Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2013, Az. VI ZR 284/12

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3790

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 284/12

vom

30. Juli 2013

in dem Rechtsstreit

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Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am 30.
Juli 2013 durch den [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.],
den Rich-ter Pauge und die Richterin von Pentz
beschlossen:

I.
Das Verfahren wird ausgesetzt.
II.
Dem Gerichtshof der [X.] werden gemäß Art.
267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung des Unions-rechts vorgelegt:
1.
Ist Art.
6 Abs.
1 der Richtlinie 85/374/[X.] des Rates vom 25.
Juli 1985 zur Angleichung der Rechts-
und Verwaltungsvor-schriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte ([X.] vom 7.
August 1985, S. 29-33) dahin auszulegen, dass ein Produkt, wenn es sich um ein in den menschlichen Körper implantiertes Medizinprodukt (hier: Herzschrittmacher) handelt, bereits dann fehlerhaft ist, wenn Geräte derselben Produktgruppe ein nennenswert erhöhtes Ausfallrisiko haben, ein Fehler des im konkreten Fall implantier-ten Geräts aber nicht festgestellt ist?
2. Falls Frage 1 mit ja beantwortet wird:
Handelt es sich bei den Kosten der [X.] und zur Implantation eines anderen [X.] um einen durch Körperverletzung verursachten Scha-den im Sinne der Art.
1, Art. 9 Satz 1 lit.
a der Richtlinie 85/374/[X.]?

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I.
Die Klägerin, eine
Trägerin der gesetzlichen
Krankenversicherung, be-gehrt aus übergegangenem Recht ihrer Mitglieder [X.] und [X.] Ersatz der Kosten für die Implantation von Herzschrittmachern, die die später mit der Beklagten verschmolzene [X.] in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt [X.]. Der Versicherten [X.] wurde im September 1999 ein Herzschrittmacher des Typs [X.] 470 mit der Seriennummer 101310 implantiert, der Versi-cherten
[X.] im April 2000 ein Herzschrittmacher des Typs [X.] mit der Seriennummer 204232. Die Klinik stellte der Klägerin dafür Operations-kosten in Höhe von 2.655,38

([X.]) in Rechnung. Die Ge-räte wurden den Versicherten im September bzw. November 2005 explantiert und durch andere Herzschrittmacher, welche die Herstellerin kostenlos zur [X.] gestellt hatte, ersetzt.
In dem Operationsbericht vom 27.
September 2005 über die Behandlung der Versicherten [X.] heißt es: "[X.] auf Grund sicherheitstechnischer Hinweise durch die Schrittmacherfirma". Der [X.] vom 25. November 2005 über die Behandlung der Versicherten [X.] enthält den Eintrag: "[X.] wegen sicherheits-technischer Hinweise durch den Hersteller". Die explantierten Geräte liegen nicht mehr vor und sind auf ihre Tauglichkeit nicht untersucht worden.
Kurz vor den beiden Austauschoperationen, nämlich am 22.
Juli 2005, hatte die [X.] in einem u.a. an die die Versicherten behandelnden Ärzte übersandten Schreiben mit der Überschrift "Dringende Medizinprodukte Sicher-heitsinformationen und Korrekturmaßnahmen" mitgeteilt, das Cardiac Rhythm Management Qualitätssystem von [X.] habe feststellen müssen, dass ein in den Geräten verwendetes Bauteil zur hermetischen Versiegelung möglicherweise einem sukzessiven Verfall unterliege. Wörtlich heißt es sodann:
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"Dies kann zu einer oder mehreren der folgenden Verhaltensweisen führen:

vorzeitige Batterieerschöpfung mit Verlust der Telemetrie und/oder [X.] der Stimulationstherapie ohne Vorwarnung.

Wichtiger Hinweis:
Eine Abfrage mit dem Programmiergerät kann zwar möglicherweise Geräte identifizieren, die diesen Fehler bereits aufweisen, jedoch war es [X.] bisher nicht möglich, einen Test zu bestimmen, der ein entsprechendes künftiges Versagen des Gerätes prognostiziert.

Von den ursprünglich 78.000 vertriebenen Geräten, sind noch etwa 28.000 Geräte weltweit implantiert. Es gingen keine Fehlermeldungen für Geräte vor ihrem vierundvierzigsten (44) Betriebsmonat ein, wobei die Wahrschein-lichkeit eines Auftretens mit der Implantationsdauer steigt. Das Modell von [X.] basierend auf praktischen Erfahrungen und einer statistischen Lebensta-bellenanalyse und prognostiziert eine Fehlerrate für die verbleibende [X.] in den verbleibenden aktiven, implantierten Geräten von 0,17 % bis 0,51 %. Die tatsächliche Häufigkeit und Prognoserate kann [X.] höher liegen als angegeben, berücksichtigt man eventuell nicht gemel-dete Fälle und die begrenzten Möglichkeiten von Hochrechnungen.
Die kli-nischen Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem [X.] kön-nen schwerwiegende gesundheitliche Komplikationen nach sich ziehen.

Empfehlungen
Bei der Bestimmung der für den Patienten besten Vorgehensweise, sollten Ärzte die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten individuell berücksichtigen, darunter die Abhängigkeit vom Herzschrittmacher sowie Alter und verblei-bende Funktionsdauer des Herzschrittmachers.
[X.]
empfiehlt folgendes Vorgehen:

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Erwägen Sie das [X.] bei herzschrittmacherab-hängigen Patienten.

Weisen Sie Ihre Patienten an, sofort einen Arzt aufzusuchen, wenn sie eine anhaltende schnelle Herzfrequenz, Synkopen oder Schwindelgefüh-le verspüren oder neue oder verstärkt Symptome von Herzinsuffizienz aufweisen.

Auch wenn kein Garantieanspruch mehr besteht, wird [X.] jedoch herz-schrittmacherabhängigen Patienten und solchen, für die der Arzt es für das Beste hält, das Gerät auszutauschen, kostenlos ein Ersatzgerät zur Verfü-

Mit Schreiben vom 23. Januar 2006 teilte die Herstellerin mit, das Fehler-risiko habe sich auf 0,31 % bis 0,88 % erhöht.
Die Klägerin begehrt anteiligen Ersatz der Kosten der Erstimplantationen unter Berücksichtigung des üblicherweise zu erwartenden Zeitraums von 91 bzw. 100 Monaten bis zum regulären Austausch der Herzschrittmacher. Das [X.] hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Verwertung des in einem anderen Rechtsstreit ([X.], Urteil vom 26. Oktober 2010 -
21
U 163/08, [X.], 637) eingeholten Gutachtens des [X.] zur Fehlerhaftigkeit der Herzschrittmacher und durch Einho-lung eines eigenen Gutachtens des Sachverständigen Prof.
Dr.
T. zur regulären Austauschfrequenz der implantierten Herzschrittmacher durch Urteil vom 25.
Mai 2011 (Aktenzeichen 3 [X.]) stattgegeben. Das Landgericht Sten-dal -
Berufungsgericht
-
hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten mit Urteil vom 10. Mai 2012 (Aktenzeichen: 22 [X.]/11) zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klage-abweisungsbegehren weiter.
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II.
Das Berufungsgericht bejaht einen Ersatzanspruch der Klägerin aus §
1 Abs.
1 [X.] in Verbindung mit §
116 Abs.
1 [X.]. Es meint, die ur-sprünglich implantierten Herzschrittmacher seien im Sinne von §
3 [X.] fehlerhaft gewesen, wobei es nicht darauf ankomme, ob die beiden Geräte tat-sächlich in ihrer Tauglichkeit eingeschränkt gewesen seien. Die [X.] hätten schon deswegen nicht den berechtigten Sicherheitserwartungen entsprochen, weil Geräte der betreffenden Produktgruppen nach Angaben des Herstellers ein nennenswert erhöhtes Ausfallrisiko gehabt hätten. Nach den Darlegungen des Sachverständigen [X.] habe die [X.] bis 20 Mal höher gelegen als bei Herzschrittmachern üblich. Dahin-stehen könne, ob es sich um einen Fabrikationsfehler oder um einen Konstruk-tionsfehler handele. Die Haftung sei auch nicht gemäß §
1 Abs.
2 Nr.
5 [X.] ausgeschlossen. Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt und nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt, dass zum Zeitpunkt des [X.] nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik das Risiko, dass die verwendete Dichtung einem Zerfall unterliegen könnte, nicht erkennbar gewesen sei.

III.
Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Art.
1, Art.
9 Satz 1 lit.
a der Richtlinie
85/374/[X.] des Rates vom 25.
Juli 1985 zur Angleichung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte, Amtsblatt Nr.
L 210 vom 07/08/1985 S.
0029-0033, ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel
ist deshalb das Verfahren auszu-5
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setzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 lit. b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentschei-dung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
1. Ein -
gemäß §
116 Abs.
1 [X.] übergegangener
-
Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Behandlungskosten könnte allein gemäß §
1 Abs.
1, §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1, §
8 [X.] gegeben sein. Andere Anspruchsgrundlagen kommen im Streitfall nicht in Betracht.
Die Richtlinie 85/374/[X.] des Rates vom 25.
Juli 1985 zur Angleichung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte ([X.] vom 7.
August 1985, S. 29-33) wurde durch das Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaf-tungsgesetz -
[X.]) vom 15.
Dezember 1989
([X.]l. I S. 2198),
in [X.] getreten am 1.
Januar 1990, in nationales Recht umgesetzt. Dessen maßgebli-che
Vorschriften lauten:
§
1 Haftung

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus ent-stehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge-
oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten haupt-sächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1. er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,

2. nach den Umständen davon auszugehen ist, dass
das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der [X.] es in den Verkehr brachte,

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3. er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Ver-triebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner be-ruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,

4. der Fehler darauf beruht, dass
das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvor-schriften entsprochen hat, oder

5. der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines [X.]s ist ferner ausge-schlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in [X.] das [X.] eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die
Beweislast.

§ 3 Fehler

(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere
a) seiner Darbietung,
b) des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,
c) des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde,
berechtigterweise erwartet werden kann.
(2) Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein ver-bessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.

§ 6 Haftungsminderung

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(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschä-digten mitgewirkt, so gilt §
254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; im Falle der Sachbeschädigung steht das Verschulden desjenigen, der die tat-sächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Geschä-digten gleich.

§
8 Umfang der Ersatzpflicht bei Körperverletzung

Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass
infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert ist oder sei-

2. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es darauf an, ob die den Versicherten [X.] und [X.] implantierten Herzschrittmacher Produktfehler im Sinne von §
3 Abs.
1 [X.], Art.
6 Abs.
1 der Richtlinie 85/374/[X.] auf-wiesen.
a) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die konkreten, den [X.] und [X.] implantierten Herzschrittmacher von dem beschriebenen Fehler tatsächlich betroffen waren. Im [X.] ist deshalb zuguns-ten der Beklagten zu unterstellen, dass dies nicht der Fall war.
b) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen gehörten
die
den
Versicherten [X.] und [X.] implantierten Herzschrittmacher zu [X.], deren Geräte ein nennenswert erhöhtes Ausfallrisiko hatten. Nach den Darlegungen des Sachverständigen [X.] lag die [X.] 17 bis 20 Mal höher als bei Herzschrittmachern üblich.
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c) Aufgrund dieses
bei Geräten der betreffenden Produktgruppen
mögli-chen vorzeitigen Ausfalls könnte anzunehmen sein, dass auch die den
[X.] und [X.] implantierten Herzschrittmacher Produktfehler hatten, weil die
Geräte
nicht die Sicherheit boten, die unter Berücksichtigung aller [X.] berechtigterweise erwartet werden konnte (§
3 Abs.
1 [X.], Art.
6 Abs.
1 der Richtlinie 85/374/[X.]). Hinsichtlich der berechtigten Sicherheitser-wartungen ist nach Auffassung des vorlegenden Senats maßgeblich auf die Erwartung der Patienten abzustellen, denen ein Herzschrittmacher
implantiert wird. Der Auffassung der Revision, dass es insoweit allein auf die berechtigten Sicherheitserwartungen der Fachärzte ankomme (vgl. [X.]/[X.], [Anm. zum Urteil des [X.], [X.], 637],
MPR 2011, 145, 149), kann nicht gefolgt werden. Dabei kann dahinstehen, ob in Fachkreisen bekannt sei, dass es bei der Implantation von Herzschrittmachern eine 100%ige Sicherheit nicht gebe. Vorliegend geht es nicht um gesundheitliche Risiken, die trotz [X.] eines funktionstüchtigen Herzschrittmachers bestehen, sondern um das Risiko eines vorzeitigen Ausfalls. Dieses betrifft primär aber nicht den Arzt, sondern das Integritätsinteresse des Patienten, der auf die Funktionsfähigkeit des Herzschrittmachers vertraut (vgl. [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2009, §
3 [X.] Rn.
20). Angesichts der Lebensgefahr, die von einem feh-lerhaften Herzschrittmacher ausgeht, spricht viel dafür, dass der Patient hin-sichtlich eines möglichen vorzeitigen Ausfalls des implantierten Geräts berech-tigterweise grundsätzlich eine Fehlerquote gegen
Null erwarten darf (vgl. [X.], [X.], 637, 638; [X.], [X.] 2011, 68, 69).
d) Im Streitfall ist mithin entscheidend, ob ohne Feststellungen zur Feh-lerhaftigkeit der
konkreten, den
Versicherten [X.] und [X.] implantierten Herz-schrittmachern allein die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausfalls deshalb als Feh-ler im Sinne von §
3 Abs.
1 [X.], Art.
6 Abs.
1 der Richtlinie 85/374/[X.] 12
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zu bewerten ist, weil Geräte derselben Produktgruppen
ein nennenswert erhöh-tes Ausfallrisiko haben.
3. Für den Fall, dass die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausfalls als Fehler im Sinne von §
3 Abs.
1 [X.] zu bewerten ist, stellt sich die Frage, ob es sich bei den Kosten der Operationen
zur Explantation der
Produkte
und zur [X.] anderer
Herzschrittmacher jeweils um einen durch Körperverletzung verursachten Schaden im Sinne der Art.
1, Art.
9 Satz 1 lit. a der Richtlinie 85/374/[X.] handelt.
a) Die Revision wendet sich nicht gegen die Beurteilung des Berufungs-gerichts, dass die im Jahr 2005 erfolgten Austauschoperationen und die damit verbundenen Körperverletzungen der Versicherten [X.] und [X.] wegen der inner-halb der Produktgruppen
der betreffenden Herzschrittmacher aufgetretenen
Ausfallrisiken erfolgt sind.

b) Dass die Versicherten [X.] und [X.] durch die mit den [X.] verbundenen Körperverletzungen Vermögensnachteile (vgl. §
8 Satz
1 [X.]) erlitten haben, zieht die Revision nicht in Zweifel. Sie wendet sich auch nicht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Ersatz-ansprüche der Versicherten gemäß §
116 Abs.
1 [X.] auf die Klägerin über-gegangen sind. Soweit das Berufungsgericht den zu ersetzenden Schaden ge-mäß §
287 ZPO auf der Grundlage der Kosten der Erstoperationen schätzt, folgt es der Berechnung der Klägerin. Diese Berechnung begegnet zwar rechtli-chen Bedenken, weil die Austauschoperationen wegen des innerhalb der [X.] aufgetretenen Ausfallrisikos erfolgt sind,
dieses aber nicht für die mit den Erstoperationen verbundenen Körperverletzungen ursächlich war. Gleichwohl kann die -
von der Revision nicht angegriffene
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Schadensschätzung Bestand haben, denn es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die infolge 14
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der Austauschoperationen entstandenen Kosten niedriger sein könnten als die der Erstoperationen.
IV.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt deshalb von der Beantwortung der Frage ab, ob die implantierten Herzschrittmacher bereits deshalb einen Produktfehler im Sinne von §
3 Abs.
1 [X.], Art.
6 der Richtlinie 85/374/[X.] aufwiesen, weil Geräte derselben Produktgruppen
ein nennens-wert erhöhtes Ausfallrisiko hatten, und, falls diese Frage bejaht wird, ob es sich bei den Kosten der Operationen
zur Explantation des Produkts und zur Implan-tation anderer
Herzschrittmacher jeweils um einen durch Körperverletzung ver-ursachten Schaden im Sinne von §
1 Abs.
1, §
8 [X.], Art.
1, Art.
9 Satz 1 lit. a der Richtlinie 85/374/[X.] handelt.
Galke
Zoll
[X.]

Pauge
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.05.2011 -
3 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 10.05.2012 -
22 [X.]/11 -

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Meta

VI ZR 284/12

30.07.2013

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2013, Az. VI ZR 284/12 (REWIS RS 2013, 3790)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3790

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