Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2016, Az. 1 StR 118/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 11569

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:110516B1STR118.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 118/16

vom
11. Mai
2016
in der Strafsa[X.]he
gegen

wegen
Steuerhinterziehung
[X.]r:

A.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat
na[X.]h Anhörung des [X.], zu 2. auf dessen Antrag, und na[X.]h Anhörung der Bes[X.]hwerdefüh-rer
am 11. Mai
2016
gemäß §
349 Abs.

2 und 4 StPO bes[X.]hlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. Dezember 2015 aufgehoben
a) im Ausspru[X.]h über die Gesamtfreiheitsstrafe und
b) hinsi[X.]htli[X.]h des Verfalls von Wertersatz.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbe-gründet verworfen.
3. Auf die Revision des [X.] wird das vorge-nannte Urteil aufgehoben, soweit der si[X.]hergestellte Pkw [X.] 3,0 [X.] eingezogen worden ist.
4. Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil zu neuer Verhand-lung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten der Re[X.]htsmit-tel des Angeklagten und des [X.], an eine andere Wirts[X.]haftsstrafkammer des [X.].

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 55
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es hinsi[X.]htli[X.]h eines Betrages von 93.889,50
Euro den 1
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-
Verfall (von Wertersatz) angeordnet. Daneben hat es den si[X.]hergestellten Pkw [X.] des [X.] ents[X.]hädigungslos eingezogen. Gegen dieses Urteil wenden si[X.]h der Angeklagte und der [X.] mit ihren auf die Verletzung materiellen Re[X.]hts gestützten Revisionen. Die Re[X.]htsmittel haben in dem aus der Ents[X.]heidungsformel ersi[X.]htli[X.]hen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet (§
349 Abs.
2 StPO).

I.
Na[X.]h den Feststellungen des [X.]s verbra[X.]hte der Angeklagte
im Zeitraum vom 11. Januar 2014 bis zum 15.
Juni 2015 in 55 Fällen insgesamt 62.593 Stangen Zigaretten, die er zuvor auf Märkten in [X.] erworben hatte und an denen keine [X.] Steuerzei[X.]hen angebra[X.]ht waren, über die [X.] na[X.]h
[X.]. Der Angeklagte meldete die Zigaretten au[X.]h na[X.]h dem Grenzübertritt ni[X.]ht bei den Zollbehörden an. Er wollte vielmehr die Tabaksteuer ni[X.]ht abführen, um die Zigaretten gewinnbrin-gend verkaufen zu können. Die unversteuerten Zigaretten veräußerte er jeweils im Raum [X.] an den gesondert Verfolgten G.

weiter, wobei er auf den Einkaufspreis mindestens 1,50 Euro und hö[X.]hstens 2 Euro pro Stange auf-s[X.]hlug.
Der Angeklagte ließ die Zigaretten, deren genaue Anzahl und Marken er zuvor über Skype
vereinbart hatte, von hierfür entlohnten Fahrern mit Pkw und später Lkw na[X.]h [X.] transportieren. Den jeweiligen Lkw ließ der An-geklagte während des Transports jeweils von mindestens einem Pkw eskortie-ren. Einige Male wurde
der im Eigentum des [X.] stehende 2
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4
-
[X.] 3,0 [X.] als Begleitfahrzeug für den mit unversteuerten Zigaretten be-ladenen Lkw
verwendet. Der [X.] hatte das Fahrzeug am 8.

r-tierte die Lkw während seiner Fahrt teilweise allein, in jedenfalls einem Fall au[X.]h gemeinsam mit dem Angeklagten. Dabei wusste er, dass si[X.]h auf den Lkw als Beiladung unversteuerte Zigaretten befanden, die über die [X.] gebra[X.]ht wurden.
Na[X.]h Bere[X.]hnung des [X.]s wurde im Rahmen der 55 [X.] Tabaksteuer im Umfang von insgesamt 1.887.689,84 Euro verkürzt, dabei 71.750,20 Euro beim letzten Transport am 15.
Juni 2015. Dieser Transport wurde von dem Angeklagten mit dem im Eigentum des Beifahrers, des [X.]n, stehenden Pkw [X.] begleitet.

II.
1. Der S[X.]huldspru[X.]h wegen Steuerhinterziehung gemäß §
370 Abs.
1 Nr.
2 [X.] in 55 Fällen wird von den re[X.]htsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststel-lungen getragen. Die Tabaksteuer entstand beim Grenzübertritt von [X.] na[X.]h [X.], weil die Tabakwaren entgegen §
17 Abs. 1 [X.] ohne deut-s[X.]he Steuerzei[X.]hen aus dem steuerre[X.]htli[X.]h freien Verkehr eines anderen [X.] in das Steuergebiet verbra[X.]ht und dabei zu gewerbli[X.]hen Zwe[X.]ken in Besitz gehalten wurden (vgl. §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.]). Der Angeklagte verstieß jeweils gegen seine Pfli[X.]ht aus §
23 Abs.
1 Satz 2 und 3 [X.], als Steuers[X.]huldner über die Tabakwaren, für die die Steuer entstanden war, un-verzügli[X.]h eine Steuererklärung abzugeben (vgl. dazu [X.] in [X.]/[X.]/
Randt, Steuerstrafre[X.]ht, 8.
Aufl., §
370 [X.] Rn.
386 mit Na[X.]hweisen aus der 4
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5
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[X.].). Au[X.]h der Ausspru[X.]h über die Einzelstrafen enthält aus den in der [X.] genannten Gründen keinen Re[X.]htsfeh-ler zum Na[X.]hteil des Angeklagten (§
349 Abs.
2 StPO).
2. Demgegenüber hat die Anordnung des Verfalls von Wertersatz keinen Bestand (§
349 Abs. 4 StPO). Der näheren Erörterung bedürfen die Ausführun-gen des [X.]s zum Verfall des Gewinns aus dem Verkauf der ohne [X.] Steuerzei[X.]hen na[X.]h [X.] verbra[X.]hten Zigaretten.
a) Das [X.] hat die Anordnung des Verfalls eines Betrages von 93.889,50 Euro als Wertersatz auf §
73 Abs.
2 Satz
2 i.V.m. §
73a StGB ge-stützt. Es ist der Auffassung, der Angeklagte habe die Zigaretten aus den ver-fahrensgegenständli[X.]hen Taten der Steuerhinterziehung erlangt. §
73 Abs.
2 Satz
2 StGB erlaube, den Verfall auf Gegenstände zu erstre[X.]ken, die der Täter oder Teilnehmer dur[X.]h die Veräußerung des erlangten Gegenstandes erwor-ben habe. Dur[X.]h die Veräußerung der Zigaretten habe der Angeklagte [X.] den Gewinn von mindestens 1,50 Euro je Stange Zigaretten erlangt. Weil dieser Betrag gegenständli[X.]h ni[X.]ht mehr vorhanden sei, sei gemäß §
73a StGB der Verfall von Wertersatz anzuordnen. Die Vors[X.]hrift des § 73 Abs.
1 Satz 2 StGB stehe dem Verfall ni[X.]ht entgegen, weil dem Fiskus aus dem Verkauf der Zigaretten kein Anspru[X.]h entstanden sei. Die Härtevors[X.]hrift des §
73[X.] StGB stehe hier der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe des vom Ange-klagten erzielten Gewinns ebenfalls ni[X.]ht entgegen.
b) Bereits die Annahme, der Angeklagte habe aus den Taten der Steu-erhinterziehung die ohne [X.] Steuerzei[X.]hen na[X.]h [X.] verbra[X.]h-ten Zigaretten erlangt, hält re[X.]htli[X.]her Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand. Zwar ist beim Delikt der Steuerhinterziehung au[X.]h ein Betrag in Höhe der verkürzten Steuern

73 Abs. 1 StGB, weil si[X.]h der Täter die Auf-6
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8
-
6
-
wendungen für diese Steuern erspart
(vgl. [X.], Bes[X.]hlüsse vom 27.
Januar 2015

1 [X.], [X.], 236, vom 28. Juni 2011

1
StR 37/11, [X.], 394 und vom 13.
Juli 2010

1
StR 239/10, [X.], 406;
[X.], StGB, 63.
Aufl., §
73 Rn.
9). Die Waren, auf die si[X.]h die Hinterziehung von Verbrau[X.]hsteuern bezieht, sind als sol[X.]he jedo[X.]h ni[X.]ht dur[X.]h die Steuer-hinterziehung erlangt. Sie unterliegen deshalb ni[X.]ht dem Verfall gemäß §
73 StGB, können aber gemäß §
375 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 [X.] eingezogen werden.
[X.]) Soweit si[X.]h der Angeklagte die Aufwendungen für die verkürzten Steuern erspart hat, ist hier eine Verfallsanordnung deshalb ausges[X.]hlossen, weil Ansprü[X.]he des Steuerfiskus im Sinne des §
73 Abs.
1 Satz
2 StGB entge-genstehen (vgl. [X.], Bes[X.]hlüsse vom 27.
Januar 2015

1 [X.], [X.], 236,
vom 28. Juni 2011

1
StR 37/11, [X.], 394
und vom
28.
November 2000

5
StR 371/00, [X.], 155).
d) Allerdings kommt gemäß §
74[X.] StGB eine Einziehung des Wertersat-zes der Zigaretten in Betra[X.]ht. §
375 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 [X.] ordnet als Neben-folge einer Steuerhinterziehung, die si[X.]h auf die Hinterziehung von Verbrau[X.]h-steuern bezieht, die Mögli[X.]hkeit der Einziehung der verbrau[X.]hsteuerpfli[X.]htigen Erzeugnisse als [X.] an. Hat der Täter

wie hier

den Gegenstand, der ihm zur [X.] gehörte oder zustand und auf dessen Einziehung hätte erkannt werden können, vor der Ents[X.]heidung über die Ein-ziehung veräußert, so kann das Geri[X.]ht gegen ihn gemäß §
74[X.] StGB die Ein-ziehung eines Geldbetrags bis zu der Höhe anordnen, die dem Wert des Ge-genstandes entspri[X.]ht. Diese Einziehungsmögli[X.]hkeit besteht gemäß § 369 Abs.
2 [X.] au[X.]h im Steuerstrafre[X.]ht.
Da jedo[X.]h sowohl
die
Frage des Ob als au[X.]h die Frage des Umfangs [X.] Einziehung des Wertersatzes gemäß §
74[X.] Abs.
1 StGB dem pfli[X.]htgemä-9
10
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-
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-
ßen

die Ents[X.]heidung über die Einziehung selbst zu treffen.
3. Die Mögli[X.]hkeit, dass anstelle des vom [X.] angeordneten Verfalls von Wertersatz eine Einziehung von Wertersatz in Betra[X.]ht kommt, zieht die Aufhebung des Ausspru[X.]hs über die Gesamtfreiheitsstrafe na[X.]h si[X.]h. Denn die auf §
375 Abs.
2 [X.] gestützte Einziehung hat den Charakter einer Nebenstrafe (vgl. [X.] in [X.]/[X.], Steuerstrafre[X.]ht, 8.
Aufl., §
375 [X.] Rn.
32) und stellt damit eine Strafzumessungsents[X.]heidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise eine ihm gehörende Sa[X.]he von ni[X.]ht unerhebli-[X.]hem Wert entzogen, ist dies ein bestimmender Gesi[X.]htspunkt für die [X.] der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Ge-samtbetra[X.]htung der den Täter treffenden Re[X.]htsfolgen angemessen zu be-rü[X.]ksi[X.]htigen (vgl. zu §
74 StGB: [X.], Bes[X.]hlüsse vom 12. März 2013

2 StR 43/13, [X.], 565 und vom 16.
Februar 2012

3 [X.], [X.], 169, jeweils mwN). Für die Einziehung des Wertersatzes gemäß §
74[X.] StGB

ebenfalls eine Nebenstrafe (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 1952

2 StR 47/51, [X.]St 3, 163, 164 zu §
401 Abs.
2 [X.]; [X.], StGB, 63.
Aufl., §
74[X.] Rn.
1)

gilt ni[X.]hts anderes. Der [X.] kann ni[X.]ht auss[X.]hließen, dass das [X.] eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet hätte, wenn es statt des Verfalls des Wertersatzes (§
73a StGB) die Einziehung des Verfalls des Wertersatzes (§
74[X.] StGB) angeordnet hätte. Der Strafausspru[X.]h im Übrigen hat dagegen Bestand.

III.
Die Revision des [X.] hat überwiegend Erfolg.
12
13
-
8
-
1. Allerdings belegen die Urteilsfeststellungen, die

wie der [X.] in seiner Antragss[X.]hrift zutreffend
ausführt

re[X.]htsfehlerfrei ge-troffen worden sind, die Anordnungsvoraussetzungen des §
375 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2, Satz
2 [X.] i.V.m. §
74a Nr.
1 StGB für eine Einziehung des Pkw [X.] als bei den Taten benutztes Beförderungsmittel.
a) § 375 Abs.
2 [X.] stellt eine besondere gesetzli[X.]he Vors[X.]hrift im Sinne von §
74 Abs.
4 StGB dar (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 31.
Oktober 1994

5 [X.], [X.], 30). §
375 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 [X.] erlaubt die Einziehung der Beförderungsmittel, die zur Tat benutzt worden
sind. Au[X.]h vorausfahrende oder na[X.]hfolgende Begleitfahrzeuge, die einen Transport unversteuerter Ziga-retten [X.] oder absi[X.]hern sollen, sind Beförderungsmittel im Sinne des §
375 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Oktober 1952

2
StR 354/52, [X.]St 3, 355 zur Vorgängervors[X.]hrift des § 401 Abs.
1 [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Wirts[X.]hafts-
und Steuerstrafre[X.]ht, §
375 [X.] Rn.
25; Hilgers-Klauts[X.]h in [X.], Steuerstrafre[X.]ht, 54. Lfg., § 375 [X.] Rn. 50; [X.] in [X.], [X.], 12.
Aufl., §
375 Rn.
15; [X.] in [X.]/[X.], Steuerstraf-re[X.]ht, 8.
Aufl., §
375 [X.] Rn.
39 mwN aus der [X.].; Rollets[X.]hke in Rollets[X.]hke/
[X.], Steuerstrafre[X.]ht, 92. Lfg., § 375 Rn.
33; zweifelnd dagegen [X.] in [X.], Nebenstrafre[X.]ht
II,
2.
Aufl.,
§
375 [X.] Rn.
29).
b) Die Verweisung in §
375 Abs.
2 Satz 2 [X.] auf §
74a StGB ermögli[X.]ht, dass Gegenstände au[X.]h dann eingezogen werden können, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Ents[X.]heidung gehören oder zustehen, wenigstens lei[X.]ht-fertig dazu beigetragen hat, dass die Sa[X.]he oder das Re[X.]ht Mittel oder Gegen-stand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist (§
74a Nr.
1 StGB). Dies ist hier der Fall. Die Urteilsfeststellungen belegen, dass der si[X.]hergestellte Pkw [X.] im Eigentum des [X.] stand
und dass dieser in dem
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9
-
Wissen handelte, dass sein Fahrzeug Lkw begleitet, die unversteuerte Zigaret-ten über die [X.] bringen ([X.]). Na[X.]h den [X.] hat der [X.] dem Angeklagten ni[X.]ht nur am [X.] seinen Pkw zur Verfügung gestellt und ihn bei der Dur[X.]hführung des [X.] begleitet. Vielmehr wurde sein Pkw s[X.]hon zuvor bei Observationen mehrfa[X.]h als Begleitfahrzeug festgestellt, wobei [X.] als einziger Insasse mit seinem Pkw einen Zigarettentransport begleitete ([X.]).
2. Die Einziehung des als Beförderungsmittel verwendeten Pkw [X.] des [X.] hat glei[X.]hwohl keinen Bestand, weil die [X.] ni[X.]ht erkennen lassen, dass si[X.]h die Strafkammer bewusst war, dass es si[X.]h bei der Einziehung um eine Ermessensents[X.]heidung handelt und dass sie von diesem Ermessen Gebrau[X.]h gema[X.]ht hat (vgl. au[X.]h [X.], Bes[X.]hlüsse vom 23.
August 2011

4
StR 385/11 und vom 4.
Januar 1994

4 StR 718/93, [X.]R StGB §
74 Abs.
1 StGB Ermessensents[X.]heidung 1). Der [X.] kann daher ni[X.]ht na[X.]hprüfen, ob das [X.] bei der Anordnung der Einziehung eine re[X.]htsfehlerfreie Ermessensausübung vorgenommen hat.
Bei der pfli[X.]htgemäßen Ausübung des Ermessens ist na[X.]h §
74b StGB insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu bea[X.]hten (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 16.
November 1982

5 StR 427/82). Erforderli[X.]h ist insoweit eine Gesamtwürdigung aller Umstände; die Anknüpfung allein an den [X.] genügt ni[X.]ht (vgl. [X.] in [X.]/[X.], Steuerstraf-re[X.]ht, 8.
Aufl.,
§
375 [X.] Rn.
66). Das Tatgeri[X.]ht hat sowohl die Bedeutung der Tat wie au[X.]h den persönli[X.]hen S[X.]huldvorwurf des von der Einziehung [X.] zu würdigen und mit der S[X.]hwere des in der Einziehung des Gegenstands liegenden Eingriffs zu verglei[X.]hen (vgl. BT-Dru[X.]ks. V/1319 S.
56
zu §
40b StGB 17
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10
-
aF). Die S[X.]hwere des Eingriffs ergibt si[X.]h dabei hauptsä[X.]hli[X.]h aus dem objekti-ven Wert der Sa[X.]he, deren Einziehung in Frage steht, den Umständen, unter denen der Betroffene sie erworben hat, und ihrer Bedeutung für seine [X.] (vgl. [X.] aaO). In die gebotene Gesamtwürdigung war daher hier einzubeziehen, wel[X.]hen objektiven Wert das Fahrzeug hat, unter wel[X.]hen Um-ständen der [X.] es erwarb, ob er die Kosten für den Eigen-tumserwerb trug und ob ihm der Pkw gerade zur Mithilfe bei den verfahrensge-genständli[X.]hen Steuerstraftaten zur Verfügung gestellt wurde. Zudem war im Rahmen der Ermessenausübung in den Bli[X.]k zu nehmen, dass ausgehend von den Urteilsfeststellungen gemäß §
71 [X.] eine Haftung des Einziehungsbetei-ligten für die verkürzten Steuern als Mittäter oder Teilnehmer in Betra[X.]ht kommt (vgl. au[X.]h [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Wirts[X.]hafts-
und Steuerstrafre[X.]ht, §
375 [X.] Rn.
35). Den Urteilsgründen ist ni[X.]ht zu entnehmen, ob das [X.] eine Gesamtwürdigung der insoweit bedeutsamen Umstände vorgenommen hat.
3. S[X.]hließli[X.]h lassen die Urteilsgründe au[X.]h ni[X.]ht erkennen, dass si[X.]h das [X.] bei der Anordnung einer gemäß §
74f Abs. 2 Nr. 1 StGB ent-s[X.]hädigungslosen Einziehung der Härtevors[X.]hrift des §
74f Abs. 3 StGB [X.] war. Dana[X.]h kann in den Fällen des §
74f Abs. 2 StGB eine Ents[X.]hädi-gung gewährt werden, soweit es eine unbillige Härte wäre,
dies zu versagen.
4. Die Frage, ob der vom [X.] als Beförderungsmittel zur Verfügung gestellte und verwendete Pkw [X.] gemäß §
375 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 [X.] eingezogen wird und ob im Falle der Einziehung na[X.]h der Här-tevors[X.]hrift des §
74f Abs.
3 StGB eine Ents[X.]hädigung in Betra[X.]ht kommt, [X.] daher neuer tatri[X.]hterli[X.]her Prüfung.

19
20
-
11
-
IV.
Die Sa[X.]he ist somit im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Ents[X.]heidung an eine andere Wirts[X.]haftsstrafkammer des [X.]s zurü[X.]kzuverweisen. Bei der
Ermessensents[X.]heidung über die Einziehung des Wertersatzes der veräußerten Zigaretten wird das neue Tatgeri[X.]ht au[X.]h eine mögli[X.]he Haftung des Angeklagten für die verkürzten Steuern gemäß §
71 [X.] in den Bli[X.]k nehmen können.
Da die Urteilsfeststellungen von den dargestellten Re[X.]htsfehlern ni[X.]ht betroffen sind, bleiben sie bestehen. Das neue Tatgeri[X.]ht kann weitere Fest-stellungen treffen, die mit den bisherigen ni[X.]ht im Widerspru[X.]h stehen.
Raum [X.]

Radtke

Mosba[X.]her [X.]
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22

Meta

1 StR 118/16

11.05.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2016, Az. 1 StR 118/16 (REWIS RS 2016, 11569)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11569

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