Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2017, Az. I ZR 210/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4107

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:111017UIZR210.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]/16
Verkündet am:

11. Oktober 2017

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
UWG § 4 Nr. 4
Ein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen handelt gemäß § 4 Nr. 4 UWG unlauter, wenn er zu seinen Gunsten von Kunden eines Wettbewerbers erteilte, vor Ausführung widerrufene [X.] in Kenntnis des [X.] erneut systematisch und planmäßig dem Wettbewerber zuleitet, so dass der unzutreffende Eindruck entsteht, die Kunden hätten sich zum wiederholten Male zu seinen Gunsten entschieden.
[X.], Urteil vom 11. Oktober 2017 -
I [X.]/16 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 11.
Oktober 2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Schwonke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20.
Zivilsenats
des [X.] vom 25.
August 2016 aufge-hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber beim Angebot von [X.]. Die Klägerin unterhält ein [X.] mit [X.] für Endkunden. [X.] ein Kunde der Klägerin künftig die Leistungen der [X.] oder eines anderen Anschlussanbieters in Anspruch nehmen, bedarf es
technischer
Umsetzungen durch die Klägerin.
Hierzu rechnet die regelmäßig vom Kunden gewünschte Mitnahme der Rufnummer (Portierung).
Im Einklang mit von einem Arbeitskreis der Telekommunikationsnetzbe-treiber und ersteller ([X.]) aufgestellten Regeln leitet der neue Anbieter die Kündigungsmitteilung und den [X.] des Kunden über elektroni-1
2
-
3
-
sche Schnittstellen an die Klägerin.
Nach Eingang der [X.] ruft ein Mitarbeiter
der Klägerin den Kunden an, um die Kündigung zu verifizieren; nach der Behauptung der Beklagten erfolgen diese Anrufe im Rahmen eines "[X.]" der Klägerin.
Entschließt sich der Kunde vor Ausführung der Portierung, die Kündigung rückgängig zu machen, führt die Klägerin die Portierung nicht durch und informiert den
neuen Anbieter hierüber durch eine mit "[X.]" gekennzeichnete Mitteilung.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe nach Erhalt der Nachricht "[X.]" systematisch und planmäßig ohne neuerlichen Kontakt zum Kunden Kündigungsmitteilungen und [X.] erneut an die Klägerin gelei-tet. Dadurch
sei
der unzutreffende Eindruck entstanden, die Kunden hätten sich zum wiederholten
Male zugunsten der Beklagten entschieden. Die
Klägerin konkretisiert diesen Vortrag anhand
einer Liste von Einzelfällen.
Das [X.] hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Es hat
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen,
[X.] von Endkunden über Schnittstellen der

(Klägerin)

(insbesondere ESAA oder [X.]) erneut einzustellen oder einstel-
len zu lassen, wenn der Endkunde von der dem [X.] zugrunde-liegenden Kündigung des Festnetzanschlusses bei der

(Klägerin)

mit einer neuen [X.]enserklärung Abstand genommen hat und der Por-
tierungsauftrag durch die

(Klägerin)

bereits aufgrund dieser
neuen [X.]enserklärung des Endkunden abgelehnt und dies entsprechend [X.] worden ist und für ein erneutes Einstellen des [X.]s keine neue, jüngere [X.]enserklärung hinsichtlich der Kündigung des [X.] vorliegt.
Außerdem hat
das [X.]
die Beklagte zur Auskunft und zur Erstat-tung von Abmahnkosten in Höhe von 1.973,90

ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt.
Die Berufung der Beklagten hat
zur Abweisung der Klage geführt
([X.], [X.], 30). Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht 3
4
5
6
-
4
-
zugelassene Revision der Klägerin, deren Zurückweisung die Beklagte [X.].
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, das von der Klägerin bean-standete Verhalten der Beklagten stelle keine gezielte Behinderung der Kläge-rin im Sinne von §
4 Nr.
4 UWG (§
4 Nr.
10 UWG aF)
in Form eines unlauteren Abfangens von Kunden dar. Dazu hat es ausgeführt:
Die Klägerin sei nach §
46 Abs.
1
und
4 [X.] verpflichtet, schon auf den ersten [X.] der Beklagten hin die Rufnummer des Kunden zu portieren. Sie sei daher
nicht berechtigt gewesen, diesen
[X.] mit einer "[X.]"-Mitteilung
zurückzuweisen. Rechtlich sei der Anbieterwechsel mit Zugang der
mit dem ersten [X.] gekoppelten
Kündigung des [X.] und deren Wirksamwerden dergestalt beendet, dass die Klägerin zur Portierung verpflichtet sei. Dafür spreche der Wortlaut des §
46 Abs.
1 [X.] sowie die enge Koppelung des Rechts auf Rufnummernportierung im [X.] an die Beendigung des Vertrags mit dem abgebenden Anbieter nach §
46 Abs.
4 [X.]. Schutzzweck des §
46 [X.] sei
der
Kundenschutz und die [X.]förderung, so dass
nicht allein
der erklärte [X.] dafür maßgeblich sei, ob eine Portierung zu erfolgen habe. Der Kunde sei bei
einer erfolgreichen "Kundenrückgewinnungsmaßnahme" des [X.] für
einen
Festnetzanschluss im Hinblick auf die Gefahr von Doppelverpflichtungen ähn-lich schutzwürdig wie beim Abschluss mehrerer Mobilfunkverträge, bei dem zu seinem Schutz
§
46 Abs.
4 Satz
4 [X.] gelte. Es liege nahe, dass der Kunde irrtümlich annehme, seine Rechtsverhältnisse zu Alt-
und [X.] durch die "Abstandnahme" von der Kündigung ausschließlich durch Erklärungen gegen-7
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5
-
über dem [X.] regeln zu können. Dieser Irrtum liege mindestens
so
nahe wie die irrtümliche Annahme eines Mobilfunkkunden, durch die Rufnummern-portierung sei sein
bestehender
Altvertrag beendet. Sei der Anbieterwechsel mit dem Eingang der entsprechenden [X.]enserklärungen des Kunden bei dem [X.] Unternehmen beendet und dieses schon aufgrund des ersten [X.] zur Portierung verpflichtet, komme dies dem [X.] zugute und wirke sich [X.] aus. Dies entspreche dem [X.] Zweck des §
46 [X.]. Danach könne dahinstehen, ob es das
Land-gericht zu Recht als unstreitig angesehen
habe, dass die Beklagte die von der Klägerin in Bezug genommenen Kunden zur Portierung angemeldet habe, ob-wohl diese zuvor die Rücknahme der Kündigung und des [X.]s erklärt hätten, und
obwohl
die Beklagte
keinen
erneuten
Kontakt
mit den Kun-den aufgenommen
habe
und diese keine andere [X.]enserklärung abgegeben hätten.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat [X.]. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht verneint werden.
1. Da der auf Verletzungshandlungen gestützte Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, ist die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme [X.] war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz wettbewerbswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 2.
März 2017

I
ZR
41/16, [X.], 922
Rn.
13 = [X.], 1081
Komplettküchen, mwN).
Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (st. Rspr.; vgl. nur [X.], [X.],
922
Rn.
13
Komplettküchen). Nach den von der Klägerin beanstandeten Verletzungshandlungen im Jahr 2014 ist das Lauterkeitsrecht mit Wirkung ab dem 10.
Dezember 2015 durch das [X.] zur Änderung des Gesetzes 9
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-
6
-
gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. 2015, S.
2158) novelliert worden. Der Tatbestand der gezielten Mitbewerberbehinderung, der sich in §
4 Nr.
10 UWG
aF und §
4 Nr.
4 UWG wortgleich findet, hat sich in der Sache nicht ge-ändert. Die für die Entscheidung des Streitfalls maßgebliche Vorschrift des §
46 [X.] ist ebenfalls unverändert geblieben.
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine ge-zielte Behinderung der Klägerin nicht verneint werden.
a) Nach §
4 Nr.
4 UWG (§
4 Nr.
10 UWG aF)
handelt unlauter, wer [X.] gezielt behindert. Das setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerbli-chen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte [X.] aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hin-dern und sie dadurch zu verdrängen oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund
einer Gesamt-würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 22.
Juni 2011

I
ZR
159/10, GRUR 2011, 1018 Rn.
65 = [X.], 1469
Automobil-Onlinebörse; Urteil vom 23.
Juni 2016
I
ZR
137/15, [X.], 92 Rn.
14 = [X.], 46
[X.]; Urteil vom 12.
Januar
2017

I
ZR
253/14, [X.], 397 Rn.
49 = [X.], 434
World of Warcraft
II).
Dabei gehören das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen sowie Abfangen von Kunden grundsätzlich zum Wesen des Wett-bewerbs. Eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers liegt deshalb erst vor, 11
12
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-
7
-
wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in unan-gemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der [X.] zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt,
um
diesem eine Änderung seines Entschlusses aufzudrängen, die Waren oder Dienstleis-tungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 24.
November 2011
I
ZR
154/10, [X.], 645 Rn.
17 = [X.], 817
Mietwagenwerbung; [X.], [X.], 92 Rn.
16
Fremdcoupon-Ein-lösung). Ebenso ist es unlauter, wenn das betreffende Verhalten nicht auf eine Änderung des [X.] gerichtet ist, sondern derjenige, der eine zur Ausführung des Entschlusses des Kunden notwendige Mitwirkungshand-lung vornehmen muss, diese weisungswidrig so vornimmt, dass der Kunde auf sein Unternehmen umgelenkt wird. Eine unangemessene Einwirkung auf den Kunden ist daher
gegeben, wenn dessen Auftrag, eine Telekommunikations-dienstleistung derart zu erbringen, dass auch die Telekommunikationsdienst-leistungen eines anderen Anbieters in Anspruch genommen werden können, auftragswidrig bewusst so ausgeführt wird, dass nicht die Dienstleistungen des fremden Anbieters, sondern
die eigenen in Anspruch genommen werden ([X.], Urteil vom 29.
März 2007
I
ZR
164/04, [X.], 987 Rn.
32
= WRP 2007, 1341

Änderung der Voreinstellung
I; Urteil vom 5.
Februar 2009
I
ZR
119/06, [X.], 876 Rn.
22 = [X.], 1086
Änderung der Voreinstellung
II).
b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat zutreffend angenommen, dass eine unangemessene Einwirkung in gleicher Weise vorliegt, wenn der Werbende unter Vorspiegelung einer tatsächlich nicht abgegebenen [X.]enserklärung des Kunden eine Handlung
gegenüber dem Mitbewerber vornimmt, die darauf abzielt, den Kunden auf sein Unternehmen umzulenken. Dies
ist
bei der Erwirkung einer unberechtigten Rufnummernpor-tierung unter Vorgabe tatsächlich nicht existierender Kundenerklärungen der Fall (vgl. [X.]
[15. Zivilsenat], [X.], 279).
14
-
8
-
Nicht zu beanstanden ist auch die weitere Überlegung des Berufungsge-richts, an einer Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten fehle es, wenn ent-weder Kündigung und [X.] des Kunden
ungeachtet der späte-ren "[X.]"-Mitteilung
zivilrechtlich wirksam fortbestanden hätten oder die Klä-gerin selbst bei einer "Abstandnahme" des Kunden von
Anbieterwechsel
und Portierung
gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, die Rufnummernübertragung auch gegen einen zwischenzeitlich geänderten [X.]en des Kunden durchzufüh-ren. In beiden Fällen hätte die Klägerin letztlich ohnehin den Anbieterwechsel mit Portierung vornehmen müssen, so dass weitere Übermittlungen von Kündi-gungen
und [X.]n
zwar irreführenden Charakter haben könnten, sich die Beklagte aber bei der gebotenen wertenden Betrachtung dann nicht in unangemessener Weise zwischen die Klägerin und den Kunden gedrängt hätte, sondern
vielmehr
die Zurückweisung der Rufnummernportierung durch die Klä-gerin unberechtigt gewesen wäre.
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei aus §
46 Abs.
4 Satz
1 [X.] zur Portierung der Rufnummer schon allein auf den ersten [X.] hin verpflichtet, hält rechtlicher Nachprüfung dagegen nicht stand
(ebenso [X.] [1. Kartellsenat], [X.]
2014, 311, 312
f.; [X.]
[15. Zivilsenat], [X.], 279, 280
f.; [X.],
unveröffent-lichtes Urteil des 6.
Zivilsenats, als Anlage [X.] vom Kläger vorgelegt).
Solange der [X.] noch
nicht ausgeführt ist, kann ihn der Kunde gegenüber der Klägerin widerrufen.

aa) Nach §
46 Abs.
4 Satz
1 [X.] müssen Anbieter von öffentlich zu-gänglichen Telekommunikationsdiensten, um den Anbieterwechsel nach §
46 Abs.
1 [X.] zu gewährleisten, insbesondere sicherstellen, dass ihre Endnutzer ihnen zugeteilte Rufnummern bei einem Wechsel des Anbieters von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten entsprechend
§
46 Abs.
3 [X.] bei-behalten können.
15
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9
-
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Auslegung des §
46 [X.]
und
insbesondere der Rückgriff auf den §
46 Abs.
4 Satz
3 und 4 [X.] zugrundeliegenden Rechtsgedanken führten dazu, den Anbieterwechsel [X.] mit Zugang der
mit dem ersten [X.] gekoppelten
Kündigung des [X.] und deren Wirksamwerden dergestalt als beendet
anzusehen, dass die Klägerin

ungeachtet späterer abweichender [X.]ensäußerungen des Kunden

zur Portierung verpflichtet sei (ebenso im Ergebnis [X.], [X.], 654, 659; [X.] in [X.], Beck'scher [X.]-Kommentar, 4.
Aufl., § 46
Rn.
10, 16
f.; [X.]/[X.], [X.] Informations-
und Medienrecht, 16.
Edi-tion, Stand 1.
Mai 2017, §
46
[X.]
Rn.
22
f.; [X.]/[X.], [X.], 472, 473).
cc) Diese Ansicht beruht auf einer fehlerhaften Bestimmung des Verhält-nisses zwischen der Kündigung des [X.] und dem [X.].
[X.] Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, ist der [X.] ein Werkvertrag zwischen dem abgebenden Netzbetreiber und dem wechselwil-ligen Kunden, der grundsätzlich
bis zu seiner Ausführung
gemäß §
649 Abs.
1 BGB frei gekündigt werden kann ([X.]
[1. Kartellsenat], [X.]
2014, 311, 312). Dabei
ist allerdings für das vom
Berufungsgericht erwogene dreiseitige Rechtsverhältnis unter Einbeziehung des neuen
Anbieters kein
Raum.
An dem [X.] ist der neue Vertragspartner des Kunden rechtlich nicht beteiligt, mag er auch faktisch davon betroffen sein.
(2) Der [X.] und der Wechsel des Kunden zu einem neuen Anbieter durch Kündigung des alten und Neuabschluss eines neuen Vertrags stehen grundsätzlich rechtlich selbständig nebeneinander. Ein Zusammenhang zwischen ihnen besteht nur
in der Weise, dass
bei einem Anbieterwechsel
die Möglichkeit zur Mitnahme der Rufnummer gemäß §
46 Abs.
3 und 4 [X.] zu gewährleisten ist.
Die Portierung ist indes nicht zwingende Folge des [X.].
Der [X.] ist zwar ab Zugang der mit einem [X.] 18
19
20
21
-
10
-
versehenen Vertragskündigung zur Rufnummernportierung verpflichtet. Diese Verpflichtung endet jedoch, wenn der Kunde dem [X.] vor Durchführung der Portierung einen
entgegenstehenden
[X.]en
mitteilt.
(3) Nach §
46 Abs.
4 Satz
1 [X.] müssen die Anbieter sicherstellen, dass ihre Endnutzer ihnen zugeteilte Rufnummern bei einem Anbieterwechsel beibehalten können. Daraus folgt, dass die Übertragung der Rufnummer bei einem Anbieterwechsel nicht automatisch erfolgt, sondern nur
bei
einem ent-sprechenden [X.]en des Kunden. Diesem steht es frei, auf die Übertragung [X.] Rufnummer zu verzichten. Die Vorschrift begründet zudem nach ihrem Wortlaut ausschließlich Pflichten der Anbieter und damit korrespondierende Rechte des Kunden. Danach besteht kein Grund, warum der [X.]e des Kunden, von einem [X.] nachträglich Abstand zu nehmen, vor dessen
Ausführung
unbeachtlich sein sollte ([X.]
[15. Zivilsenat], [X.], 279, 281).
dd) Diese vom Wortlaut ausgehende Auslegung wird durch die systema-tische Stellung des §
46 [X.] bestätigt. Diese
Vorschrift findet sich
im Dritten Teil des [X.] unter der
Überschrift
"Kundenschutz".
Kundenschutz
und [X.] mögen zwar, wie das Berufungsgericht ange-nommen hat,
nicht zwingend Synonyme sein, weil Fälle denkbar sind, in denen der geäußerte [X.]e
des Kunden
bei objektiver Betrachtungsweise nicht seinem mutmaßlichen Interesse entspricht. Daraus ist aber nicht abzuleiten, es
sei zum Schutz des Kunden geboten, eine Portierung entgegen
seinem erklärten, nach-träglich geänderten [X.]en
durchzuführen.
Abweichendes
ergibt sich nicht aus Erwägungsgrund
47 der Richtlinie 2009/136/[X.]
vom 25. November 2009, die der Neuregelung des [X.] zugrunde lag. Danach sollten die Verbraucher, um in den vollen Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Umfelds zu kommen, in der Lage sein, in voller Sachkenntnis ihre Wahl zu treffen und den 22
23
24
-
11
-
Anbieter zu wechseln, wenn das in ihrem Interesse ist. Dieser Erwägungsgrund verhält sich nur zum Anbieterwechsel und nicht zu der davon zu trennenden Frage der Rufnummernmitnahme. Außerdem
ist
ihm
kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass es im Interesse der Verbraucher liegen könnte, entgegen ih-rem erklärten [X.]en eine noch nicht vorgenommene Portierung ausführen [X.] zu müssen. Im Gegenteil ergibt sich die Maßgeblichkeit des [X.]ns aus Art.
30 Abs.
4 Unterabs.
2 der Richtlinie 2009/136/[X.]. Danach
ist
sicherzu-stellen, dass Teilnehmer während des gesamten Übertragungsverfahrens ge-schützt sind und nicht gegen ihren [X.]en auf einen anderen Anbieter umgestellt werden. Zwar findet sich diese Bestimmung im Zusammenhang mit den Aufga-ben der Behörden
der Mitgliedstaaten. Ihr ist aber die Intention des [X.] zu entnehmen, den [X.]n durchzusetzen. Art.
30 Abs.
4 Unter-abs.
2 der Richtlinie wurde durch §
46 Abs.
9 Nr.
4 [X.] umgesetzt. Danach kommt es "während des gesamten Übertragungsverfahrens" und nicht nur bei (erster) Erteilung des [X.]s ausschlaggebend auf den [X.] an. Dieser
[X.]e
ist mithin auch
dann
zu beachten, wenn er
sich vor [X.] der Rufnummernübertragung ändert ([X.]
[15. Zivilsenat], [X.], 279, 281).

Die Maßgeblichkeit des [X.]ns für die Modalitäten des [X.]
folgt
ferner
aus §
46 Abs.
1 [X.]. Danach
muss
die Leistung des [X.] gegenüber dem Teilnehmer auf dessen Verlangen unterbrochen werden, auch wenn die vertraglichen und technischen Voraussetzungen für ei-nen Anbieterwechsel noch nicht vorliegen.
ee) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich aus
der Re-gelung des §
46 Abs.
4 Satz
3 [X.]
nichts für eine nur eingeschränkte Bedeu-tung des [X.]ns bei der Rufnummernportierung im Festnetzbereich.
Danach kann der Endnutzer eines Mobilfunknetzes jederzeit die Übertragung der zugeteilten Rufnummer verlangen, also nicht wie im Festnetzbereich allein 25
26
-
12
-
bei einem Anbieterwechsel.
Mit der Regelung des §
46 Abs.
4 Satz
3 [X.] woll-te der Gesetzgeber im Mobilfunkbereich einen zusätzlichen wettbewerbsför-dernden Impuls setzen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Geset-zes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen, BT-Drucks. 17/5707, S.
70). Ob eine Portierung durchzuführen ist, hängt sowohl im Fest-
als auch im Mobilfunkbereich indes allein vom [X.]en des Endnutzers ab.
ff) Den Regelungen zum Schutz des Kunden vor dem Abschluss doppel-ter Verträge im Mobilfunkbereich in §
46 Abs.
4 Satz
4 [X.] sowie zu den [X.] im Rahmen eines Anbieterwechsels (§
312h BGB) und bei Erklärungen des Teilnehmers zur Einrichtung oder Änderung der Betreibervor-auswahl (§
46
Abs.
7 [X.]) ist ebenfalls nichts dazu zu entnehmen, ob eine Portierung gegen den [X.]en des Teilnehmers durchzuführen
ist
(vgl. OLG Düs-seldorf
[1. Kartellsenat], [X.] 2014, 311, 313).
[X.] Das
Berufungsgericht
hat angenommen, im Fall einer erfolgreichen "Kundenrückgewinnungsmaßnahme" des [X.] bei einem Festnetzan-schluss sei der Kunde ähnlich schutzwürdig wie beim Abschluss mehrerer [X.]. Daraus folge
die Unbeachtlichkeit eines dem
ersten [X.] entgegenstehenden [X.]ns.
(2) Diese Ansicht
findet im Gesetz keine Stütze. Es fehlt bereits jeder Anhaltspunkt dafür, dass
es sich bei
der fehlenden
Regelung der vom [X.] angenommenen Rechtsfolge des ersten [X.]s
um eine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke handelt. Darüber hinaus ist nicht er-sichtlich, wie sich bei entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens von
Belehrungspflichten und Textformerfordernissen die Unbeachtlichkeit eines [X.]ns
ergeben könnte. Schließlich ist die vom Berufungsgericht befür-wortete Beschränkung der Maßgeblichkeit des [X.]ns bei der Rufnum-mernportierung
weder
mit der Erklärung des Teilnehmers zur Einrichtung oder Änderung der Betreibervorauswahl (§
46 Abs.
7 [X.]) vergleichbar
noch geeig-27
28
29
-
13
-
net, den Kunden vor dem Abschluss doppelter Verträge (vgl. §
46 Abs.
4 Satz
4 [X.] für den Mobilfunkbereich) oder vor einer übereilten Kündigung (vgl. §
312h BGB) zu schützen.
Ob eine Doppelverpflichtung des Kunden vermieden werden kann, hängt allein von den Regelungen des alten und des neuen Vertrags ab, nicht aber von der Ausführung des [X.]s.
Es bedarf daher keiner näheren Prüfung, ob im Festnetzbereich, bei dem anders als im Mobilfunkbe-reich grundsätzlich nur ein Netz zur Verfügung steht, einer doppelten Zahlungs-pflicht des Kunden schon entgegensteht, dass nur ein Anbieter die Leistung tatsächlich erbringen kann
und daher
der andere zur Leistung verpflichtete [X.] wegen Unmöglichkeit seiner Leistungserbringung seinen Zahlungsan-spruch
verliert.
Selbst wenn die Kunden im Festnetzbereich in gleicher Weise [X.] sein sollten wie im Mobilfunkbereich, könnte daraus allenfalls eine § 46 Abs. 4 Satz 4 und 5 [X.] entsprechende Hinweispflicht des neuen und des al-ten Anbieters folgen,
nicht aber die Unbeachtlichkeit des [X.]ns bei der Durchführung der Portierung.
gg) Allerdings ist
es
zentrales Anliegen des Telekommunikationsgeset-zes,
im Einklang mit dem [X.] Rechtsrahmen einen chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb sicherzustellen (Begründung zum Regie-rungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Re-gelungen, BT-Drucks. 17/5707, S.
1). Dazu trägt die Übertragbarkeit der Ruf-nummern entscheidend bei (vgl. Erwägungsgrund
47 der Richtlinie 2009/136/[X.]). Dementsprechend geht von einem "reibungslosen" [X.], wie §
46 [X.] ihn bezweckt, eine gewisse Reflexwirkung zugunsten der Wettbewerber im Telekommunikationsbereich und mithin des [X.] aus (vgl. [X.]
[1. Kartellsenat], [X.] 2014, 311, 312). Jedoch
liegt
keine Gefährdung oder Beeinträchtigung des funktionsfähigen [X.] vor, wenn eine Rufnummernportierung anlässlich eines Anbieterwech-30
31
-
14
-
sels unterbleibt, weil der Teilnehmer sie entweder von vornherein oder zu ei-nem späteren Zeitpunkt, aber noch vor Durchführung der Übertragung nicht (mehr) wünscht. Weder der alte noch der neue Anbieter haben einen Anspruch auf Erhaltung ihres Kundenstamms. Sofern sich eine Kundenrückgewinnung durch den alten Anbieter als unlautere gezielte Behinderung des neuen Anbie-ters darstellt, steht diesem wettbewerbsrechtlicher Rechtsschutz offen. Selbst in diesem Fall käme es für die Frage, ob eine Portierung erfolgt, aber allein auf den [X.]n und den [X.] an, an dem der Mitbewerber nicht beteiligt ist.
hh) Ist die Mitnahme einer Rufnummer zum neuen Anbieter keine regel-mäßige, von selbst eintretende Folge eines Anbieterwechsels, kommt es nicht auf
die vom Berufungsgericht in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gestellte Frage
an, ob zum Zeitpunkt der Kündigung des [X.]s der [X.] tatbestandlich bereits vorlag (vgl. [X.]
[1. Kartellsenat], [X.] 2014, 311, 312).
Ebenso wenig ist erheblich, dass
die Kündigungs-erklärung
für einen Telefonvertrag
gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB
nach Zu-gang

und gegebenenfalls Ablauf der Widerrufsfrist des § 312g Abs. 1, § 355 BGB

nicht mehr widerrufen werden kann, so dass die
Kundenrückgewinnung
dann den
Abschluss eines neuen Vertrags
erfordert.
Die Übertragung der Nummer findet allein aufgrund eines entsprechenden [X.]ens des Kunden an-lässlich eines Anbieterwechsels statt.
3. Die vom Berufungsgericht für die Abweisung der Klage gegebene Be-gründung erweist sich damit nicht als tragfähig.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Aufgrund der vom Berufungs-gericht getroffenen Feststellungen kommt in Betracht, dass die von der Klägerin verfolgten Ansprüche wegen [X.]verstößen der Beklagten begründet sind.

32
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-
15
-
a) Haben
Kunden [X.] gegenüber der Klägerin wirksam widerrufen und
hat
die
Klägerin
entsprechende "[X.]"-Mitteilungen erteilt, [X.] die Beklagte gemäß § 4 Nr. 4 UWG
unlauter, wenn sie systematisch und planmäßig [X.] ohne erneute Veranlassung durch die Kunden an die Klägerin leitet, so dass der unzutreffende Eindruck entsteht, die Kunden hätten sich zum wiederholten Male zugunsten der Beklagten entschieden.
Zwar dient die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG
nicht dazu, vertragsrechtliche Streitigkei-ten zwischen Unternehmen zu lösen. Die ordnungsgemäße Ausführung von [X.]n liegt aber im öffentlichen Interesse, so dass es geboten ist, sie auch mit lauterkeitsrechtlichen Mitteln durchzusetzen. Dabei ist unerheb-lich, ob die Klägerin aufgrund erneuter Mitteilungen der Beklagten tatsächlich Portierungen vorgenommen hat.
Ausreichend ist die Eignung dieser Mitteilun-gen, die Klägerin dazu zu veranlassen (vgl. Begründung zum Regierungsent-wurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 15/1487, S. 17; [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 4 Rn. 4.6).
Selbst wenn die Beklagte, wie mit der Revisionserwiderung vorgetragen, nur den ursprünglichen [X.] erneut in die Schnittstelle einstellt und damit
zum Ausdruck bringen will, dass sie die Klägerin für
weiterhin
ver-pflichtet hält, den
ersten
[X.] auszuführen, ergibt sich keine ab-weichende Bewertung. Es ist schon fraglich, ob die Klägerin bei
der gebotenen
Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont
die Mitteilung der [X.] in diesem Sinne verstehen
muss. Jedenfalls
spiegelt die Beklagte der Klä-gerin
aber auch in diesem Fall
einen auszuführenden [X.] vor, obwohl sie aufgrund der "[X.]"-Mitteilung Kenntnis davon hat, dass der ur-sprüngliche [X.] nicht mehr besteht, und zudem weiß, dass der Kunde keinen neuen [X.] erteilt hat.
b) Zudem kommt ein Verstoß der Beklagten gegen § 5 Abs. 1 UWG in Betracht.
34
35
36
-
16
-
II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Da noch weitere Feststel-lungen zu treffen sind, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 ZPO).

Das Berufungsgericht hat bislang
offengelassen, ob die Beklagte die von der Klägerin in Bezug genommenen Kunden zur Portierung angemeldet hat, obwohl diese zuvor die Rücknahme der Kündigung und des [X.]s erklärt hatten, ohne dass die Beklagte erneut Kontakt mit den Kunden [X.] und diese eine andere [X.]enserklärung abgegeben hatten.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

[X.]
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.07.2015 -
38 [X.]/14 -

[X.], Entscheidung vom 25.08.2016 -
I-20 [X.] -

37
38

Meta

I ZR 210/16

11.10.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2017, Az. I ZR 210/16 (REWIS RS 2017, 4107)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4107

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 210/16

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