Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2018, Az. EnVR 43/16

Kartellsenat | REWIS RS 2018, 7995

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:120618BENVR43.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
EnVR 43/16
Verkündet am:

12.
Juni 2018

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren
-
2
-
Der Kartellsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10.
April
2018
durch die Präsidentin des [X.] [X.] und [X.]
Grüneberg, Dr.
Bacher, [X.] und Dr.
Deichfuß
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 3.
Kartell-senats des [X.] vom 14.
September 2016 teilweise aufgehoben.
Der Beschluss der [X.] vom 22.
September 2014 wird auch insoweit aufgehoben, als die [X.] auf der Grundlage eines [X.] von 91,01
% festgelegt worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die [X.], die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Se-nats neu zu bescheiden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die [X.] trägt die Kosten des Rechts-beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Betroffenen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf drei Millionen Euro festgesetzt.
-
3
-
Gründe:
A.
Die Betroffene betreibt ein Gasverteilernetz. Mit Beschluss vom 22.
September 2014 hat die [X.] die [X.] für die zweite [X.] niedriger als von der Betroffenen begehrt festge-legt. Hierbei hat sie einen [X.] von 91,01
%
angesetzt.
Das Beschwerdegericht hat die [X.] hinsichtlich des Wertansatzes für Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert wurden, zur Neube-scheidung verpflichtet. Die weitergehende Beschwerde, mit der sich die Be-troffene gegen die Ermittlung des [X.] und gegen die zeitlichen Vor-gaben für den Abbau
von Ineffizienzen gewendet hat, ist erfolglos geblieben.

Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt die Betroffene ihr Begehren hinsichtlich der Ermittlung des [X.] weiter. Die [X.] tritt dem Rechtsmittel entgegen.
B.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
I.
Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begrün-det:
Die Durchführung des [X.] für
die zweite [X.] Gas sei nicht zu beanstanden. Die [X.] habe die [X.] Daten ermittelt und auf Plausibilität überprüft. Die von ihr beauftragten Stellen hätten die gesammelten Werte zusammengeführt und auf dieser [X.] den Effizienzvergleich durchgeführt. Hierbei seien Veränderungen im [X.] zur ersten [X.] berücksichtigt worden, insbesondere 1
2
3
4
5
6
-
4
-
eine
starke Steigerung der Heterogenität bei den Parametern "versorgte [X.]" und "[X.]".
Die Ermittlung der [X.] werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die nach früherem Recht als regionale [X.] einge-stuften Unternehmen in den Vergleich einbezogen worden seien. Diese Unter-nehmen seien nach der neuen Fassung von §
3 Nr.
5, 7
und 37 [X.] als [X.] zu qualifizieren und deshalb gemäß §
12
Abs.
1 Satz
1 [X.] in den für alle [X.] durchzuführenden Effizienzver-gleich einzubeziehen. Der höheren Heterogenität sei durch eine Ausreißerana-lyse Rechnung getragen worden. Im Ergebnis habe sich die Streuung der Effi-zienzwerte nur geringfügig geändert.
Den Parameter "versorgte Fläche" habe die [X.] für die ehemaligen regionalen [X.] rechtsfehlerfrei geschätzt, weil diese Unternehmen im Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht als Vertei-lernetzbetreiber einzustufen gewesen seien und die für diesen Parameter ein-schlägigen Informationen deshalb nicht hätten ermittelt werden können. Die stattdessen angestellte Schätzung auf der Grundlage der Flächen aller [X.], durch die Leitungen dieser Unternehmen verliefen, entspreche der Vorgehensweise bei den anderen [X.].
II.
Diese Beurteilung hält der
rechtlichen Überprüfung in einem ent-scheidenden Punkt nicht stand.
1.
Rechtsfehlerfrei ist das Beschwerdegericht allerdings zu dem [X.] gelangt, dass die früher als Betreiber regionaler Fernleitungsnetze einge-stuften Unternehmen in den Effizienzvergleich für [X.] für die zweite [X.] einzubeziehen sind.
7
8
9
10
-
5
-
a)
Zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass der [X.] bei der Auswahl der in den Effizienzvergleich einzubezie-henden Unternehmen kein Ermessen zusteht.
Nach §
12 Abs.
1 Satz
1 [X.] führt die [X.] vor Beginn der [X.] jeweils einen bundesweiten Effizienzvergleich für die Betreiber von [X.] durch. Damit ist der Kreis der einzubeziehen-den Unternehmen verbindlich vorgegeben.
b)
Für den danach maßgeblichen Begriff "Betreiber von [X.]" gilt die Definition in §
3 Nr.
7 [X.].
Die Begriffsbestimmungen in §
3 [X.] dienen der Festlegung von Be-griffen, die für das [X.] und die dazu gehörenden [X.] von erheblicher Bedeutung sind (vgl. BT-Drucks.
17/6072 S.
50). In Einklang mit dieser Zwecksetzung sieht §
12 Abs.
1 Satz
1 [X.] von einer eigenständigen Umschreibung des [X.] der in den Effizienzvergleich einzu-beziehenden Unternehmen ab und knüpft stattdessen an einen in §
3 [X.] definierten Begriff an. Der Kreis der einzubeziehenden Unternehmen ergibt sich mithin aus §
3 Nr.
7 [X.] in der jeweils relevanten Gesetzesfassung.
c)
Nach der für den Streitfall maßgeblichen, seit 5.
August 2011 gelten-den Fassung des [X.]es sind die Unternehmen, gegen deren Einbeziehung sich die Betroffene wendet, als Betreiber von [X.] im Sinne von §
3 Nr.
7 [X.] anzusehen.
Diese von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogene Beurteilung ergibt sich, wie der Senat in einer anderen, nach gemeinsamer Verhandlung ergangenen Entscheidung vom gleichen Tag näher dargelegt hat ([X.], [X.] vom 12.
Juni 2018 -
EnVR
53/16 -
Stadtwerke Essen AG),
aus der dem 11
12
13
14
15
16
-
6
-
Gesetz zugrunde liegenden Unterscheidung zwischen den Betreibern von Fern-leitungsnetzen und den Betreibern von Verteilernetzen.
Als Betreiber von [X.] sind nach der seit 5.
August 2011 geltenden Fassung von §
3 Nr.
5 [X.] nur noch Unternehmen anzusehen, deren Netze an Grenz-
oder Marktgebietsübergangspunkten Buchungspunkte oder -zonen aufweisen, für die [X.] Kapazitäten buchen können. Hierzu gehören die in Rede stehenden Unternehmen nicht. Demgegenüber er-füllen sie alle in §
3 Nr.
7 und 37 [X.] normierten Voraussetzungen für die Einordnung als Betreiber eines Gasverteilernetzes.

d)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
steht die in §
12 Abs.
1 Satz
1 [X.] vorgeschriebene Einteilung in Einklang mit den gesetzli-chen Vorgaben.
aa)
Wie auch die Rechtsbeschwerde
nicht in Zweifel zieht, umfasst die in §
24 Satz
1 Nr.
1 [X.] erteilte
Ermächtigung zur Regelung von Methoden zur Bestimmung der Entgelte für den Netzzugang gemäß §§
20 bis 23 [X.] die Befugnis, den in §
21a Abs.
5 Satz
1 [X.] als Grundlage für Effizienzvorga-ben vorgeschriebenen Effizienzvergleich näher auszugestalten.
bb)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
steht §
21a Abs.
5 Satz
1 [X.] einer Einbeziehung von Unternehmen, die nach früherem Recht als Betreiber von [X.] anzusehen waren, nicht entgegen.
(1)
Gemäß
§
21a Abs.
5 Satz
1 [X.] müssen bei der Bestimmung von Effizienzvorgaben unter anderem auch objektive strukturelle Unterschiede [X.] werden.
Diese Anforderung gilt grundsätzlich auch für die Durchführung des [X.], auf dessen Grundlage die Vorgaben erfolgen. Die Anreizregu-17
18
19
20
21
22
-
7
-
lierungsverordnung trägt ihr unter anderem dadurch Rechnung, dass sie in §
12 und §
22 [X.] jeweils gesonderte Regelungen über den Effizienzvergleich für Betreiber von Verteilernetzen und für Betreiber von Übertragungs-
bzw. Fernlei-tungsnetzen enthält.
(2)
Eine weitergehende Differenzierung dahingehend, dass für die Be-treiber bestimmter Arten von Verteilernetzen ebenfalls ein gesonderter Effizi-enzvergleich durchzuführen ist, wird durch die gesetzlichen Vorgaben zwar nicht ausgeschlossen. Sie ist in der im Streitfall zu beurteilenden Konstellation aber nicht geboten.
Das Gebot der Berücksichtigung objektiver struktureller Unterschiede wäre allerdings verletzt, wenn Netze miteinander verglichen würden, die sich aufgrund von grundlegend unterschiedlichen Eigenschaften oder Rahmenbe-dingungen schlechterdings nicht miteinander vergleichen lassen. Dieses Verbot greift indes nicht schon dann, wenn einzelne der in den Vergleich einbezogenen Netze aufgrund ihrer Versorgungsaufgabe oder anderer objektiver Umstände Besonderheiten aufweisen, die bei den übrigen Netzen nicht oder nicht in glei-cher Ausprägung vorhanden sind. Ein gesonderter Effizienzvergleich für be-stimmte Arten von Netzen ist vielmehr nur dann zwingend geboten, wenn sol-chen Besonderheiten durch geeignete Ausgestaltung eines gemeinsamen
[X.] nicht angemessen Rechnung getragen werden kann.
(3)
Anhaltspunkte dafür, dass die zuletzt genannte
Voraussetzung im Streitfall erfüllt
ist,
ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Betroffenen noch aus sonstigen Umständen.
Die Rechtsbeschwerde verweist auf Vortrag der Betroffenen, wonach die besondere Struktur der nach früherem Recht als Fernleitungsnetze
eingestuften Netze, insbesondere der nahezu bei 100
% liegende Anteil von Leitungen, die mit Hochdruck (mehr als 16 bar) betrieben werden, die großen Entfernungen 23
24
25
26
-
8
-
und Durchsatzmengen sowie die im Verhältnis dazu geringe Zahl von [X.] und sonstigen Betriebseinrichtungen dazu
führten, dass sich für diese Netze insbesondere bei den Parametern "versorgte Fläche", "[X.]" und "Ausspeisepunkte pro km Leitungslänge" Werte ergäben, die sich von den Werten der übrigen Netze um Größenordnungen unterschieden.
Diesem von der [X.] in tatsächlicher Hinsicht nicht in Zweifel gezogenen Vorbringen ist zu entnehmen, dass die in Rede stehenden Netze Besonderheiten aufweisen, die bei der Durchführung des [X.] in angemessener Weise berücksichtigt werden
müssen. Daraus ergibt sich indes nicht, dass dieser Anforderung nur durch einen gesonderten Effizi-enzvergleich genügt werden könnte.
[X.])
Die Regelung in §
21a Abs.
2 Satz
4 [X.], wonach Vorgaben für Gruppen von [X.] voraussetzen, dass die Netzbetreiber strukturell vergleichbar sind, führt, wie die [X.] zu Recht geltend macht, schon deshalb nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil die [X.] nach §
12 Abs.
1 Satz
1 [X.] für jeden Netzbetreiber individuell ermittelt werden und es deshalb an einer Vorgabe für eine Gruppe von [X.] fehlt.
Dass die individuellen Werte aufgrund eines Modells ermittelt werden, in das die Daten aller betroffenen Netze einfließen, reicht für die Anwendbarkeit von
§
21a Abs.
2 Satz
4 [X.] nicht aus. Der genannte Umstand führt zwar dazu, dass strukturelle Besonderheiten auch beim Effizienzvergleich zu berück-sichtigen sind. Die dafür einschlägigen Anforderungen ergeben sich aber nicht aus §
21a Abs.
2 Satz
4 [X.], sondern aus §
21a Abs.
5 Satz
1 [X.].
27
28
29
-
9
-
2.
Entgegen der Auffassung des [X.] hat die Bundes-netzagentur den Besonderheiten der in Rede stehenden Netze bei der Konzep-tion und Durchführung des [X.] nicht in jeder Hinsicht angemes-sen Rechnung getragen.
a)
Wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht in Zweifel zieht, hat die [X.] den besonderen Verhältnissen der nach früherem Recht als Betreiber von [X.] anzusehenden Unternehmen [X.] dadurch Rechnung getragen, dass sowohl bei der Modellbildung als auch bei der Ermittlung der individuellen [X.] [X.]n durchge-führt wurden.
aa)
Die [X.] im Rahmen der Modellbildung führte dazu, dass vier der fünf betroffenen Unternehmen als Ausreißer ermittelt wurden, so dass deren Daten nicht in die Modellbildung eingeflossen sind. Bei der Berech-nung der [X.] auf der Basis des erstellten Modells wurden die fünf Unternehmen wieder einbezogen. Im Rahmen der Dateneinhüllungsanalyse ([X.], [X.])
wurden aber alle fünf und im Rahmen der stochastischen Effizienzgrenzenanalyse (Stochastic Frontier Analysis, [X.]) vier von ihnen
als Ausreißer identifiziert, mit der Folge,
dass die theoretischen
Effi-zienzwerte dieser Unternehmen nicht als Maßstab für den [X.] anderer Netzbetreiber herangezogen wurden.

bb)
Diese Vorgehensweise lässt für sich gesehen keinen Rechtsfehler erkennen.

(1)
Wie der Senat bereits an anderer Stelle entschieden und näher [X.] hat, stehen der Regulierungsbehörde bei der Ausgestaltung des [X.] im Einzelnen erhebliche Spielräume zu, die hinsichtlich einiger Aspekte einem Beurteilungsspielraum, hinsichtlich anderer Aspekte einem Re-30
31
32
33
34
-
10
-
gulierungsermessen gleichkommen ([X.], Beschluss vom 21.
Januar 2014
-
EnVR
12/12, [X.], 276 Rn.
21
ff. -
Stadtwerke Konstanz GmbH).
Ein solcher Spielraum besteht auch hinsichtlich der Frage, durch welche methodische Vorgehensweise einzelnen strukturellen Besonderheiten Rech-nung getragen wird. Die diesbezügliche Entscheidung der [X.] ist deshalb nur dann rechtsfehlerhaft, wenn objektiv gegebene Besonderheiten gänzlich unberücksichtigt geblieben sind, wenn ihre Bedeutung verkannt wurde oder wenn die Art und Weise, in der sie berücksichtigt wurden, nicht geeignet ist, um angemessene Ergebnisse zu erzielen.
(2)
Die Vorgehensweise der [X.] hält einer Überprüfung anhand dieses Maßstabs stand.
Nach den Feststellungen des [X.] stellt die in verschie-denen Stufen durchgeführte [X.] grundsätzlich ein geeignetes Mittel dar, um zu verhindern, dass das Gesamtergebnis durch einzelne Ex-tremwerte unangemessen beeinflusst wird.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt dieses Mittel damit auch zur Identifikation und Aussonderung von [X.] in Betracht, die sich aus objektiven Besonderheiten einzelner Netze ergeben. Das Instru-ment der [X.] mag in erster Linie dem Zweck dienen, die Berech-nung um zufällige Besonderheiten zu bereinigen, die bei der Datenerhebung nicht erkennbar waren. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es nicht geeignet ist, auch solchen Besonderheiten Rechnung
zu tragen, die von [X.] bekannt waren.
So zieht auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel, dass die Einbezie-hung der früher als Betreiber von [X.] geltenden Unternehmen das Ergebnis der stochastischen Effizienzgrenzenanalyse ([X.]) aufgrund der 35
36
37
38
39
-
11
-
durchgeführten [X.]n nicht wesentlich zu Lasten der Betroffenen beeinflusst hat.
Dass die Einbeziehung der in Rede stehenden Netze das [X.] ([X.]) möglicherweise in gewissem [X.] beeinflusst hat, begründet für sich gesehen keinen Rechtsfehler.
Wie bereits dargelegt wurde, hat die [X.] auch im Rahmen dieser Berechnung dazu geführt, dass alle fünf betroffenen Unternehmen als Ausreißer identifiziert wurden, so dass deren theoretische [X.] nicht als Maßstab herangezogen wurden. Auswirkungen auf das Ergebnis
können allenfalls dadurch eingetreten sein, dass bei einem gesonderten Effizienzver-gleich weitere Unternehmen als Ausreißer identifiziert worden wären und der Vergleichsmaßstab deshalb abgesenkt worden wäre.
Dass solche Effekte im Streitfall eingetreten sind, kann zwar nicht ausge-schlossen werden. Weder aus der Dokumentation des [X.] (Be-richt zum Effizienzvergleich für [X.] Gas, Juli 2013) noch aus sonstigen Umständen ergeben sich aber Anhaltspunkte dafür, dass das [X.] dadurch in unangemessener Weise beeinflusst wurde. So wurden neben vier Unternehmen, die nach früherem Recht als Betreiber regionaler Fernlei-tungsnetze anzusehen waren, sechs weitere Netzbetreiber als Ausreißer identi-fiziert
(Bericht
S.
73). Dies spricht gegen die Annahme, die Einbeziehung der vier Unternehmen habe die Identifikation weiterer Ausreißer in wesentlichem Umfang verhindert.

Zwar ist nicht auszuschließen, dass bei einer Beschränkung auf Unter-nehmen, die schon nach früherem Recht als Betreiber von [X.] waren, eines oder mehrere der vier Unternehmen, deren rechnerischer [X.] über 100
%, aber nicht über der als kritisch angesehenen Grenze von 112
% lag (Bericht
S.
73), ebenfalls als Ausreißer identifiziert worden wäre. Der Umstand, dass sich für einzelne Netzbetreiber bei einer abweichenden [X.] möglicherweise ein günstigerer Wert ergeben hätte, führt aber 40
41
42
-
12
-
noch nicht dazu, dass die von der [X.] gewählte Methode als rechtsfehlerhaft einzustufen ist.
b)
Entgegen der Auffassung des [X.] hat die Bundes-netzagentur mit der von ihr vorgenommenen Schätzung der Werte für den Parameter
"versorgte Fläche" den Besonderheiten der fünf in Rede stehenden Netzbetreiber vor dem aufgezeigten Hintergrund nicht in angemessener Weise Rechnung getragen.
aa)
Nach § 30 Satz
2 [X.] kann die Regulierungsbehörde allerdings eine Schätzung vornehmen, soweit ihr keine oder offenkundig unzutreffende Daten vorliegen.
Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt, weil der [X.] keine Daten zu der versorgten Fläche vorlagen.
bb)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war die Bundes-netzagentur nicht deshalb an einer Schätzung gehindert, weil die versorgte [X.] nach der einschlägigen Festlegung (Beschluss vom 1.
März 2011
-
BK9-10/603, Anlage [X.], Nr.
10) grundsätzlich anhand des Konzessionsge-biets zu bestimmen war und die in Rede stehenden Netzbetreiber nicht über ein Konzessionsgebiet in diesem Sinne verfügen.
Die Festlegung vom 1.
März 2011 weist insoweit eine planwidrige [X.] auf, weil die in Rede stehenden Netze nach der damals geltenden Rechtslage nicht als Gasverteilernetze anzusehen waren und die übrigen [X.] über ein Konzessionsgebiet verfügen.
Diese Lücke ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zwingend dadurch zu schließen, dass für die versorgte Fläche der Wert 0 ange-43
44
45
46
47
48
-
13
-
setzt wird. Vielmehr ist entsprechend der Zielsetzung der Festlegung auf das Gebiet abzustellen, das durch das jeweilige Netz versorgt wird.
[X.])
Entgegen der Auffassung des [X.] ist der von der [X.] zur Ausfüllung der Lücke herangezogene Maßstab ange-sichts der großen Bedeutung, der dem Parameter im Rahmen des [X.] zukommt, nicht geeignet, den Besonderheiten der fünf in Rede stehen-den Netzbetreiber in angemessener Weise Rechnung zu tragen.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] hat die [X.] bei den fünf früher als Betreiber von
Fernleitungs-netzen eingestuften Unternehmen die versorgte Fläche anhand der amtlichen Gemeindeschlüssel geschätzt. Hierbei hat sie die Schlüssel aller Gebiete [X.], durch die Leitungen der betreffenden Netzbetreiber verlaufen und in denen zu deren
Netz gehörende Anlagen belegen sind.
Damit ist ein angemessener Vergleich mit [X.], die innerhalb eines Konzessionsgebiets ein flächenhaftes Verteilernetz betreiben, nicht ge-währleistet.
In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob ein Gebiet schon dann durch ein Netz versorgt wird, wenn darin eine Leitung verläuft oder eine zum Betrieb eingesetzte Anlage belegen ist, oder ob erforderlich ist, dass aus dem Netz Gas in das örtliche Verteilernetz eingespeist wird. Auch hinsicht-lich von Gebieten, bei denen diese Voraussetzung vorliegt, ist es systemwidrig, in gleicher Weise auf die gesamte Fläche abzustellen wie bei örtlichen [X.].
Bei örtlichen Verteilernetzen ist die versorgte Fläche als potentieller Kos-tenfaktor insbesondere deshalb relevant, weil sich das Netz typischerweise über erhebliche Teile dieser Fläche erstrecken muss, damit die Aufgabe der 49
50
51
52
53
-
14
-
örtlichen Verteilung erfüllt werden kann. Für Netze, die vor allem dazu dienen, Gas über weitere Entfernungen zu örtlichen Verteilernetzen zu transportieren, besteht ein solcher Zusammenhang typischerweise nicht.
Damit ist die schematische Heranziehung der amtlichen [X.] für beide Arten von Netzen schon im Ansatz nicht geeignet, den typi-scherweise bestehenden Unterschieden angemessen Rechnung zu tragen. Sie hat zwar den Vorteil, dass auf eine vergleichbare Datenquelle zurückgegriffen werden kann. Dies reicht zur angemessenen Berücksichtigung der [X.] Besonderheiten aber nicht aus, weil den auf diese Weise ermittelten [X.] eine grundlegend unterschiedliche Bedeutung in Bezug auf die Versor-gungsaufgabe zukommt.
Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob dies zwingend zur Konsequenz hat, dass ein einheitlicher Effizienzvergleich für beide Arten von Netzen unter Einbeziehung des -
für die erste und zweite [X.] in §
13 Abs.
4 Satz
1 Nr.
2 [X.] in der bis 16.
September 2016 geltenden Fassung zwin-gend vorgeschriebenen -
Vergleichsparameters "Fläche des versorgten [X.]" nicht in Betracht kommt, oder ob der unterschiedlichen Bedeutung, die den amtlichen [X.] in Bezug auf die unterschiedlichen Versor-gungsaufgaben zukommt, in anderer Weise Rechnung getragen werden kann, etwa durch Anwendung einer anderen Methode zur Berechnung der relevanten Fläche bei den früher als [X.] eingestuften Netzen oder durch zusätzliche Korrekturen bei anderen Berechnungsschritten innerhalb des [X.]. Selbst wenn eine solche Korrektur nicht in Betracht käme, könnte dies nicht
dazu führen, dass die von der [X.] gewählte Berechnungsweise trotz ihrer strukturellen Ungeeignetheit als rechtmäßig an-zusehen ist.
54
55
-
15
-
c)
Nach allem ist der [X.] für die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu ermitteln. Die Art und Weise, in der dies geschieht, unterliegt den der Regulierungsbehörde innerhalb der [X.] rechtlichen Grenzen eingeräumten Spielräumen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 [X.], die Festsetzung des [X.] auf §
50 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 GKG und §
3 ZPO.
[X.]
Grüneberg
Bacher

[X.]
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 14.09.2016 -
VI-3 Kart 175/14 (V) -

56
57

Meta

EnVR 43/16

12.06.2018

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2018, Az. EnVR 43/16 (REWIS RS 2018, 7995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7995

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

EnVR 54/17 (Bundesgerichtshof)


EnVR 53/16 (Bundesgerichtshof)


EnVR 53/16 (Bundesgerichtshof)

Effizienzvergleich für Verteilernetzbetreiber für die zweite Regulierungsperiode: Einbeziehung der Betreiber von Gasverteilernetzen und der nach …


EnVR 76/18 (Bundesgerichtshof)

Festsetzung der Erlösobergrenze für zweite Regulierungsperiode - Effizienzvergleich


EnVR 12/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.