Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.09.2023, Az. 5 StR 405/23

5. Strafsenat | REWIS RS 2023, 6885

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Tenor

Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 27. März 2023 und sein Antrag auf Entscheidung des [X.] werden als unzulässig verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 26 Fällen, vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Schusswaffen und Munition sowie wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.

2

1. Gegen das am 27. März 2023 in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der dem Angeklagten beigeordnete Pflichtverteidiger am 28. März 2023 Revision eingelegt, woraufhin ihm das Urteil am 16. Mai 2023 zugestellt worden ist. Nachdem eine Revisionsbegründung innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO, mithin bis zum 16. Juni 2023, nicht eingegangen war, hat die [X.] die Revision durch Beschluss vom 21. Juni 2023 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.

3

Der Beschluss ist dem Verteidiger am 27. Juni 2023 zugestellt worden. Mit seinem am 13. Juli 2023 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz vom 11. Juli 2023 hat er die Revision des Angeklagten gegen das Urteil mit der Rüge der Verletzung „formellen und materiellen Rechts“ begründet und Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist „bezüglich der Revision sowie der [X.]“ beantragt. Zudem richtet sich der Antrag gegen den Verwerfungsbeschluss des [X.]s vom 21. Juni 2023. Zur Begründung des [X.] hat er vorgetragen, der Angeklagte habe ihn mit Urteilsverkündung beauftragt, gegen das Urteil Revision einzulegen, was er auch fristgemäß getan habe. Im Büro des Verteidigers sei jedoch in der Handakte weder das Urteil noch der Nachweis seines Eingangs gefunden und demzufolge auch keine Frist für die Revisionsbegründung notiert worden. Dieser Umstand sei dem Verteidiger erst durch den am 27. Juni 2023 eingegangenen Verwerfungsbeschluss des [X.]s aufgefallen. Am 7. Juli 2023 habe er sich zur Geschäftsstelle des [X.]s begeben, wo man ihm mitgeteilt habe, dass das Urteil am 16. Juni 2023 zugestellt worden sei. Anschließend habe er den Angeklagten über die Fristversäumung informiert. Die Richtigkeit dieser Angaben hat der Verteidiger anwaltlich versichert. Nach seiner Auffassung treffe den Angeklagten kein Verschulden an der Fristversäumung.

4

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist unzulässig, soweit der Angeklagte Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Revision beantragt hat, da diese rechtzeitig (§ 341 Abs. 1 StPO) eingelegt worden ist.

5

Soweit er Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Revision begehrt, ist der Antrag unzulässig, weil er entgegen § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihn kein Verschulden an der Fristversäumung trifft.

Der [X.] hat hierzu ausgeführt:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden gehindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller, sofern sich – wie hier – die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nicht offensichtlich aus den Akten ergibt, auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen; dies kann nicht nachgeholt werden. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten; auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Verteidigers kommt es hingegen nicht an (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 12. Oktober 2022 – 4 [X.], NStZ-RR 2022, 378).

An dieser [X.] fehlt es. Der Antrag vom 11. Juli 2023 enthält keine ausreichenden Angaben dazu, wann das Hindernis tatsächlich weggefallen ist, dass der Fristwahrung entgegenstand. Dem Antrag kann – zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten – nur entnommen werden, dass der Verteidiger den Angeklagten am Freitag, den 7. Juli 2023 „über die Versäumung der Fristen informiert“ hat. Wann dem Angeklagten tatsächlich die Versäumung der [X.] bekannt geworden ist, wird indes nicht konkret vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der Akten. Diesen ist vielmehr zu entnehmen, dass der Vorsitzende am Mittwoch, den 21. Juni 2023 die Übersendung des [X.] vom gleichen Tag mit Rechtsmittelbelehrung an den Angeklagten und dessen Verteidiger verfügt hat ([X.], [X.]. 218). Aus dem auf dieser Verfügung angebrachten Erledigungsvermerk ergibt sich, dass die Absendung am Freitag, den 23. Juni 2023 erfolgt ist ([X.], [X.]. 218 f.).

Angesichts der üblichen Postlaufzeiten in einer Großstadt von einem Werktag (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Oktober 2022 – 4 [X.], NStZ-RR 2022, 378;https://www.deutschepost.de/de/q/qualitaet gelb.html) ist mithin naheliegend, dass der Angeklagte den Verwerfungsbeschluss bereits am Samstag, den 24. Juni 2023, jedenfalls aber – ebenso wie der Verteidiger ([X.], [X.]. 220) – am Dienstag, den 27. Juni 2023 erhalten hat, sodass die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO am Dienstag, den 4. Juli 2023 abgelaufen wäre. Darauf, dass der Angeklagte – nach Erhalt des Beschlusses – seinen Wohnsitz am Samstag, den 1. Juli 2023 gewechselt hat ([X.], [X.]. 231 f.), kommt es nicht mehr an.

Anhaltspunkte für einen zur Wiedereinsetzung von Amts wegen nötigenden „offenkundigen Mangel“ der Verteidigung (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Oktober 2022 – 4 [X.], NStZ-RR 2022, 378) liegen nicht vor.

6

Dem schließt sich der Senat an.

7

3. Das als Antrag auf Entscheidung des [X.] gemäß § 346 Abs. 2 StPO auszulegende Begehren des Verteidigers, den Beschluss vom 21. Juni 2023 „mit den Feststellungen“ aufzuheben und die Sache „zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere [X.] zurück zu verweisen“ ist unzulässig. Der Antrag gegen den dem Verteidiger am 27. Juni 2023 zugestellten Verwerfungsbeschluss ging nicht fristgerecht binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses (§ 346 Abs. 2 Satz 1 StPO) beim [X.] ein. Der Antrag wäre außerdem unbegründet, weil das [X.] die Revision mangels rechtzeitiger Begründung innerhalb der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO zu Recht gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen hat.

8

4. Im Übrigen hätte die Revision des Angeklagten aber auch in der Sache keinen Erfolg gehabt.

[X.]     

        

Gericke     

Ri[X.] Prof. Dr. Mosbacher ist
im Urlaub und kann nicht
unterschreiben.
[X.]

        

Resch     

        

Ri[X.] Prof. Dr. [X.] ist im
Urlaub und kann nicht
unterschreiben.
[X.]

Meta

5 StR 405/23

26.09.2023

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 27. März 2023, Az: 506 KLs 28/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.09.2023, Az. 5 StR 405/23 (REWIS RS 2023, 6885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6885

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 313/23

Zitiert

4 StR 319/22

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