Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.02.2015, Az. 7 AZR 113/13

7. Senat | REWIS RS 2015, 15669

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Gegenstand

Befristung - Sachgrund der Vertretung - gedankliche Zuordnung


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Dezember 2012 - 9 [X.] 719/12 - aufgehoben.

Die [X.]che wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.

2

[X.]ie Klägerin war bei der Beklagten seit dem 24. Februar 2009 auf der Grundlage von insgesamt fünf befristeten Arbeitsverträgen als Fachassistentin in der [X.] in [X.] beschäftigt. [X.]ort wurde sie im [X.] (Team 231) eingesetzt, das aus dem [X.] [X.]) und dem [X.]/Ausbildungsgeld/Übergangsgeld ([X.]) gebildet wurde. Beiden Teilsachgebieten stand jeweils ein Sachbearbeiter vor. Umgerechnet auf Vollzeitstellen setzte sich das Team 231 aus 5,5 Fachassistenten und drei Teamassistenten zusammen. [X.]er Klägerin waren durchgehend Aufgaben im Teilsachgebiet [X.] übertragen.

3

[X.]as Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der [X.] ([X.]) und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen. [X.]ie Klägerin war in [X.] des [X.] eingruppiert. § 33 [X.] lautet in Abs. 1 Satz 1 wie folgt:

        

„Befristete Arbeitsverträge sind nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ([X.]) sowie anderer gesetzlicher Vorschriften über die Befristung von Arbeitsverträgen zulässig.“

4

[X.]er Beschäftigung lag zunächst der bis zum 31. [X.]ezember 2009 befristete Arbeitsvertrag vom 18. Februar 2009 zugrunde. Am 27. November 2009 schlossen die Parteien eine „Änderungsvereinbarung“, nach der die Klägerin als Vollzeitbeschäftigte bis zum 30. Juni 2010 weiterbeschäftigt wurde. Eine weitere „Änderungsvereinbarung“ vom 10. Februar 2010 sah eine Weiterbeschäftigung bis zum 31. [X.]ezember 2010 vor. Am 21. [X.]ezember 2010 verständigten sich die Parteien auf einen neuen Arbeitsvertrag, dessen § 1 folgende Regelung enthält:

        

„Frau Sch wird ab 01.01.2011 als Vollzeitbeschäftigte eingestellt. [X.]as Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum Erreichen folgenden Zwecks:

        

‚Vertretung für die [X.]auer der Erkrankung der [X.]‘, längstens bis zum [X.]“

5

Am 21. Juni 2011 schlossen die Parteien eine Änderungsvereinbarung, wonach die Klägerin

        

„als Vollzeitbeschäftigte zwecks Vertretung für die [X.]auer der Arbeitsunfähigkeit der [X.], längstens bis zum 31.12.2011 weiterbeschäftigt“

wurde.

6

Bei der vertretenen [X.] handelt es sich um eine unbefristet angestellte, in [X.] [X.] eingruppierte Fachassistentin im Team 231, die im Teilsachgebiet [X.] Aufgaben der Berufsausbildungsbeihilfe wahrnahm. Sie war seit dem 28. Juni 2010 arbeitsunfähig erkrankt.

7

Mit ihrer am 12. Januar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Befristungskontrollklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Befristung zum 31. [X.]ezember 2011 sei unwirksam. [X.]er Sachgrund der Vertretung liege nicht vor. [X.]ie von der Beklagten über die Rückkehr von [X.] getroffene Prognose sei unzutreffend. Bereits vor dem Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrages habe [X.] gegenüber der Kollegin [X.] erklärt, dass sie nicht wieder auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde. [X.]ies sei der Beklagten bekannt gewesen. Auch die weiteren Voraussetzungen einer Vertretungsbefristung seien nicht erfüllt. Sie habe [X.] nicht unmittelbar vertreten, weil sie deren Aufgaben in dem Teilsachgebiet [X.] zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen habe. Auch eine mittelbare Vertretung liege nicht vor. [X.]ie [X.]arstellung der Beklagten, bei Abschluss des letzten Vertrages sei vorgesehen gewesen, dass sie die Aufgaben von Frau [X.] erfülle, damit diese die Arbeiten von [X.] übernehmen könne, treffe nicht zu. Auf eine sog. gedankliche Zuordnung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie nach ihren eigenen Angaben eine mittelbare Vertretung habe durchführen wollen. Eine Vertretungsbefristung in Form der gedanklichen Zuordnung komme nur in Betracht, wenn infolge des [X.] keine tatsächliche Neuverteilung der Arbeit vorgenommen werde. Auch hätten ihre Aufgaben von [X.] nicht wahrgenommen werden können. Jedenfalls liege eine missbräuchliche Kettenbefristung vor.

8

[X.]ie Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der [X.] vom 21. Juni 2011 zum 31. [X.]ezember 2011 beendet worden ist,

        

2.    

im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 31. [X.]ezember 2011 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollzeitbeschäftigte Angestellte der Tätigkeitsebene V des [X.] weiterzubeschäftigen.

9

[X.]ie Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund der vereinbarten Befristung zum 31. [X.]ezember 2011 beendet worden. [X.]ie Voraussetzungen des [X.] der Vertretung seien erfüllt, gleich ob in Form der unmittelbaren Vertretung oder als mittelbare Vertretung oder jedenfalls durch eine gedankliche Zuordnung. [X.]ie Klägerin sei als Vertreterin der erkrankten [X.] beschäftigt worden. [X.]as aus zwei Sachgebieten bestehende Team 231 sei kein starres Gebilde. Auch wenn die Mitarbeiter als Fachassistenten für ein Sachgebiet spezialisiert seien, finde bei Bedarf ein personeller Austausch statt, der durch die Teamleitung gesteuert werde. [X.]ass die Klägerin nicht direkt die Aufgaben von [X.] übernommen, sondern [X.]-Anträge bearbeitet habe, sei deshalb unbeachtlich. [X.]ie von [X.] wahrgenommenen Aufgaben seien der Fachassistentin [X.] übertragen worden, die vormals im Teilsachgebiet [X.] tätig gewesen sei, und deren Tätigkeiten hätten trotz eines dort rückläufigen Arbeitsvolumens von der Klägerin ausgeführt werden können. Jedenfalls lägen damit die Voraussetzungen der im Arbeitsvertrag dokumentierten sog. gedanklichen Zuordnung vor, da die Möglichkeit bestanden hätte, [X.] die Aufgaben der Klägerin im Wege des [X.]irektionsrechts zu übertragen. Auch sei die Rückkehrprognose zutreffend erstellt worden. Regelmäßig könne der Arbeitgeber davon ausgehen, dass eine erkrankte Stammkraft nach dem Ende der Erkrankung an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde.

[X.]as Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] nach den [X.] erkannt. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. [X.]ie Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.]. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hätte der Klage nicht stattgegeben werden dürfen. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Tatsachenfeststellungen kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung zum 31. Dezember 2011 durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] gerechtfertigt ist. Der Rechtsstreit ist auch nicht aus anderen Gründen zur Entscheidung reif.

I. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob die Befristungskontrollklage begründet ist.

1. Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass Gegenstand der Klage ausschließlich die zuletzt am 21. Juni 2011 getroffene [X.] ist. Diese Befristung erweist sich nicht bereits nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 [X.]albs. 1 KSchG als wirksam. Die Klägerin hat mit der beim Arbeitsgericht am 12. Januar 2012 eingegangenen und der [X.] am 18. Januar 2012 zugestellten Klage die Rechtsunwirksamkeit der Befristung innerhalb der Frist des § 17 Satz 1 [X.] geltend gemacht.

2. Das [X.] hätte mit der von ihm gegebenen Begründung die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht abändern und der Klage stattgeben dürfen. Das [X.] hat die Rechtfertigung der Befristung durch den Sachgrund der Vertretung aus Gründen verneint, die einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 [X.] liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Grund für die Befristung liegt in [X.] darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis (st. Rspr., vgl. etwa [X.] 16. Januar 2013 - 7 [X.] - Rn. 13, [X.]E 144, 193).

aa) Teil des [X.] ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des [X.] nach Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Entsteht der Vertretungsbedarf für den Arbeitgeber „fremdbestimmt“, weil der Ausfall der Stammkraft - zB durch Krankheit, Urlaub oder Freistellung - nicht in erster Linie auf seiner Entscheidung beruht, kann der Arbeitgeber nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s regelmäßig damit rechnen, dass der Vertretene seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird. Die Stammkraft hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, nach Wegfall des [X.] die vertraglich vereinbarte Tätigkeit wieder aufzunehmen. Der Arbeitgeber muss daher davon ausgehen, dass der Vertretene diesen Anspruch nach Beendigung der Krankheit, Beurlaubung oder Freistellung geltend machen wird. [X.]ier sind besondere Ausführungen dazu, dass mit der Rückkehr des Vertretenen zu rechnen ist, regelmäßig nicht veranlasst. Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass der zu vertretende Arbeitnehmer überhaupt wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein. Dies setzt in der Regel voraus, dass der zu vertretende Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit dem Vertreter verbindlich erklärt hat, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen (vgl. [X.] 25. März 2009 - 7 [X.] - Rn. 12 mwN; 16. Januar 2013 - 7 [X.] - Rn. 21, [X.]E 144, 193).

bb) [X.] der Vertretung setzt des Weiteren einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft voraus. Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass zwischen dem zeitweiligen Ausfall der Stammkraft und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Es muss sichergestellt sein, dass die Vertretungskraft gerade wegen des durch den zeitweiligen Ausfall des zu vertretenden Mitarbeiters entstandenen vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs eingestellt worden ist (vgl. [X.] 10. März 2004 - 7 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 110, 38; 6. November 2013 - 7 [X.]/12 - Rn. 21). Es ist deshalb aufgrund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung ([X.] 10. Oktober 2012 - 7 [X.] - Rn. 16; 6. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 20 mwN, [X.]E 136, 17; 6. November 2013 - 7 [X.]/12 - Rn. 21). Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s liegt die erforderliche Vertretungskausalität vor, wenn die Voraussetzungen einer der drei alternativen Fallgruppen erfüllt sind:

(1) Der Vertretungszusammenhang ist gegeben, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt (unmittelbare Vertretung).

(2) Der Vertretungszusammenhang kann auch gegeben sein, wenn der Vertreter nicht unmittelbar die Aufgaben des vertretenen Mitarbeiters übernimmt. Denn die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Der Arbeitgeber kann bei einem vorübergehenden Ausfall eines Stammarbeitnehmers darüber bestimmen, ob er den Arbeitsausfall überhaupt überbrücken will, ob er im Wege der Umverteilung die von dem zeitweilig verhinderten Arbeitnehmer zu erledigenden Arbeitsaufgaben anderen Mitarbeitern zuweist oder ob er dessen Aufgaben ganz oder teilweise von einer Vertretungskraft erledigen lässt. Der zeitweilige Ausfall eines Mitarbeiters und die dadurch bedingte Einstellung einer Ersatzkraft können auch eine Umorganisation erfordern, die dazu führt, dass ein völlig neuer Arbeitsplan erstellt wird, indem die Aufgaben des zeitweilig ausgefallenen Mitarbeiters einem dritten Mitarbeiter übertragen werden, dieser für andere Aufgaben nicht mehr zur Verfügung steht und für diese anderen Aufgaben eine Vertretungskraft eingestellt wird ([X.] 25. August 2004 - 7 [X.] - zu [X.]). Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Mitarbeiters nicht von dem Vertreter, sondern von einem anderen Arbeitnehmer oder von mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Nimmt der Arbeitgeber den Ausfall eines Mitarbeiters zum Anlass, die Aufgaben in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle neu zu verteilen, so muss er zunächst die bisher dem vertretenen Mitarbeiter übertragenen Aufgaben darstellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere andere Mitarbeiter zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben (vgl. etwa [X.] 6. Oktober 2010 - 7 [X.]  - Rn. 22 mwN, [X.]E 136, 17 ).

(3) Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Vertretungszusammenhang nicht nur, wenn eine mittelbare Vertretung erfolgt, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen. Nur dann ist gewährleistet, dass die Einstellung des Vertreters auf der Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers beruht (vgl. [X.] 15. Februar 2006 - 7 [X.] - Rn. 15 ff., [X.]E 117, 104; 25. März 2009 - 7 [X.] - Rn. 15; 14. April 2010 - 7 [X.] - Rn. 16; 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 17, [X.]E 142, 308).

Entgegen der Auffassung des [X.]s kommt eine Kausalität zwischen der vorübergehenden Abwesenheit der Stammkraft und der Einstellung einer Vertretungskraft aufgrund einer sog. gedanklichen Zuordnung nicht nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber eine Umverteilung der bisherigen Aufgaben der abwesenden Stammkraft tatsächlich nicht vornimmt. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der Entscheidung des [X.]s vom 12. Januar 2011 (- 7 [X.] - Rn. 15). Dort hat der [X.] zwar ausgeführt, der erforderliche Kausalzusammenhang bestehe auch dann, wenn dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer „ohne tatsächliche Neuverteilung der Arbeitsaufgaben“ Tätigkeiten zugewiesen werden, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat, sofern der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Weiterarbeit nicht seine bisherigen Tätigkeiten, sondern den Aufgabenbereich des Vertreters zu übertragen. Mit der Formulierung „ohne tatsächliche Neuverteilung der Arbeitsaufgaben“ sollte jedoch nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass ein auf gedanklicher Zuordnung beruhender Kausalzusammenhang stets ausscheidet, wenn der Arbeitgeber Aufgaben umverteilt. Die Formulierung diente vielmehr der Abgrenzung zu den Fällen der mittelbaren Vertretung, bei denen eine tatsächliche Neuverteilung der Aufgaben vorgenommen wird. Darauf, ob und ggf. wie die bisherigen Aufgaben der vorübergehend abwesenden Stammkraft wahrgenommen werden, kommt es bei der sog. gedanklichen Zuordnung grundsätzlich nicht an. Die Kausalität zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft beruht darauf, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit der Vertretungskraft den Aufgabenbereich des Vertreters der abwesenden Stammkraft gedanklich zuordnet. Auf den bisherigen Aufgabenbereich der Stammkraft kommt es daher nicht an. Durch die gedankliche Zuordnung ist der Arbeitgeber allerdings gehindert, die Befristung des Arbeitsvertrages mit einem anderen Arbeitnehmer, der die bisherigen Aufgaben der Stammkraft erledigen soll, auf den Sachgrund der Vertretung zu stützen. Er hat sich durch die gedankliche Zuordnung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses festgelegt und kann folglich den Ausfall der Stammkraft nicht mehr zur Begründung einer unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung durch einen anderen Arbeitnehmer heranziehen.

b) Danach hat das [X.] das Vorliegen des [X.] der Vertretung mit einer rechtsfehlerhaften Begründung verneint.

aa) Das [X.] ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass eine unmittelbare Vertretung der erkrankten [X.] durch die Klägerin nicht gegeben ist, weil deren jeweilige Aufgaben nicht identisch sind. Nach den Feststellungen des [X.]s ist [X.] als Fachassistentin im Team 231 im [X.] tätig geworden, wohingegen der Klägerin durchgehend Arbeitsaufgaben in der Antragsaufnahme im Bereich ALG zugewiesen waren. Diese Feststellungen sind nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und deshalb für den [X.] bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Das Vorbringen der [X.], die Arbeitsabläufe seien „nicht einzelnen Arbeitnehmern zugewiesen“, weshalb für die Annahme einer unmittelbaren Vertretung bereits die Darlegung genüge, dass das Team 231 reduziert sei, widerspricht der [X.], wonach die dort tätigen Mitarbeiter grundsätzlich einem der beiden Bereiche zugeordnet sind. Der mögliche Ausgleich saisonaler Schwankungen des Arbeitsaufkommens durch die Teamleitung vermag daran nichts zu ändern.

bb) Das [X.] hat auch ohne Rechtsfehler angenommen, die Beklagte habe die Voraussetzungen einer mittelbaren Vertretung durch eine Vertretungskette nicht ausreichend dargelegt. Der Vortrag, zu Beginn des Jahres 2011 seien mehr [X.] eingegangen und die Teamleitung habe daher verstärkt - besonders qualifiziertes - Personal in diesem Bereich eingesetzt, lässt nach zutreffender Auffassung des [X.]s offen, wer in diesem Bereich konkret in welchem Umfang die Aufgaben von [X.] übernommen hat. Entgegen der Auffassung der [X.] ist es auch nicht zu beanstanden, dass das [X.] ihr Vorbringen nicht als ausreichend erachtet hat, [X.] seien vermehrt von Frau [X.] bearbeitet worden, die diese Aufgaben ohne weitere Einarbeitung habe erledigen können, während der Klägerin trotz rückläufigen [X.] in diesem Bereich weiterhin Aufgaben im Sachgebiet „ALG“ übertragen worden seien. Vor dem [X.]intergrund der von der Teamleiterin erstellten und zu den Akten gereichten Aufstellung zur Stellenbesetzung ist dieser Vortrag nicht schlüssig. Denn danach ist Frau [X.] jedenfalls ab 03/2011 zu keinem Zeitpunkt mit einem Arbeitskräfteanteil von 1,0 im Bereich [X.] geplant und eingesetzt worden. Vielmehr lag der tatsächliche Arbeitsanteil von Frau [X.] im Bereich [X.] ab dem 1. März 2011 bei 0,5; ab dem 2. November 2011 war Frau [X.] entsprechend der Liste der Teamleiterin sogar mit „0“ im Bereich [X.] geplant, obgleich sie eigentlich nach den Behauptungen der [X.] dort [X.] vertreten haben soll.

cc) Zu Unrecht hat das [X.] aber angenommen, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die Aufgaben der Klägerin [X.] gedanklich zugeordnet zu haben. Entgegen der Auffassung des [X.]s kommt es nicht darauf an, ob und ggf. auf welche Weise eine tatsächliche Umverteilung der Arbeitsaufgaben von [X.] erfolgt ist. Maßgeblich ist allein, ob die Beklagte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 21. Juni 2011 eine nach außen erkennbare Zuordnung der [X.] zu dem Aufgabenbereich der Klägerin vorgenommen hat und sie rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen wäre, [X.] dort einzusetzen.

3. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Aufgrund der bisherigen Feststellungen des [X.]s kommt eine eigene Sachentscheidung des [X.]s nicht in Betracht (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der [X.] kann nicht abschließend beurteilen, ob die Voraussetzungen einer gedanklichen Zuordnung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] erfüllt sind.

a) Die gedankliche Zuordnung des Aufgabenbereichs der Klägerin zu [X.] ist zwar durch die Angabe im Arbeitsvertrag vom 21. Juni 2011 und durch den Vermerk vom selben Tag, wonach die Klägerin zur Vertretung für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit von [X.] weiterbeschäftigt wurde, nach außen erkennbar dokumentiert. Anhaltspunkte dafür, dass der vorübergehende Ausfall der [X.] zusätzlich zu einer weiteren befristeten Einstellung und somit in unzulässiger Weise doppelt genutzt wurde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

b) Der [X.] vermag aber nicht abschließend zu beurteilen, ob die Beklagte die [X.] nicht nur rechtlich, sondern nach einer etwaigen Einarbeitung auch fachlich auf dem Arbeitsplatz der Klägerin hätte einsetzen können. Die fachliche Qualifikation von [X.] ist streitig. Feststellungen hierzu hat das [X.] bislang nicht getroffen. Dies ist vom [X.] nachzuholen.

4. Die Zurückverweisung erübrigt sich nicht deshalb, weil sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellte (§ 561 ZPO). Dies ist nicht der Fall.

a) Der Klage kann nicht mit der Begründung stattgegeben werden, der Sachgrund der Vertretung liege nicht vor, weil die Beklagte nicht mit der Wiederaufnahme der Arbeit durch [X.] rechnen durfte. Die Beklagte konnte im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin am 21. Juni 2011 von der Rückkehr der erkrankten [X.] ausgehen. Dies wäre nur dann nicht der Fall gewesen, wenn [X.] einem hierzu bevollmächtigten Vertreter der [X.] verbindlich erklärt hätte, sie werde nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Dies hat auch die Klägerin nicht behauptet. Ihr Vortrag, eine solche Äußerung sei gegenüber der Kollegin [X.] erfolgt und auch der [X.] bekannt gewesen, ist unzureichend.

b) Die Befristung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. dazu grundlegend [X.] 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - [X.]E 142, 308 und - 7 [X.] -) unwirksam. Die Klägerin war auf der Grundlage von insgesamt fünf befristeten Arbeitsverträgen über einen Zeitraum von insgesamt knapp drei Jahren mit unveränderten Arbeitsaufgaben bei der [X.] tätig. Das begründet keine Anhaltspunkte für einen institutionellen Rechtsmissbrauch.

II. [X.] fällt dem [X.] nicht zur Entscheidung an. Er ist für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag gestellt. Ob der Befristungskontrollantrag begründet ist, kann der [X.] nicht beurteilen.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    [X.]    

        

        

        

    Vorbau    

        

    Willms    

                 

Meta

7 AZR 113/13

11.02.2015

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Duisburg, 19. März 2012, Az: 3 Ca 60/12, Urteil

§ 14 Abs 1 S 2 Nr 3 TzBfG, § 14 Abs 1 S 1 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.02.2015, Az. 7 AZR 113/13 (REWIS RS 2015, 15669)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15669

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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