Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2004, Az. VI ZR 97/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1683

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/04 Verkündet am: 14. September 2004 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 823 F Zahlt die zuständige Behörde wegen der Reparatur einer Schutzplanke der [X.] Umsatzsteuer an eine Fachfirma, steht ihr ein Schadensersatzanspruch auch in Höhe des der [X.] zufallenden [X.] zu.

[X.], Urteil vom 14. September 2004 - [X.]/04 - [X.]

AG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat ohne mündliche Verhandlung am 14. September 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 16. März 2004 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 9. September 2003 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an das klagende Land 273,14 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. April 2003 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Im Mai 2002 verursachte der Fahrer eines bei der [X.] haftpflicht-versicherten Fahrzeugs einen Auffahrunfall, bei dem u.a. eine Schutzplanke der [X.] beschädigt wurde. Mit der Reparatur der Planke beauf-tragte der Landesbetrieb Straßen und Verkehr [X.] eine Fachfirma. - 3 - Diese berechnete ihre Leistungen mit einem Betrag von 3.940, 80 •, in dem ein [X.] von 543,56 • enthalten war. Der gesamte Betrag wurde auf Veranlassung des [X.] gezahlt. Den [X.] führte die Fachfirma anschließend an das zuständige [X.] ab. Davon flossen der [X.] 50,25 %, also 273,14 • zu. Bis auf diesen [X.] hat die Beklagte den an die Fachfirma bezahlten Gesamtbetrag erstattet. Das klagende Land macht den nicht erstatteten [X.] geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt das Land sein Klageziel weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 275 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, das Land sei zwar aufgrund der ihm nach Maßgabe der Art. 90 Abs. 2, 85 GG übertragenen Aufgaben grundsätzlich befugt, aus der [X.] einer [X.]esautobahn resultierende Schadensersatzansprüche der [X.] im Wege der [X.] geltend zu machen. Es könne aber von der [X.], die gemäß § 3 PflVG für die Folgen des [X.] einstandspflichtig sei, einen Ausgleich des der [X.] zufließenden [X.]s nicht verlangen, weil [X.] eine nicht gerechtfertigte, über den Schadensausgleich hinausgehende Besserstellung des Geschädigten vorläge. - 4 - Führe ein schadenstiftendes Ereignis auf Seiten des Geschädigten auch zu Vorteilen, seien diese auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, wenn ein adäquater Ursachenzusammenhang bestehe, die Anrechnung des Vorteils dem Zweck des Schadensersatzes entspreche und den Schädiger nicht unbillig entlaste. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Die Beauftragung der Fachfirma mit der Beseitigung des Schadens an der Autobahnschutzplanke und die [X.] einschließlich der Umsatzsteuer durch den Landesbe-trieb führten als Folge des Verkehrsunfallereignisses zur Vereinnahmung des [X.] durch den [X.]. Daher bestehe Kongruenz zwischen dem Vorteil in Form des [X.] und dem Schaden. Es sei nicht erkennbar, warum die [X.] hinsichtlich des [X.] bessergestellt werden sollte als eine natürliche oder juristi-sche Person des Privatrechts, die sich als Geschädigter einen Steuervorteil grundsätzlich anrechnen lassen müsse. I[X.] Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht und die Beklagte stellen nicht in Frage, daß der von der [X.] zu leistende Schadensersatz grundsätzlich auch die von dem Geschädigten für die Wiederherstellung der Schutzplanke aufgewendete Umsatzsteuer einschließt (§ 249 Satz 2 BGB a.F.). Entgegen deren Auffassung muß sich das klagende Land jedoch nicht den Umsatzsteueranteil der [X.]es-republik Deutschland im Wege des [X.] auf die geltend gemachte Schadensersatzforderung anrechnen lassen. - 5 - a) Die im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten Grundsätze der Vorteilsausgleichung beruhen auf dem Gedanken, daß dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm in [X.] Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde; andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzu-rechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, d.h. dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (vgl. Senatsurteile [X.] 8, 325, 328 f.; 54, 269, 272; [X.], [X.] 77, 151, 153 f.; 91, 206, 209 f.). Die Recht-sprechung hat daher die Anrechnung eines Vorteils davon abhängig gemacht, ob sie im Einzelfall nach Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts unter Be-rücksichtigung der gesamten Interessenlage der Beteiligten nach Treu und Glauben dem Geschädigten zugemutet werden kann. Dieses wertende [X.] ist für die Frage, ob ein Vorteil anzurechnen ist oder dem Schädiger zugute kommen soll, das entscheidende Kriterium (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1978 - [X.] ZR 218/76 - VersR 1979, 323, 324, insoweit nicht abgedruckt in [X.] 73, 109). Danach sind nach der Rechtsprechung des [X.]esgerichts-hofs nur diejenigen Vorteile als anrechenbar in Betracht zu ziehen, die mit dem Nachteil in einem Zusammenhang stehen, der beide, Vorteil und Nachteil, ge-wissermaßen zu einer Rechnungseinheit verbindet (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1978 - [X.] ZR 218/76 - aaO; [X.], [X.] 77, 151, 154; 91, 206, 210; 136, 52, 54 f.). Ausgehend von diesen Grundsätzen muß sich der Geschädigte grund-sätzlich ersparte Steuern auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen las-sen (vgl. Senatsurteile [X.] 127, 391, 393; vom 24. September 1985 - 6 - - [X.] ZR 65/84 - [X.], 162, 163; vom 28. April 1992 - [X.] ZR 360/91 - [X.], 886, 887 f.; [X.], [X.] 53, 132, 134; 79, 337, 347). Dies gilt ins-besondere in den Fällen, in denen die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG besteht und der Geschädigte deshalb berechtigt ist, die ihm in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer von seiner eigenen Umsatzsteuer-schuld abzusetzen und damit seine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem [X.] um diesen Betrag zu verringern (vgl. Senatsurteil vom 6. Juni 1972 - [X.] ZR 49/71 - [X.], 973, 974; [X.], Urteil vom 22. Mai 1989 - [X.] NJW-RR 1990, 32, 33). b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der [X.] kann aus diesen Entscheidungen allerdings nicht gefolgert werden, daß der der [X.] wegen der Instandsetzung der Schutzplanke zu-fallende [X.] von dem Schadensersatzanspruch abzuziehen ist, den das klagende Land im Wege der [X.] geltend macht (a.[X.] SVR 2004, 35 und 88; [X.] [X.], 298; vgl. auch [X.], NJW-RR 2002, 1245). Vielmehr kann nach den oben darge-legten Grundsätzen ein Vorteilsausgleich nur stattfinden, wenn der Geschädigte aufgrund des Schadensfalls einen Vorteil erhält, den er ohne diesen nicht hätte beanspruchen können und der sich so in seinem Vermögen niederschlägt, daß sich die endgültige Schadensbilanz in Höhe dieses Vorteils verringert. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Zwar ist hier infolge des Unfalls die Umsatzsteuer [X.] ebenso wie bei an-deren Geschädigten, die den Schaden durch eine Fachfirma ersetzen lassen - tatsächlich angefallen, weil die Leistung der Fachfirma der Umsatzsteuer unter-lag (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Auch wenn die Pflicht des Unternehmers, diese an das Finanzamt abzuführen (vgl. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG), ebenfalls adäquat kausal durch den Verkehrsunfall verursacht war, kann dennoch eine Anrech-- 7 - nung im Wege des [X.] nicht erfolgen. Nach § 1 Abs. 1 UStG fällt die Umsatzsteuer grundsätzlich an, wenn Leistungen durch einen Unternehmer ausgeführt werden. Diese Besteuerung des Umsatzes als eines wirtschaftlichen Verkehrsvorgangs dient wie andere Steuerarten der Deckung des Finanzbe-darfs der öffentlichen Haushalte ([X.], Länder und Gemeinden). Nach ihrem Sinn und Zweck soll sie dem Staat aus jedem umsatzsteuerpflichtigen Vorgang Einnahmen erbringen, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Von daher erlangt die geschädigte [X.] bei Er-stattung der Umsatzsteuer durch die Beklagte unmittelbar keinen Vorteil, weil die Umsatzsteuer tatsächlich an den beauftragten Unternehmer bezahlt wurde. Insoweit werden ihr nur die entstandenen Kosten [X.] wie bei jedem anderen [X.] - als Ausgleich für den entstandenen Schaden ersetzt. Soweit sie infolge der Reparatur ihres beschädigten Eigentums in Gestalt ihres [X.] einen mittelbaren Vorteil erlangt, kann dies ebenfalls nicht zu einer Anrechnung im Wege des [X.] führen. Während der Schaden im Bereich der Straßenbaulast aufgetreten ist und sich dort ver-mögensmäßig in voller Höhe einschließlich der Umsatzsteuer zum Nachteil der Geschädigten ausgewirkt hat, erfolgt der durch Abführung der Umsatzsteuer verursachte Vermögenszuwachs in einem ganz anderen Bereich, nämlich dem des Steueraufkommens, das der geschädigten [X.] nach dem Willen des Gesetzgebers unabhängig davon zusteht, auf welchen Vorgang das umsatzsteuerpflichtige Geschäft zurückzuführen ist. Insoweit [X.], wenn der Staat in seiner Eigenschaft als Eigentümer geschädigt worden ist, der Sache nach kein Unterschied zu anderen Schäden, die zu einer Repara-tur durch eine Fachfirma und damit zu einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung eines Unternehmers führen. Die Umsatzsteuer fällt in Folge der Leistung des Werkunternehmers an und steht dem Staat deshalb steuerrechtlich zu. Aus [X.] 8 - sem Grund ist im Streitfall eine Schadensbilanzierung dahin, daß der Schaden sich in Höhe des [X.] der [X.] verrin-gere, nicht möglich. Der Fall liegt insofern anders als in den oben erwähnten Sachverhalten, in denen durch den Schadensfall eine an sich geschuldete Steuer weggefallen oder gemindert worden ist. 2. Der Anspruch auf die Zinsen folgt aus § 288 Abs. 1 BGB. Die Kosten-entscheidung beruht auf § 91 ZPO. [X.] [X.] [X.]

Pauge [X.]

Meta

VI ZR 97/04

14.09.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2004, Az. VI ZR 97/04 (REWIS RS 2004, 1683)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1683

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