Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2008, Az. 2 StR 383/08

2. Strafsenat | REWIS RS 2008, 51

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[X.] vom 19. Dezember 2008 Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja StGB § 176 a Abs. 2 Nr. 1 Die Qualifikation des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB ist bei Ejakulation in den Mund des [X.] erfüllt. [X.], Beschluss vom 19. Dezember 2008 - 2 [X.] [X.] in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2008 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. April 2008 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendi-gen Auslagen zu tragen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen [X.] eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefoh-lenen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die insbesondere rügt, dass die Voraussetzungen des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfüllt seien. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1 1. Nach den Urteilsfeststellungen rief der Angeklagte an einem Tag im Februar 2005 seine siebenjährige Tochter [X.]

zu sich in sein Büro. Er führte die Hand des Kindes an sein unbekleidetes Geschlechtsteil und veran-lasste es, an seinem Penis zu manipulieren. Er forderte es dann auf, sein Ge-schlechtsteil in den Mund zu nehmen, was das Kind ablehnte. Daraufhin gebot ihm der Angeklagte, die Augen zu schließen, und ejakulierte in seinen Mund. Auf seine Anweisung schluckte seine Tochter das Ejakulat. 2 - 3 - 2. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das [X.] hat die Tat zu Recht als schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes nach § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt. Nach § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB wird der sexuelle Missbrauch von Kindern in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn eine Person über achtzehn Jahren mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. 3 Der Senat folgt nicht dem Vorbringen der Revision, dass der [X.] nicht erfüllt sei, weil nicht der Penis des Angeklagten, sondern nur das Ejakulat in den Mund des Kindes gelangt sei. 4 Die Strafvorschrift des § 176 StGB schützt die ungestörte sexuelle Ent-wicklung von Kindern. Der Begriff —Eindringen in den [X.] in § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB umschreibt besonders nachhaltige Begehungsweisen und stellt sie unter erhöhte Strafdrohung ([X.]St 45, 131, 132). Er ist nicht auf den Beischlaf, den Anal- und Oralverkehr beschränkt ([X.] NJW 2000, 672 m. Anm. [X.], 367). Erfasst wird sowohl das Eindringen in den Körper des Opfers als auch in den des [X.] ([X.]St 45, 131, 133 m. Anm. [X.] NStZ 2000, 310). —[X.] erfordert eine Penetration des Körpers. Es liegt nicht vor, wenn das Kind mit dem Mund den Penis des [X.] nur berührt ([X.] NStZ 2000, 27). —[X.] in einen Körper können jedoch auch Flüssigkeiten (vgl. [X.], [X.] [X.] [2002]). Eine Penetrati-on des Körpers ist daher gegeben, wenn Sperma des [X.] in den Mund des Opfers gelangt. Weder die Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch Sinn und 5 - 4 - Zweck der Regelung gebieten eine Einschränkung des Wortlautes auf eine Pe-netration mit Körperteilen oder festen Gegenständen. a) Der Qualifikationstatbestand des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB wurde als § 176 a Abs. 1 Nr. 1 durch das [X.] vom 26. Januar 1998 ([X.] I S. 164) in das Strafgesetzbuch eingeführt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollten die Qualifikationsmerkmale im Wesentlichen den Regelbeispielen der besonders schweren Fälle des § 177 StGB in der Fassung des [X.] vom 1. Juli 1997 ([X.] I S. 1607) nachgebildet werden. Der Entwurf des [X.] verweist ausdrücklich auf die Gesetzgebungsmaterialien zum [X.] (BT-Drucks. 13/7164 S. 32). Die heutige Fassung des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB beruht auf einer Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen der [X.] und der [X.] vom 27. September 1995 (BT-Drucks. 13/2463) und floss später unverändert in einen letztlich verabschiedeten interfraktionellen Entwurf zahlreicher Bundestagsabgeordneter vom 21. März 1997 (BT-Drucks. 13/7324) ein. In beiden Begründungen heißt es gleich lautend, dem erzwunge-nen Beischlaf sollten ähnliche sexuelle Handlungen gleichgestellt werden, die das Opfer besonders erniedrigten. —Hiermit wird vor allem das Eindringen des Geschlechtsgliedes in den Körper als orale oder anale Penetration erfasst. Aber auch das Eindringen mit Gegenständen kann eine in gleicher Weise belas-tende oder erniedrigende Verhaltensweise darstellen, die unter das zweite Re-gelbeispiel fälltfi (BT-Drucks. 13/2463 S. 7; 13/7324 [X.]). 6 Die Gesetzgebungsmaterialien belegen danach, dass der Gesetzgeber eine umfassende Regelung treffen wollte, um besonders schwerwiegende se-xuelle Handlungen zu erfassen. Anders als in § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB stellt § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB aber nicht auf eine besondere Erniedrigung des [X.] ab, sondern allein auf das Eindringen in den Körper, welches als schwer-wiegende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität anzusehen ist. Weiterer 7 - 5 - maßgebender Grund für die Gesetzesverschärfung war neben der besonders nachhaltigen Beeinträchtigung des Opfers die Möglichkeit, es mit Aids zu infi-zieren und die entsprechende Angst des Opfers (vgl. BT-Drucks. 13/8587 S. 32 i. V. m. BT-Drucks. 13/2463 [X.] und BT-Drucks. 13/7324 [X.]). Diese Gefahren bestehen gleichermaßen beim Ejakulieren in den Mund des Opfers. b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Ejakulieren auf den (nackten) Körper eine sexuelle Handlung mit Körperkontakt (so zu § 178 Abs. 1 StGB a. F. [X.] NStZ 1992, 433 [X.]). Die sexuelle Handlung am [X.] setzt körperliche Berührung voraus, der Täter muss mit seiner sexuellen Hand-lung auf den Körper des [X.] einwirken, ihn in Mitleidenschaft ziehen. [X.] ist, dass der Körper des anderen selbst - nicht nur seine Kleidung und gegebenenfalls seine psychische Verfassung - in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies hat der Senat für den Fall verneint, dass das Opfer eine Lederjacke trug, auf die ejakuliert wurde. Demgegenüber reicht die Berührung des (nackten) Körpers durch Sperma des [X.] als körperliche Einwirkung. Dringt dann aber das Sperma in eine Körperöffnung des Opfers ein, handelt es sich nicht nur um eine sexuelle Handlung mit Körperkontakt, sondern auch um eine solche, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist. 8 c) Die notwendige Begrenzung des Tatbestandes leisten bei § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB das Erfordernis einer im Hinblick auf das geschützte Rechts-gut erheblichen sexuellen Handlung nach § 184 g Nr. 1 StGB und das [X.] der Tathandlung (vgl. zu letzterem [X.] 56. Aufl. § 176 a Rdn. 8, § 177 Rdn. 71). Diese Kriterien sind auch in den Fällen des Eindringens mit Flüssigkeiten oder breiigen Gegenständen in den Mund zu prüfen. An der Sexualbezogenheit und der —Beischlafähnlichkeitfi von Handlungen, bei denen die Tathandlung entweder auf Seiten des Opfers oder des [X.] unter Einbeziehung des Geschlechtsteils geschieht, besteht 9 - 6 - allerdings nach der gesetzgeberischen Bewertung kein Zweifel ([X.] NJW 2000, 672). Damit erfasst der Tatbestand aber ohne Weiteres auch Fälle, in denen der Täter aus seinem Geschlechtsteil Sperma in den Mund des Opfers spritzen lässt. VRi'in[X.] [X.] ist an der Unterschrift verhindert. [X.]

Meta

2 StR 383/08

19.12.2008

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2008, Az. 2 StR 383/08 (REWIS RS 2008, 51)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 51

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