Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2012, Az. I ZB 43/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 10183

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/11
vom

12. Januar
2012

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 890
Sind sowohl eine juristische Person als auch ihr Organ aus einem Vollstre-ckungstitel zur Unterlassung verpflichtet und handelt das Organ im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit für die juristische Person dem Verbot zuwider, ist nur gegen die juristische Person ein Ordnungsgeld nach §
890 ZPO festzusetzen.
[X.], Beschluss vom 12. Januar 2012 -
I [X.]/11 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 12. Januar
2012 durch [X.] [X.] und die Richter Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Schaffert, Dr.
Koch und Dr. Löffler

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners zu 2 wird der Be-schluss des 5.
Zivilsenats des Kammergerichts vom 24.
Mai 2011 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners zu
2 wird der Be-schluss der Zivilkammer
15 des [X.] vom 11.
Fe-bruar 2011 hinsichtlich der Kostenentscheidung und insoweit [X.], als zum Nachteil des Schuldners zu
2 ein Ordnungsgeld festgesetzt worden ist.

Der Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner zu
2 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten erster Instanz tragen die Gläubigerin und die Schuldnerin zu
1 je zur Hälfte. Von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz tragen die Gläubigerin diejenigen des Schuldners zu
2 und die Schuldnerin zu
1 die Hälfte derjenigen der Gläubige-rin. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren fallen der Gläubigerin zur Last.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 10.000

-
3
-
Gründe:

[X.] Die Schuldnerin zu
1 (nachfolgend Schuldnerin), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist im Direktvertrieb tätig. Der Schuldner zu
2 (nachfol-gend Schuldner) ist Geschäftsführer der Schuldnerin.

Das [X.] hat beiden Schuldnern bestimmte Behauptungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Gaslieferungen untersagt. Wegen Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot hat das [X.] gegen die Schuldner als Gesamtschuldner ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000

r-satzweise für je 500

t-gesetzt. Die dagegen nur
vom Schuldner eingelegte
Beschwerde hat das Be-schwerdegericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelasse-nen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Begehren weiter, den [X.] zurückzuweisen.

I[X.] Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist [X.] (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO) und auch sonst zulässig (§
575 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Seien
wie im vorliegenden Fall
eine Gesellschaft mit beschränk-ter Haftung und ihr Geschäftsführer zur Unterlassung verpflichtet und habe der Geschäftsführer schuldhaft gegen das gerichtliche Verbot verstoßen, sei ein einheitliches Ordnungsgeld gegen beide Schuldner festzusetzen, für das diese als Gesamtschuldner hafteten.

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Sind sowohl eine juristische Person als auch ihr Organ aus einem Vollstreckungstitel zur Unterlassung verpflichtet und handelt das
Organ
im Rah-1
2
3
4
5
6
-
4
-
men der geschäftlichen Tätigkeit für die juristische
Person dem
Verbot zuwider, ist nur gegen die juristische Person ein Ordnungsgeld nach §
890 ZPO festzu-setzen (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Oktober 2007
5
W
99/07, juris; Fezer/Büscher, [X.], 2.
Aufl., §
12 Rn.
405; [X.]/Walker/[X.], Voll-streckung und
Vorläufiger Rechtsschutz, 5.
Aufl., §
890 Rn.
45; für die
Festset-zung eines Ordnungsgeldes und Haftung als Gesamtschuldner [X.], [X.] 1987, 383 und [X.], 413, 417; [X.], [X.], 723, 724; Ahrens
in Ahrens, [X.], 6.
Aufl., Kap.
68 Rn.
8; MünchKomm.[X.]/Ehricke, Vor §
12 Rn.
167; weitergehend für Festsetzung getrennter Ordnungsgelder [X.], Beschluss vom 25.
April 2007

6
W
40/07, juris Rn.
1 und 3).

b) Ist Vollstreckungsschuldner eines Unterlassungsgebots ausschließlich eine juristische Person, ist bei einer schuldhaften Zuwiderhandlung das Ord-nungsgeld gegen die juristische Person und die ersatzweise bestimmte [X.] gegen das [X.] festzusetzen, das schuldhaft gegen das Verbot verstoßen hat (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Mai 1991
I
ZR
218/89, [X.], 929, 931 = [X.], 467
Fachliche Empfehlung
II; [X.], [X.], 1556, 1557; [X.], [X.] 2002, 121; MünchKomm.ZPO/[X.], 3.
Aufl., §
890 Rn.
24; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., §
890 Rn.
6; für ein
wahlweises
Ordnungsgeld gegen die juristische Person oder das Organ [X.], ZPO, 8.
Aufl., §
890 Rn.
12; für Ordnungsmittel nur gegen die Organe [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
890 Rn.
55).
Entsprechen-des gilt, wenn auch das Organ neben der juristischen Person [X.] ist und sein schuldhaftes Verhalten, das Gegenstand des Ordnungsmittelverfah-rens ist,
der juristischen Person nach §
31 BGB zuzurechnen ist. Die juristische Person ist selbst nicht handlungsfähig. Sie handelt durch ihre Organe. Deren schuldhafte Zuwiderhandlung muss sie sich nach §
31 BGB zurechnen lassen. Die Festsetzung von [X.] gegen die juristische Person und ihre Organe nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen setzt daher nur einen schuldhaften Verstoß des Organs gegen das Unterlassungsgebot voraus. [X.] besteht kein Anlass, aufgrund einer der juristischen Person [X.]
-
5
-
ren schuldhaften Zuwiderhandlung ihres Organs daneben zusätzlich [X.] gegen das Organ festzusetzen oder dessen gesamtschuldnerische Haftung zu begründen.

Für dieses Ergebnis sprechen
auch Sinn und Zweck der
Ordnungsmittel
nach §
890 ZPO, die
neben der Funktion als zivilrechtliche Beugemaßnahme zur Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen auch einen
repressiven straf-ähnlichen Sanktionscharakter haben
(vgl. [X.] 58, 159, 162; [X.], [X.] 2007, 860
Rn.
11; [X.], Beschluss vom 23.
Oktober 2003

I
ZB
45/02, [X.]Z 156, 335, 345
f.
[X.]; [X.] in [X.]/Bornkamm, [X.], 30.
Aufl., §
12 Rn.
6.12; [X.]/[X.] aaO §
890 Rn.
5).
Damit ist schwerlich vereinbar, dass aufgrund der von einer natürlichen Person begangenen Zuwiderhandlung ein und dasselbe Ordnungsmittel gegen mehre-re Personen festgesetzt wird.

Dadurch wird eine gesonderte Inanspruchnahme des Organs neben der juristischen Person im Erkenntnisverfahren nicht überflüssig. Diese erlangt vielmehr ihre Bedeutung, wenn das Handeln des Organs der juristischen Per-son nicht nach §
31 BGB zurechenbar ist, weil es sich aus Sicht eines Außen-stehenden so weit vom organschaftlichen
Aufgabenbereich entfernt, dass der allgemeine Rahmen der ihm übertragenen Obliegenheiten überschritten [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Februar 1979
VI
ZR
256/77, [X.], 115
f.; Urteil vom 13.
Januar 1987
VI
ZR
303/85, [X.]Z 99, 298, 300). Das kommt etwa in Betracht, wenn das Organ für einen neben der juristischen Per-son bestehenden eigenen Geschäftsbetrieb oder eine andere juristische Person die schuldhafte Zuwiderhandlung begangen hat.

8
9
-
6
-
II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1, §
100 Abs.
1, §
788 ZPO.

Bornkamm
Büscher
Schaffert

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.02.2011 -
15 [X.]/09 -

KG Berlin, Entscheidung vom 24.05.2011 -
5 [X.]/11 -

10

Meta

I ZB 43/11

12.01.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2012, Az. I ZB 43/11 (REWIS RS 2012, 10183)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10183

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