberaubung in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung zu einer [X.] von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge ge-stützte Revision des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer ebenfalls auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision, dass der Angeklagte nicht wegen Geiselnahme gemäß § 239b Abs. 1 StGB verurteilt worden ist. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg. 1 - 4 - [X.] 1. Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getrof-fen: 2 [X.] , der seine Verurteilung nicht angefochten hat, [X.] bei einem nächtlichen Kontrollbesuch in der Wohnung seiner 17-jährigen [X.] den Zeugen [X.]vorgefunden. Er hatte deshalb seine Schwester und [X.] geschlagen und mit einem Messer bedroht. Gemeinsam mit dem telefonisch herbeigerufenen Angeklagten und den gesondert Verfolg-ten [X.]und [X.]. zwang er sodann den verängstigten [X.], mit ihnen zu einem abgelegenen Parkplatz zu fahren. Dort erklärte er dem Angeklagten, [X.]müsse weiter eingeschüchtert werden, damit er seine Schwester nun-mehr heirate. Der Angeklagte erwiderte, er werde "dies" nun regeln. 3 Der Angeklagte setzte sich mit [X.]

auf die Rücksitzbank des [X.], ergriff eine (ungeladene) Gaspistole, hielt sie so vor das Gesicht des [X.] , dass dieser sie wegen des nicht verschlossenen Laufs für eine scharfe Waffe hielt, und steckte ihm ihren Lauf gewaltsam in den Mund. Er erweckte den Anschein, die Waffe auslösen zu wollen, woraufhin [X.]in Todesangst aufschrie. Nunmehr drehte der Angeklagte die Waffe um und schlug mit ihrem metallischen Griff mehrmals kräftig gegen den Kopf des [X.]. Er zwang ihn, wieder auszusteigen, und forderte ihn auf, sich - wie schon zuvor - bei [X.] nochmals zu entschuldigen und diesem zum Zeichen der Respektbekun-dung nach [X.] Sitte die Hand zu küssen. Zusätzlich erklärte er, falls [X.] die Geste der Entschuldigung nicht annehme, müsse er damit rechnen, umge-bracht zu werden. [X.] seinerseits erließ dem [X.] den Handkuss, drohte ihm aber an, es werde noch schlimmer kommen, wenn er sich nicht an seine Vor-gaben halte, und ließ ihn daraufhin gehen. 4 - 5 - Der Angeklagte wusste bei seinem Vorgehen gegen [X.] , dass dieser sich bereits mehrfach bei [X.] entschuldigt hatte und selbst nach weiteren [X.] zur Entschuldigung und Respektbezeugung suchte. Die Drohungen des Angeklagten dienten nicht dem Zweck, der Aufforderung zur [X.] zu verleihen, sondern sollten die Einschüchterung des [X.]nochmals steigern, um für die Zukunft sicher zu stellen, dass [X.]außerehe-liche Beziehungen zu T. [X.] unterlässt und diese heiratet. 5 2. Das [X.] hat dieses Geschehen nicht als Geiselnahme gemäß § 239b Abs. 1 StGB gewertet. Der Angeklagte habe dem Geschädigten [X.]zwar im Rahmen einer zuvor geschaffenen [X.] mit dem Tode gedroht. Die Drohung habe jedoch nicht dazu gedient, [X.]ein Verhal-ten noch während der Dauer der Zwangslage abzunötigen. 6 I[X.] Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Das [X.] hat zu Recht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen eines Verbrechens der Geiselnahme verneint. 7 Nach der Rechtsprechung des [X.] ist § 239b StGB - schon wegen der hohen Mindeststrafe von fünf Jahren - einschränkend [X.]. Zwischen der Entführung eines Opfers und einer beabsichtigten Nöti-gung muss ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang derart bestehen, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Entführung nötigen will und die abgenötigte Handlung auch während der Dauer der Zwangslage vorge-nommen werden soll (vgl. [X.], 1082; [X.], 36). Denn der Zweck dieser Strafvorschrift besteht gerade darin, das [X.] oder die Entführung des Opfers deshalb besonders unter Strafe zu stellen, weil der Täter seine Drohung während der Dauer der Zwangslage jederzeit realisieren 8 - 6 - kann ([X.], 302; [X.], 36). Allerdings kann auch das Erreichen eines [X.] des [X.], der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel [X.] vorbereitend wirkt, eine Nötigung darstellen ([X.], 1082; [X.], 36). Jedenfalls solche Handlungen des Opfers, die eine nach der Vorstel-lung des [X.] eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten [X.] darstellen, führen zur Vollendung der mit der qualifizierten Drohung erstrebten Nötigung ([X.] aaO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Angeklagte wollte den Geschädigten [X.] einschüchtern und ihn dadurch dazu bringen, künftig [X.] Beziehungen zu der Zeugin T. [X.] zu unterlassen und diese zu heiraten. Damit waren seine Ziele auf ein Verhalten des [X.] in einem Zeit-raum gerichtet, zu dem dieser aus der Gewalt der beiden Angeklagten wieder entlassen sein würde. Aus den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des [X.]s ergibt sich nicht, dass der Angeklagte erreichen wollte (und [X.] hat), dass [X.] bereits während der [X.] sich ver-bindlich zu seinem künftigen Verhalten gegenüber T. [X.] festlegt. 9 Auch soweit der Angeklagte dem [X.] eine nochmalige [X.] für dessen bisheriges Verhalten und einen Handkuss als Respektbezeu-gung abverlangte, ist keine hinreichende Vorstufe des gewollten [X.] - zukünftige Beziehungen zu T. [X.] - gegeben. Es fehlt insoweit bereits die erforderliche finale Verknüpfung zwischen der [X.] und ihrer Ausnutzung zum Zwecke der Nötigung. Dem Angeklagten war nach den aus-drücklichen Feststellungen des [X.]s bewusst, "dass dem Geschädigten [X.] die Aufforderung zur nochmaligen Entschuldigung und Respektbezeu-gung als Gelegenheit zur Besänftigung des Angeklagten [X.] willkommen war und dass [X.]ihr auch ohne zusätzliche Drohungen nachkommen würde." 10 - 7 - Insoweit wollte der Angeklagte daher schon nicht - was eine Nötigung voraus-setzt - einen entgegenstehenden Willen des Geschädigten überwinden. Damit erfüllt das Verhalten des Angeklagten nur die Tatbestände der tat-einheitlich begangenen Freiheitsberaubung, Bedrohung und gefährlichen Kör-perverletzung. 11 II[X.] Die Revision des Angeklagten ist aus den in der Antragsschrift des [X.] zutreffend genannten Gründen unbegründet. 12 Herr VRi[X.] [X.] ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Wahl Wahl Kolz [X.] Graf

Meta

1 StR 157/07

20.06.2007

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2007, Az. 1 StR 157/07 (REWIS RS 2007, 3316)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3316

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