Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2017, Az. IX ZR 87/16

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17534

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:120117UIXZR87.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX ZR 87/16

Verkündet am:

12. Januar 2017

Kirchgeßner

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 53, 54 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2; [X.] § 7 Abs. 6, § 19 Abs. 2
Der Anspruch eines im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Emittenten be-stellten
gemeinsamen Vertreters von [X.] auf Vergütung ist keine [X.].

[X.], Urteil vom 12. Januar 2017 -
IX ZR 87/16 -
[X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2017 durch [X.] Dr.
Kayser,
die Richterin [X.], [X.] [X.], [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Die Sprungrevision gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 24. März 2016 wird auf
Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte ist Verwalter in dem am 1.
April 2014 eröffneten [X.] über das Vermögen der F.

KGaA (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin befasste sich
mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Fi-nanzprodukten. Sie finanzierte sich unter anderem durch die Ausgabe von Or-[X.]chuldverschreibungen, Genussscheinen und Genussrechten. Nach der Er-öffnung des Insolvenzverfahrens berief das Insolvenzgericht wegen der 2.194 Genussschein-
und Genussrechtsserien eine gleiche Anzahl von Gläubigerver-sammlungen nach §
19 Abs. 2 des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz -
[X.]
-) ein. In einer die-ser Gläubigerversammlungen
wurde der Kläger -
ein Rechtsanwalt
-
zum ge-meinsamen Vertreter der Gläubiger der Genussscheinserie

und der Genussrechtsserie

bestellt. Er meldete Forderungen der von ihm vertretenen Gläubiger mit den Beträgen von
614.800

s-1
-

3

-
scheinserie

) und 350.000

) zur Insolvenztabelle an. Weil ein gemeinsamer Vertreter von Or-[X.]chuldverschreibungsgläubigern der Feststellung der vom Kläger angemel-deten Forderungen im Rang des §
38 [X.] wi[X.]prach, erhob der Kläger ge-gen ihn Klage auf Feststellung des Rangs des §
38 [X.] und zahlte hierfür den angeforderten [X.] in Höhe von 3.798

g-keit im Zuge der Forderungsanmeldung
zur Insolvenztabelle rechnete der Klä-ger gegenüber dem beklagten Insolvenzverwalter mit 2.203,29

s-scheinserie

) und 1.578,54

) ab. Die Beträge errechnen sich aus einer 0,5-fachen Gebühr ge-mäß §
2 Abs.
2, §
13 [X.], Nr.
3320 VV-[X.] zuzüglich einer Auslagenpau-schale in Höhe von 20

-[X.] und der anfallenden Umsatz-steuer.

Das [X.] hat die auf Erstattung der verauslagten Gerichtskosten und auf Bezahlung der Gebührenrechnungen im Gesamtbetrag von 7.579,83

gerichtete Klage abgewiesen. Mit seiner Sprungrevision
verfolgt
der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Sprungrevision ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das [X.]
hat die Klage mit Recht abgewiesen.

2
3
-

4

-
I.

Das [X.] hat ausgeführt: Die Klage sei statthaft, weil die Vergü-tung des gemeinsamen Vertreters und der geltend gemachte Anspruch auf Auslagenerstattung nicht in die
Festsetzungszuständigkeit des
Insolvenzge-richts fielen. Für die Forderung auf Erstattung des [X.]es fehle es aber an einer Anspruchsgrundlage. Die Kosten eines Rechtsstreits zwischen verschiedenen gemeinsamen Vertretern von [X.] ge-hörten nicht zu den Kosten und Aufwendungen, die nach §
7 Abs.
6 [X.] vom Schuldner als Emittent zu tragen seien. Hinsichtlich der [X.] sei die Klage gegen den Insolvenzverwalter unzulässig, weil es sich
bei dem Anspruch des im laufenden Insolvenzverfahren gewählten gemeinsamen Vertreters aus §
7 Abs.
6 [X.]
nicht um eine Masseverbindlichkeit, sondern um eine nachrangige Insolvenzforderung
handle. Weder lägen die Vorausset-zungen einer Masseverbindlichkeit nach §
55 Abs.
1 Nr.
1 [X.] vor noch [X.] eine Analogie zu den §§
53, 54 [X.] in Betracht.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Mit Recht hat das [X.] angenommen, dass der von den Gläu-bigern im Insolvenzverfahren nach §
19 Abs.
2 [X.] gewählte gemeinsame Vertreter seinen Anspruch auf Erstattung der durch seine Bestellung entstan-denen
Kosten und Aufwendungen
einschließlich seiner Vergütung
in einem or-dentlichen Zivilprozess geltend zu machen hat. Wie der [X.] entschieden hat, 4
5
6
-

5

-
gehören die Vergütung
und
die
Auslagen des gemeinsamen Vertreters nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens und können nicht vom Insolvenzgericht festgesetzt werden ([X.], Beschluss vom 14.
Juli 2016 -
IX
ZB 46/15, [X.], 1547 Rn. 7
ff).

2. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch gegen den [X.] auf Erstattung seiner Vergütung und der von ihm verauslagten Gerichts-kosten aus der Insolvenzmasse besteht jedoch nicht.

a) Um die gemeinsame Willensbildung und -durchsetzung der oft zahlrei-chen und verstreuten Anleihegläubiger zu erleichtern, sieht die
am 5.
August 2009 in [X.] getretene Neufassung des Schuldverschreibungsgesetzes die Möglichkeit der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters aller Gläubiger vor (§
7 [X.]; vgl. BT-Drucks. 16/12814, [X.], 14). Die
Bestellung
kann bereits in den Anleihebedingungen erfolgen (§
8 Abs.
1 [X.]) oder, sofern in den [X.] vorgesehen (§
5 Abs.
1 Satz 1 [X.]), später in einer Gläu-bigerversammlung. Wird über das Vermögen des Emittenten das Insolvenzver-fahren eröffnet und ist bis dahin noch kein gemeinsamer Vertreter bestellt, ist das Insolvenzgericht nach §
19 Abs.
2 Satz 2 [X.] verpflichtet, eine Ver-sammlung der Anleihegläubiger einzuberufen, um ihnen Gelegenheit zu geben, einen gemeinsamen Vertreter zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Insolvenzver-fahren zu bestellen (§
19 Abs.
2 Satz 1 [X.]). Die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters entstehenden Kosten und Aufwendungen, einschließ-lich einer angemessenen Vergütung des gemeinsamen Vertreters, trägt gemäß §
7 Abs.
6, §
8 Abs.
4 [X.] der Schuldner.

b) Weder das Schuldverschreibungsgesetz noch die [X.] regeln, wie die Kosten und Aufwendungen eines erst im Insolvenzverfahren 7
8
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-

6

-
bestellten gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren geltend zu machen sind. Ein Anspruch gegen die Insolvenzmasse auf Zahlung, wie er vom Kläger geltend gemacht wird, setzt voraus, dass es sich bei der Kostentragungspflicht des Schuldners um eine Masseverbindlichkeit handelt. Hierzu werden unter-schiedliche Meinungen vertreten.

aa) Ein Teil des Schrifttums spricht sich für eine Masseverbindlichkeit aus. Manche Autoren sehen eine Nähe zu den in §
54 [X.] genannten Kosten des Insolvenzverfahrens (HmbKomm-[X.]/[X.], 5.
Aufl., [X.]. zu §
38 Rn.
75; [X.]/Rattunde, [X.], 2. Aufl., §
19 Rn. 89; [X.]/Scherber, [X.], §
19 Rn. 35; [X.]/[X.] in Langenbucher/[X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., Kap.
17, §
19 [X.] Rn. 24; [X.], Restrukturie-rung von Anleihen nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz [X.]69; [X.], [X.], 2015, [X.]83, 192). Andere nehmen eine sonstige Massever-bindlichkeit in direkter oder analoger Anwendung von §
55 Abs.
1 Nr. 1
Fall 2
[X.] an (Horn, [X.], 449, 452; [X.], [X.], 789, 792
f; [X.]/Bankel, [X.], 2393, 2399 f; BK-[X.]/[X.], 2015, §
19 [X.] Rn. 41; [X.]/[X.]/Zenker, Anleihen in Restrukturierung und Insolvenz, Rn.
585; [X.]/[X.]/Knapp, Schuldverschreibungsrecht, § 19 [X.] Rn. 94; [X.]/[X.]/[X.], Sanierungsrecht, [X.]. zu § 39 [X.] Rn. 77) oder nehmen auf §
55 Abs.
1 Nr. 2 Fall 2 [X.] ([X.], [X.], 293, 299; [X.]. in [X.], [X.], 19.
Aufl., §
55 Rn. 18; [X.] in [X.], 2015, [X.], 273)
oder allgemein auf §
53 Fall 2 [X.] Bezug (Theiselmann/Lürken, Praxishand-buch des Restrukturierungsrechts, 3.
Aufl., Kap.
5 Rn.
169).

bb) Nach einer anderen in der Literatur vertretenen Auffassung ist der Anspruch gegen den Schuldner aus §
7 Abs.
6 [X.] keine Masseverbindlich-keit, sondern eine bloße Insolvenzforderung, die teilweise als nachrangig ge-10
11
-

7

-
mäß §
39 Abs.
1 Nr. 2 [X.] beurteilt wird
(FK-[X.]/[X.], §
19 Rn. 49; [X.], [X.], 785, 787 f; [X.], [X.] 18/2015 [X.]. 3 unter [X.]; [X.], Z[X.] 2016, 897 ff; [X.], [X.] 3/2016 [X.]. 3 unter [X.]; [X.]. [X.] 2016, 451, 453 ff).
Für eine solche Qualifikation haben sich auch die
[X.]e
Düsseldorf ([X.], 1036, 1037 f; nicht tragend)
und [X.] ([X.], 233; zur Vergütung
eines vor Insolvenzeröffnung bestellten gemeinsamen Vertreters für Tätigkeiten
nach dem Eröffnungsantrag und im Insolvenzverfahren) ausgesprochen.

c) Der [X.] entscheidet die Streitfrage im Sinne der zuletzt genannten Auffassung. Der Anspruch eines von den [X.] im Insolvenzverfah-ren über das Vermögen des Emittenten nach §
19 Abs. 2 [X.] bestellten gemeinsamen Vertreters auf Vergütung für seine Tätigkeit zählt weder zu den Kosten des Insolvenzverfahrens nach §
54 [X.] noch stellt er eine sonstige Masseverbindlichkeit im Sinne von §
55 [X.] dar, die gemäß §
53 [X.] aus der Insolvenzmasse vorab zu berichtigen wäre.

aa) Die Befürworter einer Masseverbindlichkeit verweisen darauf, dass der Gesetzgeber die Tätigkeit eines gemeinsamen Vertreters der [X.] im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Emittenten wegen seiner verfahrensfördernden Wirkung für wünschenswert gehalten (BT-Drucks. 16/12814, [X.]) und deshalb in §
19 Abs.
2 Satz 2 [X.] die Einberufung ei-ner Gläubigerversammlung durch das Insolvenzgericht zum Zwecke einer ent-sprechenden Beschlussfassung vorgeschrieben und in §
19 Abs. 3 [X.] eine gesetzliche Bestimmung über die Rechte und Pflichten des von den Gläubigern zu bestellenden Vertreters getroffen habe. In der Praxis lasse sich dieses [X.] des Gesetzgebers nur verwirklichen, wenn der auch im Insolvenzverfah-ren nach §
7 Abs.
6 [X.] gegen den Schuldner gerichtete Vergütungsan-12
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spruch des gemeinsamen Vertreters eine Masseverbindlichkeit und keine einfa-che Insolvenzforderung nach §
38 [X.] oder gar eine nur nachrangige Insol-venzforderung nach §
39 Abs.
1 Nr. 2 [X.] sei.

Maßgebend für die Beurteilung, ob eine gegen den Schuldner gerichtete Forderung als Masseverbindlichkeit vorab aus der Masse zu berichtigen ist, sind jedoch nicht wirkliche oder vermeintliche praktische Bedürfnisse, sondern die Normen des Insolvenzrechts. Diese lassen eine Qualifizierung des Vergü-tungsanspruchs des im Insolvenzverfahren bestellten gemeinsamen Vertreters als Masseverbindlichkeit nicht zu.

bb) Masseverbindlichkeiten sind zunächst die Kosten des [X.] (§
53 Fall 1 [X.]). Was Kosten des Insolvenzverfahrens sind, ist
in
§
54 [X.]
gesetzlich definiert. Der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertre-ters von [X.], der sich direkt gegen den Schuldner richtet (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/12814, S.
20),
ist dort nicht genannt.

Nach der Rechtsprechung des [X.]s kommt auch eine analoge An-wendung des §
54 [X.] auf den Vergütungsanspruch des gemeinsamen [X.] nicht in Betracht. Die in §
54 [X.] getroffene Bestimmung, welche Kos-ten als Kosten des Insolvenzverfahrens gelten und vorrangig aus der Masse zu berichtigen sind, ist grundsätzlich abschließend. Zudem ist die Funktion und Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters von [X.] nicht mit den Auf-gabenbereichen der in §
54 Nr. 2 [X.] aufgeführten Personen vergleichbar ([X.], Beschluss vom 14.
Juli 2016
-
IX
ZB 46/15, [X.], 1547 Rn. 13, 21
ff).

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-

cc) Der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters ist auch keine sonstige Masseverbindlichkeit im Sinne von §
53 Fall 2, §
55 [X.].

(1) Der Anspruch des im Insolvenzverfahren bestellten gemeinsamen Vertreters aus §
7 Abs.
6 [X.] ist nicht durch eine Handlung des [X.] im Sinne von §
55 Abs.
1 Nr. 1 Fall 1 [X.] begründet worden. Die Bestellung erfolgte durch einen Beschluss der Gläubiger ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters.

(2) Die Begründung der Verbindlichkeit erfolgte auch nicht in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse (§
55 Abs.
1 Nr. 1 Fall 2 [X.]). Zu dieser Art von Masseverbindlichkeiten [X.] zwar auch Verbindlichkeiten aus gesetzlichen Schuldverhältnissen zählen, etwa Abgabenforderungen. Voraussetzung ist aber, dass die
Verbindlichkeiten
durch die Insolvenzverwaltung ausgelöst
werden oder jedenfalls einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweisen
(vgl. [X.], 2152
Rn. 14; BFH
ZIP
2011, 1728 Rn. 12).

Daran fehlt es. Der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters entsteht aufgrund seiner Bestellung durch die Gläubigerversammlung. Dabei handelt es sich um eine freie, privatautonome Entscheidung der [X.], auf die der Insolvenzverwalter ebenso wenig Einfluss hat
wie auf die [X.] Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters. An[X.] als etwa in den Fällen der
Grund-
oder [X.]fahrzeugsteuer, in denen
der Verwalter eine Belastung der Masse durch Freigabe oder Veräußerung des von der Steuer betroffenen Ge-genstands vermeiden kann, hat der Insolvenzverwalter keine Möglichkeit, das Entstehen des Vergütungsanspruchs des
gemeinsamen Vertreters zu verhin-dern.
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20
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-

An dem erforderlichen Bezug des Vergütungsanspruchs zur [X.] fehlt es auch deshalb, weil der gemeinsame Vertreter ausschließlich im Interesse der von ihm vertretenen Anleihegläubiger tätig
wird. Zu einer Rück-sichtnahme auf die Interessen des Schuldners ist er nicht verpflichtet. Er haftet gemäß §
7 Abs.
3 [X.] nur den von ihm vertretenen Gläubigern. Diese er-langen in erster Linie die Vorteile aus seiner Tätigkeit
(vgl. [X.], Beschluss vom 14.
Juli 2016 -
IX
ZB 46/15, [X.], 1547 Rn. 16).
Dass die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters daneben mittelbar auch einen effektiven Ablauf des Insolvenzverfahrens fördert, stellt den Massebezug nicht her. Die Behandlung bestimmter Steuern oder etwa von Wohngeldansprüchen
als Masseverbindlich-keiten rechtfertigt sich demgegenüber dadurch, dass diese Kosten an die Zu-gehörigkeit des betroffenen Vermögens zur verwalteten Masse anknüpfen. Ein solcher Bezug zur Insolvenzmasse besteht bei dem Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters von [X.] nicht.
Entgegen der vom Kläger in der Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung genügt ein Bezug zur [X.] als der Gesamtheit der Verbindlichkeiten des Schuldners nicht. Der in § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] verwendete Begriff der Insolvenzmasse umfasst das Vermögen des Schuldners im Sinne der Aktiva, nicht seine Verbindlichkei-ten (§ 35 Abs. 1 [X.]).

Der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters nach dem Schuldverschreibungsgesetz ist schließlich nicht mit anderen Kostenerstat-tungsansprüchen vergleichbar, die in der Rechtsprechung als [X.] beurteilt worden sind. Die Rechtsstellung des
gemeinsamen
Vertre-ters
nach § 6 des Spruchverfahrensgesetzes
(vgl. dazu [X.], [X.], 940, 942 mwN)
weist wesentliche Unterschiede auf. Er wird
vom Gericht bestellt; die Bestellung ist zwingend, weil die nach dem Spruchverfahrensge-21
22
-

11

-
setz ergehende Entscheidung auch gegenüber den nicht antragstellenden An-teilsinhabern
wirkt und deren Rechte durch den gemeinsamen -
gesetzlichen
-
Vertreter gewahrt werden sollen. Diesem
besonderen Status entspricht es, dass seine Vergütung, die er ausschließlich vom Antragsgegner zu beanspruchen hat,
vom Gericht festgesetzt
wird (§
6 Abs. 2 SpruchG).
Ebenso wenig [X.] ist die vom Kläger angeführte Verpflichtung des Insolvenzverwalters, aus der Insolvenzmasse die Mittel bereit zu stellen, die erforderlich sind, um die Pflichten des Schuldners nach dem Wertpapierhandelsgesetz zu erfüllen (§
11 WpHG;
vgl.
auch
BVerwG NZI 2005, 510, 514). Eher sind die Kosten des ge-meinsamen Vertreters mit den durch die Tätigkeit eines Betriebsrats verursach-ten und nach §
40 Abs.
1 [X.] vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten [X.].
Diese werden, soweit sie während des Insolvenzverfahrens entste-hen,
in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung
aber
nur
im Falle einer Veran-lassung durch den
Insolvenzverwalter
als Masseverbindlichkeit beurteilt (§
55 Abs.
1 Nr.
1 Fall
1 [X.], nicht Fall 2 dieser Norm; vgl. [X.] ZIP 2006, 144
Rn. 13 f;
ZIP 2010, 588 Rn.
20 ff).

(3) Auch eine Analogie zu §
55 Abs.
1 Nr.
1 Fall 2 [X.] kommt nicht in Betracht. Zweifelhaft ist bereits, ob es eine unbeabsichtigte, planwidrige Unvoll-ständigkeit des Gesetzes darstellt, dass weder im Schuldverschreibungsgesetz noch in der [X.] geregelt ist, ob es sich bei dem Vergütungsan-spruch des im Insolvenzverfahren bestellten gemeinsamen Vertreters um eine Masseverbindlichkeit handelt. Möglicherweise hat der Gesetzgeber von einer diesbezüglichen Bestimmung bewusst abgesehen.

Jedenfalls fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer Analogie. Der zu beurteilende Sachverhalt ist mit dem in §
55 Abs.
1 Nr. 1 Fall 2 [X.] geregelten Sachverhalt nicht soweit vergleichbar, dass angenommen werden könnte, der 23
24
-

12

-
Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den glei-chen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen [X.], zu dem gleichen [X.] gekommen (vgl. [X.], Beschluss vom 20.
November 2014 -
IX ZB 16/14, [X.], 131 Rn. 19 mwN). Angesichts des Postulats einer Gleichbehandlung der Gläubiger im [X.], der fehlenden Regelung zur Bemessung
der vom gemeinsamen [X.] nach dem Schuldverschreibungsgesetz zu beanspruchenden Vergütung und der damit verbundenen Gefahr einer Auszehrung der Masse erscheint es fraglich, ob der Gesetzgeber den Vergütungsanspruch uneingeschränkt als Masseverbindlichkeit qualifiziert hätte.

(4) Der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters kann schließ-lich auch
nicht in direkter oder entsprechender Anwendung von §
55 Abs.
1 Nr.
2 [X.] als Masseverbindlichkeit eingeordnet werden
(vgl. dazu [X.], [X.], 293, 299). Die Pflicht des Schuldners, die Kosten des im Insolvenzverfah-ren bestellten gemeinsamen Vertreters
zu tragen, beruht nicht auf einem zwi-schen den Gläubigern oder dem Vertreter
einerseits
und dem Schuldner ande-rerseits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zustande gekommenen ge-genseitigen Vertrag
mit synallagmatischen Leistungspflichten, sondern ist eine Folge der gesetzlichen Regelung
in §
7 Abs.
6 [X.].
Die Voraussetzungen einer Analogie liegen ebenfalls nicht vor. Zweck der Regelung in §
55 Abs.
1 Nr.
2 [X.] ist der Schutz des Vertragspartners des Schuldners, der auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Masse leisten muss. Eine [X.]e Lage besteht bei dem nur den [X.], nicht aber dem Schuldner
verpflichteten gemeinsamen Vertreter nicht.

dd) Der erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §
19 Abs.
2 Satz 1 [X.] bestellte gemeinsame Vertreter kann den
ihm selbst nach 25
26
-

13

-
§
7 Abs.
6 [X.] gegen den Schuldner zustehenden
Vergütungsanspruch im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners auch nicht als Insol-venzforderung geltend machen, denn sein Vergütungsanspruch war zum Zeit-punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht begründet. Er ist mit seinem Anspruch Neugläubiger, dem der Schuldner nur nach Maßgabe des §
89 Abs.
2 [X.] mit seinem insolvenzfreien Vermögen haftet
(vgl. [X.], Urteil vom
26.
September 2013 -
IX
ZR 3/13, [X.], 137 Rn. 8).

Eine Teilnahme am Insolvenzverfahren als Insolvenzgläubiger kommt für den gemeinsamen Vertreter lediglich insoweit in Betracht, als er einen an ihn abgetretenen, aus der Regelung in §
7 Abs.
6 [X.] abgeleiteten und auf-grund der Abtretung in einen Zahlungsanspruch übergegangenen Freistel-lungsanspruch der
von ihm
vertretenen Anleihegläubiger gegen den Schuldner geltend macht. Bei diesem abgetretenen Anspruch handelt es sich allerdings um eine Forderung, die im Nachrang des §
39 Abs.
1 Nr.
2 [X.] zu berichtigen ist, weil sie Kosten betrifft, die den [X.] durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen sind. Allein eine solche Zuordnung wird dem das Insol-venzverfahren beherrschenden Grundsatz
der Gleichbehandlung der [X.] gerecht. Es besteht kein Grund, die vom Schuldverschreibungs-gesetz erfassten Gläubiger gegenüber anderen [X.] zu bevor-zugen und den Kosten, die sie zur Geltendmachung ihrer Forderungen aufwen-den müssen, einen besseren Rang einzuräumen als den [X.] anderer Gläubiger. Das Schuldverschreibungsgesetz eröffnet den [X.] mit der Regelung in §
19 [X.] lediglich eine besondere Möglichkeit, sich für einen gemeinsamen Vertreter und damit für eine Bünde-lung ihrer Interessen zu entscheiden. Das Gesetz bietet jedoch keinen [X.]alts-punkt dafür, dass die den [X.] dadurch entstehenden Kosten im 27
-

14

-
Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners vorrangig oder gar als
Masseverbindlichkeit berichtigt werden sollten.

ee) Dem
gemeinsamen
Vertreter bleibt die Möglichkeit,
die Übernahme der Tätigkeit davon abhängig zu machen, dass die ihm zustehende Vergütung von den [X.] direkt oder mittelbar aus der vom gemeinsamen Vertreter erzielten Befriedigungsquote aufgebracht wird
(vgl. [X.], [X.], 1036, 1038; [X.], [X.], 785, 789; [X.], [X.] 2016, 451, 459).
Im Einzelfall kann es auch zulässig sein, durch eine Vergütungsver-einbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem gemeinsamen Vertreter eine Masseverbindlichkeit nach §
55 Abs.
1 Nr. 1 Fall 1 [X.] zu begründen, wenn die der Masse daraus entstehenden Kosten durch die aus der Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters
entstehenden Vorteile zumindest
ausgeglichen werden.

Im Übrigen obliegt es dem Gesetzgeber, die rechtlichen Voraussetzun-gen für eine bessere Absicherung des Vergütungsanspruchs des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren zu schaffen.

d) Die vorstehenden Erwägungen gelten entsprechend für den vom Klä-ger geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Auslagen, die er für die in dem Rechtsstreit mit einem gemeinsamen Vertreter von Or[X.]chuldverschrei-bungsgläubigern angefallenen Gerichtskosten getätigt hat. Ein solcher Erstat-tungsanspruch scheidet im Übrigen bereits deshalb aus, weil Kosten, die einem gemeinsamen Vertreter für Prozesse entstehen, die er zur Durchsetzung von Ansprüchen der von ihm vertretenen Gläubiger aus den Schuldverschreibungen führt, nicht zu den vom
Schuldner nach §
7 Abs.
6 [X.] zu ersetzenden Auf-28
29
30
-

15

-
wendungen gehören ([X.], Beschluss vom 14.
Juli 2016 -
IX
ZA 9/16, [X.], 1589 Rn.
15).

3. Die Klage könnte auch dann keinen Erfolg haben, wenn sich die Rechtsstellung des [X.] nicht nach dem Schuldverschreibungsgesetz vom 31.
Juli 2009, sondern nach dem Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4. Dezember 1899 ([X.] 1899) richten sollte. Dies wäre der Fall, soweit der Bestellung des [X.] Schuldver-schreibungen zugrunde liegen, die vor dem 5. August 2009 ausgegeben [X.] (§
24 Abs.
1 [X.] 2009), und die Gläubiger nicht nach §
24 Abs.
2 [X.] 2009 die Anwendbarkeit des neuen Rechts wirksam beschlossen ha-ben. Das [X.] hat hierzu keine Feststellungen getroffen.

a) Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind für das [X.] vom 4.
Dezember 1899 nicht an[X.] zu beantworten als für das Schuldverschreibungsgesetz vom 31.
Juli 2009. Auch nach dem früheren Recht sind die durch die Tätigkeit eines von der Gläubigerversammlung bestellten gemeinsamen Vertreters entstehenden Aufwendungen und eine angemessene Vergütung vom Schuldner zu tragen (§
14a Abs. 3 [X.] 1899). Der gemein-same Vertreter kann von den Gläubigern auch noch nach der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Emittenten bestellt werden (§
18 Abs.
3 [X.] 1899). Sein Anspruch gegen den Schuldner auf Vergütung ist jedoch keine Masseverbindlichkeit. Insoweit gelten die für den Vergütungsan-spruch des nach dem Schuldverschreibungsgesetz vom 31.
Juli 2009 bestellten Vertreters angeführten Gründe entsprechend.

b) Auch bei dem geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der in ei-nem Rechtsstreit mit Or[X.]chuldverschreibungsgläubigern verauslagten Ge-31
32
33
-

16

-
richtskosten
handelt es sich nicht um eine Masseverbindlichkeit. Es kann [X.] offen bleiben, ob der Schuldner für solche Kosten nach altem Recht (§
14 Abs. 4 Satz 2 [X.] 1899) haftet.

Kayser
[X.]
Pape

[X.]
Möhring
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 24.03.2016 -
9 [X.] -

Meta

IX ZR 87/16

12.01.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2017, Az. IX ZR 87/16 (REWIS RS 2017, 17534)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17534

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Emittenten: Vergütungsanspruch des bestellten gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger …


IX ZR 89/20 (Bundesgerichtshof)

Schuldverschreibungen einer insolventen GmbH & Co. KG: Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters der Schuldverschreibungsgläubiger nach Eröffnung …


IX ZR 178/20 (Bundesgerichtshof)

Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen: Vergütung des nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Emittenten …


22 C 3045/19 (AG Nürnberg)

Insolvenzverfahren, Abtretung, Insolvenzverwalter, Insolvenzmasse, Insolvenzschuldner, Vertreter, Insolvenzquote, Zahlungsanspruch, Zinsen, Auszahlung, Anspruch, Klage, Freistellungsanspruch, Bestellung, gemeinsamer …


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