Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2018, Az. 3 StR 612/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 13632

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:200218B3STR612.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 612/17
vom
20. Februar 2018
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten besonders schweren Raubes

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 1.
a)
und 2. auf dessen Antrag -
am 20.
Februar 2018
gemäß
§
349 Abs. 2
und 4, §
354 Abs.
1 analog
StPO einstimmig beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10.
Juli 2017
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig ist;
b)
im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen [X.] aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.]
hat den Angeklagten wegen besonders schweren [X.] unter Einbeziehung eines weiteren Urteils zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte
mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus 1
-
3
-
der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. [X.] hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen betrat der Ange-klagte mit zwei Mittätern eine Spielhalle, um unter Vorhalt eines Messers Bar-geld zu erbeuten. Der Versuch misslang, weil ein Gast den [X.] mit einem Stuhl, den er gegen sie erhob, entgegentrat und sie in die Flucht schlug. Das [X.] hat nicht feststellen können, ob der Angeklagte und die Mittäter das Geld selbst aus der Kasse nehmen oder sich von der Aufsicht der Spielhal-le aushändigen lassen wollten. Es hat deshalb in den Urteilsgründen zum Aus-druck gebracht, dass der Angeklagte im Sinne einer Wahlfeststellung entweder wegen versuchten besonders schweren Raubes oder wegen versuchter beson-ders schwerer räuberischer Erpressung zu verurteilen sei, was versehentlich im Tenor nicht zum Ausdruck gebracht worden sei.

Diese rechtliche Wertung ist rechtsfehlerhaft. Eine wahlweise Verurtei-lung
kam vorliegend nicht in Betracht, weil der Tatbestand der räuberischen Erpressung den engeren Tatbestand des Raubes mitumfasst. Denn die Weg-nahme einer fremden beweglichen Sache im Sinne des § 249 StGB schließt auch die Nötigung eines anderen zur Duldung
der Wegnahme im Sinne der §§
253, 255 StGB ein. Soweit in der Rechtsprechung früher die Auffassung vertreten worden war, eine wahlweise Verurteilung wegen Raubes oder [X.] Erpressung sei zulässig, hatte sich zum damaligen Zeitpunkt die heute in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass § 249 StGB im [X.] zu den §§ 253, 255 StGB das speziellere Delikt darstellt, noch nicht 2
3
4
-
4
-
entwickelt ([X.], Beschluss vom 15. April 2014 -
3 [X.], [X.], 640 mwN). Der Schuldspruch hätte deshalb richtigerweise auf versuchte besonders schwere räuberische Erpressung lauten müssen. Der [X.] hat diesen ent-sprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

2. [X.] hält revisionsgerichtlicher Über-prüfung ebenfalls nicht stand. Das [X.] hat die Unterbringung des [X.] in einer Entziehungsanstalt mit rechtsfehlerhafter Begründung [X.]. Dies führt gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 JGG zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Einzelnen:

Das [X.] hat ohne nähere Begründung sowohl das Vorliegen ei-nes Hanges als auch einen
symptomatischen Zusammenhanges zwischen "dem [X.]verhalten" und der festgestellten Straftat verneint. Dies stellt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen einen Erörterungsmangel dar.

a) Nach den Feststellungen rauchte der 1997 geborene Angeklagte be-reits in seiner Schulzeit Cannabis. Zwar verzichtete er mit 16 Jahren vorüber-gehend auf Rauschmittel. Spätestens Anfang 2016 nahm er den [X.] aber wieder auf, den er jetzt "regelmäßig in größerem Umfang" betrieb und um den [X.] von Kokain ergänzte. Die [X.] hält deshalb -
was im Rahmen der Erforderlichkeit der Verhängung einer Jugendstrafe erörtert wird -
eine Drogentherapie für notwendig, um bei dem Angeklagten eine dauer-hafte Abstinenz zu erreichen. Angesichts dieser Ausführungen, die eine [X.] Neigung zum Rauschmittelkonsum nahelegen, hätte es der Erörterung
bedurft, warum das [X.] -
dem Sachverständigen folgend -
einen Hang im Sinne des §
64 Satz 1 StGB nicht für gegeben erachtet hat.
5
6
7
-
5
-

b) Dies gilt auch, soweit die [X.] einen symptomatischen Zu-sammenhang zwischen einem möglichen Hang, Betäubungsmittel im Übermaß zu konsumieren, und der vorliegend abgeurteilten Straftat verneint hat. Der in der Hauptverhandlung gehörte psychiatrische Sachverständige, dessen Aus-führungen sich die [X.] zu eigen gemacht hat, hat zwar eine dro-genbedingte erhebliche Einschränkung der Einsichts-
und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht erkennen können, wohl aber eine enthemmende Wir-kung der zuvor konsumierten Drogen für die Tatbegehung als sicher ange-nommen. Zudem hat der Angeklagte, der sich in der Hauptverhandlung nicht eingelassen und bei seiner polizeilichen Vernehmung die Begehung der abge-urteilten Tat bestritten hat, im Rahmen seiner polizeilichen Einvernahme einge-räumt, in der Vergangenheit anderen Handys abgenommen und weiterverkauft zu haben, um Geld für Drogen zu erlangen. Vor diesem Hintergrund durfte das [X.] nicht ohne weitere Begründung einen Zusammenhang zwischen dem Rauschmittelkonsum des Angeklagten und seiner Straffälligkeit verneinen.

8
-
6
-
Über die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt muss des-halb neu verhandelt und entschieden werden. Die fehlerhafte Ablehnung der [X.] zieht gemäß § 5 Abs. 3, § 105 Abs. 1 JGG die Aufhebung auch des Strafausspruchs nach sich (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Oktober 2015 -
3 [X.], StV
2016, 734
f.).

[X.] [X.]Ri[X.] [X.] befindet

sich im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Berg

Hoch
9

Meta

3 StR 612/17

20.02.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2018, Az. 3 StR 612/17 (REWIS RS 2018, 13632)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13632

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 612/17 (Bundesgerichtshof)

Wahlfeststellung im Strafverfahren: Wahlweise Verurteilung wegen Raubes oder räuberischer Erpressung


4 StR 548/19 (Bundesgerichtshof)

Räuberische Erpressung: Erzwungene Mitwirkung an Straftaten


3 StR 259/12 (Bundesgerichtshof)

Schuldspruch im Strafverfahren wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung: Abgrenzung der verminderten Schuldfähigkeit von der Schuldunfähigkeit …


3 StR 92/14 (Bundesgerichtshof)

Wahlfeststellung zwischen versuchtem schweren Raub und versuchter räuberischer Erpressung


3 StR 92/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

3 StR 612/17

3 StR 92/14

3 StR 314/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.