Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2023, Az. VI R 15/21

6. Senat | REWIS RS 2023, 9958

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Gegenstand

(Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG bei VIP-Logen)


Leitsatz

1. Die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Plätzen in einer VIP-Loge an Geschäftspartner und Arbeitnehmer ist eine Sachzuwendung, die nach § 37b des Einkommensteuergesetzes pauschal besteuert werden kann.

2. Gegenstand der Sachzuwendung ist die Überlassung des einzelnen Logenplatzes. Auf Leerplätze entfallende Aufwendungen sind deshalb nicht zu berücksichtigen.

3. Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die überlassenen Plätze können im Wege sachgerechter Schätzung ermittelt werden. Entsprechendes gilt für den auf die Zuwendung entfallenden Werbeanteil.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22.06.2021 - 8 K 8232/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Markenhersteller für Produkte im Bereich … Sie mietete im Streitzeitraum (2012 bis 2014) in der damaligen … ([X.]) eine [X.] ("Suite") mit zwölf Sitzplätzen. Bei der [X.] handelt es sich um eine Mehrzweckhalle, in der Sportveranstaltungen sowie Konzerte und sonstige Veranstaltungen stattfinden.

2

Der "[X.]" über die [X.] umfasste keine Bewirtungsleistungen. Werbe- und Sponsoring-Maßnahmen waren der Klägerin nur innerhalb der [X.] gestattet. Das vereinbarte Werbepaket beinhaltete Logo- und Schriftzugdarstellungen im Suitenumlauf, auf einem Board sowie Einträge im Branchenbuch der [X.].

3

Die [X.] wurde bei Veranstaltungen dergestalt genutzt, dass Geschäftspartner der Klägerin zu dem entsprechenden Event eingeladen wurden. Ferner nahmen Mitarbeiter oder Mitglieder der Geschäftsleitung der Klägerin an den jeweiligen Veranstaltungen teil. Diesbezüglich hatte die Klägerin interne Anweisungen über das Verhalten als sogenannter Gastgeber erteilt. Der verantwortliche Mitarbeiter hatte danach unter anderem darauf zu achten, dass Flyer im Schrank auslagen, ausreichend T-Shirts der Klägerin vorhanden waren und das Video "[X.] - Klägerin" lief. Ferner führte der Mitarbeiter den [X.] sowie die Essensbestellungen durch.

4

Für die [X.] hatte die Klägerin Aufwendungen (ohne Bewirtungsaufwendungen) in Höhe von netto jeweils 130.000 € für die [X.] und 2013 sowie in Höhe von netto 126.666,67 € für das Jahr 2014. Entsprechend des Schreibens des [X.] ([X.]) vom [X.] ([X.], 845) zur ertragsteuerlichen Behandlung von Aufwendungen für [X.]n in Sportstätten (sogenannter [X.]nerlass)‚ das eine Aufteilung von 40 % Werbung, 30 % Bewirtung und 30 % Geschenke vorsieht, teilte die Klägerin den nicht vorhandenen Anteil für Bewirtung auf die Bereiche Werbung und Geschenke im Verhältnis 4 zu 3 auf und ermittelte auf diese Weise einen Anteil von 57 % (40 % + 17 %) für Werbung sowie von 43 % (30 % + 13 %) für Geschenke. Außerdem kürzte die Klägerin die gesamten Aufwendungen vorab um 8,33 % (einer von zwölf Plätzen), da sie der Auffassung war, dass der als Gastgeber teilnehmende Arbeitnehmer aus rein betrieblichen Gründen vor Ort gewesen sei. Die verbleibenden Beträge von 43 % behandelte die Klägerin als Zuwendungen/Geschenke und meldete hierfür pauschale Einkommensteuer nach § 37b des Einkommensteuergesetzes (EStG) wie folgt an:

  

2012

2013

2014

Pauschale Steuer:   

   17.184,71 €   

   20.214,07 €   

   19.695,77 €   

5

Nach einer bei der Klägerin durchgeführten [X.] vertrat der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) die Auffassung, dass dieser Aufteilung nicht zuzustimmen sei. Unter Hinweis auf die [X.]-Schreiben vom [X.] ([X.], 845) und vom 11.07.2006 ([X.], 447) sowie den Runderlass der [X.] vom 20.05.2010 - III B -S - 2144 - 2/2010 -1 nahm das [X.] eine Aufteilung von 25 % für Werbung und 75 % für Geschenke an. Einen Abschlag für dienstverpflichtete Arbeitnehmer nahm es nicht vor. Dies führte zu folgender lohnsteuerlicher Nachforderung:

  

  2012

  2013

  2014

Einkommensteuer gemäß § 37b Abs. 1 EStG:   

   10.022,53 €

     13.071,49 €

     12.058,32 €

Einkommensteuer gemäß § 37b Abs. 2 EStG:   

11.255,02 €

5.176,72 €

5.721,98 €

Summe:

21.277,55 €

18.248,21 €

17.780,30 €

6

Die vorgenannten Beträge machte das [X.] durch Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die [X.] von Januar 2012 bis Dezember 2014 geltend.

7

Das Finanzgericht ([X.]) gab der hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1636 veröffentlichten Gründen teilweise statt. Die Zuwendungen gemäß § 37b EStG seien entgegen der Ansicht des [X.] nicht mit 75 % der Gesamtaufwendungen der Klägerin für die [X.] anzusetzen. Die auf die Zuwendungen entfallenden Aufwendungen seien vielmehr gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) dergestalt zu schätzen, dass die Gesamtaufwendungen für die Loge ins Verhältnis zu der tatsächlichen Nutzung zu setzen und die Aufwandsteile abzuziehen seien, die nicht auf die Erbringung von Zuwendungen entfielen. Dafür seien sogenannte Platzwerte zu ermitteln, die sich aus der Multiplikation der Plätze in der [X.] mit dem um 5 € erhöhten Kartenpreis der Preiskategorie PK 1 ergäben.

8

Von den so ermittelten Beträgen seien zunächst die Platzwerte für nicht genutzte Plätze abzuziehen. Des Weiteren habe die Klägerin auch in Bezug auf die Platzwerte, die auf Mitarbeiter entfielen, die aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse teilgenommen hätten, keine Zuwendungen erbracht. Das [X.] schätzte diesen Anteil auf den halben Platzwert je Veranstaltung, bei der Kunden zugegen gewesen seien. Da die Klägerin die [X.] angemietet habe, um mehrere betriebliche Zwecke zu verfolgen, nämlich werbend auf ihre Kunden zuzugehen und zugleich entsprechende Zuwendungen an die Kunden zu erbringen, sei eine weitere Aufteilung der Platzwerte, soweit sie auf Kunden entfielen, erforderlich. Der darin enthaltene Werbeanteil sei dabei in Anlehnung an den [X.]nerlass des [X.] mit 40 % zu bemessen.

9

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat die mit dem angefochtenen Nachforderungsbescheid festgesetzten Nachforderungsbeträge über pauschale Einkommensteuer gemäß § 37b EStG ohne einen das [X.] beschwerenden Rechtsfehler herabgesetzt.

1. Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer (für [X.]) einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten, nicht in Geld bestehenden Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. § 37b Abs. 1 EStG gilt gemäß § 37b Abs. 2 Satz 1 EStG auch für betrieblich veranlasste Zuwendungen an Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, soweit die Zuwendungen nicht in Geld bestehen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.

a) Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst nicht alle Zuwendungen schlechthin. § 37b EStG beschränkt sich vielmehr auf Zuwendungen, die bei den [X.] zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Denn § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart und keinen sonstigen originären ([X.], sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl (ständige Rechtsprechung, s. Senatsurteil vom 07.07.2020 - VI R 4/19, Rz 10, m.w.N.).

b) Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Bezug auf die (Sach-)Zuwendungen der Klägerin an ihre Geschäftspartner bei der unentgeltlichen Zurverfügungstellung der Plätze in der [X.] zum Besuch der jeweiligen Veranstaltung in der [X.] dem Grunde nach vorliegen. Dies gilt auch für die entsprechenden (Sach-)Zuwendungen der Klägerin an ihre Arbeitnehmer (§ 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG), soweit diese die Veranstaltungen nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin besuchten. Hiergegen haben die Beteiligten im Revisionsverfahren keine Einwände vorgetragen. Der Senat sieht daher insoweit von weiteren Ausführungen ab.

aa) Die Entscheidung des [X.] für die als sogenannte Gastgeber fungierenden Arbeitnehmer der Klägerin abweichend von den [X.] lediglich den hälftigen Aufwand für deren Platz in der [X.] bei der Pauschalierung der Einkommensteuer wegen des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses der Klägerin an der Betreuung der Geschäftspartner von der Versteuerung auszunehmen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar spricht nach Aktenlage einiges dafür, diesen Aufwand in voller Höhe nicht dem Anwendungsbereich des § 37b EStG zu unterwerfen, da es insoweit an einer Zuwendung an die Arbeitnehmer fehlt. Dies kann der Senat jedoch dahinstehen lassen, da die Klägerin gegen die Vorentscheidung keine Revision eingelegt hat. Aus dem Ansatz (lediglich) des hälftigen Aufwands ergibt sich jedenfalls kein Rechtsnachteil zu Lasten des revisionsführenden [X.].

bb) Ebenfalls zu Recht hat das [X.] den Aufwand, der auf die von dem [X.] umfassten, aber nicht besuchten Veranstaltungen entfiel, sowie den Aufwand betreffend die [X.] der besuchten Veranstaltungen, nicht dem Anwendungsbereich des § 37b EStG unterworfen. Die Klägerin hat insoweit schon dem Grunde nach niemandem einen Vorteil zugewandt. Denn Gegenstand der Sachzuwendung an die Zuwendungsempfänger ist --wie oben ausgeführt-- nicht der veranstaltungsbezogene Besuch der [X.] als solcher, sondern die unentgeltliche Zurverfügungstellung des einzelnen Platzes in der [X.] zum Besuch der jeweiligen Veranstaltung in der [X.].

2. Bemessungsgrundlage der pauschalen Einkommensteuer sind gemäß § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG die Aufwendungen des Steuerpflichtigen einschließlich Umsatzsteuer.

a) § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG enthält für die Bewertung der Zuwendungen nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG eine eigenständige Bemessungsgrundlage. Diese verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Sich hierdurch ergebende unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe und daraus folgende unterschiedliche Ergebnisse bei der Bewertung einer Sachzuwendung sind im Gesetz angelegt und vom Rechtsanwender daher hinzunehmen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ist insoweit nicht zu besorgen. Denn die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG und die damit einhergehende, von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG abweichende Bewertung der Zuwendungen steht zur Wahl des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige hat es selbst in der Hand zu bestimmen, auf welcher Grundlage die Bewertung vorzunehmen ist (Senatsurteil vom 13.05.2020 - VI R 13/18, [X.], 80, [X.] 2021, 395, Rz 35).

In die Bemessungsgrundlage nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG sind alle der Zuwendung direkt zuzuordnenden Aufwendungen (Einzelkosten) einzubeziehen. Soweit die Aufwendungen Teil einer Gesamtleistung sind, ist der auf die jeweilige Zuwendung entfallende Anteil an diesen Aufwendungen anzusetzen, der gegebenenfalls im Wege der Schätzung zu ermitteln ist. Darüber hinaus besteht gemäß § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG keine Rechtsgrundlage dafür, bestimmte einzelne Aufwendungen des Steuerpflichtigen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes bemisst sich die pauschale Einkommensteuer nach den "Aufwendungen des Steuerpflichtigen einschließlich Umsatzsteuer". Einschränkungen oder Ausnahmen hiervon sieht das Gesetz nicht vor (Senatsurteil vom 13.05.2020 - VI R 13/18, [X.], 80, [X.] 2021, 395, Rz 36 f.).

b) Nach diesen Maßstäben ist die vom [X.] vorgenommene Bewertung der Sachzuwendungen, die die Klägerin gegenüber ihren Geschäftspartnern und den nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse teilnehmenden Arbeitnehmern im Streitzeitraum erbracht hat, von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Die nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebliche und daher gemäß § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG zu bewertende (Sach-)Zuwendung ist --wie oben ausgeführt-- sowohl in Bezug auf die Geschäftspartner der Klägerin als auch hinsichtlich der Arbeitnehmer die unentgeltliche Zurverfügungstellung des einzelnen Platzes zum Besuch der jeweiligen Veranstaltung in der [X.].

c) Das [X.] hat die Aufwendungen der Klägerin, die auf die Plätze der Geschäftspartner und der Arbeitnehmer entfielen, dem Grunde nach zu Recht im Wege der Schätzung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]O i.V.m. § 16[X.]) angesetzt.

aa) Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann; § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]O i.V.m. § 16[X.] gibt dem [X.] eine eigene Schätzungsbefugnis.

Zwischen den Beteiligten steht zutreffend nicht in Streit, dass dem [X.] im vorliegenden Fall dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis zustand. Die Klägerin wandte ihren Geschäftspartnern und Arbeitnehmern im Streitzeitraum Plätze zum Besuch von mehr als 300 ganz unterschiedlichen Veranstaltungen in der [X.] unentgeltlich zu. Die vom [X.] im Einzelnen festgestellten Veranstaltungen reichten von Sportveranstaltungen unterschiedlicher Sportarten über Konzerte, Musicals, [X.], [X.] bis hin zu [X.]. An den Veranstaltungen nahmen nach den Feststellungen des [X.] knapp 3 000 Geschäftspartner und mehr als 1 000 Arbeitnehmer der Klägerin teil. Etwa 1 300 Plätze, über die die Klägerin in ihrer [X.] verfügte, blieben leer.

Bei dieser Sachlage ließ sich im Streitfall --trotz der umfassenden Mitwirkung der Klägerin bei der Ermittlung der einzelnen Veranstaltungen, der Zahl der teilnehmenden Geschäftspartner und Arbeitnehmer sowie der einzelnen [X.] nur schätzweise ermitteln, welcher Anteil der von der Klägerin insgesamt getragenen Aufwendungen einschließlich Umsatzsteuer auf die einzelnen, den Geschäftspartnern und den Arbeitnehmern zugewandten Sachbezüge (Plätze) entfiel.

bb) Die Schätzung des [X.] ist auch der Höhe nach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aaa) Die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gehört zu den tatsächlichen Feststellungen, an die der [X.] ([X.]) als Revisionsinstanz nach § 118 Abs. 2 [X.]O grundsätzlich gebunden ist. Die Bindung des [X.] entfällt nur, wenn bei der Schätzung gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder die Denkgesetze verstoßen wurde. Die Überprüfung einer Schätzung durch den [X.] ist auf Rechtsfehler beschränkt ([X.]-Urteile vom 18.10.1983 - VIII R 190/82, [X.]E 139, 350, [X.] 1984, 88 und vom 20.03.2017 - X R 11/16, [X.]E 258, 272, [X.] 2017, 992, Rz 51 f.).

bbb) Nach § 162 Abs. 1 Satz [X.] i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]O sind bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen, die für sie von Bedeutung sind. Die [X.] müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteil vom 17.06.2020 - X R 26/18, Rz 23). Das [X.] und damit gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]O i.V.m. § 16[X.] auch das [X.] sind in der Wahl der Schätzungsmethoden grundsätzlich frei. Es ist Sache der Tatsacheninstanz zu entscheiden, welcher Schätzungsmethode sie sich bedienen will, wenn diese geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen (zum Ganzen [X.]-Urteil vom 16.12.2021 - IV R 1/18, Rz 49, m.w.N.).

ccc) Allerdings ergibt sich aus § 5 AO in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Wahlfreiheit des [X.] beziehungsweise des [X.] bei der Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Schätzungsmethoden nach den für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geltenden Grundsätzen eingeschränkt ist und dabei auch Verhältnismäßigkeitserwägungen zu beachten sind. Jede Schätzung hat zum Ziel, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Tatsachenfeststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist. [X.] ist deshalb das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen. Kommt eine bestimmte Schätzungsmethode diesem Ziel voraussichtlich näher als eine andere, ist die erstgenannte unter Ermessensgesichtspunkten vorzugswürdig ([X.]-Urteil vom 25.03.2015 - X R 20/13, [X.]E 249, 390, [X.] 2015, 743, Rz 60).

ddd) Im Streitfall hat das [X.] bei seiner Entscheidung alle rechtlichen Anforderungen, die an die Durchführung einer Schätzung zu stellen sind, erfüllt.

(1) Die Vorinstanz hat zunächst --getrennt nach [X.] anhand der für die jeweiligen Veranstaltungen in der Preiskategorie PK 1 zu zahlenden Ticketpreise die Summe der von ihm so bezeichneten Platzwerte für die in der [X.] der Klägerin vorhandenen Plätze ermittelt. Dabei hat es den in der Preiskategorie PK 1 zu zahlenden Preis im Hinblick auf die mit der Nutzung der [X.] verbundenen individuellen Betreuung (Einlass, Garderobe) und der Möglichkeit der Bewirtung am Platz um jeweils 5 € erhöht. Dies begegnet von Rechts wegen keinen Bedenken und wurde von den Beteiligten auch nicht beanstandet.

Die von der Klägerin getragenen Aufwendungen für die den Geschäftspartnern und den Arbeitnehmern unentgeltlich zugewandten Plätze hat die Vorinstanz ausgehend hiervon in der Weise ermittelt, dass sie die Aufwendungen prozentual nach den auf die teilnehmenden Geschäftspartner und Arbeitnehmer entfallenden Platzwerte aufgeteilt hat. Hierbei handelt es sich um eine schlüssige Aufteilungsmethode, die geeignet ist, ein vernünftiges Ergebnis zu erzielen. Das [X.] hat seine Schätzung auf die betriebsinternen Daten der Klägerin hinsichtlich der von ihr getragenen Aufwendungen gestützt und die individuellen Verhältnisse in Bezug auf die Veranstaltungen, die jeweiligen Ticketpreise sowie die Zahl der teilnehmenden Geschäftspartner und Arbeitnehmer zugrunde gelegt.

(2) Die Vorinstanz hat weiter ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Aufwendungen der Klägerin für die [X.] auch einen auf die Werbung entfallenden Anteil enthielten. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach ebenfalls kein Streit. So beinhaltete der [X.], den die Vorinstanz festgestellt hat, in Nr. 6.1 und 6.2 Regelungen über die "Werbeleistungen für den Vertragspartner"(die Klägerin). Bei diesen Werbeleistungen, die die Klägerin mit ihren Zahlungen für die [X.] ebenfalls vergütet hat, handelte es sich jedoch nicht um (Sach-)Zuwendungen der Klägerin an ihre Geschäftspartner. Es ist daher geboten, die Aufwendungen der Klägerin für die Inanspruchnahme der Werbeleistungen aus der Bemessungsgrundlage des § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG auszuscheiden.

Aus dem [X.] ergibt sich allerdings nicht, welcher Anteil der Gesamtaufwendungen der Klägerin auf die Werbeleistungen entfiel. Die Vorinstanz war daher berechtigt und verpflichtet, den Anteil der auf die Werbung entfallenden Aufwendungen zu schätzen (§ 162 Abs. 1 Satz [X.] i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]O). Einer solchen Schätzung steht im Streitfall nicht entgegen, dass für die Aufteilung kein leichter und eindeutiger Aufteilungsmaßstab zu erkennen ist. Denn es geht vorliegend nicht um den Abzug von Betriebsausgaben (der Klägerin), sondern um die Bewertung der den Geschäftspartnern der Klägerin zugewandten Sachleistungen. Auf der Einnahmeseite ist eine Aufteilung --auch im Wege sachgerechter Schätzung-- grundsätzlich zulässig (grundlegend Senatsurteil vom 18.08.2005 - VI R 32/03, [X.]E 210, 420, [X.] 2006, 30).

(3) Die Beteiligten haben hinsichtlich der Schätzung des Werbeanteils unterschiedliche Auffassungen vertreten. So hat die Klägerin in ihren [X.] einen Werbeanteil von 57 % angenommen, während das [X.] den Werbeanteil in dem angefochtenen [X.] auf 25 % geschätzt hat; beide allerdings ausgehend von den Gesamtaufwendungen der Klägerin für die [X.].

Das [X.] hat in Anlehnung an das BMF-Schreiben vom [X.] ([X.], 845, Rz 14) zur ertragsteuerlichen Behandlung von Aufwendungen für [X.]n in Sportstätten, das insoweit auch bei der Pauschalierung von Sachzuwendungen nach § 37b EStG Anwendung finden soll (s. BMF-Schreiben vom 19.05.2015, [X.], 468, Rz 15), und nach Auffassung der Finanzverwaltung für ähnliche Sachverhalte (zum Beispiel kulturelle Veranstaltungen in einer Sportstätte) entsprechend angewendet werden kann (s. BMF-Schreiben vom 11.07.2006, [X.], 447, Nr. 5 i.V.m. BMF-Schreiben vom 19.05.2015, [X.], 468, Rz 15), den Anteil der Werbeleistungen auf 40 % der Aufwendungen der Klägerin geschätzt, die es für die den Geschäftspartnern zur Verfügung gestellten Plätze angesetzt hat.

Insoweit ist das [X.] zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Werbeleistungen der Klägerin nur in Bezug auf die den Geschäftspartnern zur Verfügung gestellten Plätze von Bedeutung sind. Die Aufwendungen der Klägerin für die ihren Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Plätze hat die Vorinstanz zu Recht nicht um Werbeaufwand gekürzt. Denn gegenüber den Arbeitnehmern kamen Werbemaßnahmen der Klägerin im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Überlassung der Plätze von vornherein nicht in Betracht.

Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob der [X.] von der Finanzverwaltung selbst so bezeichneten Vereinfachungsregelung in dem BMF-Schreiben vom [X.] ([X.], 845, Rz 14) allgemein beitreten könnte. Es ist hier nur zu beurteilen, ob die vom [X.] im vorliegenden Einzelfall vorgenommene griffweise Schätzung des Werbeanteils im Ergebnis rechtsfehlerfrei erfolgt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist auch eine griffweise Schätzung nicht von vornherein unzulässig. Sie muss allerdings ebenfalls (noch) schlüssig, wirtschaftlich möglich, vernünftig und insoweit überprüfbar sein (z.B. [X.]-Urteile vom 15.04.2015 - VIII R 49/12, Rz 19 und vom 26.10.1994 - X R 114/92, [X.]/NV 1995, 373). Dies ist vorliegend der Fall.

Gemäß Nr. 3.2 des [X.]s wies die von der Klägerin angemietete [X.] eine Größe von circa 50 qm auf und verfügte hiernach über mehr Platz und Ausstattung, als für die dort vorhandenen zwölf Sitzplätze erforderlich war. Die Klägerin war nach Nr. 6.1 des [X.]s berechtigt, in der [X.] Werbeflächen für ihre Eigenmarketing- und Werbezwecke zu nutzen. Auch durfte sie in der [X.] für die Dauer der Nutzung während einer Veranstaltung Werbe- und Marketingmaßnahmen durchführen und entsprechende Materialien aufstellen. Nach Nr. 6.2 des [X.]s beinhaltete das Werbepaket zusätzlich Logo- und Schriftzugdarstellung im Suitenumlauf, auf einem Suiteninhaber-Board sowie Einträge im Branchenbuch der [X.].

Bei dieser Sachlage erscheint es wahrscheinlich und wirklichkeitsnah, dass die Klägerin einen erheblichen Anteil der Aufwendungen, der auf die den Geschäftspartnern zur Verfügung gestellten Logenplätze entfiel, im Hinblick auf die dort vorhandenen Werbemöglichkeiten leistete. Der vom [X.] insoweit angesetzte Werbeaufwand in Höhe von (netto) 33.081,58 € für 2012, in Höhe von (netto) 27.521,36 € für 2013 und in Höhe von (netto) 31.344,99 € für 2014 ist hiernach wirtschaftlich möglich. Er stellt einen nachvollziehbaren und nicht unangemessenen Betrag für die Nutzung der [X.] zu Werbezwecken dar.

Das [X.] weist in diesem Zusammenhang zwar zutreffend darauf hin, dass nach dem BMF-Schreiben vom 11.07.2006 ([X.], 447, Nr. 3) die Vereinfachungsregelung zur Pauschalaufteilung von 40:30:30 nicht in Fällen angewendet werden soll, in denen im Gesamtbetrag der Aufwendungen --wie im [X.] nur die Leistungen für Werbung und Eintrittskarten enthalten sind. Dies ist allerdings schon deshalb zwingend geboten, weil eine Pauschalaufteilung auf drei Bestandteile bei einem Sachverhalt, bei dem die Aufteilung nur auf zwei Bestandteile (Werbung und Ticketpreis) in Betracht kommt, denklogisch ausgeschlossen ist. Stattdessen soll nach dem BMF-Schreiben vom 11.07.2006 ([X.], 447, Nr. 3) in einem solchen Fall für den Werbeanteil und den Ticketanteil ein anderer angemessener Aufteilungsmaßstab im Sinne einer sachgerechten Schätzung gefunden werden.

Das [X.] trägt indes --auch im [X.] keine Umstände vor, aus denen sich ergibt, dass die vom [X.] vorgenommene (schätzweise) Aufteilung der Aufwendungen der Klägerin in Werbung und Sachzuwendungen unangemessen und nicht sachgerecht sei. Einen Rechtsfehler des [X.] bei der Schätzung hat das [X.] damit nicht aufgezeigt. Der Vortrag des [X.] in der Revisionsbegründung, seiner Ansicht nach sei der Werbeaufwand (nunmehr) aus der Differenz zwischen den vom [X.] ermittelten Platzwerten und dem anteiligen Gesamtaufwand zu ermitteln, reicht insoweit jedenfalls nicht aus. Es kommt hinzu, dass nach der Schätzung der Vorinstanz der Anteil der [X.] der Klägerin an den gesamten Aufwendungen für die [X.] 25,45 % für 2012, 21,17 % für 2013 und 24,75 % für 2014 betrug. Den Ansatz eines Anteils von 25 % für den Werbeaufwand der Klägerin hielt das [X.] erstinstanzlich selbst noch für sachgerecht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 15/21

23.11.2023

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 22. Juni 2021, Az: 8 K 8232/18, Urteil

§ 5 AO, § 162 Abs 1 S 1 AO, § 162 Abs 1 S 2 AO, § 37b Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 37b Abs 1 S 2 EStG 2009, § 37b Abs 2 S 1 EStG 2009, § 96 Abs 1 S 1 Halbs 2 FGO, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2023, Az. VI R 15/21 (REWIS RS 2023, 9958)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9958

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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