Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2011, Az. 2 StR 585/10

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 6251

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 585/10
vom
25.
Mai 2011
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 25.
Mai 2011 gemäß §§
349 Abs.
2 und 4, 354a [X.] beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 2.
Juli 2010 aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist. Die Maßregel entfällt.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegrün-det verworfen.
Der Angeklagte und die Staatskasse haben die Kosten des Rechtsmittels je zur Hälfte zu tragen; die Staatskasse hat
auch die Hälfte der notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Es hat zudem seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung [X.]. Seine auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der Maßregel. Im Üb-rigen ist die Revision unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 [X.].
1
-
3
-
1. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Strafausspruchs beruht es jedenfalls nicht auf [X.], die in Betracht kommen, soweit §
21 StGB nicht ange-wendet wurde.
a) Allerdings hat das [X.] zu Unrecht angenommen, es sei unbe-denklich, dass die unter anderem mit der Schuldfähigkeitsbegutachtung beauf-tragte psychiatrische Sachverständige Dr.
K.

die Durchführung einer [X.] "einer erfahrenen Hilfskraft mit der Qualifikation [X.] übertragen" hat. Ein gerichtlich bestellter
Sachverstän-diger hat die Pflicht
zur persönlichen Gutachtenerstattung. Es besteht daher ein [X.], soweit durch Heranziehung anderer Personen die Verant-wortung des Sachverständigen für das Gutachten in Frage gestellt wird
[X.], Krank oder böse? Die Schuldfähigkeit und die Sanktionenindikation dissozial persönlichkeitsgestörter Straftäter und delinquenter "Psychopaths"
sowie die Zusammenarbeit von Jurisprudenz und Psychiatrie bei der Beurtei-lung der Schuldfähigkeit, 2009, S.
479; [X.], Beurteilung der Schuldfähig-keit -
eine empirische Untersuchung zum Umgang der Justiz mit [X.], 2009, S.
125 ff.; [X.], [X.], 12.
Aufl.,
Rn.
337; s. auch §
407a Abs.
2 Satz
1 ZPO). Das Gutachten eines psychiatri-schen Sachverständigen muss -
jedenfalls soweit dies überhaupt möglich ist (vgl. BGHSt 44, 26, 32)
-
eine Exploration des Probanden durch den Sachver-ständigen einschließen. Dabei handelt es sich um
die
zentrale Untersuchungs-methode. Deren Ergebnisse
kann der gerichtliche Sachverständige nur dann eigenverantwortlich bewerten, wenn er sie selbst durchgeführt
oder zumindest insgesamt daran teilgenommen hat. Dies gilt erst recht, wenn bei der [X.] auch Mimik und Gestik des Probanden aufgefasst werden. Eine Delegation der Durchführung dieser Untersuchung an eine Hilfsperson scheidet daher aus. 2
3
-
4
-
Die Anwesenheit des Sachverständigen in der Hauptverhandlung vermag die eigene Exploration nicht zu ersetzen.
b) Rechtlichen Bedenken unterliegt auch die Beweiswürdigung des [X.]s. Die [X.] hat betont, sie habe
"die sachverständigen [X.] im Rahmen ihrer Erkenntnismöglichkeiten auf Widersprüche und Verstöße gegen wissenschaftliche Denkgesetze geprüft und solche nicht ge-funden".
Der Tatrichter hat aber das Gutachten eigenverantwortlich zu [X.] (vgl. [X.], 238, 239; [X.] aaO S.
162 ff.) und "weiterzuverarbeiten"
([X.] aaO S.
534 ff.). Er
muss sich selbst sachkundig machen (Fischer
StGB 58.
Aufl. §
20 Rn.
64a; [X.] aaO S.
447). Damit ist die Beschränkung auf eine Rechtskontrolle unvereinbar.
c) Das angefochtene Urteil beruht aber nicht auf den genannten
Rechts-fehlern, denn es fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, der Angeklagte kön-ne zur Tatzeit aufgrund eines Eingangsmerkmals im Sinne von §
20 StGB in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sein.
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungs-verwahrung hat aus Gründen des materiellen Rechts keinen Bestand. Auf die von dem Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht an.
Der Katalog der Straftaten, deren Begehung zur Anordnung oder zum Vorbehalt dieser Maßregel der Besserung und Sicherung führen kann, ist durch das [X.] und zu be-gleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 ([X.]) mit Wirkung vom 1. Januar 2011 neu gefasst worden. Zu diesem gehört das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht, soweit die Tat nicht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist (§
66
Abs.
1
Satz
1 Nr.
1
lit.
b, Abs. 2
und 3
Satz 1 StGB). Gemäß Art. 316e
Abs. 2
EGStGB ist das 4
5
6
7
-
5
-
neue Gesetz für vor seinem Inkrafttreten begangene und noch nicht rechtskräf-tig abgeurteilte Taten maßgeblich, wenn es gegenüber der bisherigen [X.] ist
(vgl. [X.],
Beschluss vom 12.
Januar 2011 -
2
StR
642/10). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
Der [X.] hat daher entsprechend §
354a [X.]. §
354 Abs.
1 [X.] in der Sache entschieden und angeordnet, dass die Maßregel entfällt.
3. Die Entscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen beruht auf §
473 Abs.
4 [X.].

Fischer

Schmitt

Berger

Krehl

Eschelbach

8

Meta

2 StR 585/10

25.05.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2011, Az. 2 StR 585/10 (REWIS RS 2011, 6251)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6251

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 585/10 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Pflicht des Sachverständigen zur persönlichen Gutachtenerstattung


4 StR 568/08 (Bundesgerichtshof)


5 Ks 102 Js 2876/20 (LG Nürnberg-Fürth)

Sachverständiger, Entbindung, Psychiatrisches, Gutachten, Persönliche Gutachtenerstattung


5 Ks 102 Js 2876/20 (LG Nürnberg-Fürth)

Hauptverhandlung, Freiheitsstrafe, Staatsanwaltschaft, Gutachten, Entziehungsanstalt, Verteidiger, Unterbringung, Frist, Erstattung, Zuziehung, Form, Auflage, Psychiatrie, Verfahrenskosten, Art …


3 StR 48/14 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Geteilte Beurteilung der Schuldfähigkeit bei Betäubungsmitteldelikten; Anordnung der Unterbringung bei voraussichtlicher …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 585/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.