Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.05.2012, Az. 6 PB 5/12

6. Senat | REWIS RS 2012, 6088

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Gegenstand

Weiterbeschäftigung einer Jugendvertreterin; ausbildungsadäquater Arbeitsplatz; Zusatzqualifikation; Fahrerlaubnis der Bundeswehr


Leitsatz

Ein Arbeitsplatz ist auch dann ausbildungsadäquat, wenn seine Anforderungen außer einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf eine kurzfristig erreichbare Zusatzqualifikation (hier: Fahrerlaubnis der Bundeswehr) vorsehen.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

2

1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

3

Die Antragstellerin will geklärt wissen, ob ein Arbeitsplatz bereits dann als ausbildungsadäquat anzusehen ist, wenn der Jugendvertreter nur einen Teil der geforderten Tätigkeiten ausüben kann und für die restlichen zunächst noch zu qualifizieren ist. In diesem Zusammenhang wirft die Antragstellerin ferner die Frage nach den Fortbildungskosten sowie nach den Folgen des Nichtbestehens der Fahrerlaubnisprüfung auf. Diese Fragen sind, soweit sie im vorliegenden Fall entscheidungserheblich sind, eindeutig im Sinne des [X.] zu beantworten, so dass es zu ihrer Klärung nicht der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens bedarf.

4

Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG ist das nach § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist dann unzumutbar, wenn der Arbeitgeber dem Jugendvertreter zum Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung keinen ausbildungsadäquaten Dauerarbeitsplatz bereitstellen kann (vgl. Beschlüsse vom 1. November 2005 - BVerwG 6 P 3.05 - BVerwGE 124, 293 <295 f.> = [X.] 250 § 9 BPersVG Nr. 25 Rn. 90 und vom 19. Januar 2009 - BVerwG 6 P 1.08 - BVerwGE 133, 42 = [X.] 250 § 9 BPersVG Nr. 33 Rn. 24). Der Gesichtspunkt der [X.] erfordert einen Vergleich zwischen der Ausbildung des [X.] und den Anforderungen des in den Blick genommenen Arbeitsplatzes. Bei der Berufsausbildung muss es sich nach § 9 Abs. 1 BPersVG um eine solche nach dem [X.] oder nach hier nicht einschlägigen [X.] handeln. [X.] ist der Arbeitsplatz daher, wenn auf ihm diejenige Qualifikation gefragt ist, welche der Jugendvertreter in der beruflichen Abschlussprüfung erlangt hat. In diesem Fall ist der Arbeitsplatz vorrangig mit dem Jugendvertreter zu besetzen (vgl. Beschluss vom 1. November 2005 a.a.[X.] 303 bzw. Rn. 33). Daran ändert sich nichts, wenn die Arbeitsplatzvorgaben eine Zusatzqualifikation enthalten, die selbst nicht Gegenstand einer Ausbildung nach dem [X.] oder einer noch höherwertigen Ausbildung (Fachhochschule, Hochschule) ist und innerhalb eines vergleichsweise kurzen Zeitraums erworben werden kann. So verhält es sich mit der hier in Rede stehenden Fahrerlaubnis der [X.], welche die Beteiligte zu 1 nach den Feststellungen des [X.] nach ihrer Übernahme in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis alsbald hätte erwerben können. Diese kurzfristig erreichbare Zusatzqualifikation tritt mit Blick auf den Schutzzweck in § 9 BPersVG gegenüber der dreijährigen Berufsausbildung zur [X.]in zurück, welche die Beteiligte zu 1 bei der Antragstellerin absolviert hatte und welche nach der vom Oberverwaltungsgericht ausgewerteten Tätigkeitsdarstellung für die Besetzung des fraglichen Dienstpostens gefordert war. Diese qualifizierte Berufsausbildung ist es, die den Anwendungsbereich der Schutzvorschrift eröffnet (§ 9 Abs. 1 bis 3 BPersVG) und damit für die Abwägung in § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG prägend ist.

5

Nach der [X.]srechtsprechung ist der öffentliche Arbeitgeber in der Definition von ihm benötigter Arbeitsplätze frei und unterliegt dabei mit Blick auf den [X.] in § 9 BPersVG lediglich einer Missbrauchskontrolle (vgl. Beschlüsse vom 1. November 2005 a.a.[X.] 300 ff. bzw. Rn. 30 ff., vom 11. März 2008 - BVerwG 6 [X.] 16.07 - [X.] 250 § 9 BPersVG Nr. 30 Rn. 8 f. und vom 12. Oktober 2009 - BVerwG 6 [X.] 28.09 - [X.] 250 § 9 BPersVG Nr. 39 Rn. 4). Der Jugendvertreter kann daher nicht verlangen, dass der öffentliche Arbeitgeber Arbeitsplätze schafft oder fortschreibt, welche auf die von ihm erworbene Qualifikation zugeschnitten sind. Der in § 9 BPersVG angelegte Interessenausgleich wird jedoch einseitig zu Lasten des [X.] und der Jugendvertretung verlagert, wenn trotz berufsausbildungsbezogener Übereinstimmung von Qualifikation und Anforderungsprofil die Übernahme letztlich an einer kurzfristig zu erwerbenden Zusatzqualifikation scheitert.

6

Ist daher in einem Fall wie dem vorliegenden mit dem Oberverwaltungsgericht davon auszugehen, dass das gesetzlich begründete Arbeitsverhältnis fortzusetzen ist, so bezieht sich die dadurch erworbene Rechtsposition des [X.] auf den konkreten Arbeitsplatz und seine Anforderungen. Sie ist daher mit der Verpflichtung verbunden, die Zusatzqualifikation unverzüglich zu erwerben. Ein Verstoß dagegen ist mit dem Risiko arbeitsrechtlicher Konsequenzen verbunden.

7

Die Kostenfrage ist nicht geeignet, die hier bestätigte Rechtsauffassung des [X.] in Zweifel zu ziehen. Der öffentliche Arbeitgeber ist zur Übernahme der Kosten der Zusatzausbildung verpflichtet, wenn er dies in vergleichbaren Fällen (andere Auszubildende, externe Bewerber) ebenfalls zu tun pflegt (§ 8 BPersVG).

8

2. Die [X.] gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist unstatthaft und daher unzulässig. Nach der durch § 83 Abs. 2 BPersVG gebotenen entsprechenden Anwendung des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG sind - abgesehen von Entscheidungen des [X.], des Gemeinsamen [X.]s und des [X.] - Entscheidungen eines anderen [X.] oder eines anderen [X.]s desselben [X.] divergenzfähig. Die Antragstellerin stützt sich hier zur Begründung ihrer [X.] allein auf die Entscheidung des [X.] Lüneburg vom 7. Juli 2011 - 17 LP 16/08 -. Dabei handelt es sich aber ebenso wie in der vorliegenden Sache um eine Entscheidung des [X.] des [X.] Lüneburg. Dadurch, dass der zuständige Fachsenat des [X.] seine eigene Rechtsprechung ändert, wird die Rechtseinheit nicht gefährdet.

9

3. Ohne Erfolg bleibt schließlich die [X.] gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Der [X.] vermag anhand der Darlegungen in der Beschwerdebegründung (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG) nicht zu erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht Vortrag der Antragstellerin nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in seine Würdigung einbezogen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat im Rahmen seiner Ausführung zur [X.] des fraglichen Dienstpostens berücksichtigt, dass dieser als Stelle für einen Kraftfahrer ausgewiesen ist und dass nach der Tätigkeitsdarstellung lediglich 41% der Tätigkeiten auf dem Dienstposten auf die Qualifikation als [X.] entfielen (BA S. 8). Dass der vormalige [X.] [X.] war, war für das Oberverwaltungsgericht unter dem Gesichtspunkt des § 9 BPersVG nicht erheblich, weil es nach seiner Rechtsauffassung darauf ankam, dass nach der Tätigkeitsdarstellung die erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf als [X.] mit einer Ausbildungsdauer von drei Jahren gefordert war.

Meta

6 PB 5/12

24.05.2012

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PB

vorgehend OVG Lüneburg, 11. Januar 2012, Az: 17 LP 10/10, Beschluss

§ 9 Abs 4 S 1 Nr 2 BPersVG, § 9 Abs 2 BPersVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.05.2012, Az. 6 PB 5/12 (REWIS RS 2012, 6088)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6088

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