Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2014, Az. 4 StR 544/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7607

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 544/13

vom
25. Februar
2014
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 25.
Februar 2014
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 [X.] beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten und Beschuldigten wird das Urteil des [X.] vom 15.
August 2013 mit den Feststellungen aufgehoben, jedoch bleiben die im Fall
II.1. der Urteilsgründe zum äußeren [X.] Feststellungen aufrechterhalten.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten, gegen den wegen gefährlicher Körperverletzung Anklage und wegen einer weiteren Straftat eine Antragsschrift im Sicherungsverfahren erhoben worden war, vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen
und seine Unterbringung in einem psychiatri-schen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet sich seine auf die [X.] Sachrüge gestützte Revision. Sie hat Erfolg.
1
-
3
-
1.
Die rechtliche Bewertung der dem Beschuldigten im Sicherungsverfah-ren zur Last gelegten Tat (Fall
II.2. der Urteilsgründe) begegnet -
teilweise
-
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a)
Nach den insofern getroffenen Feststellungen überraschte der [X.] des 26.
März 2013 seine geschiedene Ehefrau, als diese auf dem Weg zu ihrem Pkw [X.] ihres Wohnhauses durchquerte. Er sag-te ihr, dass er ein Messer habe, und die Zeugin sah, wie er dieses in die [X.] steckte. Im Verlauf des sich anschließenden Gesprächs, in dem er unter anderem die Zahlung von Geld zum Ausgleich seiner Schulden forderte, ergriff der Beschuldigte das von der Zeugin in der Hand gehaltene Mobiltelefon und riss es ihr aus der Hand, um es für sich zu behalten. "Verängstigt über das plötzliche Erscheinen des Angeklagten und dessen Äußerung, ein Messer bei sich zu haben, leistete die Zeugin keinerlei
Widerstand" (UA S.
13). Ferner [X.] er der Zeugin einen [X.]. In der Folge forderte der Beschuldig-te die Zeugin auf, mit ihm zu ihrem Pkw zu gehen und sich in das Fahrzeug zu setzen. Dem kam die Zeugin "unter dem Eindruck des Vorgeschehens" nach, zumal sie auf dem Weg zum Pkw bzw. in diesem auf eine Möglichkeit zur Flucht hoffte. Versuche der Zeugin, dem Beschuldigten den [X.] wieder abzunehmen, gab die Zeugin auf, nachdem er gedroht hatte, ihr das Gesicht zu zerschneiden. Zudem beleidigte er sie und schlug ihr schließlich mit dem [X.] gegen den Kopf. Einen in dem Pkw während des sich an-schließenden Gesprächs von der Zeugin unternommenen Fluchtversuch ver-eitelte der Beschuldigte, indem er sie an den Haaren wieder in das Fahrzeug zog. Schließlich erklärte er, dass er sie zur Arbeit fahren und sie später wieder abholen werde. Hierauf ging die Zeugin zum Schein ein. An ihrer Arbeitsstelle angekommen bat die Zeugin den Beschuldigten, ihr die Schlüssel ihrer Firma zu geben. Diese sowie die Wohnungsschlüssel übergab der Beschuldigte ihr 2
3
-
4
-
daraufhin. Sodann "fragte" er sie, "ob sie Geld habe, weil er einen Kaffee trin-ken wolle. Unter dem Eindruck des Vorgeschehens, verängstigt durch seine Drohungen und dadurch, dass er das Messer nach wie vor bei sich hatte, über-gab sie ihm ihr einziges Bargeld in Form von fünf Euro". Sodann stieg sie aus [X.] von etwa einer Stunde" (UA S.
15).
Die [X.] bewertete dieses Geschehen als (besonders) schweren Raub (hinsichtlich des Mobiltelefons), gefährliche Körperverletzung (Schlag mit dem [X.]), vorsätzliche Körperverletzung (Ziehen an den Haaren) und schwere räuberische
Erpressung (hinsichtlich der 5

e-stände stünden -
so das [X.]
-
in Tateinheit.
b)
Die rechtliche Würdigung
begegnet -
teilweise
-
durchgreifenden recht-lichen Bedenken. Insbesondere belegen die Feststellungen das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen einer schweren räuberischen Erpressung gemäß §§
253, 255, 250 Abs.
1 Nr.
1a StGB nicht.
aa)
Diese erfordert eine finale Verknüpfung zwischen dem Nötigungsmit-tel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Hand-lung (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13.
November 2012 -
3
StR
400/12
[juris Rn.
4],
und vom 5.
November 2013 -
2
StR
388/13
[juris Rn.
11],
jeweils mwN). Nicht anders als beim Raub genügt es daher nicht, wenn der Einsatz des [X.] nicht zum Zwecke der -
hier erfolgten
-
Herausgabe des Geldes vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss, dem Opfer eine Hand-lung abzunötigen, erst nach der Gewaltanwendung oder Drohung fasst (vgl. Beschluss vom 31.
Juli 2012 -
3
StR
232/12, [X.], 342).
4
5
6
-
5
-
Die [X.] hat jedoch nicht festgestellt, dass der Beschuldigte be-reits im Zeitpunkt der Körperverletzungen oder Drohungen vorhatte, die Ge-schädigte zur Herausgabe des Geldes für einen Kaffee zu bewegen. Nach den Feststellungen der [X.] forderte der Beschuldigte vielmehr zunächst wegen angeblich durch die Zeugin verursachter
Schulden mindestens 25.000

bevor er -
erhebliche Zeit später, insbesondere nach der Wegnahme des Mobil-telefons und des [X.]es sowie der Fahrt zur Arbeitsstelle der Zeugin
-
diese nach dem Geld für einen Kaffee "fragte".
bb)
Die Feststellungen der [X.] belegen auch nicht, dass der Beschuldigte für den Fall der Nichterfüllung seiner "Frage" zumindest konklu-dent mit weiterer Gewalt gedroht hat.
Zwar hatte die Geschädigte weiterhin Angst vor dem Beschuldigten. Dies ist auch nachvollziehbar, obwohl die Zeugin nach ihrer Aussage -
der die [X.] folgt
-
in die Fahrt mit dem Pkw einwilligte, weil sie davon ausging, dass der Beschuldigte dabei "nicht unmittelbar sofort eine neue
Bedrohungs-lage unter Verwendung des Messers herstellen konnte" (UA S.
20; [X.] nur hier). Das bloße Ausnutzen einer vorangegangenen Nötigung reicht indes nicht aus, wenn nicht die Nötigungslage bei Hinzutreten der Bereiche-rungsabsicht wenigstens aktualisiert aufrechterhalten wird (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
November 2012 -
3
StR
400/12
[juris Rn.
5],
mwN). Dies und einen entsprechenden Vorsatz des Beschuldigten hat die [X.] aber nicht festgestellt.
2.
Schon dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils mit [X.] der im Fall
II.1.
der Urteilsgründe zum äußeren Tathergang getroffenen Feststellungen (vgl. dazu [X.], [X.], 56.
Aufl., §
353 Rn.
12, 15). 7
8
9
10
-
6
-
Denn der Senat kann nicht hinreichend sicher ausschließen, dass die [X.] die den Angeklagten und Beschuldigten außerordentlich belastende Maßregel der Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt nicht angeordnet oder zur Bewährung ausgesetzt hätte, wenn sie den -
gewichtigen
-
Straftatbe-stand der schweren räuberischen Erpressung im Fall
II.2.
der Urteilsgründe nicht bejaht hätte.
Die Aufhebung auch des Freispruchs ist im Hinblick auf §
358
Abs.
2 Satz
2 [X.] geboten (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
Oktober 2013
-
3
StR
349/13
[juris Rn.
8]).
3.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
(1)
Hinsichtlich der rechtlichen Bewertung der Wegnahme des [X.] als (besonders) schwerer Raub ist schon unklar, von welchem Straftatbe-stand die [X.] tatsächlich ausgegangen ist. Denn sie bewertet dieses Geschehen
wegen des [X.] des Messers zwar als "Raub in einem beson-ders schweren Fall", verweist aber mehrfach auf §
250 Abs.
1 Nr.
1a StGB. [X.] wird die neu zur Entscheidung berufene [X.] sich auch um wei-tere Aufklärung zu bemühen haben, da die bisherigen Feststellungen es als nicht ausgeschlossen erscheinen lassen, dass das Entreißen des Mobiltelefons durch ein das Opfer überraschendes Verhalten des Beschuldigten und nicht eine Drohung mit dem Messer ermöglicht wurde. Nach der Konzeption der [X.] ist ein Verwenden einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs
im Sinne des §
250 Abs.
2 Nr.
1 StGB aber nur dann zu bejahen, wenn der [X.] zur Wegnahme der fremden beweglichen Sache die Waffe oder das gefähr-liche Werkzeug als Mittel entweder der
Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für deren Leib oder Leben gebraucht ([X.], 11
12
13
-
7
-
Urteil vom 5.
August 2010 -
3
StR
190/10, [X.], 211, 212), er es also als Nötigungsmittel zur Herbeiführung der Wegnahme benutzt (vgl. [X.], [X.] vom 13.
November 2012 -
3
StR
422/12, [X.], 210; vgl. zur Abgrenzung zwischen Verwenden und offenen Mitführen zudem: [X.], [X.] vom 8.
Mai 2012 -
3
StR
97/12, [X.], 329).
Im Übrigen wird auch hinsichtlich dieser Tat zu bedenken sein, dass das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung für sich genommen noch keine Drohung darstellt. Erforderlich hierfür ist, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein be-stimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es reicht nicht aus, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen. Das [X.] eines der Einwirkung des [X.] schutzlos [X.] Opfers mag sich als das Ausnutzen einer hilflosen Lage darstellen, die vom Gesetzgeber indes ausschließlich in §
177 Abs.
1 StGB neben Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu einem selbstständi-gen tatbestandlichen Nötigungsmittel erhoben wurde ([X.], Beschluss vom 26.
November
2013 -
3
StR
261/13 [juris Rn.
3], mwN).
(2)
Die Anordnung der Maßregel des §
63 StGB erfordert, dass der Täter eine rechtswidrige Tat begangen hat,
die auf den die Annahme der §§
20, 21 StGB rechtfertigenden dauerhaften Defekt zurückzuführen
ist, also mit diesem in einem ursächlichen und symptomatischen Zusammenhang steht. Dies bedarf
14
15
-
8
-
vorliegend insbesondere hinsichtlich der Taten des Beschuldigten zum Nachteil seiner geschiedenen Ehefrau näherer Darlegung.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke

Mutzbauer
Quentin

Meta

4 StR 544/13

25.02.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2014, Az. 4 StR 544/13 (REWIS RS 2014, 7607)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7607

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