Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.02.2010, Az. 3 StR 8/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 9645

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Gegenstand

Strafaussetzung zur Bewährung: Rechtsfehlerhafte Verneinung besonderer Umstände


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. August 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es nicht zur Bewährung ausgesetzt hat. Weiter hat es den Verfall von 1.600 Euro angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg.

2

1. Keinen Bestand hat das Urteil, soweit das [X.] dem Angeklagten die Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung versagt hat.

3

a) Das [X.] gelangt zu einer ungünstigen Sozialprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) mit der Begründung, der Angeklagte konsumiere seit Anfang 2002 Marihuana und zeige keine Einsicht in sein "Drogenproblem"; es bestehe deshalb die Gefahr, dass er erneut zu Drogen greifen und sich so strafbar machen werde. Dabei stützt sich das [X.] auf die Aussage der früheren Mitangeklagten, der Angeklagte sei im [X.] 2007 in ihre Wohnung eingezogen und habe in der Folge täglich Marihuana geraucht, sowie auf eine im [X.] bereits getilgte Verurteilung des Angeklagten vom 21. August 2003 wegen wiederholten Erwerbs von Cannabis im Zeitraum von Anfang 2002 bis Januar 2003, die es "nur zur Klärung des Umfangs seines Drogenkonsums" verwertet hat.

4

Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, denn das [X.] hat dadurch, dass es seine Feststellungen zum Drogenkonsum des Angeklagten auch auf die im [X.] getilgte Verurteilung vom 21. August 2003 gestützt hat, gegen das gesetzliche Verwertungsverbot gemäß § 51 Abs. 1, § 63 Abs. 4 BZRG verstoßen. Nach diesen Vorschriften dürfen aus der Tat, die Gegenstand einer getilgten Verurteilung ist, keine nachteiligen Schlüsse auf die Persönlichkeit des Angeklagten gezogen werden; dies gilt, anders als das [X.] meint, auch für die gemäß § 56 Abs. 1 StGB zu treffende Prognoseentscheidung (vgl. [X.], [X.]. vom 15. November 1989 - 3 StR 303/89; [X.] NJW 1990, 2264).

5

Hierauf beruht das Urteil, denn es ist nicht auszuschließen, dass das [X.] zu einer dem Angeklagten günstigeren Prognose gelangt wäre, wenn es dauerhaften Cannabiskonsum erst ab [X.] 2007 für erwiesen erachtet hätte, zumal der Angeklagte nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft am 24. September 2008 erstmals eine feste Anstellung fand.

6

b) Dass das [X.] daneben auch besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB verneint hat, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn es hat sich dabei rechtsfehlerhaft von der Erwägung leiten lassen, es fehle an einem "von Einsicht und Reue getragenen Geständnis". Darauf, dass der Angeklagte die Tat bestritten hat, darf die Verneinung besonderer Umstände nicht gestützt werden ([X.], [X.]. vom 7. Februar 2007 - 2 StR 17/07 - Rdn. 3; [X.], StGB 57. Aufl. § 56 Rdn. 20).

7

2. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Becker           Sost-Scheible      Hubert
Ri[X.] Dr. Schäfer befindet
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.
Mayer     

Becker

Meta

3 StR 8/10

04.02.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wuppertal, 12. August 2009, Az: 10 Js 1969/08 - 26 KLs 29/09, Urteil

§ 56 Abs 2 S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.02.2010, Az. 3 StR 8/10 (REWIS RS 2010, 9645)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9645

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Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 309/12

3 StR 309/12

3 StR 8/10

3 RVs 58/18

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