Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2003, Az. VI ZR 361/02

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2313

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[X.] DES [X.] am:15. Juli 2003HolmesJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 249 Abs. 2 Satz 1a)Zu den Voraussetzungen einer Bindung des Berufungsgerichts an dieerstinstanzlich aufgrund eines Sachverständigengutachtens [X.])Verlangt der Geschädigte den zur Wiederherstellung erforderlichen Geld-betrag im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (fiktiv) auf Basis einesSachverständigengutachtens, das eine bestimmte Art einer ordnungsge-mäßen Reparatur vorsieht, so kann er grundsätzlich nur für die erforderli-che Dauer dieser Reparatur Ersatz der Kosten für die Anmietung [X.] beanspruchen.[X.], Urteil vom 15. Juli 2003 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 15. Juli 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die [X.], Pauge, [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] Stadevom 24. September 2002 wird auf Kosten des [X.] zurückge-wiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger macht (restliche) Reparatur- und Mietwagenkosten aus einemVerkehrsunfall vom 30. Oktober 2000 gegen den [X.]n zu 1 als Fahrer undgegen die [X.] zu 2 als Haftpflichtversicherer des anderen [X.] geltend. Er bezifferte zunächst die Reparaturkosten aufgrundeines privaten Sachverständigengutachtens vom 31. Oktober 2000 auf2.972,60 DM, wobei für die Dauer der Reparatur drei Tage veranschlagt waren.Die [X.] zu 2 zahlte an den Kläger die in seinem Privatgutachten angege-benen Reparaturkosten. Danach ließ der Kläger an dem Fahrzeug Reparatur-arbeiten vornehmen. Die hiermit beauftragte Kfz-Werkstatt vertrat nach [X.] die Auffassung, die hintere linke Tür, welche der Kläger alsgebrauchtes Teil selbst beschafft hatte, könne nicht eingepaßt werden. Der [X.] erneuten Begutachtung durch den Kläger beauftragte [X.] gelangte daraufhin in einem Nachtragsgutachten vom 16. November 2000- 3 -zu dem Ergebnis, das bei dem Unfall beschädigte Seitenteil des Fahrzeuges seimit einem zusätzlichen Reparaturaufwand in Höhe von 3.520,65 DM zu [X.]. Die Reparatur des Fahrzeuges wurde von der vom Kläger beauftragtenKfz-Werkstatt gleichwohl ohne Erneuerung des [X.] unter [X.] "Eigenleistungen" des [X.] zum Preis von 1.022,89 DM durchgeführt.Der Kläger macht geltend, es seien Mängel verblieben, weil die hintereTür sich nur schlecht öffnen lasse und an der Seitenwand links eine [X.] sei. Mit seiner Klage hat er die vom [X.] bezif-ferten zusätzlichen Reparaturkosten von 3.520,65 DM sowie Erstattung der Ko-sten für die Anmietung eines [X.] für die Dauer der tatsächlichenReparatur vom 14. November bis 23. November 2000 in Höhe von 2.686,56 [X.] eine Unkostenpauschale von 40 DM verlangt. Das Amtsgericht hat [X.] nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, wonach eine Repa-ratur ohne Erneuerung des [X.] in vier Tagen möglich gewesen sei, le-diglich für diese Zeit einen Betrag von 610,50 zuerkannt und die Klage im übrigen abgewiesen. Gegen das Urteil hat der Klä-ger Berufung eingelegt und zunächst beantragt, die [X.]n zur Zahlung derrestlichen erstinstanzlich geltend gemachten Mietwagenkosten in Höhe von763,12 s-frist) die Berufung wegen der restlichen Reparaturkosten um 3.520,65 DM(= 1.820,53 =gungder Sache auf den Einzelrichter die Berufung des [X.] mit Ausnahme derZuerkennung einer Unkostenpauschale von 20,45 vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag zurückgewiesen und die Revision [X.] zugelassen, weil die Frage der Zulässigkeit einer kombi-nierten Geltendmachung von zugleich fiktiven und konkreten Schadenspositio-nen im Zusammenhang mit der Abrechnung auf Gutachtenbasis nach vorläufi-ger Prüfung bislang nicht Gegenstand einer Entscheidung des obersten Ge-- 4 -richts gewesen und darüber hinaus von grundsätzlicher Bedeutung sei. Mit [X.] Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren - soweit vom Berufungsge-richt zu seinem Nachteil erkannt worden ist - weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat hinsichtlich der geltend gemachten [X.] nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. eine Bindung an die vom Gericht desersten [X.] festgestellten Tatsachen angenommen. Dieser Grundsatzerfahre lediglich dann eine Ausnahme, wenn konkrete Anhaltspunkte vernünfti-ge Zweifel an der Richtigkeit oder der Vollständigkeit der entscheidungserhebli-chen Tatsachen zu wecken geeignet seien. Dies sei jedoch hier nicht der Fall.Der vom Amtsgericht bestellte Sachverständige habe entgegen der [X.] Behauptung des [X.] ausgeführt, daß die nach durchgeführter Re-paratur noch festgestellten Mängel auf den vom Kläger gewählten Reparatur-weg zurückzuführen seien. Die vom Kläger selbst beschaffte gebrauchte Tür seinur mangelhaft eingepaßt worden. Die verbliebene Lichtbeule sei auf mangel-haft durchgeführte Spachtel- und Finisharbeiten zurückzuführen aufgrund einesunvollständigen [X.]. Berücksichtige man den Umstand, daßdie Arbeiten gerade nicht in einer Vertragswerkstatt durchgeführt worden seien,die Reparaturkosten in ganz erheblichem Umfang unter der zuvor vom [X.] des [X.] berechneten Höhe blieben und schließlich auch nochgebrauchte Teile Verwendung gefunden hätten, könne nicht mit der erforderli-chen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß eine Behebung auchder letzten noch vorhandenen Mängel durch eine Vertragswerkstatt bei [X.] von Originalteilen und ordnungsgemäßer Spachtelung nicht möglich- 5 -gewesen wäre und aus diesem Grund das komplette hintere Seitenteil hätteausgetauscht werden müssen. Daneben stehe dem Kläger gegen die [X.]nauch kein Anspruch auf Mietwagenkosten in einer dem zuerkannten Betrag [X.] nicht die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten begehre, sondern viel-mehr auf Gutachtenbasis [X.]. Wenn sich der Kläger aber für die [X.] auf fiktiver Basis entscheide und davon absehe, sein Fahrzeug entspre-chend dem zugrundeliegenden Gutachten wieder sach- und fachgerecht in-standsetzen zu lassen, dann sei er an diese Entscheidung gebunden. Es [X.] Kläger nicht frei, hinsichtlich der einzelnen Schadenspositionen zwischenfiktiven und tatsächlich angefallenen Kosten zu wechseln und so das für [X.] günstigste Ergebnis in Anrechnung zu bringen.[X.] gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. [X.] hat im Ergebnis mit Recht dem Kläger über die bereits [X.] bzw. zuerkannten Beträge hinaus weitergehende Ansprüche auf [X.] wegen Reparatur- und Mietwagenkosten versagt.1. Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei nach § 529 Abs. 1 Nr. 1ZPO an die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung über die Möglichkeit einermangelfreien Reparatur ohne Einbau eines neuen [X.] gebunden, läßtentgegen der Auffassung der Revision keinen Rechtsfehler erkennen.Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhand-lung und Entscheidung die vom Gericht des ersten [X.] festgestelltenTatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an- 6 -der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellun-gen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Zweifel im [X.] dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus Sicht des Berufungsge-richts eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafürbesteht, daß im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung kei-nen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. die [X.], [X.]. 14/6036 S. 159). Dies gilt grund-sätzlich auch für Tatsachenfeststellungen, die auf der Grundlage eines Sach-verständigengutachtens getroffen worden sind. Zweifel an der Richtigkeit undVollständigkeit des Gutachtens können sich aus dem Gutachten oder der Per-son des Gutachters ergeben, insbesondere wenn das Gutachten in sich wider-sprüchlich oder unvollständig ist, wenn der Sachverständige erkennbar nichtsachkundig war, sich die Tatsachengrundlage durch zulässigen neuen Sach-vortrag geändert hat oder wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnismöglich-keiten zur Beantwortung der Sachverständigenfrage gibt (vgl. [X.]/[X.],ZPO, 23. Aufl., § 529 Rn. 9). Anhaltspunkte hierfür werden von der Revision [X.] nicht aufgezeigt.b) Soweit die Revision meint, die entsprechenden Feststellungen seienbereits deshalb nicht verfahrensfehlerfrei getroffen worden, weil das Gutachtennicht von dem vom Amtsgericht beauftragten Sachverständigen, sondern voneinem Mitarbeiter seines Büros erstellt worden sei, wird übersehen, daß [X.] in seinem [X.] lediglich das "Büro" des [X.] beauftragt hat. Ob eine Ernennung des Sachverständigen in dieser allge-meinen Form nach § 404 ZPO zulässig ist, kann im vorliegenden Fall letztlichdahinstehen. Denn der Inhaber des Sachverständigenbüros hat nach der ent-sprechenden Beauftragung dem Gericht den Mitarbeiter seines Büros benannt,welcher das Gutachten erstellen und einer eventuellen Gerichtsverhandlungbeiwohnen werde. Nachdem weder seitens des Gerichts noch seitens der Par-- 7 -teien, denen dies zur Kenntnis gebracht wurde, hiergegen Einwände erhobenworden sind, war damit die Person des Sachverständigen zum Zeitpunkt [X.] des Gutachtens hinreichend bestimmt.c) Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen [X.] ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision auch nichtaus den vom Kläger inhaltlich gegen das Gutachten erhobenen Bedenken. [X.] ist weder in sich widersprüchlich noch unvollständig, noch habensich die [X.] geändert. Der Kläger hat lediglich seine auf [X.] des [X.] gestützte Behauptung auf-rechterhalten, daß zu einer ordnungsgemäßen Reparatur eine Erneuerung des[X.] erforderlich sei. Hierüber hatte sich jedoch das erstinstanzliche [X.] aufgrund des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens eine ge-genteilige Überzeugung gebildet. Allein der Umstand, daß der Kläger das [X.] eingeholte Sachverständigengutachten nicht für überzeugend hält, [X.] bei dieser Sachlage konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an seiner Richtig-keit und Vollständigkeit nicht zu ersetzen. Geändert hatte sich hier lediglich dieBeurteilung des vom Kläger beauftragten [X.] hinsichtlichder Erforderlichkeit einer Erneuerung des [X.]. Dieser - zum Zeitpunktder Einholung des gerichtlichen Gutachtens bereits bekannte - [X.] jedoch das Berufungsgericht bereits deshalb nicht zur Ergänzung [X.], weil dadurch keine Fehler oder Widersprüche im gerichtli-chen Gutachten aufgezeigt werden. Schließlich begegnet es auch keinen recht-lichen Bedenken, daß es das Berufungsgericht nach den Ausführungen deserstinstanzlich beauftragten Sachverständigen als plausibel angesehen hat,daß die nach durchgeführter Reparatur noch festgestellten Mängel auf den [X.] gewählten, weitaus billigeren als von seinem eigenen Sachverständigenbezeichneten [X.] unter Verwendung einer gebrauchten Tür zurück-zuführen seien und deshalb nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit da-- 8 -von ausgegangen werden könne, daß eine erneute Beweisaufnahme zu einemanderen Ergebnis führen werde. Dies ist auf der Grundlage des eingeholtenSachverständigengutachtens eine zulässige tatrichterliche Würdigung, die- mangels von der Revision aufgezeigter Verfahrensfehler - revisionsrechtlicherÜberprüfung entzogen ist.2. Das Berufungsgericht ist schließlich auch mit Recht zu dem [X.], daß dem Kläger über dem ihm zuerkannten Betrag hinaus kein [X.]anspruch hinsichtlich weiterer Mietwagenkosten zusteht. Die [X.] im Zusammenhang mit der Revisionszulassung als rechtsgrund-sätzlich erachtete Frage einer Kombination von fiktiver und konkreter Scha-densabrechnung bedarf in dieser Allgemeinheit im vorliegenden Fall keiner ab-schließenden Beurteilung. Jedenfalls unter den Umständen des vorliegendenFalles muß sich der Kläger hinsichtlich der Dauer der Schadensbehebung ander seiner ursprünglichen Schadensabrechnung zugrundeliegenden Art [X.] festhalten lassen, welche ihm die [X.] zu 2 bezahlt hat und [X.] den [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts nach [X.] zu einer ordnungsgemäßen Wiederherstellung des Fahrzeugs geführthätte. Die Mietwagenkosten für die Dauer der von ihm tatsächlich durchgeführ-ten Reparatur kann er schon deshalb nicht verlangen, weil er damit eine [X.], billigere Art der Wiederherstellung gewählt hat, deren Kosten er gerade nichtgeltend macht. Verlangt der Geschädigte den zur Wiederherstellung erforderli-chen Geldbetrag im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (fiktiv) auf Basis einesSachverständigengutachtens, das eine bestimmte Art einer ordnungsgemäßen- 9 -Reparatur vorsieht, so kann er grundsätzlich nur für die erforderliche Dauer die-ser Reparatur Ersatz der Kosten für die Anmietung eines [X.] be-anspruchen.[X.] Pauge[X.] Zoll

Meta

VI ZR 361/02

15.07.2003

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2003, Az. VI ZR 361/02 (REWIS RS 2003, 2313)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2313

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