Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2014, Az. 2 StR 104/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3840

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 104/14
vom
23. Juli 2014
in der Strafsache
gegen

wegen schweren Raubs u.a.
-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 23. Juli 2014
beschlossen:
Die Sache wird zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat des [X.] abgegeben.

Gründe:
Das [X.] hat
den
Angeklagten wegen Unterschlagung in drei Fäl-len
sowie wegen schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf [X.] und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richten sich die zuungunsten des
Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft sowie
die Revision des Angeklagten. Aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft ist auch die An-nahme des [X.]s zur Nachprüfung gestellt, dass kein Fall des §
316a StGB vorliege; hierfür ist der Senat nicht zuständig.
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s überfielen der Angeklagte sowie die
gesondert Verfolgten
Z.

, [X.]

, M.

Mi.

und [X.]

M.

am 18.
Dezember 2011 den Nebenkläger, der einen Lastkraftwagen
der Firma C.

auf einer Transportfahrt führte.
Der Angeklagte sowie die gesondert verfolgten [X.]

und [X.]

M.

folgten
in einem PKW dem
vom Nebenkläger geführten Lastkraftwagen
nach dessen Beladung
am Flughafen Frankfurt
am Main
auf die Bundesautob-ahn A
3.
Die Täter fuhren kurz vor dem Rastplatz auf der mittleren Fahrspur der Autobahn neben den LKW. [X.]

, der den PKW führte,
gab [X.]; der Angeklagte
gab vom Beifahrersitz aus dem Nebenkläger, der den LKW führte, 1
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-
bei geöffnetem Fenster per Handzeichen zu verstehen, er solle rechts heraus-fahren.
Der Nebenkläger nahm

wie von den Angeklagten beabsichtigt

an, dass es sich um eine Polizeistreife in Zivil handele und eine Fahrzeugkontrolle durchgeführt werden solle.
Er lenkte daher den LKW auf den Rastplatz, hielt an und stellte den Motor ab.
Der Angeklagte und die gesondert verfolgten [X.]

und [X.]

M.

hielten ebenfalls an. Der Angeklagte
ging auf die Fahrertür des LKW zu und rief:
Nebenklä-ger
nach den Fahrzeugpapieren und [X.] griff, streifte sich der An-geklagte
eine Unterziehhaube über das Gesicht, öffnete die Fahrertür des Last-kraftwagens
und bedrohte den Nebenkläger
mit einer Pistole. Er zwang ihn, sich auf das Bett in der Kabine hinter dem Fahrersitz zu legen, wo er ihn fessel-te. Dann fuhr er mit dem Lastkraftwagen
zu einem für das
Umladen der Beute vorgesehenen
Platz. Dort warteten
die gesondert verfolgten
M.

Mi.

und Z.

mit einem angemieteten Fahrzeug, auf das
die Täter Waren
im Wert von rund 450.000
Euro umluden.
II.
Das [X.] hat eine Strafbarkeit
des Angeklagten wegen
räuberi-schen
Angriffs
auf Kraftfahrer (§
316a Abs.
1 StGB) nicht erwogen. Im ebenfalls beim Senat anhängigen Verfahren gegen die gesondert verfolgten Z.

,
[X.]

und M.

Mi.

(2 StR 105/14) hat es eine Strafbarkeit der Angeklagten ge-mäß § 316a Abs. 1 StGB verneint,
da sie nicht, wie es hierfür erforderlich wäre, die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs
zum Angriff auf den Führer eines Kraftfahrzeugs
ausgenutzt hätten.
Das Herauswinken des fahrenden Lastkraftwagens sei noch kein räuberischer Angriff gewesen; die Bedrohung mit der Waffe sei dagegen erst erfolgt, als der Nebenkläger den Lastkraftwagen angehalten und den Motor abgestellt habe; zu diesem Zeitpunkt sei er daher

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-
4
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Die Revision der Staatsanwaltschaft zwingt zur revisionsrechtlichen Nachprüfung dieser rechtlichen Bewertung. Dafür ist nicht der 2. Strafsenat, sondern der 4.
Strafsenat des [X.] zuständig.
1.
Eine Verweisung käme nicht in Betracht, wenn die Annahme, es sei ein räuberischer Angriff auf Kraftfahrer gegeben, von vornherein fern läge. Dies ist
aber nicht der Fall; vielmehr erscheint es nach vorläufiger Prüfung des Se-nats nahe liegend, dass der Tatbestand des § 316a StGB erfüllt ist.

h-6a Abs. 1 StGB war, kommt es [X.] des Senats war der Beginn des Angriffs nicht erst in dem Moment gege-ben, als der Angeklagte
den Nebenkläger auf dem Rastplatz bedrohte. [X.] begann der Angriff bereits mit dem Herauswinken auf der [X.], also zu einem Zeitpunkt, als der Nebenkläger den LKW führte.
Nach der (neuen) Rechtsprechung des [X.] und herr-

aus, wenn auf den Führer eines Kraftfahrzeugs mit List eingewirkt wird, um ihn in eine Situati-on zu bringen, in der ein Raub durchgeführt werden soll. Dies ist etwa der Fall, wenn ein vermeintlicher Fahrgast gegenüber einem Taxifahrer ein falsches Fahrziel angibt; ebenso bei Vortäuschen eines Unfalls oder einer sonstigen Not-lage, um einen Kraftfahrzeugführer zum Anhalten zu bewegen.
Hiervon abzugrenzen sind Handlungen, welche auf den Führer eines Kfz eine objektiv nötigungsgleiche Wirkung haben
(vgl. dazu im [X.], StGB,
61. Aufl.,
§ 316a Rn. 6; [X.]/Kühl, StGB 28. Aufl. §
316a Rn.
2; Sternberg-Lieben/[X.] in [X.]/[X.], StGB 29. Aufl., §
316a Rn.
5; jew. mit weiteren Nachweisen). Es kommt hierfür nicht darauf an, ob diese Wir-5
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kung vorgetäuscht ist oder ob der objektiv Genötigte von einer Rechtswidrigkeit der Einwirkung ausgeht.
Fälle einer vorgetäuschten Polizeikontrolle unterscheiden sich daher substanziell von bloßen Vortäuschungen allgemein motivierender Umstände (vorgetäuschte Panne; Anhalter); sie entsprechen vielmehr Fällen der [X.]. Denn dem Kraftfahrzeugführer ist bei der Einwirkung durch [X.] durch Polizeibeamte kein Ermessen eingeräumt; er ist vielmehr bei [X.] von Geldbuße (§ 36 Abs. 1 i.V.m. §
49
Abs. 3 Nr. 1 StVO) verpflichtet, Haltezeichen Folge zu leisten, und befindet sich daher objektiv in einer (irrtüm-lich als gerechtfertigt angesehenen) [X.].
Auf die Entschlussfreiheit eines Kraftfahrzeugführers wird
daher bereits
dann
eingewirkt, wenn vom Täter eines geplanten Raubs eine Polizeikontrolle vorgetäuscht wird und sich der Geschädigte dadurch zum Anhalten gezwungen sieht
(vgl.
auch [X.],
[X.], 128, 130; [X.] in [X.], StGB, 2.
Aufl., §
316a Rn.
11; [X.],
[X.], 545, 550; LK-Sowada, StGB,
12.
Aufl., § 316a Rn. 11).
2.
Kommt demnach die Anwendung des §
316a StGB ernstlich in [X.], so ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des [X.] für das Geschäftsjahr 2014 ([X.]
16) für diese Prüfung ausschließlich der 4.
Strafsenat zuständig, auch wenn der Tatbestand mit anderen Straftaten zu-sammentrifft.
Der Senat hat die Sache daher an den 4. Strafsenat
abzugeben. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass eine Revisionshauptverhandlung
durchge-führt wurde. Aus Ziffer VI. 1. b der Schlussbestimmungen zum [X.], die

anders als Ziffer VI. 1.
a

für Strafsachen gilt, ergibt sich, dass eine Spezialzuständigkeit eines Senats nicht durch Verfahrensbeschränkungen aufgehoben werden kann, unabhängig davon, ob eine solche außerhalb oder 10
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innerhalb einer Hauptverhandlung erfolgt. Dem liegt ersichtlich der Gedanke zugrunde, dass [X.] unabhängig von solchen Verfahrenszu-fälligkeiten zu bestimmen ist. Soweit Ziffer VI. 1. a der Schlussbestimmungen d-gemeint. Aus der Regelung eines Verfahrens für die Abgabe vor
der mündli-chen Verhandlung folgt überdies nicht, dass eine solche in oder nach [X.] Verhandlung nicht möglich wäre. Schließlich ist die Verweisung der ge-zwischen den Sachgebieten der Zivilsenate zugeschnitten, weil
sich
dort relativ häufig Überschneidungen von Rechtsgebieten ergeben. Für die Bestimmung des gesetzlichen Richters in Strafsachen kann es auf eine nicht näher bestimm-

Fischer

[X.]Krehl

Eschelbach [X.]

Meta

2 StR 104/14

23.07.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2014, Az. 2 StR 104/14 (REWIS RS 2014, 3840)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3840

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2 StR 104/14

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