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Beschwerde bei Unterbringung des Betreuten: Erneute persönliche Anhörung des Betroffenen bei neuer Tatsachengrundlage bei der Entscheidung über die Fortdauer einer geschlossenen Unterbringung
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] ([X.]) vom 4. August 2022 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
I.
Der 40-jährige Betroffene leidet nach den getroffenen Feststellungen an einer paranoiden Schizophrenie, einem schizophrenen Residuum sowie einem polyvalenten Substanzabusus und befand sich deswegen seit 2009 mehr als 20-mal in stationärer Behandlung. Durch Beschluss vom 21. Juni 2022 genehmigte das Amtsgericht seine weitere Unterbringung bis längstens 21. Juni 2023 wegen Eigengefährdung und zum Zwecke der medizinischen Behandlung. Das [X.] hat die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass der angefochtene Beschluss verfahrensfehlerhaft ergangen ist, indem das [X.] entschieden hat, ohne den Betroffenen erneut anzuhören.
Zwar räumt § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG dem Beschwerdegericht auch in einem Unterbringungsverfahren die Möglichkeit ein, von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abzusehen. Doch scheidet dies aus, wenn neue Erkenntnisse zu erwarten sind. Das ist dann der Fall, wenn das Beschwerdegericht für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage heranzieht, die nach der amtsgerichtlichen Entscheidung datiert (vgl. [X.]sbeschluss vom 6. April 2022 - [X.]/21 - FamRZ 2022, 1130 Rn. 16 mwN).
Vorliegend hat das [X.] seine Entscheidung auch auf am 3. August 2022 stattgefundene telefonische Anhörungen des Betreuers und des Verfahrenspflegers durch den Berichterstatter gestützt. Darin habe der Betreuer die missbräuchliche Verwendung eines Schmerzpflasters und die Einnahme von Medikamenten nach freier Selektion des Betroffenen geschildert, welche aus Sicht des [X.]s belegten, dass die geschlossene Unterbringung weiterhin notwendig sei, um einen Rückfall des Betroffenen zu verhindern. Damit hat das [X.] seine Entscheidung auch auf eine neue Tatsachengrundlage gestützt, zu der der Betroffene nicht angehört worden ist, und hierdurch das rechtliche Gehör des Betroffenen verletzt.
2. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die noch erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.
Guhling |
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Klinkhammer |
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Günter |
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Nedden-Boeger |
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Pernice |
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Meta
14.12.2022
Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend LG Ellwangen, 4. August 2022, Az: 1 T 68/22
§ 68 Abs 3 S 2 FamFG, § 1896 Abs 2 BGB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.12.2022, Az. XII ZB 366/22 (REWIS RS 2022, 8231)
Papierfundstellen: REWIS RS 2022, 8231
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