Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2015, Az. V ZR 128/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14735

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
128/14
Verkündet am:

27. Februar 2015

Rinke

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 183 Satz 1; ZPO § 51

[X.] kann mit materiell-rechtlicher Wirkung auch wäh-rend des Rechtsstreits widerrufen werden, solange zur Durchsetzung des Rechts noch Prozesshandlungen des [X.]s geboten sind. Erfolgt der [X.] nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten, bleibt er ver-fahrensrechtlich allerdings ohne Auswirkungen auf die Prozessführungsbefugnis des [X.], sofern nicht der Beklagte einer Abweisung der Klage als unzulässig zu-stimmt.
[X.], Urteil vom 27. Februar 2015 -
V [X.] -
OLG Bamberg

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2015
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und Dr.
Brückner
und die
Richter Dr.
Kazele und Dr.
Göbel

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des [X.]

5. Zivilsenat
vom 29.
April 2014 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen, die auch die Kosten der [X.] tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung in einem aus zwei Eigen-tumswohnungen bestehenden Haus. Die andere Wohnung steht im Alleineigen-tum des [X.]. Das [X.] (nachfolgend: kleine Wohnungseigentümergemeinschaft) ist an die zen-tralen Versorgungs-
und Entsorgungseinrichtungen, insbesondere an die Hei-zungs-
und Warmwasserbereitungsanlage der Beklagten, einer benachbarten Wohnungseigentümergemeinschaft,
angeschlossen.
Die Kläger wollten ursprünglich festgestellt wissen, dass das Grundstück, auf dem sich ihre Eigentumswohnung befindet, keinem Anschluss-
und Benut-zungszwang unterliegt, hilfsweise, dass jedenfalls ihr Wohnungseigentum ei-1
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3
-
nem solchen Zwang nicht unterworfen ist. Das [X.] hat dem
Hilfsantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] unter Zurückweisung der klägerischen Anschlussberufung die Klage insgesamt [X.]. Diese Entscheidung hat der Senat durch Urteil vom 19.
Juli 2013 (V
ZR 109/12, [X.] 2014, 326) aufgehoben und die Sache an das Oberlan-desgericht zurückverwiesen. Die Kläger verfolgen nur noch den Hauptantrag,
nunmehr bezogen auf die kleine Wohnungseigentümergemeinschaft,
weiter. Der Nebenintervenient ist dem Verfahren auf
Seiten der Beklagten beigetreten. Das [X.] hat die Klage unter Zurückweisung der [X.] der Kläger erneut abgewiesen und deren
Antrag, die [X.] durch Zwischenurteil zurückzuweisen, nicht entsprochen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Hauptan-trag und den Antrag auf Zurückweisung der [X.] weiter. Die [X.] und der Nebenintervenient beantragen die Zurückweisung des [X.].

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage mangels Prozessführungsbefugnis der Kläger für unzulässig. Sie nähmen mit ihrem Hauptantrag eine Verwal-tungsangelegenheit der Wohnungseigentümergemeinschaft wahr und machten
einen Anspruch geltend, dessen prozessuale Durchsetzung nicht dem [X.] Wohnungseigentümer, sondern dem [X.] unterliege. Insoweit sei zwar ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Kläger an der Prozessführung gegeben; sie seien auch durch den [X.] als nunmehr unstreitig einzigen weiteren Wohnungseigentümer zur [X.]
-
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-
führung im eigenen Namen mit Schreiben vom 2.
März 2010 wirksam ermäch-tigt worden. Die Ermächtigung habe der Nebenintervenient aber mit Schreiben vom 23. August 2013 ausdrücklich zurückgenommen. Hierin liege ein wirksa-mer Widerruf der Ermächtigung mit der Folge, dass
die Klage unzulässig ge-worden sei. Zwar müsse bei der Frage, ob und inwieweit eine Ermächtigung
während des Prozesses widerrufen werden könne, der Schuldnerschutz in den Blick genommen werden, weil die Widerrufsmöglichkeit den Prozessgegner der Gefahr des willkürlichen Entzugs einer Sachentscheidung aussetze. Eines sol-chen
Schutzes bedürfe es zugunsten der Beklagten aber nicht, nachdem diese hierauf verzichtet und in Kenntnis der Problematik ausdrücklich die Abweisung der Klage als unzulässig beantragt habe.
II.
Die Revision ist unzulässig, soweit die Kläger den Antrag auf Zurückwei-sung der [X.] weiterverfolgen. Im Übrigen ist die Revision unbe-gründet.
1. Die Entscheidung über die Zulassung des [X.], die
-
wie hier geschehen -
auch mit dem Endurteil im Hauptverfahren verbunden werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 1963
V
ZR 132/61, NJW
1963, 2027), ist
gemäß §
71 Abs.
2 ZPO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Da diese
aber nach §
567 Abs.
1 ZPO nur gegen im ersten Rechtszug ergan-gene Entscheidungen der Amtsgerichte und [X.]e statthaft ist, sind Entscheidungen des [X.]s über Anträge auf Zurückweisung ei-ner [X.] unanfechtbar
([X.], Beschluss vom 5. Dezember 2012

I
ZB 7/12, [X.] 2013, 490
Rn. 7 ff.;
Senat, Urteil vom 15. März 2013
-
V
ZR 156/12, [X.], 989 Rn. 14 -
insoweit in [X.]Z 197, 61 nicht abge-druckt).
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5
-
2. Die im Übrigen zulässige Revision hat in der Sache
keinen Erfolg.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klage sei wegen Fehlens der Prozessfüh-rungsbefugnis der Kläger unzulässig,
hält revisionsrechtlicher
Überprüfung stand.
a) Mit dem Antrag auf Feststellung, dass die kleine [X.] gegenüber der Beklagten keinem schuldrechtlichen An-schluss-
und Benutzungszwang unterliegt, machen die Kläger einen Anspruch des
Verbandes
der Wohnungseigentümer geltend (§
10 Abs.
6 Satz
2 WEG). Für die
Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen bedarf es zum einen einer entsprechenden Ermächtigung des Berechtigten und zum an-deren eines eigenen schutzwürdigen Interesses des [X.]s an der Durchsetzung des Rechts. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat
der Senat als Revisionsgericht selbständig von Amts wegen zu prüfen,
ohne an die Feststellungen
des Berufungsgerichts gebunden zu sein (vgl. [X.], Urteil vom 10.
November 1999
[X.]II
ZR 78/98, NJW
2000, 738 mwN).
b) Das von dem Berufungsgericht bejahte schutzwürdige Eigeninteresse
der Kläger an der Prozessführung ist gegeben. Es folgt sowohl aus der von den Klägern hinsichtlich ihres Wohneigentums erwarteten deutlichen Wertsteige-rung für den Fall, dass die Wohnanlage nicht mehr dem [X.] mit der
Beklagten unterliegt,
als auch aus der mit einer rechtlichen Loslösung der kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft vom [X.] ge-wonnenen Dispositionsfreiheit.
c) Das Schreiben des [X.] vom 2. März 2010 enthält ei-ne wirksame Ermächtigung der Kläger zur Prozessführung für die kleine [X.] im eigenen Namen.

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6
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aa) Der darin enthaltene Vorbehalt hinsichtlich der zu ziehenden Kon-sequenzen

steht der Wirksamkeit der Ermächtigung entgegen der Auffassung der Revisi-onserwiderung nicht entgegen. Denn er bringt keine Einschränkung der Be-rechtigung zur Prozessführung, sondern lediglich den Wunsch des Nebeninter-venienten zum Ausdruck, nach einem erfolgreichen Ausgang des Prozesses über das weitere Vorgehen der kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft, etwa über eine Kündigung des [X.], gesondert zu befin-den.
[X.]) Ohne Auswirkungen bleibt auch, dass die Ermächtigung nicht auf ei-nem
Beschluss der Wohnungseigentümer beruht.
(1) An einer Beschlussfassung fehlt es. Die Ermächtigung war nach dem festgestellten Sachverhalt nicht Gegenstand einer Eigentümerversammlung (§
23 Abs.
1 WEG). Das schriftliche Einverständnis des [X.] kann auch nicht als Zustimmung zu einem gemäß
§
23 Abs.
3 WEG
gefassten Beschluss angesehen werden. Nach dieser Vorschrift ist ein Beschluss
zwar auch ohne Versammlung gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustim-mung hierzu schriftlich erklären. Eine solche Beschlussfassung
setzt aber eine unmissverständliche Initiative und damit das Bewusstsein der Wohnungseigen-tümer
voraus, einen verbindlichen Beschluss zu fassen
(vgl. [X.], [X.], 784; [X.] in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 106; Schultzky in [X.], 4. Aufl., § 23 Rn. 129).
Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich.

(2) Eine Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen des [X.] muss jedoch nicht zwingend in Gestalt eines ([X.] der Wohnungseigentümer erteilt werden. Sie kann auch in der Zustimmung aller Wohnungseigentümer
zu einer Klageerhebung durch einzelne Woh-10
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nungseigentümer liegen
(vgl. Senat, Urteil vom 24. Juni 2005 -
V
ZR 350/03, NJW 2005, 3146, 3147). Dabei kann die Zustimmung in der gemeinsamen Er-hebung der Klage zum Ausdruck kommen (vgl. Senat, Urteil vom 24. Juni 2005
-
V
ZR 350/03, aaO) oder gegenüber dem klagenden Wohnungseigentümer erklärt werden. Bei einer zweigliedrigen Wohnungseigentümergemeinschaft, wie sie hier gegeben ist, genügt es daher, wenn der eine
Wohnungseigentümer den anderen zur Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer-gemeinschaft
ermächtigt.

(3) Da die Ermächtigung nicht durch einen Beschluss der Wohnungsei-gentümer
erteilt wurde, bedurfte es
keines Beschlusses zu ihrer Aufhebung. Anders als die Revision meint, kommt es deshalb nicht darauf
an, dass die von einem Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung abgegebene Stimme nach ihrem Zugang bei dem Versammlungsleiter nicht mehr widerrufen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli
2012 -
V [X.], NJW 2012, 3372, Rn. 8).
d) Die Voraussetzungen für eine Prozessstandschaft müssen (noch)
im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorlie-gen
(vgl. [X.], Urteil vom 10.
November 1999
[X.], NJW
2000, 738, 739). Da der Nebenintervenient seine Ermächtigung zur Prozessführung durch die Kläger vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungs-gericht
materiell-rechtlich wirksam widerrufen
und die Beklagte sich mit der Abweisung der Klage als unzulässig einverstanden erklärt hat, sind die Vo-raussetzungen der zunächst gegebenen gewillkürten Prozessstandschaft der Kläger entfallen.
aa) Ob die von dem Rechtsinhaber erteilte [X.] wäh-rend eines laufenden Prozesses widerrufen werden kann und welche Auswir-14
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8
-
kungen ein solcher Widerruf auf die Zulässigkeit der Klage hat, ist allerdings bislang nicht hinreichend geklärt.
(1) Der Senat hat in einer älteren Entscheidung ohne weitere Differen-zierung den Widerruf als jederzeit möglich angesehen (Urteil vom 12.
Juli 1985

V
ZR 56/84, [X.] 1986, 158). Dem haben sich andere Senate des [X.] ([X.], Urteil vom 7.
Juli 1993
[X.], [X.]Z
123, 132, 135;
[X.], Beschluss
vom 11. März 2014
-
[X.]II ZR 31/14, NJW 2014, 1970
Rn.
8; im Ergebnis wohl auch [X.], Urteil vom 22.
Dezember 1988
[X.]I
ZR 129/88, NJW
1989, 1932)
und auch Teile der Literatur ange-schlossen (vgl. [X.]/Gehrlein, ZPO, 6.
Aufl., §
50 Rn.
39; im Ergebnis ebenfalls für die Möglichkeit eines jederzeitigen Widerrufs Musielak/[X.], ZPO, 12.
Aufl., §
51 Rn.
26 und [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 36.
Aufl., §
51 Rn.
33 u. 38).
(2) Demgegenüber soll sich nach Auffassung des [X.]. Zivilsenats und weiter Teile der Literatur der
Widerruf einer rechtswirksam erteilten [X.] während des gerichtlichen Verfahrens auf ihren Fortbestand nicht auswir-ken ([X.], Urteil vom 19.
September 1995
[X.]
ZR 166/94, NJW
1995, 3186, 3187; MüKoZPO/[X.], 4.
Aufl., Vorbem.
zu §
50 Rn.
56; [X.]/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., Vor §
50 Rn.
45; BeckOK-ZPO/Hübsch, Stand 1.
Januar 2015, §
51 Rn.
48; [X.], JZ
1952, 137; [X.]/[X.], [X.] [2014], § 183 Rn. 12; [X.]/[X.], 6. Aufl., §
183 Rn. 13; Pa-landt/[X.], [X.], 74 Aufl., § 183 Rn. 1; Soergel/Leptien, [X.], 13. Aufl., §
183 Rn. 3).
In diesem Sinne hat auch das [X.] entschieden ([X.], 240, 242).
(3) Schließlich findet sich in der Literatur die Meinung, dass zwar der Widerruf auch nach Klageerhebung wirksam sei, allerdings müsse zum Schutz des Prozessgegners entweder der Prozess in analoger Anwendung des §
265 17
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-
Abs.
2 ZPO zwischen den bisherigen [X.]en weitergeführt oder aber ein [X.] [X.]wechsel von dem [X.] auf den Rechtsinhaber gemäß §
239
ff. ZPO analog angenommen werden (vgl. [X.], [X.] 122 (2009), 465, 485
f.).
[X.]) Richtigerweise bestimmt sich die Wirksamkeit des Widerrufs einer
Ermächtigung zur Prozessführung zunächst
nach den materiell-rechtlichen Grundlagen der Ermächtigung.
(1) Die Qualifizierung der Ermächtigung zur Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen als Prozesshandlung (vgl. [X.], Urteil vom 22. Dezember 1998 -
[X.]I ZR 129/88, NJW 1989, 1932, 1933; [X.]/
[X.]/Jacoby, ZPO, 23.
Aufl., Vor §
50 Rn.
56 mwN;
[X.]/Vollkommer, ZPO, 30.
Aufl., Vor §
50 Rn.
45) ändert nichts daran, dass sich Erteilung, Bestand und Willensmängel der Ermächtigung mangels näherer Regelung in der Zivil-prozessordnung grundsätzlich nach den Vorschriften des Rechtsgebiets richten, dem das
streitige Recht angehört, im Zivilprozess also regelmäßig nach bürger-lichem Recht (vgl. [X.], Urteil vom 10.
November 1999 -
[X.]II
ZR 78/98, [X.], 738, 739; [X.], ZPO, 23.
Aufl., Vor §
50 Rn.
56, [X.]/Vollkommer, ZPO, 30.
Aufl., Vor §
50 Rn.
45; Musielak/[X.], ZPO, 12.
Aufl., §
51 Rn.
26; [X.]/Gehrlein, ZPO, 6.
Aufl., §
50 Rn.
39; BeckOK-ZPO/Hübsch, Stand 1.
Januar 2015, §
51 Rn.
47).
(a) Materiell-rechtlich ist die Ermächtigung zur Prozessführung mit einer [X.] gemäß § 185 Abs. 1 [X.] vergleichbar
(ebenso [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 36. Aufl., § 51 Rn. 33). Diese legitimiert einen Nichtberechtigten zur Verfügung über einen fremden Gegenstand im eigenen Namen. Sie ist funktional und systematisch mit der unmittelbaren Stellvertre-tung verwandt, da
beide es ermöglichen, unmittelbar auf den Rechtskreis eines 20
21
22
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10
-
anderen einzuwirken. Sie unterscheiden sich allerdings darin, dass der Ermäch-tigte im eigenen Namen auftritt, während bei der Stellvertretung ausschließlich der Vertretene Geschäftspartei ist ([X.]/[X.], 6. Aufl.,
Vorbem. Vor §§ 164 bis 181, Rn.
39). Die Prozessführungsermächtigung berechtigt den [X.] zur Durchsetzung eines fremden Rechts im eigenen Namen. Diese
Ähnlichkeit zwischen [X.] und Prozessführungsermächti-gung rechtfertigt es, die Regelung über die Widerruflichkeit einer Verfügungs-ermächtigung (§
183 [X.]) auch auf die Prozessführungsermächtigung [X.]
(im Ausgangspunkt ebenso
[X.], 240, 242
sowie [X.]/[X.], [X.] [2014], §
183 Rn. 12; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
183 Rn. 13; [X.]/[X.], [X.], 74. Aufl., § 183 Rn. 1).
(b) Hieraus folgt aber nicht,
dass eine Prozessführungsermächtigung nur bis zur Erhebung der Klage widerrufen werden kann. Die Einwilligung ist [X.] wie die Vollmacht

168 Satz
2 [X.])
frei widerruflich, soweit sich nicht aus dem Gesetz oder aus dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ein anderes ergibt (vgl. [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
183 Rn. 9 mwN). Die Widerruflichkeit einer Ermächtigung endet erst mit der Vornahme des [X.] (§
183 Satz 1 [X.]). Insoweit kommt es auf dessen vollständige Ver-wirklichung
an; bei mehraktigen Verfügungsgeschäften ist der Widerruf bis zu dem Zeitpunkt möglich, in dem das letzte Teilstück des Rechtsgeschäfts vorge-nommen wird (vgl. [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
183 Rn. 12; [X.]/[X.], [X.] [2014], §
183 Rn.
10; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
183 Rn. 3).
Bei einer Prozessführungsermächtigung ist Hauptgeschäft die gerichtli-che Durchsetzung eines
Rechts. Demgemäß umfasst eine Prozessführungser-mächtigung nicht nur die Einleitung eines Rechtsstreits, sondern dessen Füh-rung insgesamt. Zur Durchsetzung des Rechts genügt in den wenigsten Fällen 23
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-
die Erhebung
der Klage. Um das erstrebte Ziel
-
eine verbindliche Entscheidung über den materiellen Anspruch
-
zu erreichen, sind regelmäßig vielfältige weite-re Maßnahmen und Erklärungen des [X.]s notwendig (z.B. Antragstellung in der mündlichen Verhandlung, [X.], Rechtsmittelein-legung).
Dies hat zur Folge, dass eine Prozessführungsermächtigung mit mate-riell-rechtlicher Wirkung
auch während des Rechtsstreits widerrufen werden kann, solange zur Durchsetzung des Rechts noch Prozesshandlungen des [X.] geboten sind. Etwas anderes gilt nur, wenn
sich aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis Abweichendes, z.B. die Unwiderruflichkeit der Ermächtigung, ergibt.
(2) Ein hiernach im Verhältnis zwischen dem Rechtsinhaber und dem Ermächtigten materiell-rechtlich wirksamer Widerruf der Prozessführungser-mächtigung führt allerdings nicht in jedem Fall zur Unzulässigkeit der Klage.
(a) Erfolgt der Widerruf
nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten, bleibt er verfahrensrechtlich allerdings ohne Auswirkungen auf die Prozessführungsbefugnis des [X.], sofern
nicht der Beklagte einer
Ab-weisung der Klage als unzulässig zustimmt. Das folgt aus den Grundsätzen über den Widerruf von Prozesshandlungen.
(aa) Prozesshandlungen
sind wegen ihrer prozessgestaltenden Wirkung grundsätzlich unwiderruflich, wenn sie als so genannte Bewirkungshandlungen die Prozesslage unmittelbar beeinflussen, wie dies etwa bei der Rücknahme der Klage oder der Rücknahme eines Rechtsmittels der Fall ist (vgl. [X.], [X.] vom 8. Juli 2013 -
[X.]I ZB 35/12, juris Rn. 1; [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., Vor §
128 Rn.
18 mwN).
Der Ermächtigung eines Dritten zur [X.] kommt eine derartige prozessgestaltende Funktion allerdings nicht zu, vielmehr dient sie -
wie beispielsweise auch die Erteilung einer Prozessvoll-25
26
27
-
12
-
macht -
der Vorbereitung des unmittelbar prozessbezogenen Geschehens (vgl. [X.], ZPO,
22. Aufl., Vor § 128 Rn. 211).

([X.]) Prozesshandlungen, deren bezweckter Erfolg erst auf Grund eines Tätigwerdens des Gerichts eintritt (so genannte Erwirkungshandlung, vgl. [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., Vor §
128 Rn.
14 mwN), und zu denen auch die Pro-zessführungsermächtigung gezählt werden kann, sind dagegen widerruflich, solange durch sie keine geschützte Position der Gegenseite entstanden ist (vgl. [X.], ZPO, 23. Aufl., vor § 128 Rn. 278 u. 281; [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., Vor §
128 Rn.
23; Musielak/Musielak, ZPO, 12.
Aufl., Einleitung, Rn.
63).
Eine geschützte Rechtsposition erlangt die beklagte [X.], wenn sie be-reits zur Hauptsache mündlich verhandelt hat. Von diesem Zeitpunkt an kann die Klage nur noch mit ihrer Zustimmung zurückgenommen werden (§
269 Abs.
1 ZPO). Der Kläger hat es also nicht mehr allein in der Hand, eine Ent-scheidung des Gerichts durch eine Klagerücknahme zu vermeiden. Diese Rechtsposition des Beklagten muss auch zum Tragen kommen, wenn dem Kläger die Prozessführungsbefugnis mittels Widerrufs seiner Prozessführungs-ermächtigung durch den Rechtsinhaber
entzogen wird. Denn der Widerruf [X.] für die beklagte [X.] wie eine Klagerücknahme, wenn er ohne weiteres zur Unzulässigkeit der Klage
führte.
Durch einen willentlichen, der Sphäre des [X.] zuzurechnenden Akt wäre einer Entscheidung des Gerichts in der Sache der Boden entzogen, eine erneute Klage aber jederzeit möglich. Dies muss ein Beklagter, der bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hat, nach dem Rechtsgedanken des §
269 Abs. 1 ZPO nicht hinnehmen. Stimmt er einer Ab-weisung der Klage als unzulässig nicht zu, ist die Ermächtigung des [X.], auch wenn sie materiell-rechtlich wirksam widerrufen wurde, mit Rücksicht auf den Vorrang des Prozessrechts in diesem Bereich (vgl. §
51 ZPO) als fortbe-28
29
-
13
-
stehend anzusehen und der Rechtsstreit -
vorbehaltlich eines Eintritts des Rechtsinhabers in den
Prozess nach den Regeln über den [X.]wechsel (vgl. zu dieser Möglichkeit [X.], Urteil vom 7. Juli 1993 -
[X.], [X.]Z 123, 132) -
mit dem [X.] fortzusetzen. Soweit sich aus dem [X.] vom 12.
Juli 1985 (V
ZR 56/84, [X.] 1986, 158) etwas anderes ergibt, wird daran nicht festgehalten.
(b) Ist der Widerruf vor der Einlassung des Beklagten zur Hauptsache er-folgt,
sind schutzwürdige Belange der Gegenseite des [X.]s nicht berührt. Es besteht daher kein Grund, dem
materiell-rechtlich wirksamen Widerruf der Ermächtigung eine prozessrechtliche Wirkung zu
versagen. Dieser
entzieht vielmehr dem Kläger die Prozessführungsbefugnis mit der Folge, dass die Klage als unzulässig abzuweisen
ist. Unberührt bleibt auch in diesem Fall die Möglichkeit, dass der Rechtsinhaber anstelle des Ermächtigten nach den Regeln über den [X.]wechsel (§
263 ZPO) in den Prozess eintritt
(vgl. [X.], Urteil vom 7.
Juli 1993 -
[X.], aaO).
Eine entsprechende Anwendung der §§ 239 ff. ZPO kommt dagegen wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Rechtsstellung des gewillkürten [X.]s mit der des materiellen Rechtsinhabers nicht in Betracht (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Juli 1993 -
IV
ZR 190/92, aaO S. 135; a.A. [X.], [X.] 122 (2009), 465, 485
f.).

Die in der Literatur (vgl.
[X.], ZPO, 23. Aufl., Vor §
50 Rn.
62; [X.]/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 45) für die Annahme einer trotz Widerrufs der Ermächtigung fortbestehenden Prozessführungsbe-fugnis herangezogenen prozessualen
Vorschriften stehen diesem Ergebnis nicht entgegen.
Aus § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO lässt sich der Fortbestand der Prozessführungsbefugnis trotz Widerrufs
der Ermächtigung weder unmittelbar noch aufgrund einer entsprechenden Anwendung herleiten. Nach dieser Be-stimmung hat die Veräußerung der im Streit befangenen Sache oder die Abtre-30
31
-
14
-
tung des geltend gemachten Anspruchs auf den Prozess keinen Einfluss. Dies bedeutet, dass bei einer Rechtsnachfolge auf [X.]eite grundsätzlich der bis-herige Kläger den Prozess für den Rechtsnachfolger in gesetzlicher Prozess-standschaft fortführt (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., § 265, Rn. 1, 6 mwN). Hiermit ist der nachträgliche Wegfall der Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft nicht vergleichbar, weil das materielle Recht, um das es im Prozess geht, bei einer Prozessstandschaft nicht übertragen wird. Es steht vielmehr schon während der Dauer der Prozessstandschaft ebenso wie nach deren Ende unverändert dem Rechtsinhaber
zu (vgl. [X.], Urteil
vom 7.
Juli 1993 -
IV
ZR 190/92, [X.]Z 123, 132, 135
f.).
Der in §
261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO im Zusammenhang mit der Zuständigkeit des [X.] statuierte Grundsatz der perpetuatio fori regelt einen speziellen Fall, der dem nach Klageerhebung erklärten Widerruf
einer Prozessführungsermächtigung ebenfalls nicht gleich-gestellt werden kann.

cc)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Widerruf der Prozessfüh-rungsermächtigung durch
den [X.] vom 23. August 2013 war nach § 183 Satz 1 [X.] noch möglich, weil zu diesem Zeitpunkt die (erneute) Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausstand. Anhaltspunkte dafür, dass die Ermächtigung unwiderruflich sein sollte, ergeben sich aus den Feststellun-gen des Berufungsgerichts nicht und werden auch von der Revision nicht auf-gezeigt. Da die Beklagte im Zeitpunkt des Widerrufs der Prozessführungser-mächtigung durch den [X.] bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hatte, durfte die Klage zwar nur mit ihrer
Zustimmung als unzulässig abgewiesen werden. Diese liegt aber vor, denn die Beklagte hat ausdrücklich beantragt, die Klage als unzulässig abzuweisen.
32
-
15
-
III.
Der Senat kann die Revision des [X.] zurückweisen, ohne die Sache dem [X.] für Zivilsachen gem. § 132 Abs. 2 [X.] vorzulegen. Soweit der [X.] in dem Urteil vom 7. Juli 1993 ([X.], [X.]Z 123, 132, 135) unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 12.
Juli 1985
V
ZR 56/84, [X.] 1986, 158) eine Ermächtigung als jederzeit widerruflich angesehen
hat, beruht die Entscheidung hierauf nicht. Ein Widerruf der Ermächtigung war in dem dortigen Fall tatsächlich nicht erfolgt, hätte nach der hypothetischen Überlegung
des [X.]s lediglich jederzeit erfolgen können. Auch in dem Urteil des [X.]I. Zivilsenats vom 22. Dezember 1989
([X.]I ZR 129/88, NJW 1989, 1932
f.) fehlte es an einem Widerruf der [X.]. Soweit der [X.]. Zivilsenat in seinem Urteil vom 19.
September 1995
([X.]
ZR 166/94, NJW
1995, 3186, 3187) die Auffassung vertreten hat, der
Wider-ruf einer rechtswirksam erteilten Ermächtigung wirke sich auf ihren Fortbestand nicht aus, beruht die Entscheidung hierauf nicht, weil in dem zugrunde liegen-den Fall dem Widerruf eine erneute Ermächtigung nachgefolgt war.
Schließlich weicht der Senat auch nicht von dem Beschluss
des [X.]II. Zivilsenats vom 11.
März 2014 ([X.]II ZR 31/14, NJW 2014, 1970
Rn. 8) ab.
In der dortigen Ent-scheidung wird der Widerruf einer Prozessführungsermächtigung unter Hinweis auf die oben zitierten Entscheidungen des Senats und des [X.]s als grundsätzlich zulässig angesehen. In dem Beschluss des [X.]II. Zivilsenats stand aber ein Widerruf bereits vor Erhebung der Klage in Rede, der auch nach [X.] des Senats unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten zu dem Widerruf zur Unzulässigkeit der Klage führt.

33
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16
-
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus
§
97 Abs.
1, §
101 Abs. 1
ZPO.

Stresemann

Schmidt-Räntsch

Brückner

Kazele

Göbel

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.07.2011 -
32 O 34/11 -

OLG Bamberg, Entscheidung vom 29.04.2014 -
5 [X.] -

34

Meta

V ZR 128/14

27.02.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2015, Az. V ZR 128/14 (REWIS RS 2015, 14735)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14735

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V ZR 128/14

V ZR 254/11

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