Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2007, Az. XII ZB 41/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2097

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[X.][X.] vom 11. September 2007 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 11 Satz 1, 1666, 1666 a; [X.] IIa-VO Art. 8 Abs. 1; [X.] §§ 34, 41; [X.] Art. 8 Abs. 2 Weigern sich Eltern beharrlich, ihre Kinder der öffentlichen Grundschule oder einer anerkannten Ersatzschule zuzuführen, um ihnen statt dessen selbst "Hausunterricht" zu erteilen, so kann darin ein Missbrauch der elterlichen Sorge liegen, der das Wohl der Kinder nachhaltig gefährdet und Maßnahmen des [X.] nach §§ 1666, 1666 a BGB erfordert. Die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts zur Rege-lung von Schulangelegenheiten in Verbindung mit der Anordnung einer Pfleg-schaft ist in solchen Fällen im Grundsatz zur Abwehr der Gefahr geeignet und verhältnismäßig. Ein vom Familiengericht bestellter Pfleger ist jedoch zur Wahrnehmung seiner Aufgaben im Einzelfall offenkundig ungeeignet, wenn er bereits im einstweiligen [X.] zum Pfleger bestellt worden war und in dieser Eigen-schaft die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass die Eltern ihre Kinder ins Ausland verbracht haben und ihnen dort nunmehr - wie von ihren Eltern be-zweckt - auf Antrag des Pflegers "Hausunterricht" erteilt wird. Die gleichzeitige Bestellung eines solchen Pflegers stellt zwar die Rechtsmä-ßigkeit des teilweisen Sorgerechtsentzugs und der Anordnung der Pflegschaft als solche nicht in Frage. Sie ist, weil sie die Wirksamkeit dieser an sich sach-gerechten Maßnahmen unterläuft, aber - für sich genommen - rechtsfehlerhaft. [X.], Beschluss vom 11. September 2007 - [X.] 41/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 11. September 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des 6. [X.] des [X.] vom 20. Februar 2007 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge, die Anordnung der Pflegschaft für die betroffenen Kinder und die dem Pfleger zuer-kannte Befugnis richtet, die Herausgabe der Kinder, notfalls mit Gewalt und mittels Betretens und Durchsuchung der elterlichen Wohnung, zu verlangen. Im Übrigen (Bestellung der Beteiligten zu 2 als Pfleger; Einschrän-kung des Aufenthaltsbestimmungsrechts des Pflegers) wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechts-beschwerdeverfahrens, an das [X.]. [X.]: 3000 • - 3 - Gründe: [X.] 1 Die Beteiligten zu 1 sind die Eltern der minderjährigen Kinder [X.] und [X.]sowie deren drei jüngerer und drei älterer Geschwister. Sie sind gläubige Baptisten und - zusammen mit anderen Mitgliedern ihrer Glaubens-gemeinschaft - als Spätaussiedler nach [X.] gekommen. Das Kind [X.]

besuchte die ersten drei Klassen der öffentlichen Grundschule. Im [X.] 2004 - Beginn der vierten Grundschulklasse - haben die Eltern der Schule mitgeteilt, dass sie das Kind [X.] ebenso wie das Kind [X.], das zu diesem Zeitpunkt eingeschult werden sollte, künftig zu Hause unterrichten würden, da die Lehrinhalte und -methoden der öffentlichen Grundschule mit ihren Glau-bensüberzeugungen fächerübergreifend nicht vereinbar seien. Gespräche mit Schulleitung, Bezirksregierung und Integrationsbeauftragtem führten ebenso wenig wie die rechtskräftige Verurteilung der Eltern zur Zahlung eines Bußgel-des von je 250 • dazu, dass die Eltern die Kinder zum Schulunterricht brachten. Ein Zwangsgeldverfahren wurde bislang nicht erfolgreich abgeschlossen. Die Eltern und andere Mitglieder ihrer Glaubensgemeinschaft streben die Gründung einer Ersatzschule an, die ihren religiösen Überzeugungen entspricht; eine Ent-scheidung im Verwaltungsverfahren steht aus. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Eltern im Wege der einstwei-ligen Anordnung die elterliche Sorge in Schulangelegenheiten sowie das [X.] entzogen und auf die Beteiligte zu 2 als Pfleger mit der Maßgabe übertragen, dass im Falle einer notwendig werdenden [X.] keine Heimunterbringung, sondern eine Unterbringung in einer baptistischen Pflegefamilie erfolgen solle, welche die allgemeine Schul-pflicht anerkenne und die Teilnahme der Kinder am Unterricht in einer [X.] - 4 - chen Schule oder einer anerkannten Ersatzschule ermögliche; zugleich ist die Beteiligte zu 2 ermächtigt worden, die Herausgabe der Kinder mittels Gewalt zu erzwingen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das [X.] zurückgewiesen. 3 [X.] wurden im Juli/August 2005 mit Einwilligung der Beteiligten zu 2 nach [X.]in [X.]([X.]) umgemeldet. Sie halten sich über-wiegend dort auf und bewohnen gemeinsam mit ihrer Mutter, die ihren [X.] nach wie vor in [X.]

hat, sowie mit Angehörigen einer anderen bap-tistischen Familie, die ebenfalls die Erfüllung der [X.] Schulpflicht verwei-gert, ein gemietetes Haus. Der Vater lebt mit den anderen sechs Kindern wei-terhin in [X.]

und geht dort seiner Berufstätigkeit nach. Die Mutter [X.] mit den Kindern [X.] und [X.]

in den Ferien und an verlängerten Wochenenden die übrige Familie in [X.] . Sie will mit den Kindern nicht dauerhaft in [X.] bleiben, sondern nach einem für sie erfolgreichen [X.] des vorliegenden Verfahrens nach [X.]

zurückkehren. Die [X.] zu 2 hat bei den [X.] Behörden die Gestattung erwirkt, dass die Kinder in [X.] Heimunterricht nach § 11 des [X.] Schul-pflichtgesetzes erhalten; der Unterricht wird ihnen anhand von [X.] Lernmaterial von ihrer Mutter, die über keine einschlägige Vorbildung verfügt, erteilt. Ausweislich eines von der Hauptschule [X.]erteilten Zeugnisses "lt. Überprüfung des häuslichen Unterrichts (Schulpflichtgesetz § 11 Abs. 4)" hat das Kind [X.] die 1. Klasse (5. Schulstufe) mit gutem Erfolg abgeschlossen und ist zum Aufsteigen in die 2. Klasse (6. Schulstufe) berechtigt. Im Hauptverfahren hat das Amtsgericht die bereits mit der einstweiligen Anordnung getroffene Regelung über den teilweisen Entzug des Sorgerechts und dessen Übertragung auf die Beteiligte zu 2 aufrechterhalten. Die Gefahr für das Kindeswohl bestehe trotz der Beschulung der Kinder in [X.] insoweit 4 - 5 - fort, als bei einer Aufhebung der angeordneten Maßnahme mit einer Rückkehr der Kinder nach [X.]

zu rechnen sei, ohne dass die Kinder dort die öf-fentlichen Schulen besuchen würden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelasse-nen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 ihr Beschwerdebegehren weiter. I[X.] Das Rechtsmittel führt lediglich zur teilweisen Aufhebung der angefoch-tenen Entscheidung und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.], hat aber im Übrigen keinen Erfolg. 5 1. Nach Auffassung des [X.]s hat das Familiengericht den Beteiligten zu 1 das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Regelung von Schulangelegenheiten für ihre Kinder D.

und [X.] gemäß §§ 1666, 1666 a BGB zu Recht entzogen und auf die Beteiligte zu 2 übertragen. 6 Das geistige und seelische Wohl der Kinder sei nachhaltig gefährdet, weil die Beteiligten zu 1 die für die Entwicklung der Kinder in einer [X.] Gesellschaft wichtige staatliche Schulerziehung ablehnten und verhinder-ten. Dabei könne dahinstehen, ob die [X.] der Kinder eine hinrei-chende Wissensvermittlung gewährleiste; denn durch den gemeinsamen Schulbesuch sollten Kinder auch in das Gemeinschaftsleben hineinwachsen. Es sei notwendig, Kinder auch anderen Einflüssen als denen des Elternhauses auszusetzen. Wie das [X.] ausgeführt habe, könnten [X.] Kompetenz im Umgang auch mit Andersdenkenden, gelebte Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung einer von der Mehrheit [X.] - 6 - chenden Überzeugung effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der [X.] und den in ihr vertretenen unterschiedlichen Auffassungen nicht nur gelegentlich stattfänden, sondern Teil einer mit dem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung seien. 8 Der Umstand, dass die Kinder sich derzeit in [X.] aufhielten und nach dem dortigen Recht die Schulpflicht durch Heimunterricht erfüllt werde, stehe nicht entgegen. Denn die Kinder teilten den Wohnsitz ihrer Eltern (§ 11 BGB), der für beide Elternteile weiterhin in [X.] begründet sei. Der Aufenthalt in [X.] sei, wie die Mutter selbst wiederholt erklärt habe, nur vorübergehender Natur; er begründe mangels [X.] keinen [X.]. Deshalb unterlägen die Kinder nach wie vor der Schulpflicht nach § 34 [X.], die eine Hausunterrichtung nicht zulasse. Eine [X.] sei auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beteiligte zu 2 selbst bei den [X.] Behörden beantragt habe, dass die Kinder ihre Schul-pflicht durch Heimunterricht nach [X.] Recht erfüllen könnten. Denn mit diesem Antrag habe die Beteiligte zu 2 ersichtlich nur erreichen [X.], dass die Kinder zumindest in die Lage versetzt würden, in [X.] häus-lichen Unterricht mit der Möglichkeit des Ablegens einer Prüfung nach § 11 Abs. 4 des [X.] Schulpflichtgesetzes zu erhalten. Durch die Schulpflicht seien die Grundrechte der Beteiligten zu 1 und der Kinder nicht verletzt. Wie das [X.] dargelegt habe, diene die Pflicht zum Besuch der staatlichen Grundschule dem legitimen Ziel der Durchsetzung des staatlichen Erziehungsauftrags und sei zur Erreichung die-ses Ziels auch geeignet und erforderlich. Die mit dieser Pflicht verbundenen Eingriffe in die Grundrechte der Eltern stünden auch in angemessenem [X.] zu dem Gewinn, den die Erfüllung dieser Pflicht für den [X.] und die hinter ihm stehenden Gemeinwohlinteressen erwarten 9 - 7 - ließen. Die Allgemeinheit habe ein berechtigtes Interesse daran, der Entste-hung von religiös oder weltanschaulich geprägten "Parallelgesellschaften" ent-gegenzuwirken und Minderheiten auf diesem Gebiet zu integrieren. Integration setze dabei auch voraus, dass religiöse oder weltanschauliche Minderheiten sich nicht selbst abgrenzten und sich einem Dialog mit Andersdenkenden und -gläubigen nicht verschlössen. Dies im Sinne gelebter Toleranz einzuüben und zu praktizieren, sei eine wichtige Aufgabe schon der Grundschule. Die vom Familiengericht zur Durchsetzung der Schulpflicht angeordneten Maßnahmen seien auch verhältnismäßig; geringere Eingriffe zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung kämen nicht in Betracht. 10 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im [X.] stand. 11 a) Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte ist gegeben, da die Kinder weiterhin in [X.] ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Art. 8 Abs. 1 [X.] Nr. 2201/2003, [X.] = "[X.] II a"). Das [X.] hat zwar den gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder nicht aus-drücklich erörtert. Aus seinen zum Wohnsitz getroffenen Feststellungen ergibt sich jedoch, dass der Schwerpunkt der Bindungen der Kinder, mithin ihr Da-seinsmittelpunkt (vgl. [X.] Urteil vom 5. Februar 1975 - [X.] - FamRZ 1975, 272), weiterhin in [X.] liegt. 12 b) Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des [X.]s, dass die Kinder weiterhin der Schulpflicht nach [X.] Recht unterliegen, da der insoweit maßgebende § 34 Schulgesetz [X.] auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder abstellt, die Kinder den Wohnsitz ihrer [X.] teilen (§ 11 Satz 1 BGB) und dieser für beide Elternteile - nach den rechts-beschwerderechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des [X.] - 8 - gerichts - weiterhin in [X.]

begründet ist. Richtig ist ferner, dass das [X.] Schulrecht die Beteiligten zu 1 verpflichtet, ihre Kinder zur Befolgung der Schulpflicht anzuhalten (vgl. § 41 Abs. 1 Schulgesetz [X.] i.V.m. Art. 8 Abs. 2 Landesverfassung [X.]). Richtig ist außerdem, dass die beharrliche Weigerung der Beteiligten zu 1, ihre Kinder der öffentlichen Grundschule oder einer anerkannten Ersatzschule zuzuführen, sich als ein Missbrauch der elterli-chen Sorge darstellt, der das Wohl der betroffenen Kinder nachhaltig gefährdet und Maßnahmen des Familiengerichts nach §§ 1666, 1666 a BGB erfordert. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit weder gegen die Schul-pflicht noch - im Grundsatz - gegen familiengerichtliche Maßnahmen, mit denen die Schulpflicht nach Maßgabe der §§ 1666, 1666a BGB durchgesetzt werden soll. Auf die Ausführungen des [X.]s und die dort ausführlich wiedergegebene Rechtsprechung des [X.]s wird [X.]. Danach sind die Eltern auch dann nicht berechtigt, ihre Kinder der Schul-pflicht zu entziehen, wenn einzelne Lehrinhalte oder -methoden der Schule den Glaubensüberzeugungen der Eltern entgegenstehen. Dies gilt jedenfalls solan-ge, als der Staat seinen Erziehungsauftrag im Sinne der Vorgaben des Grund-gesetzes verantwortungsvoll wahrnimmt; Gegenteiliges ist hier nicht ersichtlich. Das [X.] durfte auch zu Recht davon absehen, den von den Beteiligten zu 1 angebotenen Zeugenbeweis über deren Behauptung zu erheben, die Erfahrungen mit dem Unterricht in [X.] sowie mit dem (Haus-)Unterricht der "[X.] F.

" oder der "[X.]

-S. " hätten keine Kindeswohlgefährdungen zutage gebracht. Der Unterricht in [X.] ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Vor- und Nachteile von Hausunterricht sind, wie das [X.] zu Recht bemerkt, nicht einem Zeugenbeweis, sondern allenfalls einem Sachver-ständigenbeweis zugänglich. Der Erhebung eines solchen Sachverständigen-beweises bedurfte es jedoch nicht, da sich die vom [X.] - in [X.] - 9 - lehnung an die Rechtsprechung des [X.]s - geschilderten Vorzüge eines nicht hausgebundenen Unterrichts ebenso wie die relativen Nachteile eines Hausunterrichts dem tatrichterlichen Sachverstand ohne [X.] erschließen und sich zudem mit der Einschätzung des [X.] [X.] wie auch des [X.]s decken. 15 c) [X.] sind auch der teilweise Entzug des [X.] und die Anordnung einer Pflegschaft. Diese Maßnahmen sind im Grund-satz geeignet, dem Missbrauch der elterlichen Sorge durch die Beteiligten zu 1 entgegenzuwirken. Der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts zur Regelung von Schulangelegenheiten schafft in Verbindung mit der Anordnung der Pflegschaft die Voraussetzungen dafür, dass die Kinder durch geeignete Maßnahmen eines Pflegers zum Besuch einer öffentlichen Schule oder einer anerkannten Ersatzschule in [X.] angehalten werden und Schaden von den Kindern, wie er von einem fortgesetzten ausschließlichen Hausunterricht durch die Mutter zu besorgen ist, abgewendet wird. Es ist rechtsbedenkenfrei und im Hinblick auf die gezeigte Widersetzlichkeit der Eltern sogar naheliegend, dass ein solcher Pfleger - wie im Beschluss des [X.] auch geschehen - ermächtigt wird, die Herausgabe der Kinder notfalls unter Einsatz von Gewalt und mittels Betreten und Durchsuchung der elterli-chen Wohnung sowie unter Inanspruchnahme der Hilfe des Gerichtsvollziehers oder der Polizei zu erzwingen. [X.], die Kinder vor dem Missbrauch der elterlichen Sorge wirksam zu schützen und den staatlichen [X.] im wohlverstandenen [X.] durchzusetzen, stehen - wie vom [X.] zutreffend dargelegt - nicht zur Verfügung. Der teilweise Sorgerechtsentzug und die Anordnung der Pflegschaft stehen zu dem mit die-sen Maßnahmen verfolgten [X.] auch nicht außer Verhältnis; sie sind in Wahrnehmung des staatlichen [X.] geboten. - 10 - d) Rechtlich zu beanstanden ist allerdings, dass das Familiengericht die Beteiligte zu 2 zum Pfleger bestellt hat. Denn dieser Pfleger ist nicht geeignet, den Gefahren für das Kindeswohl effektiv zu begegnen. 16 17 Zwar ist es grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, einen geeigneten Pfleger auszuwählen. Die Auswahlentscheidung ist deshalb vom [X.] nur begrenzt nachprüfbar, insbesondere dahin, ob der Tatrich-ter die maßgeblichen Umstände ausreichend und umfassend in seine Auswahl-entscheidung einbezogen hat. Das ist hier offenkundig nicht der Fall. Denn das Familiengericht hat die Erfahrungen, die es im vorangegangenen einstweiligen [X.] aus der Tätigkeit der Beteiligten zu 2 als Pfleger der [X.] hätte gewinnen müssen, unberücksichtigt gelassen. Vor Erlass der angefochtenen Entscheidung hatte die Beteiligte zu 2 als Pfleger der Kinder deren Ummeldung nach [X.] - mit Wissen des Famili-engerichts - zugestimmt und damit deren Verbringung dorthin erst ermöglicht. Die Ummeldung der Kinder nach [X.] verfolgte nach dem erklärten Willen der Beteiligten zu 1 den Zweck, die Kinder der [X.] Schulpflicht zu ent-ziehen und ihnen den in [X.] zulässigen Hausunterricht durch die Mutter angedeihen zu lassen. Die Möglichkeit, die Kinder in [X.] dem [X.] durch die Mutter zuzuführen, hat die Beteiligte zu 2 sodann - ebenfalls mit Wissen des Familiengerichts - durch eine entsprechende Antragstellung bei den [X.] Behörden selbst eröffnet. Damit ist der Erfolg eingetreten, den die Beteiligten zu 1 von vornherein erstrebt haben, nämlich die häusliche Unterrichtung der Kinder durch die Mutter - dies allerdings nicht in [X.], sondern in [X.]. 18 Es ist nicht ersichtlich, dass der angefochtene - im Hauptverfahren er-gangene - Beschluss des Familiengerichts, soweit er der Beteiligten zu 2 das 19 - 11 - Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Sorgerecht in Schulangelegenheiten überträgt, an dieser von der Beteiligten zu 2 selbst herbeigeführten Situation etwas ändert. Diese Sicht teilt im Ansatz offenbar auch das Familiengericht, das eine Kindeswohlgefährdung deshalb für weiterhin gegeben hält und die teilwei-se Entziehung deshalb für nach wie vor notwendig erachtet, weil anderenfalls "mit einer Rückkehr der Kinder nach [X.]

zu rechnen ist, ohne dass diese dann hier die öffentlichen Schulen besuchen werden". Damit wird indes ver-kannt, dass das Wohl der Kinder nicht deshalb gefährdet ist, weil sie in [X.] keine öffentliche Schule besuchen, sondern weil sie - obschon sie der [X.] Schulpflicht unterliegen - überhaupt keine öffentliche Schule [X.]. Der Gefahr für das Kindeswohl kann deshalb auch nicht dadurch [X.] werden, dass die Kinder möglichst an einer Rückkehr nach [X.] gehindert werden; Ziel einer auf §§ 1666, 1666a BGB gestützten Maßnahme kann es vielmehr nur sein, die Kinder zum Besuch einer öffentlichen Schule anzuhalten. Dieses Ziel kann zwar grundsätzlich mit dem vom Familiengericht vorgenommenen teilweisen Sorgerechtsentzug und der Anordnung einer Pfleg-schaft erreicht werden - dies allerdings nur dann, wenn der mit dem Aufent-haltsbestimmungsrecht und der Sorge für Schulangelegenheiten der Kinder betraute Pfleger willens und in der Lage ist, den Besuch der Kinder in einer öf-fentlichen Schule durchzusetzen, oder wenn er erforderlichenfalls durch geeig-nete Weisungen des Familiengerichts hierzu angehalten wird. An geeigneten Weisungen hat es das Familiengericht - in Kenntnis des Verhaltens des Pflegers - bereits im einstweiligen [X.] fehlen lassen; auch im Hauptverfahren hat es solche Weisungen offenbar für nicht an-gezeigt erachtet. Da die Beteiligte zu 2 bereits vor dem Erlass der angefochte-nen Entscheidung keine geeigneten Maßnahmen zur Einhaltung der Schul-pflicht getroffen und - im Gegenteil - die Voraussetzungen für eine Hausunter-richtung der Kinder in [X.] überhaupt erst geschaffen hat, erscheint die 20 - 12 - Bestellung der Beteiligten zu 2 als Pfleger - bei gleichzeitigem Fehlen entspre-chender Weisungen des Familiengerichts - zur Wahrnehmung seiner Aufgaben in diesem Einzelfall offenkundig ungeeignet, den Gefahren für das Wohl der Kinder zu begegnen. Die Bestellung eines offenkundig ungeeigneten Pflegers stellt die Rechtmäßigkeit des teilweisen Sorgerechtsentzugs und der Anord-nung der Pflegschaft zwar als solche nicht in Frage; sie ist, weil sie die Wirk-samkeit dieser an sich sachgerechten Maßnahmen unterläuft, aber für sich ge-nommen rechtsfehlerhaft. e) Soweit das Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Pflegers dahin eingeschränkt hat, dass die Kinder für den Fall einer notwendig werdenden Fremdunterbringung nicht in einem Heim, sondern nur bei einer baptistischen Pflegefamilie untergebracht werden dürfen, stützt sich diese Ein-schränkung - ausweislich der vom Familiengericht gegebenen Begründung - auf die besonderen Verhältnisse und Möglichkeiten in [X.] . Sie ist ersichtlich auf die Beteiligte zu 2 als Pfleger zugeschnitten und deshalb nicht geeignet und bestimmt, auch andere Pfleger in der Wahrnehmung ihres Aufenthaltsbestim-mungsrechts zu binden. Diese Beschränkung teilt deshalb das rechtliche Schicksal der Bestellung der Beteiligten zu 2 als Pfleger und bedarf erneuter Überprüfung. 21 II[X.] Im Ergebnis sind deshalb die teilweise Entziehung des Sorgerechts und die Anordnung einer Pflegschaft als solche rechtlich nicht zu beanstanden. Deshalb war die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich gegen diese Maßnahmen richtet, zurückzuweisen. 22 - 13 - Die teilweise Entziehung des Sorgerechts und die Anordnung einer Pflegschaft können die Kindeswohlgefährdung aber letztlich nur dann abwen-den, wenn durch die Auswahl eines geeigneten Pflegers oder durch geeignete Weisungen des Familiengerichts an den Pfleger sichergestellt wird, dass der Schulpflicht der Kinder und der Verantwortung der Eltern für deren Einhaltung Geltung verschafft werden kann. Dies gilt, solange [X.]s Recht - auch Schulrecht - Anwendung findet, unabhängig davon, ob die Kinder sich in [X.] oder in [X.] aufhalten. Daran fehlt es bislang. 23 Der angefochtene Beschluss war daher hinsichtlich der vom [X.] vorgenommenen Bestellung der Beteiligten zu 2 als Pfleger und der auf ihn zugeschnittenen Beschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechts aufzuhe-ben. Die Sache war insoweit an das [X.] zurückzuverweisen, damit es durch die Bestellung eines anderen, geeigneten Pflegers oder durch detaillierte Weisungen sicherstellt, dass die Schulpflicht der Kinder entspre-chend dem offenkundigen Zweck der Pflegerbestellung und im recht verstande-nen Interesse des Kindeswohls durchgesetzt wird. Das Verbot der reformatio in peius hindert eine solche Abänderung oder Ergänzung der familiengerichtlichen Entscheidung nicht, da im Verfahren nach §§ 1666, 1666 a BGB die Dispositi-onsmaxime nicht gilt und deshalb vom Rechtsmittelführer im Interesse des 24 - 14 - Kindeswohls auch eine Schlechterstellung hinzunehmen ist (BayObLG FamRZ 1985, 635, 636; [X.]/[X.] Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 19 Rdn. 115). Hahne [X.] [X.] Wagenitz [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.03.2006 - 8 F 810/05 - [X.], Entscheidung vom 20.02.2007 - 6 UF 53/06 -

Meta

XII ZB 41/07

11.09.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2007, Az. XII ZB 41/07 (REWIS RS 2007, 2097)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2097

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6 UF 53/06

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