Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.05.2011, Az. VIII R 46/09

8. Senat | REWIS RS 2011, 6319

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Gegenstand

Entgeltlicher Erwerb "gebrauchter" Lebensversicherungen - Einkunftsermittlung bei Überschusseinkünften


Leitsatz

1. Der vom Erwerber einer "gebrauchten" Kapitallebensversicherung gezahlte Kaufpreis stellt Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 HGB dar.

2. Die bis zum Erwerbszeitpunkt aufgelaufenen außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen sind weder negative Einnahmen aus Kapitalvermögen noch vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Tatbestand

1

I. [X.]ie [X.]eteiligten streiten um die Frage, ob der beim Erwerb einer "gebrauchten" Lebensversicherung bislang aufgelaufene Zinsanteil im Veranlagungszeitraum des Erwerbs als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen oder Werbungskosten zu berücksichtigen ist.

2

[X.]ie Steuerberater [X.] und [X.] gründeten 2005 die [X.] und [X.] GbR, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), zum Erwerb einer "gebrauchten" Lebensversicherung. Mit [X.] erwarb die Klägerin zu einem Kaufpreis von 30.000 € von [X.] als Versicherungsnehmer zum 1. März 2005 die Rechte und Pflichten aus einer von diesem abgeschlossenen Kapitallebensversicherung. [X.]ei der Versicherung handelt es sich um eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall über eine [X.]auer von 32 Jahren; [X.]eginn der Versicherung war der 1. [X.]ezember 1985, das [X.]blaufdatum der Versicherung war der 30. November 2017. [X.]ie Versicherungssumme betrug 48.929,61 €, der Rückkaufswert belief sich zum 31. März 2005 auf 28.023,22 €.

3

Zum Stichtag 1. März 2005 ermittelte die Versicherungsgesellschaft die rechnungsmäßigen Zinsen mit 4.311,58 € und die außerrechnungsmäßigen Zinsen mit 9.139,45 €, insgesamt 13.451,03 €. [X.] übertrug zu diesem Termin auf die Klägerin alle bestehenden und künftigen Rechte, [X.]nsprüche und Pflichten aus seinem Versicherungsverhältnis, insbesondere das Recht, Leistungen aus der Kapitallebensversicherung zu empfangen, sowie die Pflicht zur [X.]eitragszahlung. [X.]ie [X.]btretung war versicherungsvertraglich zulässig und erfolgte im Einvernehmen mit der Versicherungsgesellschaft.

4

In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2005 machte die Klägerin die bislang aufgelaufenen Zinsanteile von insgesamt 13.451,03 € als Werbungskosten bzw. negative Einnahmen aus Kapitalvermögen entsprechend § 20 [X.]bs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. [X.]er [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[X.]--) erkannte mit [X.]escheid vom 23. Oktober 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 2005 den bislang aufgelaufenen Zinsanteil indes nicht als negative Einnahmen oder Werbungskosten aus Kapitalvermögen an.

5

[X.]ie dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit Urteil vom 14. September 2009  4 K 1900/07 ab.

6

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des [X.]lterseinkünftegesetzes --[X.]ltEinkG-- vom 5. Juli 2004, [X.]G[X.]l I 2004, 1427, [X.]St[X.]l I 2004, 554, § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.[X.] 2008 vom 14. [X.]ugust 2007, [X.]G[X.]l I 2007, 1912, [X.]St[X.]l I 2007, 630 --EStG n.F.--, § 255 des Handelsgesetzbuchs --HG[X.]--) und macht geltend, die [X.]uffassung des [X.] führe zu einer konfiskatorischen [X.]esteuerung. Zum [X.]eispiel könne der Erwerb einer Lebensversicherung kurz vor [X.]blaufdatum bei längeren Laufzeiten zu einem [X.]nteil der rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen an der Gesamtleistung von 50 % und mehr führen. Tatsächlich mache der liquidierte Überschuss aus Kapitalabfluss bei Erwerb und Kapitalzufluss bei [X.]blauf dann in einem solchen Falle nur einen [X.]ruchteil der Gesamtsumme aus rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus. [X.]ie [X.] bei [X.]blauf würde nicht nur die realisierte [X.]ifferenz zwischen Erwerb und [X.]blauf aufzehren, sondern darüber hinaus zusätzlichen Einsatz aus sonstigem Vermögen zur [X.]edienung von Steuern auf fiktive, nicht in der Person der Erwerber erzielte Einkommen bedingen.

7

[X.]ie Klägerin beantragt,

das Urteil des Hessischen [X.] vom 14. September 2009  4 K 1900/07 aufzuheben und den [X.]escheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 2005 vom 23. Oktober 2006 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2007 so zu ändern, dass negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 13.451,03 € angesetzt werden.

8

[X.]as F[X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

[X.]ie [X.]eteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

II. 1. [X.]as Rubrum ist von [X.]mts wegen dahingehend zu berichtigen, dass die [X.] und [X.] als Klägerin anzusehen ist. [X.]er angefochtene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung 2005 war an die GbR und nicht an deren Gesellschafter gerichtet. [X.]a auch der Einspruch für die GbR eingelegt worden ist, hat das F[X.] seine Einspruchsentscheidung in der [X.]ngelegenheit der GbR erlassen. [X.]emgemäß ist die Klage auch von der GbR als Klägerin erhoben worden.

2. [X.]ie Revision der Klägerin ist indes unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.] hat das F[X.] den von der Klägerin geltend gemachten Betrag in Höhe von 13.451,03 € weder als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt, sondern diesen als Teil der [X.]nschaffungskosten beurteilt.

a) Nach ständiger Rechtsprechung sind Werbungskosten --über den unmittelbaren Wortlaut des § 9 [X.]bs. 1 Satz 1 EStG hinaus-- alle [X.]ufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger und im Rahmen der Überschusseinkünfte (§ 2 [X.]bs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 EStG) zu erfassender Einnahmen veranlasst sind, d.h. zu einer dieser Einkunftsarten in einem steuerrechtlich anzuerkennenden Zurechnungszusammenhang stehen. [X.]usschlaggebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden [X.]ufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Grundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] --BFH-- vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, [X.], 290, [X.] 1990, 817; Senatsurteil vom 20. Juni 2000 VIII R 37/99, [X.], 1342).

aa) Unter Berücksichtigung dieser Zurechnungsgrundsätze gehören weder die durch die Veräußerung einer Kapitalanlage veranlassten [X.]ufwendungen (sog. Veräußerungskosten) noch die für den Erwerb eines solchen Wirtschaftsguts anfallenden [X.]nschaffungskosten oder [X.]nschaffungsnebenkosten (vgl. dazu auch § 255 [X.]bs. 1 Satz 2 HGB) zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. [X.]ies gilt nicht nur für den Fall der [X.]nschaffung von Wertpapieren oder anderen Kapitalanlagen, sondern auch für Erwerbs- und Erwerbsnebenkosten im Zusammenhang mit dem [X.]bschluss von Kapitallebensversicherungen (Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2005 [X.]/04, [X.], 288; vom 6. November 2009 [X.]/09, [X.], 235, und vom 28. Oktober 2010 [X.]/10, [X.], 254).

[X.]iese Beurteilung folgt vor allem daraus, dass --abweichend von den Gewinneinkünften (§ 2 [X.]bs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG)-- im Rahmen der Überschusseinkünfte sowohl positive als auch negative Wertveränderungen außer Betracht bleiben und dieser die [X.] systematisch tragende Grundsatz nur im Rahmen der allgemeinen Vorschriften über die [X.]bsetzung für [X.]bnutzung oder Substanzverringerung (§ 9 [X.]bs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG) sowie nach Maßgabe der Sonderregelungen in den §§ 17, 23 EStG und in § 21 des [X.] 2002 durchbrochen wird. [X.]ies hat zur Folge, dass [X.]ufwendungen, die --wie beispielsweise die [X.]nschaffungskosten oder [X.]nschaffungsnebenkosten einer Kapitalanlage, d.h. [X.]ufwendungen für den Erwerb eines nicht abnutzbaren [X.] die Vermögenssphäre betreffen, nicht als Werbungskosten gemäß § 9 EStG berücksichtigt werden können (vgl. zu allem Senatsurteile vom 17. [X.]pril 1997 [X.], [X.], 275, [X.] 1998, 102, m.w.N.; vom 30. Oktober 2001 [X.], [X.], 114, [X.] 2006, 223, m.w.N.; vom 23. Februar 2000 VIII R 40/98, [X.], 490, [X.] 2001, 24; in [X.], 1342; Senatsbeschlüsse in [X.], 288; in [X.], 235, und in [X.], 254).

bb) [X.]us der Neufassung des § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 EStG durch das [X.]ltEinkG folgt insoweit nichts anderes. [X.]ie Neuregelung bezieht sich nur auf die von der Einordnung bestimmter [X.]ufwendungen als [X.]nschaffungs(neben)kosten oder Werbungskosten unabhängig vorzunehmende Ermittlung der aus den Versicherungen gezogenen Erträge (Senatsbeschluss in [X.], 254; [X.], Urteil vom 20. Januar 2010  7 [X.], Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2010, 953; [X.], Urteil vom 14. März 2008  10 K 539/08, [X.], 1376).

cc) Nach der Vorschrift des § 255 [X.]bs. 1 HGB, die im Steuerrecht entsprechend anzuwenden ist, gehören zu den [X.]nschaffungskosten die [X.]ufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, ferner die Nebenkosten und nachträglichen [X.]nschaffungskosten. Ob ein [X.]ufwand den [X.]nschaffungskosten zuzurechnen ist oder, wie z.B. Verwaltungsgebühren, den sofort abziehbaren Werbungskosten (Senatsurteil vom 4. Mai 1993 [X.], [X.] 1994, 225), bestimmt sich nicht nach der Bezeichnung des Entgelts durch die Vertragsparteien, sondern nach dem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt der in Frage stehenden Leistung (Senatsurteil in [X.], 114, [X.] 2006, 223, m.w.N.; BFH-Urteil vom 16. September 2004 [X.], [X.], 528, [X.] 2006, 238; zu [X.]nschaffungsnebenkosten vgl. [X.]/Glanegger, EStG, 28. [X.]ufl., § 6 Rz 81, 84; [X.] in: Kirchhof, EStG, 8. [X.]ufl., § 6 Rz 39; zur Unmaßgeblichkeit der rechtlichen Eigenqualifikation vgl. allgemein BFH-Urteile vom 14. Mai 1986 II R 22/84, [X.], 480, [X.] 1986, 620; vom 28. November 1990 [X.]/89, [X.], 264, [X.] 1991, 327).

dd) Bei [X.]nwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall stellt der gesamte von der Klägerin an [X.] gezahlte Betrag von 30.000 € [X.]nschaffungskosten i.S. des § 255 [X.]bs. 1 Satz 2 HGB, nicht aber Werbungskosten i.S. des § 9 [X.]bs. 1 Satz 1 EStG dar. [X.]ie Klägerin hat diesen Betrag an [X.] entrichtet, um die Rechte und Pflichten des [X.] aus dessen mit der [X.] geschlossenen Lebensversicherungsvertrag zu erwerben. [X.]as folgt nicht nur aus §§ 3 und 4 des zwischen der Klägerin und dem [X.] geschlossenen Übertragungsvertrages, wonach [X.] als Versicherungsnehmer sich mit Wirkung vom Stichtag 1. März 2005 an verpflichtete, sämtliche relevanten Rechte aus dem Versicherungsvertrag einschließlich der Versicherungspolice auf die Klägerin zu übertragen, sondern auch daraus, dass die Vertragsparteien das von der Klägerin zu zahlende Entgelt ausdrücklich als Kaufpreis bezeichnet haben.

[X.]ass sich der Kaufpreis rein rechnerisch aufteilen lässt in bis dahin aufgelaufene rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen sowie einen auf das Versicherungsstammrecht entfallenden Betrag, ändert an der Beurteilung als [X.]nschaffungskosten nichts, denn letztlich handelt es sich um einen einheitlichen Kaufvertrag, der es dem Erwerber ermöglichen soll, ab einem im Vertrag festgelegten Stichtag die [X.]nsprüche des Veräußerers einschließlich der bis dahin aufgelaufenen (rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen) Zinsen zu erlangen. [X.]iese [X.]uffassung wird auch von der Finanzverwaltung geteilt (vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 12. [X.]ezember 2005 [X.] 2252- 337/05, [X.], 92, [X.]. 80; vgl. dazu auch BMF-Schreiben vom 22. [X.]ugust 2002 [X.] 2221- 211/02, [X.], 827, [X.]. 6; im Ergebnis ähnlich [X.], Erwerb von "gebrauchten" Lebensversicherungen - Ein steuerlich sinnvolles [X.]nlageobjekt?, [X.]er Betrieb 2004, 2334; zur Besteuerung des Verkäufers einer gebrauchten Kapitallebensversicherung s. [X.], [X.]er Lebensversicherungs-Zweitmarkt - Eine Kurzbetrachtung aus versicherungsvertragsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, [X.]eutsche Richter-Zeitung 2008, 49).

b) [X.] nicht zu beanstanden ist auch die [X.]uffassung des [X.], die im Zeitpunkt des [X.]bschlusses des Übertragungsvertrages bereits entstandenen beziehungsweise von der Versicherungsgesellschaft bescheinigten rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen in Höhe von 13.451,03 € könnten nicht --wie [X.] als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen im Veranlagungszeitraum 2005 Berücksichtigung finden. Zwar stellen Stückzinsen, die ein Erwerber festverzinslicher Wertpapiere zu entrichten hat, gemäß § 20 [X.]bs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG i.d.F. des [X.]ltEinkG im Jahr der Zahlung vorab entstandene negative Einnahmen dar (Senatsurteil vom 27. Juli 1999 [X.], [X.], 408, [X.] 1999, 769, m.w.N.; [X.]/[X.], EStG, 29. [X.]ufl., § 20 Rz 176). Zu Recht weist das [X.] aber darauf hin, dass die Berücksichtigung der Stückzinsen beim Erwerber als vorab entstandene negative Einnahmen darauf beruht, dass der Veräußerer die Stückzinsen gemäß § 20 [X.]bs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG i.d.F. des [X.]ltEinkG als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern hat.

[X.]iese gesetzliche Grundentscheidung kann auf den Fall des Erwerbs einer Kapitallebensversicherung nicht übertragen werden. Zum einen unterliegen die im Übertragungszeitpunkt in der Person des Verkäufers bereits entstandenen und im Kaufpreis mit vergüteten rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen auf Seiten des Erwerbers im Streitjahr nicht der Steuerpflicht; nämliches gilt für den Veräußerer, der lediglich ein nicht steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vornimmt. Vielmehr muss allein der Erwerber die Zinsen im Zeitpunkt der [X.]uszahlung der Versicherungssumme versteuern. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die außerrechnungsmäßigen Zinsen --anders als Stückzinsen beim Erwerber festverzinslicher [X.] keine von vornherein fest kalkulierbare Größe darstellen, da ungewiss ist, ob und in welcher Höhe diese bei einer späteren [X.]uszahlung entstanden sein werden.

c) Zutreffend geht das [X.] auch davon aus, dass eine analoge [X.]nwendung der ab 1. Januar 2009 neu gefassten Regelung des § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG n.F. im Streitfall nicht in Betracht kommt. [X.]anach treten bei entgeltlichem Erwerb des [X.]nspruchs auf die Versicherungsleistung die [X.]nschaffungskosten an die Stelle der vor dem Erwerb entrichteten Beiträge, so dass gemäß § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG n.F. nur der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und den [X.]nschaffungskosten zu versteuern ist. Nach der [X.]nwendungsregelung in § 52 [X.]bs. 36 Satz 7 EStG findet § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG n.F. indes nur [X.]nwendung auf Versicherungsleistungen im Erlebensfall bei Versicherungsverträgen, die --anders als im [X.] nach dem 31. [X.]ezember 2004 abgeschlossen wurden. [X.]ies gilt entsprechend für § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG n.F. Eine planwidrige Gesetzeslücke, die [X.]nlass für eine [X.]nalogie sein könnte, liegt danach nicht vor. [X.]as gilt umso mehr, als der Gesetzgeber in der von ihm neu gefassten Regelung des § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG n.F. ausdrücklich von [X.]nschaffungskosten und nicht von Werbungskosten oder negativen Einnahmen spricht.

[X.]uch eine extensive [X.]uslegung der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus kommt nicht in Betracht. Eine solche ist nicht zuletzt auch deshalb zu verneinen, weil der Gesetzgeber mit der Einführung der [X.]bgeltungsteuer zum 1. Januar 2009 gemäß § 20 [X.]bs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG n.F. den Gewinn aus der Veräußerung von [X.]nsprüchen auf eine Versicherungsleistung i.S. des § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 EStG n.F. den Einkünften aus Kapitalvermögen zurechnet. [X.]ass diese Regelung nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 52a [X.]bs. 10 Satz 5 EStG n.F. grundsätzlich erstmals auf die Veräußerung von [X.]nsprüchen nach dem 31. [X.]ezember 2008 anzuwenden ist, bei denen der Versicherungsvertrag nach dem 31. [X.]ezember 2004 abgeschlossen wurde, spricht dagegen, dass im hier streitigen Zeitraum eine planwidrige Gesetzeslücke gegeben ist, die [X.]nlass für eine teleologische Extension der Vorschrift geben könnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum 2005 an der Grundkonzeption festhalten wollte, wonach die entgeltliche Veräußerung oder [X.]btretung von [X.]nsprüchen aus Kapitallebensversicherungsverträgen für den Veräußerer keine Steuerpflicht auslösen sollte, der Erwerber hingegen in vollem Umfang der Steuerpflicht nach § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des [X.]ltEinkG unterliegen sollte. [X.]as kam für die Klägerin auch nicht überraschend, denn gemäß § 52 [X.]bs. 36 Satz 5 EStG i.d.F. des [X.]ltEinkG war § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 EStG in der am 31. [X.]ezember 2004 geltenden Fassung für Kapitalerträge und Versicherungen, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen worden sind, weiterhin anzuwenden. [X.]anach waren außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den [X.], die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, grundsätzlich steuerpflichtig (§ 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG). [X.]ie [X.]usnahmeregelung gemäß § 20 [X.]bs. 1 Nr. 6 Satz 2 der Norm konnte schon deshalb nicht zum Tragen kommen, weil es sich im Streitfall um den entgeltlichen Erwerb von [X.]nsprüchen aus einem von einer anderen Person abgeschlossenen Versicherungsvertrag gehandelt hat (vgl. § 10 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] 6 EStG). Wenn die Klägerin die damit verbundenen steuerlichen Konsequenzen bei Berechnung des an den Veräußerer der [X.]nsprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag zu entrichtenden Entgelts nicht ausreichend berücksichtigt hat, kann das keinen Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit begründen.

Meta

VIII R 46/09

24.05.2011

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 14. September 2009, Az: 4 K 1900/07, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 6 EStG 2002 vom 05.07.2004, § 255 Abs 1 HGB, § 9 Abs 1 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 5 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 6 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 7 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.05.2011, Az. VIII R 46/09 (REWIS RS 2011, 6319)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6319

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