Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.01.2021, Az. 3 StR 306/20

3. Strafsenat | REWIS RS 2021, 9158

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Gegenstand

Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch Sprengstoffexplosion: Verwahren des Sprengstoffs als Tatbeitrag; Konkurrenzverhältnis zwischen einzelnen Tatbeständen


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. Januar 2020 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tateinheit mit Vorbereitung eines Explosionsverbrechens zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt.

2

Die durch die Sachrüge des Angeklagten veranlasste Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil aufgedeckt.

I.

3

Der Strafsenat hat rechtsfehlerfrei die folgenden Feststellungen getroffen:

4

Der Angeklagte war spätestens seit 2012 Anhänger eines radikal-islamistischen Salafismus und befürwortete die terroristischen Aktivitäten der [X.] (später [X.]). [X.] gehörte er zum inneren Kreis des später verbotenen [X.] "       " in [X.].   . [X.]reits 2013 hatte er bei einem längeren Aufenthalt in [X.]lgien den gesondert verfolgten [X.] Staatsangehörigen      [X.]kennengelernt, der als radikaler Islamist mit dem [X.] sympathisierte und [X.] propagierte. Im Oktober 2016 kam [X.]  , der sich bereits 2015 unter falscher Identität vorübergehend in [X.] aufgehalten hatte, nach [X.].   , wo er mit    [X.]in Kontakt stand, der später das [X.].           verübte. Um einen eigenen [X.]itrag im Rahmen des weltweiten Dschihad zu leisten, verfolgte [X.]zu diesem Zeitpunkt den Plan, zusammen mit    [X.]einen Sprengstoffanschlag an einem öffentlich zugänglichen Ort in [X.].   zu verüben, um in [X.] ein Klima der Verunsicherung und Angst zu erzeugen. Diese Tat, zu der er fest entschlossen war, sollte noch im [X.] 2016 auf ein vielbesuchtes Einkaufszentrum oder eine ähnliche Geschäftseinrichtung mit zufälligen Passanten in [X.].   , möglicherweise auf das an einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt des öffentlichen Nahverkehrs gelegene [X.]                  , stattfinden.

5

[X.]weihte den Angeklagten in diese Pläne ein, die dieser befürwortete. Er ließ es deshalb zu, dass [X.], der damals vorübergehend bei ihm wohnte, in seiner Wohnung den für den Anschlag bestimmten Sprengstoff - zumindest mehrere hundert Gramm [X.] - lagerte. Eine weitergehende [X.]teiligung des Angeklagten an dem geplanten Anschlag war nicht vorgesehen. Nachdem der Angeklagte, der präventivpolizeilich überwacht wurde, am 26. Oktober 2016 an seiner Wohnungstür einer polizeilichen Kontrolle unterzogen worden war, gab [X.]sein Vorhaben auf.

II.

6

Der Schuldspruch begegnet keinen rechtlichen [X.]denken.

7

1. Der Angeklagte hat sich wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB strafbar gemacht, indem er als Mittäter die in Abs. 2 Nr. 2 der Vorschrift aufgeführte Tatvariante des [X.] erfüllte (vgl. hierzu [X.], [X.]schluss vom 5. Juli 2017 - StB 14/17, [X.]R StGB § 89 Abs. 2 Tathandlungen 2). Dabei ist es unerheblich, dass er die geplante schwere staatsgefährdende Gewalttat nicht selbst begehen wollte, sondern den Sprengstoff für einen Dritten verwahrte (MüKoStGB/[X.], 3. Aufl., § 89a Rn. 45; [X.], StGB, 68. Aufl., § 89a Rn. 33).

8

2. Darüber hinaus hat das [X.] zu Recht den Angeklagten auch wegen Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion nach § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB verurteilt.

9

Die Vorbereitungshandlung muss sich hier - insoweit enger als bei § 89a StGB (vgl. [X.], StGB, 68. Aufl., § 89a Rn. 20) - auf eine in der Vorstellung des [X.] hinsichtlich des Angriffsziels und des Zeitpunkts ihrer [X.]gehung konkretisierte Tat beziehen, die in ihren Grundzügen bereits Gestalt angenommen hat ([X.], Urteil vom 15. Dezember 1976 - 3 StR 432/76, NJW 1977, 540; [X.]schluss vom 12. Oktober 1977 - 3 [X.], juris Rn. 1; [X.], [X.]schluss vom 19. Dezember 2011 - 2 Ws 157/11, [X.], 390 Rn. 4). Denn bereits der Gesetzeswortlaut enthält ein finales Element und legt ein auf eine bestimmte Straftat zielgerichtetes Handeln nahe. Hinzu kommt, dass der Verzicht auf das Erfordernis einer Konkretisierung der vorbereiteten Tat zu einem Wertungswiderspruch zu § 310 Abs. 1 Nr. 1 StGB führen würde. Diese Vorschrift stellt Vorbereitungshandlungen zur Herbeiführung einer Explosion durch Kernenergie bzw. zum Missbrauch ionisierender Strahlen gegenüber einer Vielzahl von Menschen nur dann unter Strafe, wenn es sich um ein bestimmtes Unternehmen im Sinne des § 307 Abs. 1 StGB oder § 309 Abs. 2 StGB handelt ([X.], [X.]schluss vom 19. Dezember 2011 - 2 Ws 157/11, [X.], 390 Rn. 4; vgl. schon [X.], Urteil vom 15. Dezember 1976 - 3 StR 432/76, NJW 1977, 540).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Sowohl der Zeitpunkt ([X.] 2016) als auch das Objekt (ein vielbesuchtes Einkaufsziel oder Ähnliches in [X.].   ) der beabsichtigten Sprengstofftat hatten in der Vorstellung des [X.], der den Angeklagten in seine Pläne eingeweiht hatte, bereits konkrete Gestalt angenommen.

3. Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Annahme von Tateinheit zwischen den Straftaten nach § 89a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB und § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Insbesondere tritt die Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion nach § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht hinter die einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zurück. Letztgenannte kann - auch in der Variante des § 89a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB - ebenso mit anderen Mitteln als Sprengstoff begangen werden. Zudem verlangt § 310 Abs. 1 StGB eine nähere Konkretisierung der geplanten Tat. Das Gesamtunrecht der Tat käme mithin bei einer Verurteilung nur nach einem Tatbestand nicht voll zum Ausdruck.

Schäfer     

        

Spaniol     

        

Paul   

        

Anstötz     

        

Erbguth     

        

Meta

3 StR 306/20

27.01.2021

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend KG Berlin, 24. Januar 2020, Az: (6) 2 StE 4/19 - 8 (1/19)

§ 25 Abs 2 StGB, § 52 StGB, § 89a Abs 1 S 2 StGB, § 89a Abs 2 Nr 2 StGB, § 310 Abs 1 Nr 1 StGB, § 310 Abs 1 Nr 2 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.01.2021, Az. 3 StR 306/20 (REWIS RS 2021, 9158)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9158

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