Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. IX ZR 75/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8291

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 75/12

vom

7. Februar 2013

in dem Rechtsstreit

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr. [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.]

am 7. Februar 2013
beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin und die Beschwerde des [X.]n gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 9.
März 2012 in der Fassung des [X.] vom 4.
April 2012 werden
zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 27
v.H. und der [X.] 73
v.[X.]

Gründe:

Die Beschwerden beider [X.]en decken keinen Zulassungsgrund auf.

1. Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
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a) Zu Unrecht rügt die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Fall
2 ZPO), das Berufungsgericht habe die Bindungswirkung des Grundurteils nicht beachtet.

Das Grundurteil hat eine Eigentumsverletzung zum Nachteil der Klägerin in der Fertigstellung der ihr gehörenden Fahrzeuge durch den [X.]n er-blickt. In Übereinstimmung mit dieser Würdigung hat das Berufungsgericht den Schaden nach dem Wert der Fahrzeuge der Klägerin vor Vollendung der Um-bauarbeiten bemessen.

b) Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG liegt nicht vor.

Das Berufungsgericht hat das als übergangen gerügte Vorbringen der Klägerin, dass bei einzelnen Fahrzeugen nur noch [X.] oder [X.] angebracht werden mussten, nach dem Inhalt des Tatbestands wie auch der Entscheidungsgründe ausdrücklich beachtet. Bei dieser Sachlage ist den Anforderungen des Art.
103 Abs.
1 GG genügt. Das Prozessgrundrecht gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit dem Vorbringen einer [X.] in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst für richtig hält. Aus Art.
103 Abs.
1 GG folgt auch keine Pflicht des Gerichts,
der von einer [X.] vertretenen Rechtsansicht zu folgen ([X.], Beschluss vom 19.
Mai 2011 -
IX
ZB 214/10, [X.], 1087 Rn.
13).

2. Auch der Beschwerde des [X.]n ist der Erfolg zu versagen.

a) Das von dem [X.]n angeführte Senatsurteil vom 4.
November 2004 (IX
ZR 22/03, [X.], 2482, 2483
ff), das die Wirksamkeit seitens des 3
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Schuldners nach Einsetzung eines vorläufigen Verwalters im Wege des [X.] Zahlungen zum Gegenstand hat, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Erkenntniswert. Bei dieser Sachlage greift der geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Fall
2 ZPO) nicht durch.

b) Davon abgesehen kann sich der [X.] nicht darauf berufen, keiner Schadensersatzpflicht zu unterliegen, weil die bereits vor seiner Kenntnis von der Eigentümerstellung der Klägerin ohne sein Verschulden zum Zwecke einer Panzerung teilweise umgebauten Limousinen für die ihrerseits aus rechtlichen Gründen an einer weiteren Umrüstung der Fahrzeuge gehinderte Klägerin kei-nen wirtschaftlichen Wert verkörpert hätten und daher der von ihm im Wissen um die Eigentumsverhältnisse veranlasste weitere Umbau der Fahrzeuge kei-nen Schaden der Klägerin ausgelöst habe.

aa) Ausgangspunkt jeder Schadensberechnung bildet die [X.]. Ob und inwieweit ein nach §§
249
ff [X.] zu ersetzender Vermögens-schaden vorliegt, beurteilt sich nach einem Vergleich der infolge des [X.] eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Die [X.] umfasst zugleich das Erfordernis der Kausalität zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und einer dadurch eingetretenen Vermögensminderung: Nur eine Vermögens-minderung, die durch das haftungsbegründende Ereignis verursacht ist,
das heißt
ohne dieses nicht eingetreten wäre, ist als ersatzfähiger Schaden anzuer-kennen ([X.], Urteil vom 14.
Juni 2012 -
IX
ZR 145/11, [X.], 1359 Rn.
42).
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bb) Demgemäß bemisst sich der Schaden der Klägerin nach dem Wert der von ihr unter Eigentumsvorbehalt an die Schuldnerin gelieferten Fahrzeuge zu dem Zeitpunkt, als der über die Eigentümerstellung der Klägerin orientierte [X.] gleichwohl die Arbeiten fortsetzen ließ. Den Marktwert der Fahrzeuge hat das Berufungsgericht im Streitfall, ohne dass insoweit [X.] erhoben wer-den, mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens ermittelt.

(1) Wird durch eine Verarbeitung mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache hergestellt, erwirbt der Hersteller daran gemäß §
950 Abs.
1 Satz
1 [X.] das Eigentum. Verlor die Schuldnerin nach dieser Vorschrift durch die [X.] das Eigentum an den gelieferten Fahrzeugen, stand ihr gemäß §
951 Abs.
1 [X.] ein Bereicherungsanspruch gegen die Schuldnerin zu. Daneben blieben aber nach §
951 Abs.
2 [X.] die Vorschriften über die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen unberührt. Deswegen konnte die Klägerin im Falle eines [X.]s nach §
950 Abs.
1 [X.] auf der Grundlage des §
823 Abs.
1 [X.] von dem [X.]n im Wege der [X.] Wiederherstellung des früheren Zustands verlangen ([X.]/[X.], 5.
Aufl., §
951 Rn.
37). Allerdings wird in diesen Fällen mit Rücksicht auf den unverhältnismäßigen Aufwand einer Wiederherstellung re-gelmäßig die Bestimmung des §
251 Abs.
2 [X.] den Anspruch auf [X.] ausschließen ([X.]/[X.], aaO).

(2) Es kann -
in Übereinstimmung mit den Vordergerichten
-
dahinstehen, ob die Klägerin ihr Eigentum an den Fahrzeugen bereits durch die Verarbeitung oder, sofern die Voraussetzungen des §
950 [X.] nicht eingreifen, erst durch den gutgläubigen Erwerb der Abnehmer der Schuldnerin verloren hat. Denn der in §
951 Abs.
2 [X.] für anwendbar erklärte deliktische Schadensersatzan-11
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spruch ist erst recht gegeben, wenn der Berechtigte durch eine Bearbeitung sein Eigentum nicht verloren hat. Auch hier steht §
251 Abs.
2 [X.] der [X.] entgegen. Im Streitfall dürfte der Anspruch auf Naturalrestitution zu-dem an §
251 Abs.
1 [X.] scheitern, weil der Erwerber nicht in eine Verände-rung der Fahrzeuge einwilligen wird ([X.], Urteil vom 15.
Februar 2008 -
V
ZR 17/07, [X.], 1116 Rn.
12
ff).

(3) Scheidet eine Naturalrestitution aus, kann der verdrängte [X.] den Verkehrswert seiner -
hier entweder infolge der Verarbeitung oder eines gutgläubigen Erwerbs
-
untergegangenen Eigentumsrechte beanspru-chen (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Juli 1984 -
VI
ZR 262/82, [X.]Z 92, 85, 90).

Die von der Klägerin gelieferten Fahrzeuge
waren durch die Aufnahme
der Umbauarbeiten nicht wertlos geworden.
Ein Verkehrswert der Fahrzeuge ist selbst dann gegeben, wenn allein die Schuldnerin aufgrund ihrer Leistungs-schutzrechte und privilegierten Bezugsquellen zu einer wirtschaftlich rentablen Fertigstellung der Fahrzeuge im Stande war. Hierfür spricht bereits der in Fällen eines [X.]s nach §§
946 bis 950 [X.] durch die Regelung des §
951 Abs.
1 Satz
1 [X.] gewährte bereicherungsrechtliche Ausgleichanspruch. Der objektive Wert einer Sache richtet sich nicht allein nach dem Interesse des Eigentümers, sondern danach, welche weiteren Interessen Dritte damit verfol-gen können (Jahr,
[X.] (1983), 725, 733
f; Soergel/[X.], [X.], 12.
Aufl., vor §
249 Rn.
54). Die Befugnis, der Schuldnerin eine rentable Verwendungs-möglichkeit an den Fahrzeugen einzuräumen, war folglich Bestandteil der Ei-gentumsrechte der Klägerin ([X.]/[X.],
[X.], 2004, §
249 Rn.
131).

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Überdies führt die in dem Umbau zum Ausdruck kommende Nachfrage dazu, dass die Fahrzeuge als marktgängig anzusehen sind und daher einen Marktwert repräsentieren. Den Fahrzeugen kann ein Marktwert nicht deshalb abgesprochen werden, weil infolge fehlender technischer Kenntnisse und Zu-griffsmöglichkeiten möglicherweise allein die Schuldnerin bzw. der [X.] für sie Verwendung hatte. Vielmehr kann sich der Marktwert einer Sache gerade darin manifestieren, dass ein einzelner Dritter einen entsprechenden Bedarf hat. Dies gilt insbesondere im Verhältnis zu dem [X.]n, der zur Vermei-dung gegen ihn als (vorläufiger) Insolvenzverwalter gerichteter [X.] gehalten war, sich im Interesse der Massemehrung mit der Klä-gerin im Blick auf ihre Aussonderungsrechte zu verständigen und anschließend zwecks einer gewinnbringenden
Veräußerung der Fahrzeuge die Umbauarbei-ten zu vollenden (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Mai 2011 -
IX
ZR 144/10, [X.]Z 189, 299 Rn.
50
ff).

(4) Da der Schadensersatzanspruch an den von der Klägerin erlittenen [X.] anknüpft, ist es ohne Bedeutung, ob die Klägerin ihrerseits infolge der insoweit bestehenden Leistungsschutzrechte der Schuldnerin recht-lich imstande gewesen wäre, die Fahrzeuge umzubauen. Die Ersatzpflicht be-ruht vielmehr darauf, dass sich der [X.] fremde Eigentumsrechte im eige-nen Erwerbsinteresse zum Zweck der Weiterverarbeitung zunutze gemacht hat. Könnte der [X.] allein deshalb einer Ersatzpflicht entgehen, weil die Kläge-rin einen Umbau der Fahrzeuge nicht verwirklichen konnte, wäre einer entschä-digungslosen Aneignung fremder [X.], die der Berechtigte selbst im Unterschied zu dem Rechtsverletzer nicht gewinnbringend zu nutzen vermag, Tür und [X.] geöffnet. Maßgeblich ist vielmehr, dass der [X.] be-wusst Eigentumsrechte
der Klägerin durch die weitere Umrüstung ihr gehören-16
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der Fahrzeuge verletzt hat. Insoweit ist für die Schadensberechnung in Einklang
mit der Würdigung des Berufungsgerichts maßgeblich, welcher Wert dem Ei-gentum der Klägerin für die von dem [X.]n vorgenommenen Umrüstungen zukam.

[X.]

Gehrlein [X.]

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 26.03.2008
-
11 O 532/03 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.03.2012 -
2 U 49/08 -

Meta

IX ZR 75/12

07.02.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2013, Az. IX ZR 75/12 (REWIS RS 2013, 8291)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8291

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 75/12

2 U 49/08

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