Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.05.2018, Az. I R 31/16

1. Senat | REWIS RS 2018, 8457

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Gegenstand

Abwärtsverschmelzung mit ausländischer Anteilseignerin


Leitsatz

1. Die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften kann zu einem steuerfreien Auflösungsgewinn i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG führen, von dem 5 % als nicht abziehbare Betriebsausgaben gelten .

2. Die Verschmelzung einer Mutterkapitalgesellschaft, deren Anteilseignerin im Ausland ansässig ist, auf ihre Tochtergesellschaft (Abwärtsverschmelzung) kann nur dann ohne Aufdeckung stiller Reserven vollzogen werden, wenn die Besteuerung der stillen Reserven der Muttergesellschaft sichergestellt ist .

3. Da bei einer Abwärtsverschmelzung die zum Vermögen der Muttergesellschaft gehörende Beteiligung an der Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft auf deren Anteilseigner übergeht, kommt es für den Buchwertansatz in der steuerlichen Schlussbilanz der Muttergesellschaft darauf an, ob beim Anteilseigner die stillen Reserven des auf ihn übergegangenen Wirtschaftsguts "Beteiligung" weiterhin dem deutschen Besteuerungsrecht unterliegen .

4. Das Diskriminierungsverbot aus Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 steht dem Ansatz nicht abziehbarer Betriebsausgaben in Höhe von 5 % des Auflösungsgewinns nicht entgegen, wenn Anteilseignerin der übertragenden Muttergesellschaft eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft ist .

5. Gleiches gilt im Hinblick auf die Fusionsrichtlinie und die unionsrechtlichen Grundfreiheiten .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. April 2016  6 K 1947/14 K,[X.] aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die [X.]lägerin und Revisionsbeklagte ([X.]lägerin) ist eine [X.] [X.]apitalgesellschaft in der Rechtsform der [X.]. Ihre Anteile wurden zunächst vollständig von der [X.] (im Folgenden: Muttergesellschaft) mit Sitz im Inland gehalten. Die Muttergesellschaft wurde nach Maßgabe eines am ... August 2009 beurkundeten [X.] auf die [X.]lägerin, also auf die Tochtergesellschaft, verschmolzen. Mit Eintragung in das Register am Sitz der [X.]lägerin in [X.] im September 2009 wurde die grenzüberschreitende Verschmelzung wirksam. Auf eine [X.]apitalerhöhung bei der übernehmenden [X.]lägerin wurde im notariellen [X.] unwiderruflich verzichtet. Mit Wirksamwerden der Verschmelzung ging das Vermögen der Muttergesellschaft im Wege der [X.]esamtrechtsnachfolge auf die [X.]lägerin über. Die von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der [X.]lägerin wurden an die in den [X.] ansässige [X.] (im Folgenden: Corporation), die bisher sämtliche Anteile an der Muttergesellschaft hielt, ausgekehrt.

2

Die Verschmelzung erfolgte mit steuerrechtlicher Rückwirkung. [X.] war der 31. Juli 2009, 24:00 Uhr. In der steuerlichen Schlussbilanz der Muttergesellschaft zum 31. Juli 2009 wurden sämtliche Aktiva und Passiva mit dem Buchwert angesetzt. Die Anteile an der [X.]lägerin wurden ebenfalls mit ihrem Buchwert in Höhe von ... € angesetzt und zu diesem Wert erfolgsneutral ausgebucht. Der gemeine Wert dieser Anteile an der [X.]lägerin betrug zu diesem Zeitpunkt ... €.

3

Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) nicht. Er ging davon aus, dass die Anteile an der [X.]lägerin in der steuerlichen Schlussbilanz der Muttergesellschaft mit dem gemeinen Wert hätten angesetzt werden müssen. Dies sei zur Wahrung des inländischen Besteuerungsrechts erforderlich. Der Ansatz des gemeinen Wertes der Anteile führte zu einem [X.]ewinn, den das [X.] zwar nach § 8b Abs. 2 des [X.]örperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr (2009) geltenden Fassung ([X.]) außer Ansatz ließ. Jedoch wurden gemäß § 8b Abs. 3 [X.] 5 % des [X.]ewinns als nicht abziehbare Betriebsausgaben angesetzt. Das zu versteuernde Einkommen der Muttergesellschaft für den Veranlagungszeitraum 2009 erhöhte sich hierdurch.

4

Dagegen wandte sich die [X.]lägerin als Rechtsnachfolgerin der Muttergesellschaft mit dem Einspruch. Dieser blieb erfolglos.

5

Das daraufhin angerufene Finanzgericht (F[X.]) [X.] gab der [X.]lage mit Urteil vom 22. April 2016  6 [X.] 1947/14 [X.],[X.] statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EF[X.]-- 2016, 951).

6

Das [X.] rügt mit seiner vom F[X.] zugelassenen Revision die Verletzung sachlichen Rechts.

7

Es beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die [X.]lage abzuweisen.

8

Die [X.]lägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das dem Revisionsverfahren beigetretene [X.] hat keinen Antrag gestellt. Es unterstützt in der Sache das Vorbringen des [X.].

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet; die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat einen [X.] erzielt, von dem 5 % als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Das [X.] sieht davon keine Ausnahme vor.

1. Nach § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung bestimmter Anteile an Körperschaften außer Ansatz. Dies gilt entsprechend für Gewinne aus der Auflösung (§ 8b Abs. 2 Satz 3 [X.]).

a) Ein solcher Gewinn entsteht u.a. bei Verschmelzung einer (übertragenden) Körperschaft auf eine andere (übernehmende) Körperschaft, da hierdurch die übertragende Körperschaft ohne Abwicklung aufgelöst wird (§ 2 des Umwandlungsgesetzes) und ihr Vermögen --einschließlich einer etwaigen Beteiligung an der übernehmenden oder einer anderen [X.] vergleichbar einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung auf einen anderen Rechtsträger übergeht ([X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.], § 8b Rz 251; vgl. [X.]/[X.], EStG, 37. Aufl., § 17 Rz 215, zur vergleichbaren Regelung des § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Als [X.] ist der gemeine Wert der durch die im Zuge der Auflösung der Kapitalgesellschaft an einen anderen Anteilseigner übergehenden Beteiligung abzüglich ihres Buchwerts anzusetzen (vgl. [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 8b Rz 237, zum insoweit vergleichbaren Fall der Liquidation; [X.]/Rengers, § 8b [X.] Rz 243b).

b) Der Ansatz des gemeinen Werts der Beteiligung ergibt sich im Streitfall auch aus § 11 Abs. 1 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes 2006 ([X.] 2006). Danach ist diese Bewertung bei einer Verschmelzung der Körperschaft auf eine andere Körperschaft in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden (aufgelösten) Körperschaft hinsichtlich der übergehenden Wirtschaftsgüter grundsätzlich geboten. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gehört zu den übergehenden Wirtschaftsgütern auch die Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft, da dieses Wirtschaftsgut von den Anteilseignern der übertragenden (aufgelösten) Körperschaft erworben wird ([X.]surteil vom 28. Oktober 2009 I R 4/09, [X.], 21, [X.], 315; [X.]sbeschluss vom 20. Juni 2011 I B 108/10, [X.], 1924).

c) Von dem Gewinn i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 3 [X.] gelten 5 % als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 8b Abs. 3 Satz 1 [X.]).

d) Der Steuerfestsetzung in den angegriffenen Bescheiden liegt zugrunde, dass im Streitfall die Muttergesellschaft auf die Klägerin wirksam verschmolzen wurde und bei Ersterer ein mit nicht abziehbaren Betriebsausgaben verknüpfter [X.] in Höhe der Differenz zwischen gemeinem Wert und Buchwert der bislang von der Muttergesellschaft gehaltenen Beteiligung angefallen ist. Das ist nach dem vorstehend Ausgeführten revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Die auf dem Ansatz nicht abziehbarer Betriebsausgaben beruhende Steuerfestsetzung (Belastung) wird im Streitfall durch keinen steuerentlastenden Tatbestand ausgeschlossen. Insbesondere kann dies nicht § 11 Abs. 2 [X.] 2006 entnommen werden.

a) Nach § 11 Abs. 1 [X.] 2006 sind bei Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift besagt, dass abweichend davon auf Antrag die übergehenden Wirtschaftsgüter u.a. mit dem Buchwert angesetzt werden können, soweit sichergestellt ist, dass sie später bei der übernehmenden Körperschaft der Besteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegen und das Recht der [X.] ([X.]) hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden Körperschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Schließlich regelt § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2006, dass die Anteile an der übernehmenden Körperschaft mindestens mit dem Buchwert, erhöht um Abschreibungen sowie um Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge, die in früheren Jahren [X.] vorgenommen worden sind, höchstens mit dem gemeinen Wert, anzusetzen sind.

b) § 11 Abs. 2 [X.] 2006 ermöglicht demnach im Fall der Verschmelzung zweier Körperschaften zwar grundsätzlich den Ansatz der Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem Buchwert.

Streitig ist allerdings, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei der im Streitfall zu beurteilenden [X.] auch die Beteiligung an der Tochtergesellschaft erfasst wird (zum Streitstand vgl. z.B. [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 11 Rz 112 ff.; [X.] in Widmann/[X.], Umwandlungsrecht, § 11 [X.], Rz 167 f., jeweils m.w.N.).

c) Das [X.] ist in der angegriffenen Entscheidung davon ausgegangen, dass § 11 [X.] 2006 auch insoweit den [X.] eröffnet (überwiegend zustimmend das Schrifttum, z.B. Gsödl/ [X.], [X.] --DStR-- 2016, 2326; [X.], [X.] 2016, 498; ablehnend [X.], Der Konzern 2016, 390). Es deutet die Normzusammenhänge im Wesentlichen so, dass von dem in § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.] 2006 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "übergehende Wirtschaftsgüter" nur solche Gegenstände erfasst werden, die auf die an der Verschmelzung unmittelbar beteiligte übernehmende Körperschaft übergehen. Damit gehöre das der übertragenden Muttergesellschaft zuzurechnende Wirtschaftsgut "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" nicht zu den übergehenden Wirtschaftsgütern. Die in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 [X.] 2006 geregelten einschränkenden Voraussetzungen für die Wahl des [X.]es seien damit im Hinblick auf das Wirtschaftsgut "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" nicht zu prüfen. Vielmehr richte sich die Behandlung dieses Wirtschaftsguts allein nach der abschließenden Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2006. Folglich sei es für den [X.] unschädlich, dass die stillen Reserven des Wirtschaftsguts "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" bei dem ausländischen Anteilseigner der bisherigen Muttergesellschaft, der dieses Wirtschaftsgut bei einer [X.] direkt erwerben würde, nicht mehr dem [X.] Besteuerungszugriff unterlägen.

3. Dem ist nicht zu folgen.

a) Wie dargelegt, gehört die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" zu den übergehenden Wirtschaftsgütern i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2006. Die Beteiligung geht als Wirtschaftsgut an die Anteilseigner der Muttergesellschaft über. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig.

aa) Auch § 11 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2006 verwendet den Begriff "übergehende Wirtschaftsgüter" und erfasst damit ebenfalls die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft". Soweit die Nr. 1 und 2 der genannten Vorschrift weitere Anforderungen für den [X.] in Bezug auf die "übernehmende Körperschaft" stellen, ist auf diejenige Person abzustellen, die die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" erwirbt. Ist demnach eine Körperschaft Anteilseignerin der Muttergesellschaft (übertragende Körperschaft) und erwirbt sie bei der [X.] unmittelbar die bislang von der Muttergesellschaft gehaltene "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" ([X.]surteil in [X.], 21, [X.], 315), ist die Norm nach ihrem Wortlaut einschlägig mit der Folge, dass die [X.] --bei Vorliegen der weiteren [X.] auf Antrag ohne Aufdeckung stiller Reserven vollzogen werden kann.

bb) Im Streitfall liegen diese weiteren Voraussetzungen indes nicht vor. Denn bei der [X.] Corporation als derjenigen Körperschaft, die die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" übernimmt, unterliegen die stillen Reserven des Wirtschaftsguts nicht mehr dem [X.] Besteuerungsrecht i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] 2006. Art. 13 Abs. 5 des Abkommens zwischen der [X.] und den [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 [X.] ([X.] 1991, 355, BStBl I 1991, 95) weist dem Ansässigkeitsstaat der Corporation, also den [X.], das ausschließliche Recht zur Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übergegangenen Beteiligung zu (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], Art. 13 Rz 100, 107 und 256).

b) Sinn und Zweck der infrage stehenden Vorschriften bestätigen das Ergebnis der Wortlautauslegung.

aa) Mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006 (BStBl I 2006, 2782, [X.], 4) hat der Gesetzgeber die steuerneutrale Umwandlung im Allgemeinen und die Verschmelzung im Besonderen von der Bedingung abhängig gemacht, "dass die Besteuerung stiller Reserven der übertragenden Körperschaft sichergestellt wird. Daher ist bei der übertragenden Körperschaft der Ansatz der Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz mit dem gemeinen Wert vorgesehen. Auf Antrag sind die übertragenen Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert anzusetzen, soweit die stillen Reserven betrieblich verstrickt bleiben und das Besteuerungsrecht der [X.] gewahrt ist" (BTDrucks 16/2710, S. 27). Dieses Verständnis wird im besonderen Teil der Gesetzesbegründung bei der Darstellung der Verschmelzung mit nahezu identischer Formulierung wiederholt (s. BTDrucks 16/2710, S. 35). Im Gesetzestext hat sich diese Zwecksetzung für die Verschmelzung von Körperschaften unmittelbar in § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] 2006 niedergeschlagen. Damit sind die streitgegenständlichen Regelungen --wie das [X.] insgesamt-- zwar darauf gerichtet, die betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierung von Unternehmen zu erleichtern und für den nach allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen verwirklichten Realisationstatbestand (hier: [X.] i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 3 [X.]) einen [X.] zu gewähren. Diese Milderung steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass sie mit keinem endgültigen Besteuerungsverzicht verbunden ist.

bb) Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb gerade im Falle einer [X.] das Privileg des [X.]es ohne Absicherung des inländischen Besteuerungszugriffs auf die stillen Reserven gewährt werden sollte. Der in der Literatur und im angegriffenen Urteil angeführte "[X.]" vermag dies nicht zu tragen. Danach repräsentiert das Wirtschaftsgut "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" das Vermögen der Tochtergesellschaft. In der streitgegenständlichen Konstellation gehe dieses Wirtschaftsgut zwar auf den ausländischen Anteilseigner über und unterliege dort regelmäßig nicht mehr dem [X.] Besteuerungszugriff, doch verbleibe das --von der Beteiligung [X.] Vermögen der ([X.]) Tochtergesellschaft im Inland und sei dort weiterhin steuerlich verhaftet (z.B. [X.], a.a.[X.]). Damit wird verkannt, dass sich das zu wahrende [X.] Besteuerungsrecht auf das Vermögen --einschließlich der stillen [X.] eines bestimmten Steuerrechtssubjekts bezieht. Die stillen Reserven haben dessen individuelle steuerliche Leistungsfähigkeit erhöht und müssen, wenn sie dessen Sphäre verlassen oder wenn ein Realisationstatbestand eingreift, von diesem versteuert werden (Subjektbindung, vgl. z.B. BTDrucks 12/6885, S. 22; [X.]surteil vom 15. April 2015 I R 54/13, [X.], 519, [X.], 136, betreffend Einbringung; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], Einführung, Rz 1). Das [X.] verzichtet auf die an sich gebotene Versteuerung, wenn das nämliche Vermögen, im Streitfall also die stille Reserven enthaltende Beteiligung der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft, beim Erwerber des Vermögens dem Besteuerungszugriff unterliegt. Letzteres trifft aber --wie erläutert-- auf die Anteile an der Tochtergesellschaft nicht zu und kann --unter Beachtung des [X.] auch nicht durch den Hinweis auf deren Eigenvermögen i.S. eines [X.]ns ersetzt werden.

c) Auch die systematische Auslegung streitet nicht für das vom [X.] vertretene Normverständnis.

aa) Entgegen dessen Auffassung stellt § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2006 keine abschließende Spezialregelung für den Ansatz des Wirtschaftsguts "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" in der steuerlichen Schlussbilanz der Muttergesellschaft bei einer [X.] dar. Es handelt sich, wie ihre systematische Stellung innerhalb der aus insgesamt drei Sätzen bestehenden [X.]vorschrift (§ 11 Abs. 2 [X.] 2006) zeigt, um eine ergänzende Vorschrift. Satz 2 regelt [X.] auch insoweit ist vom Gesetzeswortlaut auszugehen-- lediglich den sog. [X.], der z.B. aus der gesetzlich angeordneten Rückgängigmachung früherer [X.] vorgenommener Teilwertabschreibungen auf die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" resultiert. Wiederum ergänzend und abschließend ordnet § 11 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2006 sodann mit dem Verweis auf § 8b Abs. 2 Satz 4 und 5 [X.] an, dass dieser Gewinn von der allgemeinen Steuerbefreiung gemäß § 8b Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht erfasst wird, und damit steuerpflichtig ist (vgl. [X.]/[X.], § 11 [X.] 2006 Rz 75; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 11 Rz 167 und 178).

bb) Entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußerten Meinung läuft § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2006 in der Deutung des [X.]s auch nicht leer. Vielmehr kann dann, wenn die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" dem [X.] Besteuerungszugriff unterliegt, der Buchwertsatz neben den Ausweis eines [X.]s treten.

4. Das Diskriminierungsverbot aus Art. 24 Abs. 4 [X.]-[X.] 1989, die Fusionsrichtlinie und das Unionsrecht stehen der streitgegenständlichen Steuerfestsetzung nicht entgegen.

a) Nach Art. 24 Abs. 4 [X.]-[X.] 1989 dürfen Unternehmen eines Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle unterliegt, im erstgenannten Staat keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen andere ähnliche Unternehmen des erstgenannten Staates unterworfen sind oder unterworfen werden können.

aa) Das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot setzt zum einen voraus, dass die andere oder benachteiligende Besteuerung tatbestandlich an die Beteiligung [X.] [X.]er anknüpft (vgl. [X.]surteil vom 9. Februar 2011 I R 54, 55/10, [X.], 476, [X.], 106, zum Merkmal der Inlandsansässigkeit eines Organträgers; Rust in [X.]/ [X.], [X.], 6. Aufl., Art. 24 Rz 165; [X.] in [X.]/ [X.], a.a.[X.], Art. 24 Rz 165). Zum anderen sind Diskriminierungen nur zu unterlassen, wenn ein ähnliches Unternehmen vorliegt.

bb) Ob die Anwendung des Diskriminierungsverbots bereits an der geforderten tatbestandlichen Anknüpfung scheitert, weil weder die Regelungen zum [X.] in § 8b Abs. 2 Satz 3 [X.] noch die Bewertungsvorschriften des § 11 [X.] 2006 im Tatbestand auf die Auslandsansässigkeit der Anteilseigner der aufgelösten Muttergesellschaft abstellen und vom [X.] ausschließlich solche direkten und nicht auch mittelbare Diskriminierungen erfasst werden (vgl. [X.]surteil vom 8. September 2010 I R 6/09, [X.], 75, [X.], 186, zu mittelbaren Diskriminierungen), kann dahinstehen. Denn jedenfalls wäre ein von ausländischen [X.]ern [X.] Unternehmen nur dann gleich zu behandeln, wenn es einem Unternehmen, das keiner Kontrolle von in dem anderen Staat ansässigen Personen unterliegt, ähnlich wäre. Das "ähnliche Unternehmen" zeichnet sich im vorliegenden Zusammenhang aber dadurch aus, dass sein Betriebsvermögen (einschließlich der stillen Reserven) im Inland steuerverstrickt ist und die stillen Reserven nach einer Verschmelzung mit einer anderen Körperschaft verstrickt bleiben (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2006). Somit könnte eine von ausländischen Anteilseignern beherrschte [X.] auch nur dann den Schutz des Art. 24 Abs. 4 [X.]-[X.] 1989 einfordern, wenn --wie bei dem ähnlichen Unternehmen-- auch nach einer Verschmelzung die inländische Steuerverstrickung der stillen Reserven gewahrt bliebe. Hieran fehlt es im Streitfall.

b) Auch die Fusionsrichtlinie (Richtlinie 2009/133/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die [X.]en verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer [X.] oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat --[X.]--, [X.] 2009, Nr. L 310, 34) vermittelt im Streitfall der Klägerin keine Schutzwirkung.

Zwar dürfen nach Art. 4 [X.] Fusion, Spaltung oder Abspaltung keine Besteuerung des Gewinns auslösen, der sich aus dem Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens und dessen steuerlichem Wert ergibt. Allerdings ist die Fusion i.S. der Richtlinie nach Art. 2 als der Vorgang definiert, durch den eine oder mehrere [X.]en zum Zeitpunkt ihrer Auflösung ohne Abwicklung ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen auf eine bereits bestehende [X.] gegen Gewährung von Anteilen am [X.]skapital der anderen [X.] an ihre eigenen [X.]er und gegebenenfalls einer baren Zuzahlung übertragen.

Danach wird nach dem Wortlaut der beiden Bestimmungen von dem Begriff des übertragenen [X.] die Beteiligung der übertragenden (Mutter-)[X.] an der übernehmenden (Tochter-)[X.] nicht erfasst, weil diese Beteiligung nicht an die an der Fusion beteiligte andere (Tochter-)[X.] übergeht, sondern an die [X.]er der übertragenden (Mutter-)[X.].

c) Es kann dahinstehen, ob im Streitfall der Schutzbereich der Kapitalverkehrs- oder der Niederlassungsfreiheit eröffnet ist. Offen kann auch bleiben, ob § 11 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2006 zu einem Bereich gehört, der auf Unionsebene --hier in Gestalt der Fusionsrichtlinie-- abschließend harmonisiert wurde und in Folge dessen nicht anhand der Bestimmungen des Primärrechts zu beurteilen wäre (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofs der [X.] --[X.]-- [X.] vom 20. Dezember 2017 [X.]/16 und [X.]/16, [X.]:C:2017:1009, [X.], 319). Der [X.] sieht einen etwaigen Grundfreiheitsverstoß jedenfalls als gerechtfertigt an.

aa) Der [X.] hat in seiner jüngeren Rechtsprechung zu nationalen Entstrickungsregelungen geklärt, dass Eingriffe in die Niederlassungsfreiheit oder die Kapitalverkehrsfreiheit durch den Gesichtspunkt der Wahrung der Aufteilung der [X.] gerechtfertigt sein können. Danach hat ein Mitgliedstaat grundsätzlich das Recht, die in seinem Hoheitsgebiet entstandenen und noch nicht realisierten stillen Reserven zu besteuern, wenn er im Zeitpunkt der tatsächlichen Realisierung auf die Reserven nicht mehr zugreifen kann ([X.]-Urteile National Grid Indus vom 29. November 2011 [X.]/10, [X.]:C:2011:785, Slg. 2011, [X.]; [X.] vom 23. Januar 2014 [X.]/12, [X.]:[X.], [X.], 193; [X.] vom 21. Mai 2015 [X.]/13, [X.]:C:2015:132, [X.] 2015, 600). Diese --teilweise zu [X.] ergangene-- Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Streitfall übertragen werden. Wegen des Direkterwerbs der "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" durch den (bisherigen) Anteilseigner der Muttergesellschaft hat [X.] im Zeitpunkt einer tatsächlichen Realisierung der in der Beteiligung ruhenden Reserven wegen Art. 13 Abs. 5 [X.]-[X.] 1989 keine Möglichkeit mehr, diese zu besteuern. Um dies zu verhindern, statuiert der Gesetzgeber mit § 11 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2006 besondere Anforderungen für den [X.].

bb) Der Eingriff ist auch verhältnismäßig. Diesbezüglich ist zweierlei zu beachten.

Zum einen liegt im Streitfall ein von der Corporation selbst herbeigeführter Realisationsakt vor (vgl. allgemein [X.] in [X.]/[X.], Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz 17.49). Zum anderen wurden im Streitfall die stillen Reserven nicht besteuert. Vielmehr wird der ([X.] durch § 8b [X.] vollständig von der Steuer befreit, da es sich nach der [X.]srechtsprechung bei der sog. 5 %-igen Schachtelstrafe (§ 8b Abs. 3 Satz 1 [X.]) in rechtlicher Hinsicht nicht um eine partielle Rücknahme der Steuerbefreiung auf 95 %, sondern um die Fiktion nicht abziehbarer Betriebsausgaben handelt ([X.]surteil vom 31. Mai 2017 I R 37/15, [X.], 484, BStBl II 2018, 144). Selbst wenn man § 8b [X.] bei einem rein wirtschaftlichen Verständnis der Norm als eine Teil-Steuerbefreiung begreifen wollte, wäre jedenfalls die dadurch ausgelöste Steuerbelastung nicht nur äußerst gering (15 % von 5 % des [X.]s), sondern würde zudem die Belastung im Entstrickungsfall deutlich unterschreiten (vgl. z.B. § 4g EStG; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 4g Rz 10).

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

I R 31/16

30.05.2018

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 22. April 2016, Az: 6 K 1947/14 K,G, Urteil

§ 8b Abs 2 S 3 KStG 2002, § 11 Abs 1 UmwStG 2006, § 11 Abs 2 UmwStG 2006, Art 24 Abs 4 DBA USA 1989, KStG VZ 2009, Art 2 EGRL 133/2009, Art 4 EGRL 133/2009, Art 43 EG, Art 56 EG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.05.2018, Az. I R 31/16 (REWIS RS 2018, 8457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8457

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