Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2014, Az. XI ZR 477/12

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6075

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI ZR 477/12
Verkündet am:

29.
April 2014

Weber,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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2
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Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29.
April 2014
durch den Vorsitzenden Richter [X.],
die Richter Dr.
Joeres, Dr.
Ellenberger
und
Dr.
Matthias
sowie die Richterin Dr.
Menges
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 15.
November 2012 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der beklagten Bank aus eigenem und aus ab-getretenem Recht ihres Ehemannes Schadensersatz wegen fehlerhafter Anla-geberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem offenen Immobilienfonds [X.] (nachfolgend: Fonds). Dem liegt, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin und ihr Ehemann (nachfolgend: Anleger) ließen sich im März 2008 von einer Mitarbeiterin (nachfolgend: Beraterin) der Rechtsvorgän-gerin der [X.] (nachfolgend: Beklagte) über eine Kapitalanlage beraten. 1
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Die Beraterin empfahl den Anlegern den Erwerb von Anteilen an dem Fonds, ohne darauf hinzuweisen, dass die Rücknahme der Fondsanteile durch die [X.] ausgesetzt werden kann. Die Anleger erwarben am 12.
März 2008 insgesamt 182 Anteile an dem Fonds zum [X.] von 57,85

Oktober 2008 wurde die Rücknahme der Fondsanteile durch die Kapitalanlage-gesellschaft ausgesetzt. Am 22.
Oktober 2010 veräußerten die Anleger die Fondsanteile an der Börse zum [X.] von 18,45

Die Klägerin beansprucht von der [X.] den Ersatz der Differenz zwischen dem [X.]wert der Anteile am 12.
März 2008 und dem am 22.
Oktober 2010 erzielten Erlös in Höhe von 7.180,80

der [X.] vorgenommene Einschätzung der Beteiligung an einem offenen Immobilienfonds als grundsolide und wertbeständige Anlage sei bereits im [X.] nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Darüber hinaus habe sie über die Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] und über das Risiko eines völligen Anlageverlustes aufgeklärt werden müssen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Be-rufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in [X.], 363
ff. veröffentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von [X.], im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beratung der [X.] sei nicht fehlerhaft gewesen. Die Anlage in einen offenen Immobilienfonds, dessen
Immobilienbesitz über zehn [X.] gestreut sei, habe die Beklagte im März 2008 als risikoarme Anlage empfehlen dürfen. Ein offener Immobilienfonds habe zu diesem Zeitpunkt noch als grund-solide und wertbeständige Anlage gegolten. Nachdem diese Anlageform bis zum Jahre 2004 rund 50 Jahre "problemlos gelaufen" sei, sei Ende 2005/Anfang 2006 in wenigen Fällen vorübergehend die Rücknahme von Antei-len ausgesetzt worden, ohne dass den Anlegern dadurch Verluste entstanden seien. Die offenen Immobilienfonds seien erst in Folge der Finanzkrise ab [X.] 2008 in Schwierigkeiten geraten. Die Empfehlung der [X.] im März 2008 sei daher

ex ante betrachtet

vertretbar gewesen.
Die Beklagte habe im Frühjahr 2008 noch nicht über die Möglichkeit [X.] dauerhaften oder vorübergehenden Aussetzung der [X.] [X.] müssen, da diese Schutzmaßnahme zugunsten der Anleger einen [X.] vermeiden solle. Dies habe zum damaligen Zeitpunkt kein die [X.] nach vernünftigem Ermessen [X.], aufklärungs-pflichtiges Risiko dargestellt. Die in den Jahren 2005/2006 von einer Ausset-zung betroffenen Beteiligungen seien nicht im Wert gesunken. Ein Kapitalver-lustrisiko allein aufgrund einer vorübergehenden Aussetzung der Anteilsrück-nahme sei deshalb zum damaligen Zeitpunkt eher theoretischer Natur gewe-sen. Zudem berge eine Aufklärung über ein

aus damaliger Sicht eher theoreti-sches

Risiko die Gefahr, dass ein Beratungsgespräch mit Details überfrachtet 6
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5
-
werde, was dem [X.] eine Gewichtung verschiedener Risiken erschwere.

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §
280 Abs.
1 BGB insoweit nicht verneinen, als er darauf gestützt wird, dass die Anle-ger
von der [X.] nicht über das Bestehen der Möglichkeit einer Ausset-zung der [X.] durch die Kapitalanlagegesellschaft aufgeklärt wur-den.
1. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend und unangegriffen da-von aus, dass zwischen den Parteien im März 2008 ein Beratungsvertrag [X.] worden ist.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Anleger
jedoch nicht objektgerecht beraten und damit ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt (§
280 Abs.
1 Satz
1 BGB).
a) Eine beratende Bank ist zu einer anleger-
und objektgerechten Bera-tung verpflichtet (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6.
Juli 1993 -
XI
ZR 12/93, [X.]Z
123, 126, 128
f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflicht hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der [X.], die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und anderer-seits die allgemeinen und speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des [X.] ergeben. Die Beratung hat sich auf diejenigen Eigenschaften des [X.] zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung we-9
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sentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über
diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständ-lich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des [X.] unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger-
und objekt-gerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27.
September 2011

XI
ZR 182/10, [X.], 119 Rn.

22
und XI
ZR 178/10, [X.], 2261 Rn.
23 sowie vom 24.
September 2013

XI
ZR 204/12, [X.], 2065 Rn.
20).
b) Danach hat das Berufungsgericht zutreffend und unangegriffen fest-gestellt, dass die Klägerin eine "risikoarme" Kapitalanlage gewünscht habe. Das Berufungsgericht ist insoweit weiter rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Einstufung der Fondsanteile im März 2008 als risikoarme Anlage ex ante betrachtet vertretbar gewesen sei. Die von der Revision gegen diese tatrichter-liche Würdigung vorgebrachten Angriffe rechtfertigen keine abweichende Beur-teilung.
Soweit die Revision auf vorinstanzlichen Vortrag der Klägerin verweist, wonach vier andere offene Immobilienfonds vor dem Erwerb der streitgegen-ständlichen Fondsanteile Ende 2005/Anfang 2006 in "Schwierigkeiten" geraten seien (vgl. hierzu etwa Ledermann, AG 2006, [X.] und [X.], [X.] 2013, 1613, 1617), lässt dieser vom Berufungsgericht berücksichtigte Umstand für sich genommen keine Rückschlüsse auf das Kapitalverlustrisiko des streitge-genständlichen Fonds zu und war dementsprechend für die von der [X.] vorzunehmende Risikobewertung (vgl. Senatsurteile vom 6.
Juli 1993

XI
ZR 12/93, [X.], 126, 129, vom 7.
Oktober 2008

XI
ZR 89/07, [X.], 149 Rn.
12 und vom 27.
September 2011

XI
ZR 182/10, [X.], 119 13
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7
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Rn.
24) ohne Belang. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Klägerin in den [X.] Umstände vorgetragen hätte, wonach sich der streitgegenständliche Fonds in vergleichbaren Schwierigkeiten befunden hat.
c) Soweit die Revision erstmals geltend macht, dass die Beklagte die [X.] nicht nur beim Erwerb, sondern auch im Zusammenhang mit der Veräu-ßerung der Fondsanteile falsch beraten habe, handelt es sich um eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageerweiterung (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Juli 2013 -
VIII
ZR 300/12, juris Rn. 22; [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., §
559 Rn.
10), denn damit soll ein neuer Streitgegenstand eingeführt werden.
d) Mit Recht beanstandet die Revision dagegen die Auffassung des Be-rufungsgerichts, die Beklagte habe die Anleger im Frühjahr 2008 nicht [X.] darüber aufklären müssen, dass die Rücknahme der Anteile durch die [X.]

seinerzeit gemäß §
81 [X.] in der bis zum 7.
April 2011 gültigen Fassung (nachfolgend: aF), nunmehr gemäß §
257 KAGB

vorübergehend
ausgesetzt werden kann.
aa) Die Frage, ob eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offe-nen Immobilienfonds empfiehlt, den Anleger ungefragt über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] durch die [X.] aufklären muss, wird in der Instanzrechtsprechung und der Literatur unterschiedlich beantwortet.
Nach einer Auffassung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, hat bis zum Beginn der Finanzkrise im Oktober 2008 eine solche Aufklä-rungspflicht nicht bestanden, weil es sich bei der Möglichkeit, die Anteilsrück-nahme auszusetzen, bis dahin um ein fernliegendes, rein theoretisches Risiko gehandelt habe, die Aussetzung der [X.] ein Instrument zum [X.]schutz sei und die Anleger auch während einer solchen Aussetzung ihre 15
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Anteile jederzeit an der Börse veräußern könnten (vgl. [X.], [X.], 2258, 2262 ff.; [X.], [X.], 475 f.; [X.], [X.] 2013, 1613, 1617; Thume/Edelmann, WuB I G 5.-
3.13).
Demgegenüber bejaht die Gegenansicht eine Aufklärungspflicht der Bank, weil die Möglichkeit einer Aussetzung der [X.] ein die An-lage in offene Immobilienfonds prägendes Strukturprinzip und ein ihr grundsätz-lich innewohnendes ([X.] darstelle (vgl. [X.], [X.], 290 Rn. 21 ff.; [X.], Beschluss vom 23.
August 2012

4
U 512/12, juris Rn. 8 f.; [X.], [X.] 7/2012 [X.]. 6; Merk, [X.], 290, 294).
bb) Der erkennende Senat entscheidet die Frage im Sinne der zuletzt genannten Meinung.
(1) Kennzeichnend für regulierte Immobilien-Sondervermögen ist, dass die Anleger gemäß §
37 Abs. 1 [X.] aF (nunmehr §
187 Abs.
1 Nr.
1 KAGB) ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit liquidieren und
deren Rückgabe zu einem in §
23 Abs.
2 Satz
3, §
79 Abs.
3 Satz 1 i.V.m. §
79 Abs.
1 [X.] aF ge-regelten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft verlangen können (sog. Open-End-Prinzip; vgl. [X.]/Schmies in Schimansky/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
113 Rn.
140; [X.], BuB Rn. 9/277; [X.] in [X.]/[X.]/[X.][X.], [X.], 2013, §
37 Rn.
7
ff.;
Reiter in [X.]/[X.], Bank-
und Kapitalmarktrecht, 4.
Aufl., Rn.
9.55; [X.]/[X.] in [X.]/Scherer, [X.], 2003, §
11 Rn.
5
ff.; [X.], [X.], 106, 107; [X.]/[X.], [X.] 2013, 1603, 1604; [X.], [X.] 2013, 1613, 1614; [X.], [X.] 5/2009 [X.].
3). Von diesem Grundsatz macht § 81 [X.] aF eine Ausnahme (vgl. BT-Drucks. 17/3628, S.
28; [X.] in [X.]/[X.]/[X.][X.], aaO, 19
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-
§
81 Rn. 1). Danach wird der Kapitalanlagegesellschaft bei nicht ausreichender Liquidität das Recht eingeräumt, die Rücknahme der Anteile vorrübergehend zu verweigern mit der Folge, dass die Anleger ihre Fondsanteile nicht mehr zu dem gesetzlich bestimmten Rücknahmepreis zurückgeben können.
Über dieses Risiko hat die Bank den Anleger im Rahmen der von ihr ge-schuldeten vollständigen Risikodarstellung in verständlicher Weise aufzuklären. Diese
Verpflichtung besteht, weil das dem Anleger kraft Gesetzes gemäß §
37 Abs.
1 [X.] aF gemachte Versprechen, seine Investition in einen offenen Im-mobilienfonds jederzeit durch die Rückgabe seiner Anteile an die Kapitalanla-gegesellschaft zu einem gesetzlich bestimmten Rücknahmepreis liquidieren zu können, bei Vorliegen der Voraussetzungen des §
81 [X.] aF nicht eingehalten wird.
(2) Ob hier zum Zeitpunkt der Beratung im März 2008 bei dem Fonds be-reits konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende Aussetzung der Anteils-rücknahme vorgelegen haben, ist für das Bestehen dieser Aufklärungspflicht ohne Bedeutung, da es für die Entscheidung des Anlegers auch ohne solche konkreten Anhaltspunkte von wesentlicher Bedeutung sein kann, dass er dieses Risiko während der gesamten Investitionsphase übernimmt. Dementsprechend ist es für die Beantwortung der Frage, ob die Bank den Anleger über dieses Risiko aufklären muss,

entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts

un-erheblich, ob bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Oktober 2008 insoweit ein fernliegendes oder gar ein nur theoretisches Risiko (so auch [X.], [X.], 2258, 2262; vgl. auch [X.], [X.] 2013, 1613, 1617;
Thume/Edelmann, WuB I G 5.-
3.13) bestanden hat. Die Möglichkeit, die Rück-nahme der Anteile auszusetzen, stellt ein während der gesamten [X.] bestehendes Liquiditätsrisiko dar, über das der Anleger informiert sein muss, bevor er seine Entscheidung trifft.
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(3) Der Umstand, dass die Anleger eines offenen Immobilienfonds ihre Anteile während einer Aussetzung der [X.] jederzeit an der Börse veräußern können, spricht ebenfalls nicht gegen die Pflicht der Bank, über die Möglichkeit einer solchen Aussetzung aufzuklären (ebenso [X.], [X.] 7/2012 [X.].
6; a.A. [X.], [X.], 2258, 2262; [X.], [X.], 475 f.; [X.], [X.] 2013, 1613, 1617).
Die Revisionserwiderung weist zwar zutreffend darauf hin, dass die [X.] damit weiter die Möglichkeit haben, ihre Anteile jederzeit zu liquidieren. Diese
Möglichkeit stellt aber angesichts der an einer Börse oder an einem sons-tigen Sekundärmarkt bestehenden Beeinflussung des Preises durch spekulative Elemente keinen gleichwertigen Ersatz für die gesetzlich geregelte Möglichkeit dar, die Anteile zu einem vorab festgelegten Rücknahmepreis an die [X.] zurück zu geben. Dem Anleger wird die Liquidität seiner Fondsanteile im Fall einer Aussetzung der [X.] daher nicht mehr mit der Qualität eines vorab im Gesetz bestimmten [X.] gewähr-leistet.
(4) Soweit die Revisionserwiderung meint, dass es sich bei der [X.] einer Aussetzung der [X.] um eine Schutzmaßnahme zu-gunsten der Anleger handele, kommt es für die Aufklärungspflicht der Bank hie-rauf nicht an. Die Regelungen des §
81 [X.] aF über die Aussetzung der Rück-nahme von Anteilen an offenen Immobilienfonds sollen es der [X.] ermöglichen, sich im Fall einer unerwartet hohen Zahl ihr zur Rück-gabe angedienter Fondsanteile während der Aussetzung die Liquidität zu be-schaffen, die für die Bedienung der rückgabewilligen Anleger erforderlich ist (vgl. [X.], [X.], 106, 108; [X.] in [X.]/[X.]/
[X.][X.], [X.], 2013, §
81 Rn.
2; [X.], Investmentgesetze, 1997, §
36
KAGG Rn.
1; [X.] in Bankrecht und Bankpraxis, Rn. 9/283; vgl. auch 24
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BT-Drucks. 17/3628, [X.] und zu
BT-Drucks. [X.], S. 6). Zugleich soll der Gefahr einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Verwertung des Fondsvermögens in einer Krisensituation vorgebeugt werden. Da die Aussetzung jedoch

wie dar-gelegt

dem [X.] der Anleger entgegensteht, ist hierüber vor der Anlagenentscheidung aufzuklären.
3. Nach den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat die Beklagte die
Klägerin nicht entsprechend aufgeklärt.
a) Nach dem unstreitigen Sachverhalt ist eine solche Aufklärung durch die Beraterin im Rahmen des Beratungsgesprächs im März 2008 nicht erfolgt.
b) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Klägerin habe [X.] 2003 die "Basisinformationen für Wertpapier-Vermögensanlagen" (nach-folgend: Basisinformationen) erhalten, in denen auf die Möglichkeit einer vor-übergehenden Aussetzung der [X.] hingewiesen werde, kann diese Unterlage als Mittel der Aufklärung zwar grundsätzlich geeignet sein (vgl. Senatsurteile vom 11.
November 2003

XI
ZR 21/03, [X.], 24, 26 f. und vom 27.
September 2011

XI
ZR 178/10, [X.], 2261 Rn.
32; [X.], [X.], 399, 403; [X.], [X.], 2111,
2114). [X.] konnte die Beklagte ihre Aufklärungspflicht jedoch von vornherein nicht durch die Übergabe der Basisinformationen an die Anleger
erfüllen. Bei einem offenen Immobilienfonds konnte die [X.] nach §
81 [X.] aF nur dann ausgesetzt werden, wenn die Vertragsbedingungen des jeweiligen Fonds eine solche Befugnis vorsahen (vgl. [X.]/Schmies in Schimansky/Bunte/
[X.], [X.], 4.
Aufl., §
113 Rn.
141). Informationen [X.], ob hier der Kapitalanlagegesellschaft in den
Vertragsbedingungen eine solche Befugnis eingeräumt worden war, enthalten die allgemeinen [X.] naturgemäß nicht. Hierüber hätte die Beklagte die Anleger entweder 27
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in verständlicher Weise mündlich oder durch die rechtzeitige Übergabe eines auf
den streitgegenständlichen Fonds bezogenen Informationsmaterials schrift-lich aufklären müssen.
c) Zu einer etwaigen Aufklärung der Anleger
durch die "Kundeninformati-onen zum Wertpapiergeschäft" (nachfolgend: Kundeninformationen), welche die Anleger
nach dem Vorbringen der [X.] am 1.
November 2007 per Post erhalten haben, hat das [X.] keine Feststellungen getroffen. Nachdem die Anleger
den Erhalt dieser Broschüre bestritten haben, ist in Ermangelung etwaiger Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich davon auszu-gehen, dass die Anleger
nicht mit dieser Broschüre aufgeklärt worden sind.

III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Dieses wird zunächst Feststellungen dazu zu treffen haben, ob die Anle-ger
durch die Kundeninformationen richtig, sorgfältig, vollständig und zeitnah im Zusammenhang mit dem Erwerb der Fondsanteile im März 2008 über das [X.] einer Aussetzung der [X.] aufgeklärt worden sind.
Falls das Berufungsgericht eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklag-ten feststellen sollte, wird es, nachdem die Parteien Gelegenheit zu ergänzen-dem Sachvortrag hatten, zudem die zur Frage der Kausalität fehlenden Fest-stellungen nachzuholen haben. Dabei wird es im Hinblick auf etwaige Beweis-angebote der Parteien sowie hinsichtlich der Beweislast für die Kausalität die 30
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13
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einschlägige Rechtsprechung des Senats zu beachten haben (vgl. Senatsurteil vom 8.
Mai 2012

XI
ZR 262/10, [X.]Z 193, 159 Rn. 28 und 38 ff.).

[X.]

Joeres

Ellenberger

Matthias

Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.02.2012 -
7 O 780/11 -

OLG Dresden, Entscheidung vom 15.11.2012 -
8 U 512/12 -

Meta

XI ZR 477/12

29.04.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2014, Az. XI ZR 477/12 (REWIS RS 2014, 6075)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6075

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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