Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2016, Az. 2 StR 86/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 4467

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[X.]:[X.]:BGH:2016:051016U2STR86.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 86/16
vom
5. Oktober
2016
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 5.
Oktober
2016, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.],
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],

Oberstaatsanwältin
beim Bundesgerichtshof

als Vertreterin
der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 8.
Oktober 2015 aufge-hoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur [X.] ausgesetzt hat. Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung [X.]. Vom Vorwurf einer weiteren Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wurde der Angeklagte freigespro-chen. Gegen diesen Teilfreispruch richtet sich die zu Ungunsten des Angeklag-ten eingelegte, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Sie hat
Erfolg.
I.
1.
Nach den Feststellungen des [X.]s wickelte der Angeklagte seit September 2014 verschiedene [X.] ab, bei denen er zuvor erworbene Drogen an zu einem festen Kundenstamm gehörende Abnehmer veräußerte. Die Betäubungsmittel (Haschisch oder Marihuana) bezog er über 1
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einen engen Freund, den zwischenzeitlich verstorbenen

Mu.

, der die
Drogen selbst aus den [X.] bezog. Vier dieser Taten konnten [X.] werden und führten zu einer Verurteilung wegen Handeltreibens in nicht geringer Menge; die fünfte Tat, wegen der es zu einer Verurteilung kam, bezog sich auf die in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Rauschgiftmen-gen.
2.
Von einem weiteren Tatvorwurf hat das [X.] den Angeklagten freigesprochen.
Ihm war insoweit vorgeworfen worden, am 28.
September 2014 gemeinsam mit Mu.

an den als Kurier tätigen [X.]

aus [X.] der Woh-
nung seiner Eltern heraus 99,30
Gramm Kokain sowie 254
Gramm Heroin ver-kauft zu haben.
Der Angeklagte hat die Tat bestritten. Er hat angegeben, [X.]

und
B.

, [X.], bei denen Mu.

Haschisch und Marihuana bezogen ha-
be, in [X.] im Juni 2014
einmal gesehen zu haben. Am 27.
September 2014 habe es einen Anruf von [X.]

gegeben, Mu.

habe ihm gesagt, es wür-

kommen; er habe im Vorfeld dieser erwarteten Lieferung
250
Gramm bei Mu.

bestellt und bereits bezahlt. Ob [X.]

an diesem Tag gekommen sei,
wisse er nicht, da er bei seiner Freundin gewesen sei. Am nächsten Tag sei es zu einem Treffen mit [X.]

bei Mu.

gekommen, wobei [X.]

kein Gras

da-
bei gehabt habe. Er habe ihnen Heroin und Kokain angeboten, was sie aber abgelehnt hätten. [X.]

habe Mu.

gesagt, das bestellte könne erst in
zwei bis drei Tagen geliefert werden. Nach einem gemeinsamen Mittagessen sei [X.]

wieder gefahren.
Diese Einlassung hat das [X.] als nicht widerlegbar angesehen. Die [X.] hat im Wesentlichen festgestellt, dass [X.]

am 28.
Sep-
tember 2014 gegen 22.00
Uhr in S.

festgenommen worden sei; es seien
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250
Gramm Heroin und 99,4
Gramm Kokain bei ihm sichergestellt worden.
[X.]

habe sich am 27. und 28.
September 2014 zeitweilig in F.

aufge-
halten und sei in einem Hotel am

[X.] eingecheckt gewe-
sen. In der [X.] vom 26.-28.
September 2014
habe es verschiedene [X.] Kontakte zwischen dem Angeklagten und [X.]

sowie auch Mu.

gege-
ben. [X.]

sei wegen des für [X.] B.

erfolgten Ankaufs der Be-
täubungsmittel in F.

verurteilt worden, wobei im Hinblick auf seine unter
anderem den Angeklagten belastenden Angaben, die dem Vorwurf der [X.] zugrunde gelegt worden wären, zu seinen Gunsten §
31 BtMG zur Anwendung gekommen sei. Das [X.] hat Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Angaben [X.]

s nicht überwinden können und hat sich in einer Gesamt-
schau der vorliegenden Beweise und Indizien von der Schuld des Angeklagten, für dessen Beteiligung an einem Handel mit harten Drogen es genauso wenig Indizien gebe wie für eine Veräußerung von
Rauschgift, nicht überzeugen [X.].
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat
Erfolg.
Die landgerichtliche Beweiswürdigung ist zwar nicht zu beanstanden; doch hat die [X.] ihre Kognitionspflicht insoweit verletzt, als sie nicht geprüft hat, ob die von dem Angeklagten eingeräumte Bestellung von 250
Gramm
Marihuana bei Mu.

nicht eine Strafbarkeit wegen unerlaubten
Handelns mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) begründet.
1.
Zwar sind die von dem Angeklagten eingeräumten, den Treffen zeitlich vorgelagerten Umstände der Bestellung und Bezahlung des [X.] wenig in der Anklageschrift aufgeführt wie auch die eingestandene Tatsache, 6
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-
6
-
dass das Treffen am 28.
September 2014 der Übergabe des
bei [X.]

bestell-
ten Marihuanas dienen sollte;
es handelt sich insoweit jedoch um mit dem an-geklagten Treffen sachlich so eng verknüpfte Vorgänge, dass [X.] ge-mäß
§
264 Abs.
1 [X.] gegeben ist.
Eine Tat im Sinne des §
264 [X.] ist dabei der geschichtliche und damit zeitlich und
sachverhaltlich begrenzte Vorgang, auf welchen
Anklage und [X.] hinweisen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Zur prozessualen Tat gehört das gesamte Verhalten des [X.], soweit es mit dem
durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Verkehrsauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt. Dies ist der Fall, wenn die einzelnen Handlun-gen oder Ereignisse unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung nicht nur äußerlich ineinander übergehen, sondern sachlich so miteinander ver-knüpft sind, dass ihre getrennte Würdigung und Aburteilung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden würde (vgl. [X.]/[X.],
[X.], 59.
Aufl., §
264 Rn.
2 mwN zur Rspr.).
Gemessen daran ist vorliegend eine prozessuale Tat gegeben. Eine Ver-knüpfung des eingeräumten und des angeklagten Geschehens ergibt sich hier schon daraus, dass der Angeklagte lediglich den
konkreten
Zweck des verfah-rensgegenständlichen Treffens
am 28.
September 2014 abweichend schildert. Er räumt das Treffen ein und gibt auch zu, dass es auch der Abwicklung von [X.] dienen sollte. Schon dieses
begründet nicht nur den erforderlichen äußeren Zusammenhang, sondern führt auch zu einer inhalt-lichen Verknüpfung, die eine getrennte Würdigung des Sachverhalts als unna-türliche Aufspaltung eines tatsächlich entstandenen Vorgangs erscheinen
ließe.

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7
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Soweit der Angeklagte abweichend von der Anklage schildert, es sei nicht um den Verkauf harter Drogen gegangen (sondern um den Ankauf zuvor bestellter Betäubungsmittel), lässt dies den Anlass des Treffens
unberührt, das in jedem Fall der Durchführung
von [X.] diente oder dienen sollte; es ändert zudem nichts daran, dass der von der Anklage [X.] geschichtliche Lebensvorgang -
nämlich das Treffen von [X.]

, Mu.

und
dem Angeklagten am 28.
September 2014
-
ausreichend individualisiert
ist und beide im Raum stehenden
Geschehensabläufe -
Verkauf harter Drogen bzw. ins Auge gefasster Ankauf weicher Betäubungsmittel
-
betrifft.
2.
Das [X.] hat den zur Aburteilung stehenden Sachverhalt inso-weit weder in sachlicher noch in rechtlicher Hinsicht geprüft. Die Sache bedarf deshalb unter Aufhebung der Feststellungen neuer Verhandlung und Entschei-dung.
Fischer
[X.]
Eschelbach

[X.]
[X.]
11
12

Meta

2 StR 86/16

05.10.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2016, Az. 2 StR 86/16 (REWIS RS 2016, 4467)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4467

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