Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2014, Az. VIII ZR 36/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4213

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 36/14
Verkündet am:

9. Juli 2014

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2014 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.]
Achilles und [X.], die Richterin [X.] sowie [X.]
Kosziol

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 7. Januar 2014 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagten sind Mieter einer Eigentumswohnung der Klägerin. Der am 22.
Oktober 1973 geschlossene Mietvertrag bestimmt unter § 3 Nr. 2:
"Neben der Miete sind monatlich anteilig nach der Größe der [X.] die Kosten für Heizung Vorauszahlung [X.], Nebenkosten
[X.], Garage DM 35,-
zu zahlen. Diese Nebenkosten werden in Form monatl. Abschlagszahlungen in Höhe von z. Zt. DM 90,-
erho-"

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Nähere Regelungen über die Umlegung von Betriebskosten auf den [X.] enthält der Mietvertrag für die Heizung und Warmwasserversorgung in §
7 Nr. 4, für den Aufzug in §
8 Nr. 2 sowie in § 11 für eine Gemeinschaftsantenne.
Mit der Abrechnung vom 3. Mai 2012 für das Kalenderjahr 2011 beziffer-te die Klägerin die von den Beklagten zu tragenden Betriebskosten mit 2.332,15

("Heizkosten und Wasserverbrauch"sowie die Position "Aufzug inklusive Strom"

des Revisionsverfahrens. Im Streit sind die Betriebskosten für Allgemeinstrom -
und Leitungswasserversicherung ("Haftpflicht und Lei-tungswasser"ie Position "Haus-meister und Außenanlagen"

Die Betriebskostenabrechnung der Klägerin endet unter Berücksichti-gung der von den Beklagten erbrachten Vorauszahlungen mit einer Nachforde-

die Klägerin eine Anpassung der Vorauszahlungen in der Weise vor, dass die Beklagten ab

[X.] darauf, dass ihne
u-kommen.
Die Klägerin hat mit der Klage außer einer Nachforderung in Höhe von
-vorauszahlung für die Monate Juni bis November 2012 verlangt, insgesamt 2
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Weiteren hat sie die Feststellung begehrt, dass den Beklagten aus der [X.].
Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Amtsgericht hat angenommen, dass die Beklagten für die Betriebskosten der Positionen "Heizung und Wasserver-brauch", "Aufzug inklusive Strom"
und "Kabelfernsehen"
aufzukommen hätten. Es hat festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, den Beklagten aus der Betriebskostenabrechnung für das [X.] ein Gutherstatten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das [X.] hat die Berufung der Klägerin und die Anschlussberu-fung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit im Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
Die Umlage der Positionen "[X.] und Außenanlagen", "Allge-meinstrom", "Müllentsorgung"
sowie "Haftpflicht und Leitungswasser"
auf den Mieter sei nicht vereinbart. Die im Mietvertrag unter § 3 Nr. 2 enthaltene Be-stimmung, wonach "Nebenkosten"
vom Mieter zu tragen seien, genüge den 7
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Anforderungen an die Bestimmtheit einer Umlagevereinbarung nicht.
Eine [X.] mündliche Absprache hätten die Parteien nicht getroffen. Auch kon-kludent hätten sie nachträglich keine Umlage dieser Betriebskosten vereinbart. Eine gleichbleibende Praxis der Vermieterseite habe es bei den Nebenkosten-abrechnungen nicht
gegeben. Es seien vielmehr immer wieder Änderungen vorgenommen worden. Manche Nebenkosten seien hinzugekommen, andere seien weggefallen. Erst ab dem [X.] seien die Nebenkosten wie in der Abrechnung für das [X.] geltend gemacht worden.
Zwar hätten die Beklagten die Kosten der streitgegenständlichen [X.] jahrelang vorbehaltlos getragen. Die [X.] der Klägerin weise aber keine besonderen Umstände auf, die einen Änderungswillen erkennen ließen. Die Beklagten hätten die sich aus den Abrechnungen ergebenden [X.] nur in der Annahme entrichtet, dazu verpflichtet zu sein. Zudem seien Nachzahlungsforderungen von der Klägerin in den letzten Jahren mit in den Folgejahren ermittelten Guthaben verrechnet worden.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagten die Erhöhungen der [X.] bis zum [X.] akzeptiert hätten. Damit hätten die Beklagten nicht konkludent erklärt, mit der Umlage der einzelnen Betriebskostenpositionen einverstanden zu sein. Die Erhöhung der Vorauszahlungen sei lediglich eine logische Folge der sich aus den Abrechnun-gen ergebenden Nachzahlungen.
Eine stillschweigende Vertragsänderung im Hinblick auf die Position "Müllentsorgung"
könne auch nicht damit begründet werden, dass die [X.] die Müllgebühren ursprünglich selbst getragen hätten, sie davon aber ent-lastet worden seien, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft die [X.] übernommen habe. Der Wegfall direkter Kosten be-12
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gründe keinen rechtsgeschäftlichen Willen, die nunmehr von der Vermieterin als Wohnungseigentümerin zu tragenden Müllgebühren zu übernehmen.
Gleiches gelte für die Position "[X.] und Außenanlagen". Hier stehe der Annahme eines rechtsgeschäftlichen Bindungswillens der Beklagten schon entgegen, dass damit eine Verpflichtung zur Erbringung einer Arbeitsleis-tung in eine Pflicht zur Geldzahlung umgewandelt worden wäre, mithin der In-halt der Verpflichtung erheblich geändert worden wäre.

II.
Diese Beurteilung
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Verein-barung über die Umlage der Betriebskostenpositionen "Allgemeinstrom", "Haft-pflicht und Leitungswasser", "Müllentsorgung"
sowie "[X.] und Außen-anlagen"
nicht verneint werden.
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen hat das [X.] allerdings angenommen, dass der Mietvertrag vom 22. Oktober 1973 eine Umlage der zwischen den Parteien streitigen Nebenkostenpositionen Allgemeinstrom, Haftpflicht-
und Leitungswasserversicherung, Müllentsorgung sowie [X.] und Außenanlagen nicht vorsieht.
Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass eine (still-schweigende) Änderung der [X.] nicht schon dadurch zustande kommt, dass der Vermieter Betriebskosten abrechnet, zu deren Umlage er nach dem Mietvertrag nicht berechtigt ist, und der Mieter eine darauf beruhende Nachzahlung begleicht. Denn aus Sicht des Mieters ist der 15
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Übersendung einer Betriebskostenabrechnung, die vom Mietvertrag abweicht, nicht ohne Weiteres, sondern nur bei Vorliegen besonderer Umstände ein [X.] zu entnehmen, eine Änderung des Mietvertrags herbei-führen zu wollen (Senatsurteile vom 10. Oktober 2007 -
VIII ZR 279/06, [X.], 283 Rn. 18 f.; vom 13. Februar 2008 -
VIII ZR 14/06, [X.], 1302 Rn. 10).
2. Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht jedoch den Sachvortrag der Klägerin, dass sie den Beklagten eine Änderung der [X.] jeweils telefonisch oder schriftlich mitgeteilt habe, nicht berücksichtigt. Den Einwand der Revisionserwiderung, der Sachvortrag der Klägerin sei [X.], vermag der Senat nicht zu teilen. Vielmehr stellt eine derartige An-kündigung sowie die nachfolgende Übersendung einer Abrechnung, in die auch die mitgeteilten zusätzlichen Betriebskosten eingestellt sind, aus der maßgebli-chen Sicht des objektiven Empfängers ein Angebot zur Änderung der Betriebs-kostenumlagevereinbarung dar, das die Beklagten durch Begleichung einer auf der Abrechnung beruhenden Nachforderung oder Zahlung der daraufhin ange-passten (erhöhten) Vorauszahlungen akzeptiert haben könnten.

III.
Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuhe-ben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerin erkannt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsge-richt wird nähere Feststellungen zum Inhalt der Mitteilungen der Klägerin und zu einer etwaigen Annahme
durch die Beklagten zu treffen haben. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellun-gen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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In der neuen Berufungsverhandlung wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob bezüglich der Betriebskosten, die die Beklagten nach dem Sachvortrag der Klägerin bei Abschluss des [X.] selbst getragen ha-ben (insbesondere im Hinblick auf die Müllentsorgung durch Bereitstellung von [X.] auf eigene Kosten), die aber inzwischen durch organisatorische Änderungen (Bereitstellung größerer Müllgefäße durch die [X.]) auf den Vermieter übergegangen sind, eine Lücke im Miet-vertrag entstanden ist, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahin zu schließen ist, dass die Beklagten diese Kosten weiterhin, nunmehr in Form von Betriebskosten gegenüber der Klägerin zu tragen haben.
[X.]
Dr. Achilles
[X.]

[X.]
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.04.2013 -
7 [X.]/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.01.2014 -
2 S 17/13 -

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Meta

VIII ZR 36/14

09.07.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2014, Az. VIII ZR 36/14 (REWIS RS 2014, 4213)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4213

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 36/14

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