Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2017, Az. 4 StR 234/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9392

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200617B4STR234.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 234/17

vom
20. Juni
2017
in der Strafsache
gegen

wegen Diebstahls

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers
am 20.
Juni
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des
Angeklagten wird
das Urteil des [X.] vom 13.
Januar 2017 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an das [X.]

Strafrichter

zurückver-wiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Frei-heitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Anordnung einer Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt hat es abgelehnt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Das [X.] hat festgestellt,
dass der vielfach und auch einschlä-gig vorbestrafte Angeklagte, der sich zur Tatzeit wegen seiner langjährigen, mehrfach erfolglos behandelten Drogenabhängigkeit in einem Substitutions-1
2
-
3
-
programm befand und jegliche weitere Suchttherapie ablehnt,
in einem [X.] zwei Dosen Haargel im Gesamtwert von etwa zehn Euro entwendete, um diese für sich zu behalten. Kurz nach Verlassen des [X.] wurde er durch einen Ladendetektiv gestellt.
Im Rahmen der Strafzumessung wird u.a. ausgeführt, die Strafkammer sei sich angesichts der begangenen Straftat der Härte der verhängten Frei-heitsstrafe bewusst. Da der Angeklagte aber jegliche Form der Therapie ableh-ne, es insoweit also an jeglicher Erfolgsaussicht fehle, sei er von der Begehung weiterer Straftaten nicht anders abzuhalten.
2.
Diese Erwägung lässt besorgen,
dass
das [X.] die Schuldan-gemessenheit der verhängten Freiheitsstrafe aus dem Blick verloren hat.
a)
Grundlagen der Strafzumessung sind
gem. §
46 StGB der Grad der persönlichen Schuld des [X.] sowie die Schwere der Tat in ihrer Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung. Unter Berücksichtigung und gegenseitiger Ab-wägung dieser Gesichtspunkte hat der Tatrichter innerhalb des ihm eingeräum-ten Spielraums
die schuldangemessene Strafe zu finden, wobei er auch ande-ren Strafzwecken, etwa der Generalprävention und der Sicherung, Raum geben kann (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile
vom 4.
August 1965

2
StR
282/65, [X.]St 20, 264, 266
f., und
vom
27.
Oktober 1970

1
StR
423/70, [X.]St 24, 132, 133
f.).
Deshalb kann auch die Therapiebereitschaft des [X.] für den Strafausspruch von Bedeutung sein. Eine etwa
vorhandene Therapiebereit-schaft kann strafmildernde Wirkung haben ([X.], Beschluss vom 3.
April 2003

4
StR
84/03, [X.], 246). Umgekehrt darf bei fehlender [X.] oder Therapierbarkeit dem Sicherungsgedanken aber
nicht eine der-artige Bedeutung beigemessen
werden, dass die notwendige Schuldangemes-3
4
5
-
4
-
senheit der Strafe aus dem Blick gerät
([X.], Urteil vom 27.
Oktober 1970 aaO).
b)
Das [X.] durfte daher bei der Bemessung der zu verhängen-den Strafe nicht

wie geschehen

unter Hintanstellung des Gesichtspunkts der Schuldangemessenheit das entscheidende Gewicht
dem Gedanken der
Sicherung der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten des Angeklagten
beilegen.
Es kommt hinzu, dass die strafschärfende Wirkung des [X.] hier auch für sich genommen Bedenken begegnet, weil die Weigerung des [X.], sich therapeutischer Hilfe zu bedienen, nicht ausschließbar gerade durch seine Grunderkrankung bedingt ist. Es ist deshalb zu besorgen, dass sich durch die Erwägung des [X.]s die Drogenabhängigkeit des Angeklagten als [X.] zu seinem Nachteil ausgewirkt hat.
Dies wäre rechtsfehlerhaft ([X.], Beschluss vom 23.
März 1981

3
StR
89/81, [X.] 1981, 401, [X.], StGB, 64.
Aufl., §
46 Rn.
42). Der Senat kann
deshalb
nicht aus-schließen, dass
die

angesichts der abgeurteilten Straftat erhebliche

Höhe der Strafe von diesen
Erwägungen
zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst worden ist.
Der Strafausspruch bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Dies umfasst auch die Prüfung einer möglichen erheblich verminderten Schuld-fähigkeit des Angeklagten (§
21 StGB).
3.
Die Entscheidung über die Ablehnung der Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) weist auf der Grundlage der Feststellungen keinen Rechtsfehler auf. Sie bleibt daher von der Aufhebung ausgenommen; eine erneute Entscheidung nach Zurückverweisung ist insoweit 6
7
8
-
5
-
nicht mehr zu treffen (vgl. [X.], Urteil
vom 19.
Januar 2017

4
StR 443/16, [X.], 187 mwN).
4.
Die Sache war gem. §
354 Abs.
3 StPO an den Strafrichter zurückzu-verweisen, da dessen Strafgewalt ausreicht.
[X.]Franke

Quentin Feilcke
9

Meta

4 StR 234/17

20.06.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2017, Az. 4 StR 234/17 (REWIS RS 2017, 9392)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9392

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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