Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.07.2021, Az. VIII R 15/20

8. Senat | REWIS RS 2021, 4421

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Zuteilung von Aktien im Rahmen eines ausländischen "Spin-Off" - ertragsteuerliche Folgen für den inländischen Privatanleger


Leitsatz

1. Teilt eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft inländischen Anteilseignern im Wege eines sog. "Spin-Off" Aktien ihrer US-amerikanischen Tochtergesellschaft zu, kann dies grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führen, soweit keine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vorliegt.

2. Die Aktienzuteilung im Rahmen eines US-amerikanischen "Spin-Off" ist nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral, wenn die "wesentlichen Strukturmerkmale" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt sind. Die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV gebietet eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch auf ausländische Vorgänge.

3. Der Begriff der "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist typusorientiert auszulegen. Danach ist in Drittstaatenfällen ein gesetzlicher Vermögensübergang durch partielle Gesamtrechtsnachfolge nicht erforderlich (entgegen BMF-Scheiben vom 18.01.2016, BStBl I 2016, 85, Rz 115 i.V.m. BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 01.36). Entscheidend bei einer "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 11.03.2020 - 9 K 596/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten um die einkommensteuerliche Behandlung der Zuteilung von Aktien im Rahmen eines sog. "[X.]" nach [X.] Recht.

2

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erzielten in 2015 (Streitjahr) Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger hielt über seine Depotbank u.a. Aktien der [X.] ([X.]), einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats [X.]. Im Streitjahr übertrug die [X.] Vermögen auf die [X.] ([X.]), eine Tochtergesellschaft und ebenfalls Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats [X.]. Sodann teilte die [X.] ihre bereits gehaltenen Anteile an der [X.] ihren Aktionären zu, so dass diese fortan im selben Verhältnis an den beiden Gesellschaften --[X.] und [X.]-- beteiligt waren. Insofern behielt die Depotbank des [X.] bei der Einbuchung der neu zugeteilten [X.]-Aktien --ausgehend von einem Börsenkurs im Zeitpunkt der Einbuchung in Höhe von 36 € je [X.]-Aktie-- bei einem Börsenwert in Höhe von insgesamt ... € [X.]teuer in Höhe von ... € sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von ... € ein.

3

In der Jahressteuerbescheinigung der Depotbank für das Streitjahr war vorgenannter Betrag in Höhe von ... € für die Zuteilung der [X.]-Aktien als Kapitalertrag enthalten. Die Kläger, nach deren Auffassung dieser Vorgang steuerneutral zu behandeln sei, beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung die Überprüfung des [X.] für Kapitalerträge gemäß § 32d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) sowie die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte dem nicht, sondern rechnete im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr die einbehaltene und abgeführte [X.]teuer lediglich auf die festgesetzte Einkommensteuer an. Hiergegen legten die Kläger am 24.09.2016 Einspruch ein. Eine Einspruchsentscheidung erging nicht. Die am 11.03.2018 erhobene Klage hatte aus den in Entscheidungen der [X.]e ([X.]) 2021, 834 mitgeteilten Gründen Erfolg.

4

Hiergegen richtet sich die Revision des [X.], mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Zuteilung der [X.]-Aktien durch die [X.] an ihre Aktionäre führe zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Form einer Sachausschüttung. Diese seien nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung auszunehmen. Zwar sei der Nachweis einer Einlagenrückgewähr bei [X.] auch ohne gesonderte Feststellung nach § 27 des Körperschaftsteuergesetzes möglich. Die Kläger, die insoweit die [X.] und das Nachweisrisiko trügen, hätten den erforderlichen Nachweis jedoch nicht erbracht. Zudem lägen keine Anhaltspunkte für eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einlagenrückgewähr vor. Darüber hinaus seien auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nicht erfüllt. Die von der Finanzverwaltung im Schreiben des [X.] ([X.]) vom 18.01.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017 ([X.], 85, Rz 115) aufgestellten Kriterien lägen nicht vor. Zudem seien auch die vom [X.] (FG) aufgestellten Kriterien nicht erfüllt. Der streitige "[X.]" sei mit einer Abspaltung [X.] 123 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes ([X.]) nicht vergleichbar. Eine Abspaltung gemäß § 123 Abs. 2 [X.] vollziehe sich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge "uno actu", wohingegen sich der vorliegende "[X.]" in mehreren Rechtsakten im Wege der Einzelrechtsnachfolge vollziehe. Das hier maßgebliche Gesellschaftsrecht des US-Bundesstaats [X.] kenne zwar das Rechtsinstitut der Verschmelzung, nicht jedoch das der Spaltung. Der [X.] "[X.]" beruhe als sog. "reorganization" auf einer Vielzahl einzelvertraglicher Vereinbarungen. Darüber hinaus habe die [X.] der [X.] im Gegenzug zur Vermögensübertragung keine neuen Anteile gewährt. Anders als in dem durch das [X.] durch Urteil vom 21.08.2019 - 1 K 2295/17 ([X.] 2019, 1824) entschiedenen Fall sei vorliegend kein integrativer Bestandteil des Unternehmens abgespalten und übertragen worden, sondern lediglich die Beteiligung an der [X.] durch die [X.] an ihre Aktionäre "ausgeschüttet" worden. Der Vorgang entspreche nach Maßstäben des [X.] Rechts daher vielmehr einer Einlage von Vermögenswerten in eine Tochtergesellschaft und einer anschließenden Sachausschüttung der bereits gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft an ihre Anteilsinhaber. Dieser Vorgang falle jedoch auch bei einem rein inländischen Sachverhalt nicht unter § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG nicht vor. Insbesondere sei die Ermittlung der Höhe des [X.] durch den Börsenkurs ohne weiteres möglich gewesen.

5

Das [X.] beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision des [X.] als unbegründet zurückzuweisen.

7

Die Zuteilung der [X.]-Aktien sei nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral zu behandeln. Es lägen bereits die im [X.]-Schreiben in [X.], 85 (Rz 115) aufgestellten Kriterien vor. Insbesondere sei die [X.] im Zeitpunkt des "[X.]" nicht börsennotiert gewesen. Unerheblich sei demgegenüber, dass das Vorgängerunternehmen der [X.] --die sog. [X.] Inc.-- von Februar bis Oktober 2002 börsennotiert gewesen sei. Für das Vorliegen der im [X.]-Schreiben aufgestellten Voraussetzungen könne nicht auf eine ca. 13 Jahre zurückliegende Börsennotierung des Vorgängerunternehmens abgestellt werden. Unabhängig davon stelle der streitige "[X.]" im Wege einer typusorientierten Gesamtbetrachtung eine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG dar, so dass es auf die Kriterien im [X.]-Schreiben nicht ankomme. Ein Abstellen auf Merkmale wie "Gesamtrechtsnachfolge" und "Eigentumsübergang kraft Gesetzes" sei hingegen auf eine [X.] Rechtskultur zentriert und ließe den Vergleich fast immer scheitern. Entgegen der Auffassung des [X.] sei insbesondere auch die Gewährung neuer Anteile nicht erforderlich. Das [X.] verwechsle den [X.] nach § 21 des [X.] (UmwStG) mit der Abspaltung nach § 15 UmwStG. Es sei aber im Rahmen des § 15 UmwStG keine Voraussetzung, dass neue Anteile aus einer Kapitalerhöhung gewährt würden. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG vor.

Entscheidungsgründe

II.

8

[X.]ie Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.]ie Entscheidung des [X.], dass die Zuteilung der [X.] --isoliert betrachtet-- zwar als Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist (unter 1.), jedoch nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG letztlich steuerneutral erfolgt (unter 2.), hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

9

1. Zwar führt die Zuteilung der [X.] von der [X.] an die Kläger bei isolierter Betrachtung zu einem Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, für den der [X.] ([X.]) das Besteuerungsrecht zusteht.

a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. Gewinnanteile ([X.]ividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien. Unerheblich ist es insofern, ob es sich bei der ausschüttenden Gesellschaft um eine in- oder ausländische handelt (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 20.10.2010 - I R 117/08, [X.], 15, Rz 13, m.w.N.). [X.]ementsprechend ist den Klägern mit der Einbuchung der [X.] auf ihrem [X.]epot ein Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Form einer Sachausschüttung zugeflossen.

b) Für diesen als Sachausschüttung steuerbaren Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG der in den [X.] ([X.]) ansässigen [X.] steht [X.] abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu. [X.]ie Kläger waren im Streitjahr im Inland wohnhaft und danach mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG). [X.]as Abkommen zwischen der [X.] und den [X.] zur Vermeidung der [X.]oppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 04.06.2008 ([X.], 612, [X.], 784) --[X.]BA-[X.] 1989/2008-- weist das Besteuerungsrecht für [X.]ividenden aus Aktien, die eine in den [X.] ansässige Kapitalgesellschaft an eine im Inland ansässige Person zahlt, nach Art. 10 Abs. 1 [X.]BA-[X.] 1989/2008 dem Ansässigkeitsstaat des [X.] und damit [X.] zu.

2. [X.]a die [X.] jedoch im Rahmen einer Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG zugeteilt wurden, löst der Vorgang bei den Klägern im Streitjahr keine Besteuerung aus.

a) Nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG gelten abweichend von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG und § 15 [X.] die Sätze 1 und 2 des § 20 Abs. 4a EStG entsprechend, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften übergeht. [X.]ie Anwendung der Regelung hat im Streitjahr zur Folge, dass die Anteilszuteilung steuerneutral erfolgt.

b) Voraussetzung ist zunächst der [X.] durch "Abspaltung". Eine solche liegt nach nationalem Recht gemäß § 123 Abs. 2 [X.] vor, wenn ein Rechtsträger von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger überträgt (Abspaltung zur Aufnahme, § 123 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) oder der oder die übernehmenden Rechtsträger erst durch die Übertragung entstehen (Abspaltung zur Neugründung, § 123 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) und die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers als Gegenleistung Anteile am übernehmenden Rechtsträger erhalten. Sind --wie vorliegend-- ausschließlich ausländische Rechtsträger beteiligt, ist eine Abspaltung nach § 123 Abs. 2 [X.] mangels Anwendbarkeit des [X.] Umwandlungsrechts hingegen nicht möglich (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

c) [X.]ie Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist jedoch auch auf ausländische Vorgänge anwendbar, die bei einer rechtsvergleichenden Betrachtung der Abspaltung nach nationalem Umwandlungsrecht entsprechen (gleicher Ansicht BMF-Schreiben in [X.], 85, Rz 115; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 20 EStG Rz 592; [X.]/[X.] in [X.]/Pung/[X.] --[X.]/P/M--, Kommentar zum [X.], § 20 EStG Rz 306a; [X.]/Lindenberg in Lademann, EStG, § 20 EStG Rz 829b; [X.]/[X.], EStG, 40. Aufl., § 20 Rz 226).

aa) Zwar lassen die Gesetzesmaterialien keinen eindeutigen Schluss darauf zu, ob der Gesetzgeber in Bezug auf Abspaltungen i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch [X.] einbeziehen wollte. Einerseits sollte der "Anwendungsbereich von § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG", der auch bei ausländischen Tauschvorgängen einschlägig ist, "auf Abspaltungen erweitert" werden (BT[X.]rucks 17/10000, S. 54). Auf der anderen Seite enthält die Gesetzesbegründung nationale Begrifflichkeiten wie "Spaltungsvertrag oder -plan" (BT[X.]rucks 17/10000, S. 54). Zudem ist die zeitliche Anwendbarkeit der Regelung an die "Anmeldung zur Eintragung in das öffentliche Register" geknüpft (§ 52a Abs. 10 Satz 12 des Einkommensteuergesetzes i.d.[X.] vom 26.06.2013, [X.], 1809).

bb) Jedenfalls gebietet aber die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auf ausländische Vorgänge.

aaa) [X.]er Schutzbereich der auch auf [X.] anzuwendenden Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 [X.] ist eröffnet. Insbesondere knüpft § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nicht an eine bestimmte Beteiligungshöhe an (vgl. BFH-Urteil vom 24.07.2018 - I R 75/16, [X.], 502, [X.], 806, Rz 19 ff., zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 [X.] von demjenigen der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 [X.]).

bbb) Ein Ausschluss von [X.]n aus dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG wäre geeignet, Inländer von Investitionen in anderen [X.] abzuhalten und würde ausländische Gesellschaften und deren Gesellschafter im Vergleich zu rein inländischen Sachverhalten bei Kapitalmaßnahmen der [X.] --im vorliegenden Fall der Abspaltung-- benachteiligen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der [X.] EV vom 20.09.2018 - [X.]/16, [X.]:C:2018:743, Rz 55, [X.], 111).

ccc) Ein Rechtfertigungsgrund dafür, dem inländischen Gesellschafter einer ausländischen Gesellschaft von vornherein die Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG zu verweigern, besteht nicht. [X.]as gilt im Hinblick auf in den [X.] ansässige Kapitalgesellschaften insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass in Art. 26 Abs. 1 [X.]BA-[X.] 1989/2008 die sog. "große" [X.] vereinbart worden ist, die einen umfassenden Informationsaustausch zwischen den Verwaltungsbehörden der Vertragsstaaten ermöglicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 64 Abs. 1 [X.], da § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG bereits keine [X.]irektinvestitionen erfasst.

d) Zur Vermeidung eines unionsrechtswidrigen Zustands ist § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG daher grundsätzlich auch auf ausländische Vorgänge anzuwenden. [X.]a die Kapitalverkehrsfreiheit jedoch lediglich eine Benachteiligung der ausländischen Gesellschaften und ihrer Anteilseigner verbietet, aber eine Besserstellung gegenüber reinen Inlandssachverhalten nicht erfordert, sind nur solche (ausländischen) Vorgänge erfasst, die einer (inländischen) Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] vergleichbar sind (im Ergebnis ebenso z.B. BMF-Schreiben in [X.], 85, Rz 115; Blümich/[X.], § 20 EStG Rz 439a; [X.]/[X.], § 20 EStG Rz 592; [X.]/[X.] in [X.]/P/M, a.a.[X.], § 20 EStG Rz 306a; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 20 Rz 226). [X.]ies ist der Fall, wenn der ausländische Vorgang "seinem Wesen nach" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] entspricht (vgl. auch BT[X.]rucks 16/2710, S. 35, zu "vergleichbaren ausländischen Vorgängen" i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Erforderlich ist, dass die "wesentlichen Strukturmerkmale" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] erfüllt sind.

aa) Kennzeichnend für eine Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] ist --wie vom [X.] zutreffend erkannt-- die Übertragung von Vermögensteilen des übertragenden Rechtsträgers aufgrund eines Rechtsgeschäfts gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaftsrechten des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ohne liquidationslose Auflösung des übertragenden Rechtsträgers (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.2011 - IV C 2-S 1978-b/08/10001, [X.], 1314, Rz 01.36; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1 Rz 73; Maetz in [X.]/[X.], Umwandlungsrecht, § 1 [X.] Rz 44; [X.]/[X.], [X.], [X.], 9. Aufl., § 123 [X.] Rz 5; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 1 Rz 28). [X.]iese Voraussetzungen sind nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) im Streitfall erfüllt.

aaa) [X.]ie [X.] (übertragende Rechtsträgerin) übertrug im Streitjahr Vermögen auf die [X.] (übernehmende Rechtsträgerin). Ob es sich bei dem übertragenen Vermögen der [X.] um einen Teilbetrieb i.S. des § 15 [X.] handelt, ist für die Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nach dessen Wortlaut ohne Bedeutung. Zudem wurde die [X.] als übertragende Rechtsträgerin nicht aufgelöst.

bbb) [X.]es Weiteren erhielten die Aktionäre der übertragenden [X.] Anteile an der übernehmenden [X.]. Insofern ist auch nach nationalem Recht die Abspaltung von Vermögen einer Muttergesellschaft auf eine bereits bestehende Tochtergesellschaft möglich (sog. "Abwärtsabspaltung"), wobei die Pflicht zur Gewährung von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger durch Zuteilung der bereits bestehenden, von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft erfüllt werden kann (vgl. [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 126 [X.] Rz 81; Priester in [X.], [X.], 6. Aufl. 2019, § 126 Rz 24; Weiler in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 123 [X.] Rz 72). [X.]ies ist vorliegend durch Zuteilung der von der [X.] bereits an der [X.] gehaltenen Anteile an die Kläger geschehen. [X.]ie Zuteilung neu ausgegebener Anteile an der übernehmenden [X.] war demgegenüber nicht erforderlich.

ccc) Schließlich erfolgte die Zuteilung der [X.] an die Aktionäre der [X.] auch "gegen" Vermögensübertragung von der [X.] auf die [X.]. Bei der Anteilszuteilung handelte es sich lediglich um den letzten Schritt hin zu der von Anfang an beabsichtigten --sowie durch im Vorfeld abgegebene Pressemeldungen der [X.] öffentlich bekanntgemachten-- Zielstruktur, nach der die [X.] und die [X.] künftig als zwei selbständige Unternehmen weiterbestehen sollten, an denen die bisherigen Aktionäre beteiligt sind. [X.]ie hierfür erforderliche Zuteilung der [X.] vollzog sich daher in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" und insofern "gegen" Vermögensübertragung von der [X.] auf die [X.]. Anders als das [X.] meint, ist dieser einheitliche Vorgang nicht in eine isoliert zu betrachtende Vermögensübertragung von der [X.] auf die [X.] einerseits und eine davon unabhängige, ebenfalls isoliert zu betrachtende Zuteilung von [X.] durch die [X.] an ihre Aktionäre andererseits zu zerlegen. Aus diesem Grund sind auch die Voraussetzungen von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG im Streitfall nicht erfüllt.

bb) Zwar ist darüber hinaus --worauf das [X.] zurecht hinweist-- nach nationalem Recht allen Spaltungsarten gemeinsam, dass sich der Vermögenübergang "kraft Gesetzes" durch "partielle Gesamtrechtsnachfolge" vollzieht (vgl. BT[X.]rucks 16/2710, S. 35; BMF-Schreiben in [X.], 1314, Rz 01.36; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 1 Rz 73; Maetz in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 1 [X.] Rz 44; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 123 [X.] Rz 5). Im Streitfall erfolgten die Übertragungen nach den Feststellungen des [X.] hingegen im Wege einzelvertraglicher Vereinbarungen.

cc) Jedoch ist die partielle Gesamtrechtsnachfolge "uno actu" beim [X.] § 123 Abs. 2 [X.] kein bloß formeller Selbstzweck, sondern dient der Erleichterung der am [X.] beteiligten Rechtsträger, weil sie gesonderte Übertragungsakte entbehrlich macht. [X.]ie Vermögensübertragung erfolgt dabei --auf Grundlage des [X.] bzw. [X.]s-- automatisch mit Eintragung der Spaltung im Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers (Weiler in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 123 [X.] Rz 20). Auf dieses vornehmlich zu Gunsten der am [X.] beteiligten Rechtsträger wirkende und überdies an nationale Voraussetzungen (Festlegung im Spaltungsvertrag bzw. [X.], [X.]) anknüpfende Rechtsinstitut der partiellen Gesamtrechtsnachfolge kann daher --jedenfalls in [X.] im Rahmen einer typusorientierten Auslegung der "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG verzichtet werden. Anderenfalls wäre die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auf Anteilsinhaber derjenigen (ausländischen) Gesellschaften, deren Rechtssystem einen [X.] kraft Gesetzes im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge nicht kennt, von vornherein --und in mit der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 [X.] unvereinbarer [X.] nicht anwendbar. Ob sich für Abspaltungen innerhalb der [X.] aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. a und b der [X.]. 54 Abs. 3 Buchst. g des Vertrages betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften ([X.] 1982, Nr. L 378, 47) --jetzt: Art. 151 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie ([X.]) 2017/1132 des [X.] und des Rates vom 14.06.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Amtsblatt der [X.] 2017, Nr. L 169, [X.] etwas anderes ergeben könnte (so etwa [X.] in [X.]/P/M, a.a.[X.], § 1 [X.] Rz 104), ist hier nicht entscheidungserheblich.

e) Schließlich ist --wie es § 20 Abs. 4a Satz 7 [X.]. Satz 1 (am Ende) EStG weiter voraussetzt-- auch das Recht [X.]s hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile an der [X.] nicht ausgeschlossen oder beschränkt. Art. 13 Abs. 5 [X.]BA-[X.] 1989/2008 weist das ausschließliche Besteuerungsrecht des Gewinns aus der Veräußerung der zugeteilten Aktien dem Ansässigkeitsstaat des [X.] und damit vorliegend [X.] zu (vgl. BFH-Urteil vom 30.05.2018 - I R 35/16, [X.], 46, Rz 24).

f) Rechtsfolge gemäß § 20 Abs. 4a Satz 7 [X.]. Satz 1 EStG ist, dass der "[X.]" und die damit verbundene Zuteilung der [X.] an die Kläger im Streitjahr nicht als isolierte Sachausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zu behandeln ist und bei den Klägern insgesamt keine Besteuerung auslöst. Erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der [X.] oder der [X.]-Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 (ggf. [X.]. Abs. 2 Satz 2) EStG sind etwaige Veräußerungsgewinne zu besteuern. Hierbei ist zu beachten, dass die [X.] aufgrund der Abspaltung steuerlich --anteilig-- an die Stelle der bereits gehaltenen [X.]-Aktien treten (vgl. BT[X.]rucks 17/10000, S. 54) und deren Anschaffungskosten --anteilig-- übernehmen. Über den [X.] für die Anschaffungskosten der Kläger an den [X.]-Aktien ist im Streitfall nicht zu entscheiden.

3. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 15/20

01.07.2021

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 11. März 2020, Az: 9 K 596/18, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG 2009, § 20 Abs 4a S 7 EStG 2009 vom 26.06.2013, § 123 Abs 2 UmwG, Art 63 AEUV, Art 17 Abs 1 Buchst a EWGRL 891/82, Art 17 Abs 1 Buchst b EWGRL 891/82, Art 151 Abs 1 Buchst a EURL 2017/1132, Art 151 Abs 1 Buchst b EURL 2017/1132, EStG VZ 2015, Tziff 01.36 AEUmwStG 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.07.2021, Az. VIII R 15/20 (REWIS RS 2021, 4421)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4421

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