Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2011, Az. XII ZB 212/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1619

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 212/11

vom

9. November 2011

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 61 Abs. 1; BGB § 1605
Zur Höhe der Beschwer, wenn der Unterhaltspflichtige und sein Ehegatte steuerlich zusammen veranlagt wurden und der Unterhaltspflichtige zur Vorlage des [X.] verurteilt worden ist.
[X.], Beschluss vom 9. November 2011 -
XII [X.] 212/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 9.
November 2011
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne,
die Richterin Weber-Monecke
und die Richter Dose, Schilling und Dr. Günter
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des
1.
Senats
für Familiensachen des [X.]s [X.]
vom 7.
April
2011
wird auf Kosten des Antragsgegners
verworfen.
[X.]: bis 600

Gründe:
I.
Die Antragstellerin
ist die volljährige Tochter
des Antragsgegners aus dessen erster Ehe. Sie nimmt den Antragsgegner, der mittlerweile wieder ver-heiratet
ist, auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.
Auf den
von der Antragstellerin
erhobenen
Stufenantrag
wurde der An-tragsgegner
durch Teilbeschluss
des Amtsgerichts

Familiengericht

u. a. da-zu verurteilt,
der Antragstellerin
Auskunft zu erteilen über
die Höhe der
von ihm innerhalb der Monate März 2009 bis Februar 2010 bezogenen
Nettoeinkünfte aus Erwerbstätigkeit und aus Steuerrückzahlungen
sowie diese Auskunft durch die Vorlage von Einkommensbelegen und seines letzten Steuerbescheids für die [X.] und 2009 zu belegen.
Gegen diesen
Teilbeschluss
hat
der Antragsgegner
Beschwerde
einge-legt. Das [X.] hat den Wert der
Beschwer für das
Beschwerde-1
2
3
-
3
-
verfahren
auf 300

festgesetzt und die Beschwerde
sodann
als unzulässig verworfen.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der er geltend macht, der
Wert der Beschwer übersteige 600

.

II.
Die nach §
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG i. V. m. §§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4
ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Antragsgegners
ist nicht zulässig, weil weder
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordern

574 Abs.
2 Nr.
2
ZPO),
noch die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
574 Abs.
2 Nr.
1 ZPO).
1.
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass für die Bemessung des Werts des [X.] bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend
ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist -
von dem Fall eines besonde-ren Geheimhaltungsinteresses abgesehen
-
auf den Aufwand an Zeit und Kos-ten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfor-dert.
Dies entspricht der ständigen
Rechtsprechung des [X.] (Senatsbeschlüsse vom 23.
März 2011 -
XII
[X.] 436/10
-
FamRZ 2011, 882 Rn.
9; vom 22.
April 2009 -
XII
[X.] 49/07
-
FamRZ 2009, 1211 Rn.
9 jeweils mwN
und vom 31.
Januar 2007 -
XII
[X.] 133/06
-
FamRZ 2007, 714 Rn.
4; [X.]Z -
GSZ
-
128, 85
= NJW 1995, 664
f.).

b) Auf dieser rechtlichen Grundlage
ist im Falle einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG [X.]. §
3 4
5
6
7
-
4
-
ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das [X.] ihm nach §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG [X.]. §
3 ZPO einge-räumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Gericht bei der Bewertung des [X.] nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG [X.]. §
139 ZPO) nicht festgestellt hat (vgl. [X.] vom 31.
Januar 2007 -
XII
[X.] 133/06
-
FamRZ 2007, 714 Rn.
5 mwN und vom 31.
März 2010 -
XII
[X.] 130/09
-
FamRZ 2010, 881 Rn.
10).
c) Soweit das Beschwerdegericht den Aufwand für die Zusammenstel-lung und die Vorlage der im Tenor des angefochtenen Beschlusses genannten Unterlagen sowie der darauf aufbauenden Auskunft auf unter 600

hat, lässt dies einen Ermessensfehler zum Nachteil des Antragsgegners nicht erkennen.
d) Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch
die Kosten der Zuziehung eines
Steuerberaters
bei der Bemessung der Beschwer außer Betracht gelas-sen. Solche Kosten können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten [X.]serteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse
vom 25.
April 2007 -
XII
[X.] 10/07
-
FamRZ 2007, 1090
Rn.
7;
vom 26.
Oktober 2005 -
XII
[X.] 25/05
-
FamRZ 2006, 33, 34
und Senatsurteil vom 11.
Juli 2001
-
XII
ZR 14/00
-
FamRZ 2002, 666, 667). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.
Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Auskunftspflichtige den Steuerbescheid auch dann vorlegen, wenn er zusammen mit seinem Ehegatten veranlagt worden ist. Er darf dabei jedoch solche [X.] abdecken 8
9
10
-
5
-
oder sonst unkenntlich machen, die ausschließlich seinen Ehegatten betreffen oder in denen Werte für ihn und seinen Ehegatten zusammengefasst sind, ohne dass sein eigener Anteil daraus entnommen werden kann (Senatsurteil vom 13.
April 1983 -
IVb
ZR 374/81
-
FamRZ 1983, 680, 682; vgl. dazu auch [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
1 Rn.
1183). Der Unterhaltsschuldner
kann deshalb die im Rahmen eines Verfah-rens auf Kindesunterhalt bestehende
Belegpflicht über sein Einkommen dadurch erfüllen, dass er die in dem vorzulegenden Einkommensbescheid ent-haltenen Angaben zum Einkommen seiner Ehefrau schwärzt (vgl. Senatsbe-schluss vom 3.
November 2004
-
XII
[X.] 165/00
-
[X.], 104).

Im vorliegenden Fall kann der Antragsgegner die ihm auferlegte [X.] zur Vorlage seiner Steuerbescheide
für die [X.] und 2009 auf die gleiche Art und Weise erfüllen, ohne das Einkommen seiner Ehefrau [X.] zu müssen. Die nach der Streichung vorhandenen Angaben zum Ein-kommen des Antragsgegners und zu den vom Einkommen absetzbaren Beträ-gen genügen, um anhand der Grundtabelle die Steuerschuld des [X.] fiktiv zu errechnen
(vgl. Senatsbeschluss vom 3.
November 2004
-
XII
[X.] 165/00
-
[X.], 104, 105).
Eine von einem Steuerberater durchgeführte Berechnung der Steuerschuld des Antragsgegners bei einer getrennten Veran-lagung für die beiden relevanten Steuerjahre bedarf es dazu
nicht. Das Be-schwerdegericht hat deshalb zu Recht die vom Antragsgegner geltend gemach-ten Kosten für die Beiziehung eines Steuerberaters bei der Bemessung seiner Beschwer außer Betracht gelassen.
e) Auch soweit das Beschwerdegericht das vom Antragsgegner
geltend gemachte Geheimhaltungsinteresse nicht als werterhöhend berücksichtigt hat, hält dies der rechtlichen Nachprüfung stand.
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12
-
6
-
aa) Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] im Einzelfall ein Geheimhaltungsinteresse der zur Auskunft verurteilten Partei für die Bemessung des Rechtsmittelinteresses erheblich sein (Senatsbe-schluss [X.]Z 164, 63 = [X.], 1986). Hierfür
muss aber ein besonde-res Interesse des Auskunftspflichtigen, bestimmte Tatsachen insbesondere vor dem Gegner geheim zu halten, im Einzelfall konkret dargelegt werden. Dazu gehört auch, dass gerade in der Person des Auskunftsbegehrenden die Gefahr begründet sein muss, dieser werde von ihm gegenüber offenbarten Tatsachen über den Rechtsstreit hinaus in einer Weise Gebrauch machen, die schützens-werte wirtschaftliche Interessen des zur Auskunft Verpflichteten gefährden [X.] (Senatsbeschluss [X.]Z 164, 63 = [X.], 1986
mwN).
bb) Hier hat der Antragsgegner
geltend gemacht, durch die Verpflichtung zur Vorlage der Steuerbescheide
für die [X.] und 2009
müsse auch sei-ne Ehefrau, mit der er steuerlich zusammen veranlagt werde, ihre Einkom-mensverhältnisse gegenüber der Antragstellerin offenbaren, obwohl sie dazu nicht bereit sei. Dadurch werde das Geheimhaltungsinteresse seiner Ehefrau
verletzt, das
diese aus dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf [X.] Selbstbestimmung ableiten könne. Das Geheimhaltungsinteresse seiner Ehefrau könne nur dadurch geschützt werden, dass er mit Hilfe eines Steuerberaters fiktiv eine getrennte Steuerveranlagung durchführen lasse. [X.] habe das Beschwerdegericht
das Geheimhaltungsinteresse seiner Ehefrau bei der Bemessung des Werts der Beschwer berücksichtigen müssen.
cc) Mit dieser Begründung hat der Antragsgegner ein werterhöhendes Geheimhaltungsinteresse nicht dargetan. Es kann offen bleiben, ob auch in ei-nem Fall der vorliegenden Art der Grundsatz gilt, dass Drittbeziehungen des Auskunftspflichtigen nicht zu einem unmittelbar aus der Verurteilung zur [X.] fließenden rechtlichen Nachteil führen und deshalb als reine Fernwirkung 13
14
15
-
7
-
für die Bemessung der Beschwer außer Betracht zu bleiben haben (vgl. hierzu Senatsbeschluss [X.]Z 164, 63 = [X.], 1986, 1987). Wie bereits [X.], kann das Geheimhaltungsinteresse der Ehefrau des Antragsgegners bereits dadurch geschützt werden, dass der Antragsgegner Angaben auf dem vorzulegenden Steuerbescheid, die die Einkommensverhältnisse seiner Ehe-frau betreffen, schwärzt.

2. Schließlich hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung (§
574 Abs.
2 Nr.
1 ZPO). Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist
vom Bundesgerichtshof bereits entschieden
(vgl. Senatsurteil vom 13.
April 1983 -
IVb
ZR 374/81
-
FamRZ 1983, 680, 682 und Senatsbe-schluss vom 3.
November 2004 -
XII
[X.] 165/00
-
[X.], 104). Dass

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-
8
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hierzu in der obergerichtlichen
Rechtsprechung oder in der Literatur unter-schiedliche Meinungen vertreten werden
(vgl. zu dieser Voraussetzung [X.] Beschluss vom 8.
Februar 2010 -
II
ZR 54/09
-
NJW-RR 2010,
1047 Rn.
3 mwN)
hat die
Rechtsbeschwerde nicht dargelegt.

Hahne

Weber-Monecke

Dose
Schilling

Günter

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
258 [X.]/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.04.2011 -
II-1 UF 51/11 -

Meta

XII ZB 212/11

09.11.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2011, Az. XII ZB 212/11 (REWIS RS 2011, 1619)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1619

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