Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2016, Az. IX ZR 259/13

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13919

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:240316U[X.]259.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX [X.]/13

Verkündet am:

24. März 2016

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 1197 Abs. 1
Gehört eine Eigentümergrundschuld zur Masse, kann der Verwalter in dem Insol-venzverfahren über das Vermögen des Grundstückseigentümers aus ihr die
Zwangsvollstreckung zum Zwecke der Befriedigung betreiben ([X.] an [X.]Z
103, 30).

[X.] §
137 Satz
2; [X.] §
38
Die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete schuldrechtliche Ver-pflichtung, eine Grundschuld nicht zu revalutieren und sie nicht zu übertragen, [X.] den Insolvenzverwalter nicht, die Grundschuld zu verwerten.
-
2
-

[X.] §
55 Abs.
1 Nr.
3; [X.] §
812 Abs.
1 Satz 1 Fall
2
Der vertragliche, ungesicherte Anspruch eines Gläubigers, Grundschulden nicht zu revalutieren und sie nicht zu übertragen, verwandelt sich in der Insolvenz des [X.] nicht in einen Bereicherungsanspruch gegen die Masse, wenn die Grundschulden als Eigentümergrundschulden in die Masse fallen und später in-folge des Erwerbs des Grundstücks durch den Gläubiger zu [X.]en werden.

[X.], Urteil vom 24. März 2016 -
IX [X.]/13 -
OLG [X.]

[X.]

-
3
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. März
2016
durch [X.] [X.], die
Rich-terin [X.], [X.] Pape, [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9.
Zivilsenats des [X.]s [X.] vom 25.
Februar 2013 aufge-hoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil der 2.
Zivilkammer
des [X.]s Kleve vom 22.
Februar 2012
wird
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage -
soweit nicht durch Teilanerkenntnisurteil vom 13.
Oktober 2011 bereits ent-schieden worden ist
-
als unbegründet
abgewiesen wird.

Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin und ihr inzwischen verstorbener Ehemann (fortan auch Übergeber) waren Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundbesitzes. Die
zum Hof gehörenden Grundstücke waren mit Grundschulden belastet, die der Sicherung im Jahr 2001 teilweise noch nicht zurückgezahlter Darlehen dienten. 1
-
4
-
Mit notariellem Vertrag vom 29.
Juni 2001 übertrugen die Klägerin und ihr [X.] den Hof auf ihren [X.]
(fortan: Schuldner). In dem Vertrag behielten sie sich das Recht zum Rücktritt unter anderem für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners vor. Der Rückübertra-gungsanspruch wurde durch eine im Grundbuch eingetragene
Auflassungsvor-merkung gesichert. Der Schuldner tilgte in der Folgezeit die Darlehen, welche den der Auflassungsvormerkung im Range vorgehenden Grundschulden zu-grunde lagen.

Über das Vermögen des Schuldners
wurde am 21.
November 2006
das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 31.
Juli
2007 erklärten die Klägerin und ihr Ehemann den Rücktritt von dem Übergabevertrag und verlangten von dem Beklagten die Rückübertragung des Grundstücks und die Abtretung der Rückgewähransprü-che
und der Grundschulden. Über das Ob und das Wie der Eigentumsrücküber-tragung entwickelte sich zwischen den Übergebern auf der einen und dem [X.] auf der anderen Seite eine mehrjährige Korrespondenz. Der Beklagte erreichte in
der Zwischenzeit bei der Sicherungsnehmerin, dass diese auf die Grundschulden verzichtete. Dieser Verzicht wurde am 11.
Oktober 2010 in das Grundbuch eingetragen.

Nach der Rückübertragung der Grundstücke am 2.
April 2012 an die Klägerin aufgrund des
im vorliegenden Rechtsstreit gegen den Beklagten er-gangenen [X.] verlangt diese
von dem Beklagten noch die Übertragung der im Klageantrag bezeichneten, vor der Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragenen
Grundschulden. Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen, das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit der 2
3
-
5
-
vom Senat zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei den Ansprüchen der Klägerin auf Übertragung der
Grundschulden handele es sich um Masseverbindlichkei-ten
nach §
55 Abs.
1 Nr.
3 [X.], §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall 2 [X.].
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe für den Beklagten nur die Rechte begründet, die auch dem Schuldner zugestanden hätten. Dieser habe sich nach der Ablösung der gesicherten Forderungen zwar Eigentümergrundschulden verschaffen, [X.] oder die zuvor bestehenden [X.]en aber
nicht ohne Zustim-mung der Klägerin revalutieren dürfen. Dies ergebe sich aus der Auslegung des [X.] vom 29.
Juni 2001. Deswegen sei der [X.] der nicht mehr valutierten Grundschulden aus dem Vermögen des Schuldners und somit auch aus der Insolvenzmasse ausgeschieden. Sowohl die [X.] als auch die durch den Verzicht der Grundschuld-gläubigerin entstandenen Eigentümergrundschulden stellten keine der [X.] zuzuweisenden verwertbaren Vermögenspositionen mehr dar. Eine Zwangsvollstreckung aus den Eigentümergrundschulden in das eigene [X.] sei ausgeschlossen gewesen (§
1197 Abs.
1 [X.]). Bei dieser Sachlage habe die Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Kosten der Klägerin nur eine Buchposition erworben, als das Eigentum an dem belaste-4
5
-
6
-
ten Grundstück in Erfüllung des
vormerkungsgesicherten Übereignungsan-spruchs am 2.
April 2012 auf die Klägerin übergegangen sei und sich die [X.] verwandelt hätten.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Masse sei infolge des Entstehens von [X.] und später von [X.]en ungerechtfertigt
bereichert worden, beruht
auf [X.].
Die Klägerin hat
gegen den [X.]
keinen Bereicherungsanspruch nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.], §
55 Abs.
1 Nr.
3 [X.].

1.
Allerdings ist die Ansicht des Berufungsgerichts richtig und wird von den Parteien auch nicht angegriffen, dass die Grundschulden im Laufe des [X.] zunächst als Eigentümer-
und zuletzt als Fremdgrundschul-den in die Masse gefallen
sind.

a)
Bei den Grundschulden handelt es sich nach den Feststellungen des Berufungsurteils um Sicherungsgrundschulden, welche
die Ansprüche der Grundschuldgläubigerin
auf Rückzahlung von Darlehen absicherten. Ein [X.]seigentümer, der Sicherungsgrundschulden bestellt, hat aus dem Siche-rungsvertrag gegen den Sicherungsnehmer einen durch den Wegfall des [X.] aufschiebend bedingten schuldrechtlichen Anspruch auf Abtre-tung, auf Verzicht oder auf Aufhebung des nicht valutierten Teils der [X.] ([X.], Urteil vom 25.
März 1986 -
IX
ZR 104/85, NJW
1986, 2108, 2109,
insoweit in [X.]Z
97, 280
nicht abgedruckt; vom 19.
April 2013 -
V
ZR 6
7
8
-
7
-
47/12, [X.]Z
197, 155 Rn.
7). Soweit den Übergebern daher aus den [X.] nach Wegfall des Sicherungszwecks Ansprüche auf Rückge-währ der Grundschulden gegen die Grundschuldinhaberin zustanden, haben sie diese in dem Übergabevertrag vom 29.
Januar 2001 an den Schuldner ab-getreten (vgl. [X.], Urteil vom 25.
März 1986, [X.]O S.
2110).

b)
Die durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten [X.]
des Schuldners waren zwar gepfändet worden, so dass gemäß §
804 Abs.
1 [X.], §
282 AO
ein Pfandrecht der Pfändungsgläubiger an den
[X.]n
begründet worden
ist, soweit diese Ansprüche bestanden. Durch die Pfändung der [X.]
ist jedoch kein Pfandrecht an den Grundschulden selbst begründet worden
(vgl. [X.], Urteil vom 6.
Juli 1989 -
IX
ZR 277/88, [X.]Z
108, 237, 241
f). Der nur schuldrechtli-che Anspruch auf Rückgewähr der Grundschulden
hinderte
die Grundschuld-gläubigerin als Drittschuldnerin nicht, über die ihr zustehenden
Grundschulden zu verfügen. Mit ihrem Verzicht auf die Grundschulden nach §
1192 Abs.
1, §
1168 Abs.
1 und 2 [X.] hat sie von ihrem Recht
Gebrauch gemacht. Dadurch sind Eigentümergrundschulden entstanden, die so nach §
35 Abs.
1 [X.] in die Masse gefallen sind (vgl.
[X.], Urteil vom 6.
Juli 1989, [X.]O
S.
246).

c)
Mit der Eintragung der Klägerin als Eigentümerin des streitgegen-ständlichen Grundstücks im Grundbuch im April 2012
und damit mit ihrem Ei-gentumserwerb wurden
die
Eigentümergrundschulden zu [X.]en
und entfalteten deren volle Wirkungen einschließlich Vollstreckbarkeit und Ver-zinslichkeit. Die durch den Verwalter handelnde Masse
hatte dadurch die Mög-lichkeit, die Grundschulden
als Berechtigte mit voller Wirkung an einen [X.] abzutreten, ohne dass es etwa auf dessen Gutgläubigkeit (§
892 [X.]) ankäme
([X.], Urteil vom 16.
Mai 1975 -
V
ZR 24/74, [X.]Z
64, 316, 320
f).

9
10
-
8
-

2.
Doch hat die Masse die Grundschulden nicht auf sonstige Weise auf Kosten der Klägerin erlangt (§
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.]).

a)
Der [X.] nach dieser Vorschrift unterliegt jeder vermö-gensrechtliche Vorteil ("etwas"), den der Erwerber nur unter Verletzung einer geschützten Rechtsposition und der alleinigen Verwertungsbefugnis des Rechtsinhabers ("auf dessen Kosten") erlangen konnte und der deshalb dem Zuweisungsgehalt der verletzten Rechtsposition widerspricht ([X.], Urteil vom 19.
Juli 2012 -
I
ZR 70/10, [X.]Z
194, 136 Rn.
27).
Rechtlicher Anknüpfungs-punkt der Bereicherungshaftung "in sonstiger Weise" ist dabei die Verletzung einer solchen Rechtsposition, die nach dem Willen der Rechtsordnung dem Be-rechtigten zu dessen ausschließlicher Verfügung und Verwertung zugewiesen ist. Eine Bereicherungshaftung "in sonstiger Weise" setzt nur ein, wenn der [X.] Vermögensvorteil dem Zuweisungsgehalt des verletzten Rechtsguts wi-derspricht. Der bereicherungsrechtliche Ausgleich über die [X.] setzt die Beeinträchtigung einer schützenswerten und vermögensrechtlich nutz-baren Rechtsposition voraus. Der Zuweisungsgehalt der geschützten Rechts-position entspricht einem Verbotsanspruch des Rechtsinhabers, in dessen Macht es steht, die Nutzung des Rechtsguts einem sonst ausgeschlossenen [X.] zur wirtschaftlichen Verwertung zu überlassen. Der [X.] unterliegt demnach ein solcher vermögensrechtlicher Vorteil, den der Erwerber nur unter Verletzung einer geschützten Rechtsposition und der alleinigen Ver-wertungsbefugnis des Rechtsinhabers erlangen konnte. Die bloße Beeinträchti-gung einer Verwertungschance hat die Sanktion der bereicherungsrechtlichen Ausgleichspflicht nicht zur Folge. Die geschützte Rechtsposition muss es dem Gläubiger vielmehr gewährleisten, dass ohne seine Zustimmung ihre Nutzung durch Dritte zu unterbleiben hat. Vom Zuweisungsgehalt eines Rechtsguts im 11
12
-
9
-
bereicherungsrechtlichen Sinne werden bloße Erwerbs-
und Gewinnchancen nicht erfasst, mögen sie auch -
wie beim Recht am eingerichteten und ausgeüb-ten Gewerbebetrieb
-
mit einem deliktisch geschützten Rechtsgut verbunden sein ([X.], Urteil vom 9.
März 1989 -
I
ZR 189/86, [X.]Z
107, 117, 120
f).

b)
Es trifft bereits die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu, dass sich die Rechtsposition des Beklagten aufgrund der Umwandlung der [X.] infolge des Übergangs des Eigentums am Grundstück auf die Klägerin verbessert hätte. Die Eigentümergrundschuld umschließt grundsätzlich alle Rechte, die eine [X.] gewährt, ins-besondere das Recht, die Zahlung einer bestimmten Geldsumme aus
dem Grundstück zu erlangen (§§
1196, 1191, 1192 [X.]). Der Eigentümer kann die Eigentümergrundschuld als Grundschuld oder unter
Umwandlung in eine Hypo-thek (§
1198 [X.]) auf Dritte übertragen oder sonst darüber verfügen, zum Bei-spiel
sie verpfänden oder einem nachstehenden Gläubiger das Vorrecht vor ihr einräumen ([X.], Urteil vom 16.
Mai 1975 -
V
ZR 24/74, [X.]Z 64, 316, 318). Dem steht §
1197 Abs.
1 [X.] nicht entgegen. Allerdings kann nach dieser Vor-schrift der Eigentümer als Gläubiger nicht die Zwangsvollstreckung zum [X.] seiner Befriedigung betreiben. Dies bedeutet, dass erst die Umwandlung in eine [X.] die Möglichkeit der Vollstreckung in das belastete Grundstück eröffnet. Hierin offenbart sich aber kein inhaltlicher Unterschied zwischen Eigentümer-
und [X.]. §
1197 Abs.
1 [X.] enthält le-diglich eine persönliche Beschränkung der verfahrensrechtlichen Rechtsstel-lung des Eigentümers als des Inhabers der Grundschuld; ihm fehlt die verfah-rensrechtliche Befugnis, selbst die Zwangsvollstreckung zu
betreiben. Er ist aber nicht gehindert, schon bei Bestellung der Eigentümergrundschuld (oder auch später) den jeweiligen Eigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung 13
-
10
-
aus der Grundschuld zu unterwerfen ([X.], Urteil vom 16.
Mai 1975,
[X.]O S.
318 f).

Darüber hinaus hinderte §
1197 Abs.
1 [X.] entgegen der Annahme des Berufungsgerichts
vorliegend den
Beklagten nicht, als Insolvenzverwalter aus den Eigentümergrundschulden die Zwangsvollstreckung in das schuldnerische Grundstück zu betreiben. Der [X.] hat bereits entschieden, dass §
1197 Abs.
1 [X.] nicht für die Pfandgläubiger gilt ([X.], Urteil vom 18.
Dezember 1987 -
V
ZR 163/86, [X.]Z
103, 30, 36
f). Zur Begründung hat er ausgeführt, schon der Wortlaut des §
1197 Abs.
1 [X.] spreche dafür, dass es sich nur um eine für den Eigentümer als Grundschuldgläubiger persönlich gel-tende Beschränkung handele. Das entspreche auch der dinglichen Rechtslage und den in Betracht kommenden Interessen. Die [X.] grundsätzlich dieselben Rechte wie eine [X.]; die Be-schränkung des §
1197 Abs.
1 [X.] sei demjenigen, der gleichzeitig [X.]seigentümer und Inhaber der Grundschuld ist, als rein persönliche Be-schränkung auferlegt, um die Ausschaltung nachrangiger Gläubiger zu [X.], die in der Zwangsversteigerung mit ihren Rechten ausfallen könnten. [X.] aber bestehe kein rechtfertigender Grund dafür, die Vorschrift des §
1197 Abs.
1 [X.] auch auf den Pfändungsgläubiger anzuwenden, weil die [X.] in diesem Fall anders sei. Der Pfändungsgläubiger vollstrecke zu [X.] eigenen Befriedigung, nicht zu einem -
im Hinblick auf nachrangige [X.] nicht gerechtfertigten
-
Vorteil des Eigentümers ([X.], Urteil vom 18.
De-zember 1987, [X.]O
S.
37
f).

Nichts Anderes gilt für den
Insolvenzverwalter, dem gegenüber die Be-schränkung des §
1197 Abs.
1 [X.] ebenfalls nicht wirkt. Die Insolvenz ist ein Verfahren der (Gesamt-)Vollstreckung.
Jede einzelne Verwertungshandlung 14
15
-
11
-
des Verwalters stellt somit eine Vollstreckungsmaßnahme dar; dabei kann der Verwalter nicht anders behandelt werden als
ein Gläubiger in der Einzelvollstre-ckung. Dies wird auch in Literatur ganz einhellig so gesehen ([X.]/
[X.], [X.], 2015, §
1197 Rn.
6; jurisPK-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
1197 Rn.
5; MünchKomm-[X.]/[X.], 6.
Aufl.,
§
1197 Rn.
8; [X.]/
[X.]/Rohe, [X.], 3.
Aufl., §
1197, Rn.
4; Soergel/Konzen, [X.], 13.
Aufl., §
1197 Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
1197 Rn.
4; [X.]/[X.], [X.], §
49 Rn.
24; MünchKomm-[X.]/Ganter, 3.
Aufl., §
49 Rn.
63; [X.], [X.], 6.
Aufl., §
114 Rn.
22).

c)
Die Masse hat weder die durch den Verzicht der Grundschuldinhabe-rin entstandenen Eigentümergrundschulden noch die durch den Eigentumser-werb der Klägerin entstandenen [X.]en auf Kosten der Klägerin erlangt. Denn die streitgegenständlichen Grundschulden waren ihr nicht durch die Rechtsordnung zu ihrer ausschließlichen Verfügung und Verwertung [X.].

[X.])
Die Klägerin hatte auch nach Auffassung des Berufungsgerichts nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Schuldner. Das Berufungsurteil entnimmt dem [X.] -
eine aus-drückliche Regelung fehlt
-, dass der Schuldner die
Grundschulden nach [X.] der ihnen
zugrunde liegenden Darlehen nicht ohne Zustimmung der Übergeber habe revalutieren, über sie habe nicht verfügen
dürfen, und wohl weiter, dass nach Ausübung des Rücktrittsrechts
ein Anspruch der Klägerin gegen den Schuldner auf Übertragung der auf ihn übergegangenen [X.] bestanden habe. Ob diese Auslegung des Vertrages zutrifft, kann da-hin stehen. Jedenfalls räumten diese schuldrechtlichen Ansprüche der Klägerin 16
17
-
12
-
keine Rechtsposition ein, die nach dem Willen der Rechtsordnung ihr zu ihrer ausschließlichen Verfügung und Verwertung zugewiesen war.

bb)
Die Klägerin war nicht Inhaberin der Grundschulden und hatte auch kein sachenrechtlich geschütztes Recht an ihnen. Das Berufungsgericht hat mit Recht gesehen, dass die etwa bestehenden
schuldrechtlichen Ansprüche der Klägerin auf Nichtvalutierung und Übertragung der Grundschulden aus dem Übergabevertrag nicht durch eine Vormerkung nach §
106 Abs.
1 Satz
1 [X.], §
883 [X.]
gesichert waren. Nach §
106 [X.] ist der Insolvenzverwalter ver-pflichtet, den vorgemerkten Anspruch gegenüber dem [X.] zu erfüllen, wie es außerhalb des Insolvenzverfahrens der Schuldner tun müsste. Er hat mithin für Rechnung der Insolvenzmasse alle Handlungen vor-zunehmen, die zum Eintritt der geschuldeten Rechtsänderung erforderlich sind. Bei einer Auflassungsvormerkung muss der Insolvenzverwalter dem Vormer-kungsberechtigten deswegen das Eigentum an dem Grundstück verschaffen, also die Auflassung erklären (§
873 Abs.
1, §
925 [X.]) und die Eintragung be-willigen (§
19 GBO). Allerdings muss der Insolvenzverwalter den Anspruch des [X.] nur soweit erfüllen, wie er tatsächlich durch die Vor-merkung gesichert ist
([X.], Beschluss vom 22.
September 1994 -
V
ZR 236/93, NJW
1994, 3231; [X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., §
106
Rn.
28). Deswegen kann die Klägerin, für die nach dem eindeutigen Wortlaut der Vor-merkung zur Sicherung ihres "Anspruchs auf Rückübertragung des Eigentums"
aus dem Übergabevertrag vom 29.
Juni 2001 eine Auflassungsvormerkung ein-getragen worden ist, zwar die Verschaffung des Eigentums verlangen, nicht aber eine im Übergabevertrag möglicherweise zugesagte Übertragung
der be-reits vor der Eintragung der Vormerkung vorhanden gewesenen Grundschul-den.

18
-
13
-

cc)
Vielmehr sind die Grundschulden zunächst als Eigentümergrund-schulden in die Masse gefallen und nach Übergang des Eigentums auf die Klä-gerin als [X.]en in der Masse verblieben. Deswegen konnte die Klägerin trotz ihrer etwa
bestehenden
schuldrechtlichen Ansprüche gegen den Schuldner einen Zugriff der Gläubiger des Schuldners auf die Grundschulden nicht verhindern. Ohne das Insolvenzverfahren hätten Gläubiger des [X.] -
wie tatsächlich auch geschehen
-
die [X.]
des Schuldners,
aber auch die in seiner Person entstandenen Eigentümer-
und [X.]en pfänden können. Was für die Einzelvollstreckung gilt, muss auch für die Gesamtvollstreckung gelten. [X.] waren die Grundschul-den der Masse und somit den Gläubigern zugewiesen.

(1)
Dem stehen die etwa bestehenden
schuldrechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Masse nicht entgegen. Denn bei diesen handelt es sich um Insolvenzforderungen im Sinne von §
38 [X.], welche
die Klägerin nach §
87 [X.] nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen kann. Sowohl der vom Berufungsgericht angenommene, mit dem Übergabevertrag entstandene Anspruch, die Grundschulden nicht zu revalutieren
und nicht über sie zu verfügen, als auch der aufschiebend bedingt erst mit der Rücktrittserklä-rung der Übergeber etwa
entstandene Anspruch auf Übertragung der Eigentü-mer-
und [X.]en (§
158 Abs.
1 [X.], §
42 [X.]) waren bereits zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete [X.] der Klägerin gegen den Schuldner (§
38 [X.]). Denn die schuldrechtliche
Grundlage beider Ansprüche lag schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in dem Übergabevertrag
(vgl. [X.], Beschluss vom 22.
September 2011 -
IX
ZB 121/11, NZI
2011, 953 Rn.
3; vom 6.
Februar 2014 -
IX
ZB 57/12, NZI
2014, 310 Rn.
10), auch wenn der eine
Anspruch erst mit Erklärung des Rücktritts durch die Übergeber entstanden ist.
Denn auch aufschiebend bedingte Forde-19
20
-
14
-
rungen sind Insolvenzforderungen ([X.], Urteil vom 13.
April 2011 -
VIII
ZR 295/10, NZI
2011, 404 Rn.
12).

Der Annahme einer Insolvenzforderung steht nicht entgegen, dass es zum Teil um Unterlassungsansprüche ging. Nicht alle Unterlassungsansprüche sind höchstpersönlich. Hier
knüpfen
die schuldrechtliche Unterlassungsansprü-che
daran an, dass der Schuldner mit dem Gegenstand -
dem
Rückgewähran-spruch, der Grundschuld
-
eine Handlung vornehmen kann, deren Folgen nach dem
Willen des Gläubigers nicht eintreten sollen. Die Übergeber haben die Un-terlassungsabreden
mit dem Schuldner getroffen, weil dieser als
künftiger
Rechtsträger Verfügungsmacht erhalten sollte. Deswegen beziehen
sich die Unterlassungsansprüche
nicht auf eine höchstpersönliche Pflicht und sind
in der Insolvenz des Schuldners Insolvenzforderungen, weil die Rückgewähran-sprüche
und die Grundschulden in die Masse gefallen sind (vgl.
Berger, [X.], S.
128
f).

Das bedeutet aber nicht, dass der Insolvenzverwalter an das Verfü-gungsverbot gebunden wäre. Vielmehr kann er die Grundschulden verwerten, ohne befürchten zu müssen, dass daraus als Masseverbindlichkeiten zu berich-tigende Schadensersatzforderungen erwüchsen
oder Bereicherungsansprüche entstünden. Wie ein schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch, so ist auch der Unterlassungsanspruch nach §
137 Satz
2 [X.] nur nach insolvenzrechtlichen Regeln durchsetzbar, berechtigt also nur zur anteiligen Befriedigung [X.], [X.]O, S.
129).

(2)
Aus dem vom Berufungsgericht für seine Ansicht zitierten Urteil des [X.] vom 10.
November 2011 (IX
ZR 142/10, [X.]Z
191, 277) ergibt sich nichts Anderes. In dieser Entscheidung ging es um die Frage,
ob der 21
22
23
-
15
-
Zessionar, dem der Anspruch aus der Sicherungsvereinbarung auf Rückgewähr der Grundschuld abgetreten worden ist, in der Insolvenz des Zedenten ein Recht auf abgesonderte Befriedigung hat. Der Senat
hat ausgeführt, der [X.] einer bestellten Grundschuld sei trotz Abtretung des Rückgewähran-spruchs aus dem Vermögen und der Insolvenzmasse des Zedenten nicht end-gültig ausgeschieden, solange der Sicherungsnehmer allein oder im Einver-nehmen mit dem Zedenten als Sicherungsgeber selbst oder dem [X.] über dessen Vermögen, etwa zur Besicherung eines Massekredits, die Grundschuld revalutieren könne, ohne dadurch den Inhalt des Rückgewähran-spruchs zu verändern. Dieser [X.] könne der Masse gemäß §
91 Abs.
1 [X.] nicht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Begründung eines Absonderungsrechts mit Vollendung des Rechtserwerbs an dem abgetre-tenen [X.] entzogen werden. Erst wenn die Revalutierung der Grundschuld ohne
Zustimmung des Zessionars nicht oder nicht mehr in [X.] komme, sei für diesen das Recht auf abgesonderte Befriedigung begrün-det ([X.], [X.]O Rn.
9).

So liegt der Fall hier nicht.
Der [X.] der Grundschulden ist infolge des
Verzichts
auf die Grundschulden durch die Grundschuldgläubigerin in die Masse gefallen und nach Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf die Klägerin nicht wieder aus der Masse ausgeschieden. Der Beklagte konnte über die Grundschulden verfügen, ohne dass es der Mitwirkung der Klä-gerin bedurft hätte. Diese hatte aufgrund des [X.] keine [X.] Rechtsposition erlangt, mit der sie Dritte von der Verwertung der [X.] hätte ausschließen können.

24
-
16
-
III.

Das Berufungsurteil kann deswegen keinen Bestand haben, es ist [X.] (§
562 Abs.
1 [X.]). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsver-letzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis er-folgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß §
563 Abs.
3 [X.] in der Sache selbst zu entscheiden. Danach war die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des [X.]s mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage statt als unzulässig als unbe-gründet abgewiesen wird. Das Verbot einer reformatio in peius steht dieser Ent-scheidung nicht entgegen (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Dezember 1956 -
III
ZR 97/55, [X.]Z
23, 36, 50; vom 18.
März 1999 -
I
ZR 33/97, WAP
1999, 918, 920 mwN). Wer gegen eine Prozessabweisung mit einem Rechtsmittel vorgeht, will eine Sachentscheidung. Er muss deswegen in Kauf nehmen, dass dies zu sei-nen Lasten ausgeht ([X.]/[X.], [X.], 31.
Aufl., §
528 Rn.
32).

Ein etwa bestehender
Anspruch der Klägerin gegen die Masse auf Über-tragung der Grundschulden aus dem Übergabevertrag unterliegt der Durchset-zungssperre des §
87 [X.]; die Leistungsklage gegen den Beklagten wäre in-soweit unzulässig. Doch macht die Klägerin mit ihrer Klage keine Insolvenz-, sondern eine Masseforderung oder einen Anspruch aus §
106 [X.] geltend.
Die Klage ist danach zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin steht gegen den

25
26
-
17
-
Beklagten eine Masseforderung nach §
55 Abs.
1 Nr.
3 [X.] ebenso wenig zu wie ein Anspruch aus §
106 [X.].

Kayser
[X.]
Pape

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.02.2012 -
2 O 259/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.02.2013 -
I-9 [X.] -

Meta

IX ZR 259/13

24.03.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2016, Az. IX ZR 259/13 (REWIS RS 2016, 13919)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13919

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IX ZR 259/13

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