Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2012, Az. 2 StR 97/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 7451

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 97/12
vom
4.
April 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 4.
April 2012 gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 30. November 2011 mit den Fest-stellungen aufgehoben.
2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen [X.] eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.]. Hiergegen richtet sich die auf eine nicht ausgeführte Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der unter anderem auf die rechtsfehlerhafte Nichtanwendung von §
20 StGB gestützten
Sachbeschwerde Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des [X.] beaufsichtigte der Angeklagte am 26.
August 2011 die dreieinhalbjährige Geschädigte. Er veranlasste das 1
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Kind dazu, sich auszuziehen, leckte an der Scheide
der Geschädigten, führte seinen Finger in ihren
After ein und brachte das Kind dazu, seinen Penis in den Mund zu nehmen.
Bei dem Angeklagten liegt nach den Urteilsgründen ein frühkindlicher Hirnschaden vor, der zu einer organisch
bedingten Wesensveränderung geführt hat; festgestellt
sind Debilität und eine Neigung zum Exhibitionsmus. Das Land-gericht hat insoweit angenommen, zur Tatzeit sei die Schuldfähigkeit des Ange-klagten erheblich vermindert, aber nicht aufgehoben gewesen. Der
Angeklagte sei daher eines Verbrechens nach §
176a Abs.
2 StGB schuldig.
II.
Diese Wertung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken bestehen im Ergebnis
ge-gen die Annahme des [X.], der Angeklagte sei zur Tatzeit fähig gewe-sen, das Unrecht der Tat einzusehen. Er hat Fotos von dem Geschehen ange-fertigt, diese aber später wieder gelöscht, worin das [X.] -
allerdings ohne nähere Erläuterung von Zeitpunkt und Grund der Löschung
-
zu Recht einen Hinweis auf ein jedenfalls nachträgliches kritisches Überdenken seiner Handlung gesehen hat.
Für das Revisionsgericht nicht nachprüfbar sind dagegen die [X.], mit denen das [X.] das Hemmungsvermögen des Angeklagten unbeschadet seiner erheblichen Einschränkung zur Tatzeit noch als gegeben angesehen hat. Die Annahme, er habe die Kontrolle über die Situation nicht vollständig verloren, hat es damit begründet, dass er "vollkommen desorgani-siert"
in mehreren Etappen "zu zielgerichteten sexuellen Handlungen"
angesetzt
habe. Dabei besagt die Zielgerichtetheit des Handelns aber für sich genommen 3
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noch nicht genug über eine erhaltene Fähigkeit des Angeklagten bei diesem Vorgehen, sich entsprechend der [X.] zu verhalten. Der Hinweis
des Tatgerichts auf ein vollkommen "desorganisiertes Vorgehen"
spricht eher gegen ein vorhandenes Hemmungsvermögen. Entgegen der [X.] kann angesichts der zu diesem [X.] Aspekt knappen Ausführungen des [X.] zum
Vorgehen des Angeklagten "in einer Verführungssituation"
auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, es habe sich um ein Schreibversehen gehandelt.
Da ein Fall des §
20 StGB, den das neue Tatgericht nochmals prüfen muss, vom Senat nicht sicher ausgeschlossen werden kann, entfällt bereits der Schuldspruch. Auch der [X.] kann danach keinen Bestand ha-ben. Der neue Tatrichter wird bei der Prüfung der Gefährlichkeit des Angeklag-ten im Sinne der Maßregelvoraussetzungen nach §
63 StGB auch zu berück-sichtigen haben, dass die einzige annähernd einschlägige Vortat, eine exhibiti-onistische Handlung, bereits am 21.
September 2003 begangen wurde und damit lange zurückliegt.

Fischer

Appl

Berger

Eschelbach

Ott
7

Meta

2 StR 97/12

04.04.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2012, Az. 2 StR 97/12 (REWIS RS 2012, 7451)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7451

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