Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.01.2024, Az. VIa ZR 1290/22

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 469

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] vom 10. August 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung wegen des [X.] zu I in Höhe von 27.545,63 € nebst Zinsen sowie wegen der [X.] und zu [X.] zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Er erwarb am 14. Februar 2018 ein von der Beklagten hergestelltes, gebrauchtes Kraftfahrzeug [X.], das mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der [X.] (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist.

3

Der Kläger hat seine Klage auf die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen und insbesondere eines Thermofensters sowie der Funktionen des Kaltstartheizens und des [X.] gestützt. Das [X.] hat die auf Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich des Werts der gezogenen Nutzungen nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, Feststellung des Annahmeverzugs und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt er seine Berufungsanträge im tenorierten Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision des [X.] hat Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Dem Kläger stehe kein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB zu, denn er habe keine greifbaren Anhaltspunkte für ein [X.] Verhalten der Beklagten dargetan. Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.] scheide aus, weil in den genannten Bestimmungen der [X.] jedenfalls bezogen auf den hier geltend gemachten Schaden keine Schutzgesetze lägen.

II.

7

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren teilweise nicht stand.

8

1. Soweit das Berufungsgericht eine auf §§ 826, 31 BGB gestützte Schadensersatzhaftung der Beklagten verneint hat, begegnet das keinen durchgreifenden Bedenken und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

9

2. Die Revision wendet sich jedoch zu Recht dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.] aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des Zurückweisungsbeschlusses entschieden hat, stellen die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.] Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar, die das Interesse des [X.] gegenüber dem Fahrzeughersteller schützen, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der [X.] zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des [X.] auf die Gewährung großen Schadensersatzes verneint (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.] ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen [X.]s zustehen kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso [X.], Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, [X.], 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist demnach im tenorierten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil sie sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird auf der Grundlage der mit Urteil des Senats vom 26. Juni 2023 in der Sache [X.] aufgestellten Grundsätze die erforderlichen Feststellungen zu einer Haftung der Beklagten insbesondere nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.] zu treffen haben, nachdem es dem Kläger Gelegenheit gegeben hat, den [X.] zu berechnen und dazu vorzutragen.

C. Fischer     

  

Krüger     

  

Götz

  

Rensen     

  

     

  

Meta

VIa ZR 1290/22

23.01.2024

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Nürnberg, 10. August 2022, Az: 1 U 4544/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.01.2024, Az. VIa ZR 1290/22 (REWIS RS 2024, 469)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 469

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