Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.01.2017, Az. 1 StR 588/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 16768

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Gegenstand

Gefährliche Körperverletzung: Fortdauer des rechtswidrigen Angriffs im Rahmen der Notwehr


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 2. August 2016 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Das [X.] hat auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung das Vorliegen einer Notwehrlage (§ 32 Abs. 2 StGB) für den Angeklagten verneint, als dieser dem geschädigten Nebenkläger zwei Messerstiche in den Oberkörper versetzte.

Hat ein Angreifer bereits eine Verletzungshandlung begangen, so ist der Angriff so lange gegenwärtig [X.]. § 32 Abs. 2 StGB, wie eine Wiederholung und damit ein erneutes Umschlagen in eine Verletzung unmittelbar zu befürchten ist ([X.], Urteile vom 24. November 2016 – 4 StR 235/16 Rn. 12, [X.], 38, 39 mwN und vom 9. August 2005 – 1 [X.], [X.], 152, 153). Dabei kommt es auf die objektive Sachlage an. Entscheidend sind daher nicht die Befürchtungen des Angegriffenen, sondern die Absichten des Angreifers und die von ihm ausgehende Gefahr einer (neuerlichen oder unverändert fortdauernden) Rechtsgutverletzung ([X.] aaO jeweils mwN; siehe auch Urteil vom 18. April 2002 – 3 [X.], [X.], 203). Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Geschädigte dem Angeklagten den Faustschlag in das Gesicht versetzt, bevor dieser mehrfach zustach. Von einem erneuten, unmittelbar bevorstehenden Angriff seitens des geschädigten Nebenklägers auf den Angeklagten hat sich das [X.] rechtsfehlerfrei gerade nicht überzeugen können (vgl. [X.] und 25).

Fehlte es aber an einer Notwehrlage bei Ausführung der Messerstiche, kam es auf die ergänzenden Erwägungen des [X.]s zum Fehlen der Erforderlichkeit der Messerstiche und des [X.] beim Angeklagten nicht mehr an. Schon deshalb bleibt den beiden erhobenen [X.] der Verletzung von § 261 StPO der Erfolg versagt. Beide knüpfen an (mögliche) Geschehensabläufe an, denen rechtliche Bedeutung allenfalls bei Vorliegen eines gegenwärtigen Angriffs im Zeitpunkt der Messerstiche zukäme.

Einen Putativnotwehrexzess (vgl. [X.], Urteil vom 23. Januar 2003 – 4 [X.], [X.], 599 f.), auf den § 33 StGB ohnehin keine Anwendung fände ([X.] aaO), hat das [X.] ebenfalls rechtsfehlerfrei nicht zugrunde gelegt. Es ist weder im Hinblick auf den [X.] noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat ([X.], Urteil vom 26. Oktober 2016 – 2 StR 275/16, Rn. 12 mwN).

Raum      

        

Graf      

        

Jäger 

        

Radtke      

        

Fischer      

        

Meta

1 StR 588/16

25.01.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 2. August 2016, Az: 2 Ks 123 Js 230449/15

§ 32 Abs 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.01.2017, Az. 1 StR 588/16 (REWIS RS 2017, 16768)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16768

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 486/16

1 StR 486/16

1 StR 618/16

1 StR 618/16

1 StR 588/16

155 Ns 62/18

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