Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2022, Az. StB 38/22

3. Strafsenat | REWIS RS 2022, 9241

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Gegenstand

Strafverfahren: Auslegung einer Eingabe als Rechtsmittel gegen eine Beschlagnahmeanordnung


Tenor

Es wird festgestellt, dass die undatierte Eingabe des Angeschuldigten, die am 8. August 2022 beim [X.] eingegangen ist, keine Beschwerde gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des [X.]s über die Beschlagnahme des Kraftfahrzeugs des Angeschuldigten vom 1. August 2022 beinhaltet.

Gründe

1

1. Der [X.] führte gegen den Angeschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des versuchten Mordes und weiterer Straftaten. Am 1. August 2022 ordnete der Ermittlungsrichter des [X.] die Beschlagnahme des vom Angeschuldigten mutmaßlich für die Tat verwendeten Kraftfahrzeugs zur Sicherung dessen Einziehung an.

2

Mit undatiertem, am 8. August 2022 beim [X.] eingegangenem Begleitschreiben, das die Überschrift "[X.] Worte Nr. 2" trägt, hat der Angeschuldigte die ihm übermittelte Abschrift des [X.] zurückgesandt. Mit Zuschrift vom selben Tag hat der Ermittlungsrichter des [X.] den Brief des Angeschuldigten vorgelegt und erklärt, er helfe der Beschwerde gegen den Beschluss, als die das Schreiben habe ausgelegt werden können, nicht ab.

3

Am 17. August 2022 hat der [X.] Anklage gegen den Angeschuldigten zum Oberlandesgericht Stuttgart erhoben.

4

2. Die undatierte Eingabe des Angeschuldigten beinhaltet keine Beschwerde gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des [X.] über die Beschlagnahme seines Kraftfahrzeugs. Sie ist keiner Auslegung in diesem Sinne zugänglich.

5

a) Zwar ist gegen die Anordnung der Beschlagnahme durch den Ermittlungsrichter des [X.] das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft (§ 304 Abs. 5 [X.]). Auch ist es nach § 300 [X.] unschädlich, wenn der Rechtsmittelführer die Anfechtungserklärung, mit der er gegen einen Beschlagnahmebeschluss vorgeht, nicht als Beschwerde bezeichnet.

6

Die Anwendung der Vorschrift des § 300 [X.] setzt jedoch voraus, dass tatsächlich die Überprüfung einer bestimmten gerichtlichen Entscheidung mit dem Ziel ihrer Aufhebung oder Änderung begehrt wird und dieser Anfechtungswille aus der abgegebenen Erklärung unmissverständlich hervorgeht. Der Wille des Erklärenden, gegen eine bestimmte Entscheidung ein zulässiges Rechtsmittel einzulegen, muss deutlich zu erkennen sein. Bei bloßen Unmutsäußerungen ist dies nicht der Fall. Ebenso wenig liegt eine Anfechtungserklärung allein in der Mitteilung, mit einer Entscheidung unzufrieden zu sein. Gerade dem [X.] darf ein - gegebenenfalls für ihn kostenpflichtiges (§ 473 Abs. 1 [X.]) - Rechtsmittel nicht auf unsicherer Tatsachengrundlage aufgedrängt werden (vgl. zum Ganzen [X.]/[X.]/[X.], 6. Aufl., § 300 Rn. 2; KK-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 300 Rn. 2; LR/[X.], [X.], 26. Aufl., § 300 Rn. 4, jeweils mwN).

7

b) Hier kommt in dem Begleitschreiben des Angeschuldigten nicht dessen Anfechtungswille zum Ausdruck. Vielmehr scheint es sich in Zitaten aus einer religiösen Schrift mit allgemein mahnendem Charakter zu erschöpfen. Der Wille des Angeschuldigten, gegen den die Beschlagnahme des Kraftfahrzeugs anordnenden Beschluss ein zulässiges Rechtsmittel einzulegen, geht auch nicht daraus hervor, dass er die ihm übermittelte Abschrift zurückgesandt hat. Dafür, dass er hiermit die Überprüfung der Entscheidung durch [X.] und/oder in einer weiteren Instanz begehrt, besteht kein Anhalt. Das gilt umso mehr, als nach dem Ermittlungsergebnis der dringende Verdacht besteht, dass der Angeschuldigte generell die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch die Organe der [X.] sowie deren Länder nicht anerkennt und die Legitimität staatlichen Handelns in Abrede stellt (s. Senatsbeschluss vom 6. September 2022 - AK 27/22, juris Rn. 7).

8

c) Nach alledem kommt es nicht darauf an, wie prozessual zu verfahren wäre, wenn der Angeschuldigte gegen den Beschlagnahmebeschluss eine Beschwerde (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 15. September 1977 - StB 196/77 u.a., [X.]St 27, 253; vom 12. November 2020 - StB 34/20, [X.]R [X.] § 142 Abs. 3 Zuständigkeit 1 Rn. 4 mwN) oder einen anderen Rechtsbehelf eingelegt hätte.

[X.]

Meta

StB 38/22

20.09.2022

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

§ 300 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2022, Az. StB 38/22 (REWIS RS 2022, 9241)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9241

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