Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2014, Az. 4 StR 512/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 767

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 512/14

vom
3. Dezember
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 3.
Dezember
2014
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 11.
August 2014
a)
im Schuldspruch dahin berichtigt, dass im Fall
II.
1 der Urteilsgründe die Kennzeichnung als minder schwerer Fall entfällt,
b)
im gesamten Straf-
und [X.] mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verur-1
-
3
-
teilt. Es hat ferner die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsan-stalt angeordnet und bestimmt, dass acht Monate der Freiheitsstrafe vorweg zu vollziehen sind.
Die Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersicht-lichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig.
1.
Allerdings bestehen
bei einem lediglich am Wortlaut orientierten [X.] des Inhalts der [X.] Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtsmittels.
Wie der [X.] in seiner Antragsschrift vom 29.
Oktober 2014 zutreffend ausgeführt hat, genügt die vom Beschwerdeführer ausgeführte Verfahrensrüge den Anforderungen des §
344 Abs.
2 Satz
2 StPO nicht und ist daher unzulässig. Der im zweiten Teil der Revisionsbegründung ohne nähere Begründung ebenfalls kein zulässiges,
auf eine Verfahrensrüge gerichtetes Revisionsvor-bringen zu entnehmen.
2.
Als Prozesserklärung ist die Revisionsbegründung indes auslegungs-fähig. Die Ausführungen zur Rechtfertigung der Revision sind in ihrer Gesamt-heit zu würdigen, wobei das Revisionsgericht nicht am Wortlaut haften darf, 2
3
4
5
6
-
4
-
sondern den Sinn des Vorbringens zu erforschen hat, wie er der Begründungs-schrift verständigerweise entnommen werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 24.
März 1964

3
StR
60/63, [X.]St 19, 273, 275; LR-StPO/[X.], 26.
Aufl., §
344 Rn.
70). Ergibt sich aus dem Inhalt der Begründungsschrift deutlich, [X.] Rüge inhaltlich gemeint ist, ist eine Falschbezeichnung des Revisionsvor-bringens als Sach-
oder Verfahrensrüge unschädlich ([X.] aaO; [X.] aaO, Rn.
72; ebenso [X.]/Gericke, 7.
Aufl., §
344 Rn.
20).
Danach entnimmt der Senat dem Gesamtzusammenhang des Be-schwerdevorbringens im vorliegenden Fall den Willen, dem Revisionsgericht das angefochtene Urteil insgesamt auch zur sachlich-rechtlichen Nachprüfung zu unterbreiten.

n-schluss an eine unmittelbar zuvor eigens ausgeführte (wenn auch unzulässige)
Verfahrensrüge ist schon für sich genommen wenig naheliegend. Hier kommt hinzu, dass beide Beanstandungen
in der [X.] [X.] unter
gleichgeordneten Gliederungspunkten aufgeführt
sind. Daher ist von einer
irrtümlichen
Falschbezeichnung der (allgemeinen) Sachrüge
als Verfah-rensrüge auszugehen.
II.
1.
Die danach gebotene umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils auf sachlich-rechtliche Rechtsfehler bleibt hinsichtlich des Schuld-spruchs ohne Erfolg. Im Fall
II.
1 der Urteilsgründe ist der Schuldspruch indes dahin
zu berichtigen
nicht geringer Menge entfällt. Diese
Kennzeichnung gehört nicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat im Sinne von §
260 Abs.
4 Satz
2 StPO (st. Rspr.; vgl. nur 7
8
-
5
-
Senatsbeschluss vom 7.
Januar 1997

4
StR 603/96, [X.], 25, 27; [X.]/[X.], §
260, Rn.
10 mwN).
2.
Der Strafausspruch
kann
nicht bestehen bleiben.
a)
Im Fall
II.
1 der Urteilsgründe begegnet die Festsetzung der Einzel-strafe durchgreifenden
rechtlichen Bedenken. Der [X.] hat dazu ausgeführt:

Die Kammer hat den Fall
1 rechtsfehlerfrei als minder schweren Fall nach §
30a Abs.
3 BtMG gewertet, der einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Sie hat sodann hin-sichtlich der Mindeststrafe die Sperrwirkung eines verdrängten [X.] berücksichtigt und einen Strafrahmen von zwei Jahren bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestimmt (UA S.
14).
Dies ist in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft:
a)
Zum einen ist nicht nachvollziehbar, wieso die Kammer die Sperrwir-kung der Mindeststrafe des §
30 BtMG angenommen hat, denn die Feststellungen belegen eine Qualifikation nach §
30 BtMG nicht. [X.] handelte der Angeklagte als Mitglied einer Bande
noch gewerbs-mäßig, auch eine Einfuhrtat ist nicht gegeben. Die Kammer hätte [X.] die Sperrwirkung der Mindeststrafe des §
29a BtMG -
ein Jahr Freiheitsstrafe
-
anwenden müssen.
b)
Weiterhin hat die Kammer nicht berücksichtigt, dass auch die Min-deststrafe des verdrängten Tatbestandes in Höhe von einem Jahr (§
29a BtMG) oder -
wie von der Kammer fehlerhaft angenommen
-
zwei Jahren (§
30 BtMG) nur dann zur Anwendung kommt, wenn nicht auch hinsichtlich des verdrängten Tatbestandes ein minder schwerer Fall gegeben ist ([X.]R BtMG §
30a Abs.
3,
Strafzumessung
1).
9
10
-
6
-
Die Kammer hätte daher prüfen müssen, ob aufgrund der berücksich-tigten Milderungsgründe nicht auch bezüglich des §
29a BtMG ein minder schwerer Fall nach §
29a Abs.
2 BtMG (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) hätte angenommen werden können. Hiermit wäre die Sperrwirkung entfallen, da die Mindeststrafe des minder schweren Falles nach §
29a Abs.
2 StGB geringer ist als die Mindeststrafe des §
30a Abs.
3 BtMG.
Es ist nicht auszuschließen, dass die Kammer hinsichtlich des Falls
1 bei zutreffender Annahme einer Mindeststrafe von nur einem Jahr
-
die Annahme eines minder schweren Falles des §
29a BtMG liegt bereits aufgrund der
Vorbelastungen eher fern
-
eine geringere Strafe

Dem schließt sich der Senat an.
b)
Um dem neuen Tatrichter eine aufeinander abgestimmte Festsetzung der Einzelstrafen zu ermöglichen, hebt der Senat auch die im Fall
II.
2 der Ur-teilsgründe festgesetzte Einzelstrafe auf. Daher ist auch die Gesamtstrafe

unter Beachtung des Verschlechterungsverbots (§
358 Abs.
2 Satz
1 StPO)

neu festzusetzen.
3.
Auch der [X.] hat keinen Bestand.
Da das [X.] bei der Zumessung der Einzelstrafen und der [X.] der Gesamtstrafe die Therapiewilligkeit des Angeklagten ausdrücklich [X.] hat, kann
ein
Zusammenhang zwischen der Strafe und der Anord-nung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
hier
ausnahmsweise nicht ausgeschlossen werden. Abgesehen davon ist die [X.] den [X.] eines Teils der Freiheitsstrafe wegen Nicht-11
12
13
14
-
7
-
beachtung des [X.] auch für sich genommen durchgreifend rechtsfehlerhaft.
Die
danach
erforderliche neue Entscheidung über eine Unterbringung gemäß §
64 StGB gibt dem dazu
berufenen
Tatrichter ferner die Gelegenheit, sich mit denjenigen
Umständen
noch eingehender auseinanderzusetzen, die der
Annahme einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht entgegenstehen können.
III.
Wegen der Beurteilung der Gefährlichkeit von Amphetamin (vgl. UA
15) verweist der Senat auf die dazu ergangene neuere Rechtsprechung (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 24.
Oktober 2012

4
StR
392/12, [X.], 81,
82,
und vom 13.
März 2013

4
StR
547/12, Rn.
15).
Sost-Scheible
Cierniak
[X.]

Bender
Quentin
15
16

Meta

4 StR 512/14

03.12.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2014, Az. 4 StR 512/14 (REWIS RS 2014, 767)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 767

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