Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.10.2019, Az. III R 14/18

3. Senat | REWIS RS 2019, 2305

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Gegenstand

Umorientierung während einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung


Leitsatz

1. Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine nicht unter § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG fallende Berufstätigkeit auf, erfordert § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen.

2. Zwei zeitlich und inhaltlich zusammenhängende Ausbildungsabschnitte können auch dann zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammengefasst werden, wenn das Kind sich nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts umorientiert und seine Ausbildung anders als ursprünglich geplant fortsetzt (hier: Betriebswirtschaftsstudium statt Bankkolleg nach einer Bankausbildung) .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 09.02.2018 - 5 K 277/17 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Vater eines im Dezember 1992 geborenen [X.] ([X.]), der nach dem Abitur eine Ausbildung bei einer Volksbank absolvierte, die im Januar 2015 endete. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) gewährte dem Kläger Kindergeld für [X.] bis Januar 2015.

2

Nach dem Abschluss seiner Banklehre wurde [X.] von der Volksbank als Vollzeitbeschäftigter mit einer Arbeitszeit von 39 [X.]tunden in der Woche übernommen. Bereits im April 2014 hatte er an einer Informationsveranstaltung über ein [X.]tudium am [X.] des [X.] mit dem Ziel des Abschlusses als Bankfachwirt teilgenommen, dort seine E-Mail-Anschrift hinterlassen und in der Folgezeit nachgefragt, wann der [X.]tudiengang beginnen werde. Am 09.04.2015 wurde ihm mitgeteilt, dass am 20.04.2015 entschieden werde, ob der [X.]tudiengang startreif sei. Der Beginn verzögerte sich dann jedoch auf unbestimmte Zeit.

3

Der Kläger leitete am 27.04.2015 eine Information des Immatrikulationsbüros einer Hochschule an [X.] weiter, wonach im Wintersemester 2015/16 der Onlinestudiengang Betriebswirtschaftslehre angeboten werde; in den vorangegangenen Durchgängen hätten sämtliche Bewerber einen [X.]tudienplatz erhalten. [X.] bewarb sich am 10.06.2015 auf diesen [X.]tudiengang und nahm das [X.]tudium zum 01.09.2015 auf.

4

Im August 2017 beantragte der Kläger unter Hinweis auf das im [X.]eptember 2015 aufgenommene [X.]tudium erneut Kindergeld. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab und wies den dagegen gerichteten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28.09.2017 als unbegründet zurück.

5

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit dem am 21.02.2018 zugestellten Urteil, die Banklehre und das [X.] bildeten keine einheitliche Berufsausbildung. Es fehle zwar nicht am zeitlichen Zusammenhang zwischen Lehre und [X.]tudium. [X.] habe der Familienkasse seine Absicht, die Ausbildung weiterzuführen, auch nicht bis zum Ende des Folgemonats nach Abschluss der Banklehre mitteilen müssen; ausreichend sei insoweit, dass er sich nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts auf den nächstmöglichen Durchgang des nachfolgenden Ausbildungsabschnitts beworben habe. Die Besonderheit des Falles liege aber darin, dass [X.] sich nach Beendigung der Banklehre umorientiert habe, indem er die Absicht eines [X.]tudiums am genossenschaftlichen [X.] nicht umsetzte, als dessen Realisierbarkeit ungewiss erschien, sondern stattdessen auf ein [X.]tudium der Betriebswirtschaftslehre umgeschwenkt sei. Der Wechsel des [X.] bilde eine Zäsur, die die beiden Ausbildungsabschnitte Banklehre und [X.]tudium voneinander trenne; die Teilnahme an beiden Ausbildungsgängen beruhe nicht auf einem einheitlichen Entschluss. Es handele sich auch nicht um eine nur unerhebliche Abweichung des tatsächlich realisierten vom ursprünglich geplanten Ausbildungsgang, denn das [X.]tudium der Betriebswirtschaftslehre sei wesentlich breiter ausgelegt als die Ausbildung zum Bankfachwirt und weniger branchenbezogen.

6

Die Revision wurde rechtzeitig eingelegt, aber bis zum Ablauf der Begründungsfrist am 23.04.2018, einem Montag, nicht begründet. Nach einem entsprechenden Hinweis am 22.05.2018 ging die Begründung nebst Wiedereinsetzungsantrag ein. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde auf ein Büroversehen gestützt.

7

Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor, es müsse ausreichen, wenn das Kind sich --wie hier-- während des ersten Ausbildungsabschnitts für ein anschließendes [X.]tudium entscheide. Wenn sich das ursprünglich angestrebte [X.]tudium nicht verwirklichen lasse, weil es in diesem Jahr nicht angeboten werde, könne das dem Kind nicht zum Nachteil gereichen, wenn es ein von der Fachrichtung her ähnliches [X.]tudium beginne. Die Berücksichtigung dürfe nicht daran scheitern, dass das Kind zwischenzeitlich ein anderes [X.]tudium angestrebt habe, soweit es sich dabei nicht um eine gänzliche Neuorientierung handele wie z.B. einem [X.]tudium der Agrarwissenschaft anstelle eines [X.]tudiums am [X.].

8

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das [X.], den Ablehnungsbescheid sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für den Zeitraum ab [X.]eptember 2015 festzusetzen.

9

Die Familienkasse beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist zulässig und begründet; sie führt zur Aufhebung des [X.] und zur Zurückverweisung der [X.]ache nach § 126 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] kann aufgrund der Feststellungen des [X.] nicht beurteilen, ob das Online-[X.]tudium der Betriebswirtschaftslehre noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren ist.

1. Dem Kläger ist hinsichtlich der versäumten [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen [X.]tand zu gewähren, da das Versäumnis --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- auf einem vom Prozessbevollmächtigten nicht zu vertretenden Büroversehen beruht; einem mit der büromäßigen Bearbeitung der Angelegenheit befassten und in der Vergangenheit stets zuverlässigen Mitarbeiter ist trotz ordnungsgemäßer Büroorganisation ein Fehler unterlaufen (zum Büroversehen vgl. Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 26.02.2014 - IX R 41/13, [X.] 2014, 881, m.w.N.).

2. Die Revision ist auch begründet.

a) Nach § 62 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (E[X.]tG) besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. In den Fällen des § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG wird ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 63 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 E[X.]tG i.V.m. § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 [X.]tunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.[X.]. der §§ 8 und 8a des [X.] sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 [X.]atz 3 E[X.]tG).

Zu den in § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG verwendeten Tatbestandsmerkmalen der "erstmaligen Berufsausbildung" und des "Erststudiums" hat der [X.] entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des [X.] erstmalige Berufsausbildung darstellt ([X.]surteil vom 03.07.2014 - III R 52/13, [X.], 427, [X.], 152, Rz 19 ff.) und der Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG enger auszulegen ist als das in § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a E[X.]tG verwendete Tatbestandsmerkmal "Kind, das ... für einen Beruf ausgebildet wird" ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 22 ff.).

Die den Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG begrenzenden Kriterien hat der [X.] dabei vor allem in folgenden Punkten gesehen:

Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24), der auf einen Abschluss in Form einer Prüfung ausgerichtet ist ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24). Durch die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss das Kind die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die --anders als der Besuch einer allgemein bildenden [X.]chule-- zur Aufnahme eines Berufs befähigen ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24). Mehrere Ausbildungsabschnitte können eine einheitliche Erstausbildung bilden, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 27). In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 30). Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stehen (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 30).

An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn bereits die Aufnahme des zweiten [X.] eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten [X.] eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren [X.] dient ([X.]surteil vom 04.02.2016 - III R 14/15, [X.], 145, [X.], 615, Rz 15).

b) Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Zusammenfassung zweier Ausbildungsabschnitte ist somit, dass diese zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind und nach dem Ende des ersten Abschnitts aufgrund objektiver Beweisanzeichen feststeht, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden sollte.

Der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Banklehre und dem Betriebswirtschaftsstudium liegt vor. Der zeitliche Zusammenhang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass [X.] sich, nachdem die Bankausbildung im Januar 2015 beendet war, erst im April 2015 zum [X.]tudium der Betriebswirtschaftslehre entschlossen hat. Dabei kann dahinstehen, ob die Bewerbung zum Wintersemester der erste mögliche Zeitpunkt für die Fortsetzung der Ausbildung war. Nach den den [X.] bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 [X.]O) hatte [X.] schon im April 2014 an einer Informationsveranstaltung für einen weiteren Ausbildungsabschnitt teilgenommen. Der Umstand, dass letztlich das [X.]tudium am [X.] des [X.] mit dem Ziel des Abschlusses als Bankfachwirt aus von [X.] nicht zu vertretenden Umständen nicht durchgeführt worden ist, ändert nichts daran, dass aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar war, dass [X.] die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beenden wollte.

Der erforderliche enge sachliche Zusammenhang liegt ebenfalls zwischen der Ausbildung zum Bankkaufmann und dem Betriebswirtschaftsstudium vor.

Entgegen der Ansicht des [X.] führt die Umorientierung des Kindes (Betriebswirtschaftsstudium statt [X.]) nicht zu der Annahme einer mehraktigen Ausbildung. Wird der sachliche Zusammenhang gewahrt, so ist eine Umorientierung unschädlich.

3. Diese unter [X.] dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze sind indessen --wie der [X.] bereits im Urteil vom 11.12.2018 - III R 26/18 ([X.], 209) entschieden hat-- für Fälle, in denen die einheitliche Erstausbildung mit einer daneben ausgeübten Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen ist, fortzuentwickeln und zu präzisieren.

a) Danach kann es an einer einheitlichen Erstausbildung auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen, ist dabei anhand einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu entscheiden, für die vor allem die nachfolgenden Kriterien von Bedeutung sind.

aa) Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten [X.] befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die 20-[X.]tundengrenze allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist. Für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung kommt es auch darauf an, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen. Da die [X.]umme aus Arbeits- und Ausbildungszeit nicht selten über 40 Wochenstunden liegen wird, kann allein eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von über 20 [X.]tunden noch nicht den Ausschlag geben. Betreibt das Kind etwa neben einer 22 Wochenstunden umfassenden Arbeitstätigkeit ein Vollzeitstudium an einer [X.], kann auch weiter der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen (s. hierzu etwa [X.]-Urteil vom 03.09.2015 - [X.] R 9/15, [X.], 10, [X.], 166).

bb) Weiter ist von Bedeutung, ob das Kind mit der nach dem ersten Abschluss aufgenommenen Berufstätigkeit bereits die durch den Abschluss erlangte Qualifikation nutzt, um eine durch diese eröffnete Berufstätigkeit auszuüben. Wird z.B. ein Geselle oder [X.] von seinem Ausbildungsbetrieb im erlernten Beruf übernommen oder nimmt ein Bachelor eine durch diesen Abschluss eröffnete [X.]telle an, kann dies Indiz dafür sein, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Denn ein solcher [X.]achverhalt spricht dafür, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf dienen. Nimmt das Kind dagegen eine Berufstätigkeit auf, die ihm auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre (z.B. [X.] in der Gastronomie oder im Handel) oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit typischerweise um keine dauerhafte Berufstätigkeit (z.B. bei einem Bachelor, der während des nachfolgenden Masterstudiums mit 19 [X.]tunden als wissenschaftliche Hilfskraft tätig ist und daneben drei Nachhilfestunden pro Woche gibt), kann das für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen.

cc) Darüber hinaus ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, inwieweit die Arbeitszeit den im nächsten Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen untergeordnet ist und die Beschäftigung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild "neben der Ausbildung" durchgeführt wird. Arbeitet das Kind z.B. nur nachmittags, abends oder am Wochenende, so dass sich seine Teilzeittätigkeit von regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden dem jeweiligen Ausbildungsplan anpasst, ist das ein Indiz für eine im Vordergrund stehende Ausbildung. Gleiches gilt, wenn das Kind etwa während des [X.]emesters maximal 20 Wochenstunden arbeitet, durch eine während der [X.]emesterferien erhöhte Wochenstundenzahl aber auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 20 Wochenstunden kommt. Arbeitet das Kind dagegen annähernd vollzeitig und werden die Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend oder am Wochenende durchgeführt, deutet dies darauf hin, dass sie nur "neben der Berufstätigkeit" durchgeführt werden. [X.]chließlich kann auch von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Berufstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen über den zeitlichen Aspekt hinaus auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.

b) Diese Fortentwicklung und Präzisierung des [X.] widerspricht nicht der Begründung zum Entwurf des [X.]teuervereinfachungsgesetzes 2011 ([X.]surteil in [X.], 209, Rz 20).

c) [X.]oweit sich aus der Rechtsprechung des [X.]s in seinen Urteilen in [X.], 427, [X.], 152 und vom 08.09.2016 - III R 27/15 ([X.], 202, B[X.]tBl II 2017, 278) etwas anderes ergibt, wird hieran nicht weiter festgehalten. Der [X.]. [X.] hat mitgeteilt, dass er einer Abweichung von seinem Urteil in [X.], 10, [X.], 166 zustimmt.

4. Das mit der Revision angegriffene Urteil entspricht diesen fortentwickelten Rechtsgrundsätzen nicht und ist daher aufzuheben. Die [X.]ache ist nicht spruchreif.

Der [X.] kann auf der Grundlage der vom [X.] bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die von [X.] ausgeübte Erwerbstätigkeit in der Bank der Annahme einer Ausbildungseinheit zwischen der Banklehre und dem [X.]tudium entgegensteht. Das [X.] wird daher nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze im zweiten Rechtsgang insbesondere zu prüfen haben, ob das [X.]tudium eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem [X.]tudium; diese Würdigung ist dem [X.] als Revisionsgericht versagt.

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] folgt aus § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

III R 14/18

23.10.2019

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 9. Februar 2018, Az: 5 K 277/17, Urteil

§ 32 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 3 EStG 2009, EStG VZ 2015

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.10.2019, Az. III R 14/18 (REWIS RS 2019, 2305)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2305

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