Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2018, Az. XI ZR 548/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9184

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[X.]:[X.]:BGH:2018:150518UXIZR548.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

URTEIL
XI ZR 548/16
Verkündet am:

15.
Mai 2018

Weber

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 2.
Mai 2018
eingereicht werden konnten,
durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, [X.]
Grüneberg
und
Dr.
Matthias
sowie
die Richterinnen Dr.
Menges
und
Dr.
Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
Oktober 2016
im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung der
Kläger gegen das Urteil der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 5.
Oktober 2015 wird insgesamt zurück-gewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den [X.] dreier [X.] gerichteten Willenserklärungen der Kläger.
Die Parteien schlossen am 19.
Januar 2006

die Kläger zur Finanzie-rung einer Immobilie

einen Darlehensvertrag zur
Nummer

001 über 165.000

und
einen
Nominalzinssatz von 3,92% p.a. und zwei weitere Darle-1
2
-
3
-
hensverträge zu den Nummern

002 und

003 über insgesamt 210.000

Nominalzinssatz von 3,43% p.a.
Bei Abschluss der [X.] belehrte die Beklagte die Kläger von der Revision nicht angegrif-fen fehlerhaft über das ihnen zukommende Widerrufsrecht.
Die Kläger erbrachten
Zins-
und Tilgungsleistungen. Mit Spaltungs-
und Übernahmevertrag vom 24.
April 2010
übernahm die E.

(künftig: [X.]) die vertraglichen Rechte und Pflichten aus bestimmten von der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen, zu denen auch die Darlehens-verträge mit den Klägern gehörten. Im Mai 2010 teilten mit gesonderten Schrei-ben sowohl die Beklagte als auch die [X.] den Klägern sinngemäß mit, die ver-traglichen Rechte und Pflichten der Beklagten aus den Darlehensverträgen mit den Klägern seien von der [X.] übernommen worden. Die Beklagte führte [X.] aus, für die Kläger ändere sich "[n]icht viel": Ihr Vertrag werde
"zu
gleichen Bedingungen mit der gleichen Darlehensnummer fortgeführt" und die [X.] erfolge weiterhin durch die Beklagte.
Mit einem an die [X.] gerichteten Schreiben ihrer vorinstanzlichen Pro-zessbevollmächtigten vom 17.
Juni 2014 forderten die Kläger unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Widerrufsbelehrung und unter ausdrücklichem Vorbehalt des Widerrufs ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerich-teten Willenserklärungen die
[X.] zu einer "einvernehmliche[n]
Lösung"
auf. Die [X.] leitete das Schreiben zur Beantwortung an die Beklagte
weiter, die eine von den Klägern vorgeschlagene vergleichsweise Lösung mit Schreiben vom 23.
September 2014
und vom 20.
Oktober 2014
ablehnte.
Die Kläger haben Klage auf Feststellung der Umwandlung der [X.] in [X.] sowie auf Zahlung von 72.691,84

und Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten erhoben und zugleich ihre
auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenser-3
4
5
-
4
-
klärungen widerrufen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Beru-fung der Kläger hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und dem Feststel-lungsbegehren entsprochen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Re-vision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Feststellungsklage sei zulässig. Zwar genieße eine Leistungsklage grundsätzlich Vorrang. Bei einer Bank sei indessen davon auszugehen, dass sie auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil leisten werde. Daran ändere auch die
gegenteilige Erklärung der Beklagten nichts.
Die Beklagte sei für Ansprüche aus einem [X.] passivlegitimiert. Eine Anwendung der umwandlungsrechtlichen Nachhaftung scheitere für sich nicht daran, dass der Widerruf erst nach dem Wirksamwerden des Spaltungs-
und Übernahmevertrags erklärt worden sei. Ob eine umwand-lungsrechtliche Nachhaftung zulasten der Beklagten eingreife, könne aber letzt-lich dahinstehen. Jedenfalls
müsse sich die Beklagte aus Gründen des [X.] so behandeln lassen, als sei sie weiter Vertragspartnerin
der Kläger. 6
7
8
9
-
5
-
Aus dem vorprozessualen Verhalten der Beklagten ergebe sich aus Sicht eines objektiven Dritten, dass sie selbst aus dem Spaltungs-
und Übernahmevertrag keine rechtlichen Konsequenzen habe
ziehen wollen. Vielmehr habe sie weiter mit den Klägern verhandelt. So habe die Beklagte auf das Schreiben
vom 17.
Juni 2014 mit den Klägern in Schreiben vom 23.
September 2014 und 20.
Oktober 2014 korrespondiert, ohne auf ihre Unzuständigkeit für die weitere Abwicklung der Darlehensverträge hinzuweisen. Zumindest das Schreiben vom 20.
Oktober 2014 habe
weder im Briefkopf noch in der Unterschriftszeile oder der Fußzeile einen Hinweis darauf enthalten, dass die Beklagte gleichsam im
Auftrag eines Dritten tätig werde. Aus den Schreiben der [X.] und der Beklag-ten von Mai 2010 ergebe sich nichts anderes. Zwar hätten sowohl die [X.] als auch die Beklagte die Kläger in diesen Schreiben darüber informiert, "dass das Darlehen der Kläger auf die [X.] übertragen worden sei". Zugleich hätten sie aber auch darauf hingewiesen, dass die "Betreuung" weiterhin durch die Be-klagte
erfolge. Dementsprechend habe sich die Beklagte auch in der Korres-pondenz mit den Klägern
verhalten. Die Kläger hätten vor diesem Hintergrund ohne weiteres darauf vertrauen dürfen, mit der "für die weitere Betreu-ung/Bearbeitung

auch hinsichtlich des von ihnen (erst) mit der Klage ausgeüb-ten Widerrufsrechts

weiterhin zuständigen Vertragspartnerin zu verhandeln".

II.
Diese
Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Feststel-lungsklage
ausgegangen. Für den Antrag festzustellen, die Darlehensverträge hätten sich aufgrund des Widerrufs in ein [X.] umge-wandelt, fehlt, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt 10
11
-
6
-
hat (Senatsurteile vom 24.
Januar 2017

XI
ZR
183/15, WM
2017, 766 Rn.
11
ff., vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, WM
2017, 906 Rn.
13
ff., vom 14.
März 2017

XI
ZR
442/16, WM
2017, 849 Rn.
19, vom 16.
Mai 2017

XI
ZR
586/15, WM
2017, 1258 Rn.
16, vom 4.
Juli 2017

XI
ZR
741/16, WM
2017, 1602 Rn.
16
f.
und vom 23.
Januar 2018

XI
ZR
359/16, WM
2018, 664 Rn.
12), das Feststellungsinteresse.
Die Feststellungsklage ist auch nicht nach den Maßgaben des Senatsur-teils vom 24.
Januar 2017 (XI
ZR
183/15, WM
2017, 766
Rn.
16) ausnahms-weise zulässig. Im konkreten Fall hat das Berufungsgericht ausdrücklich [X.], die Beklagte habe angekündigt, auf ein Feststellungsurteil nicht freiwillig leisten zu wollen. Damit steht fest, dass der Rechtsstreit die Meinungsverschie-denheiten der Parteien nicht endgültig bereinigen wird (vgl. Senatsurteile vom
10.
Oktober 2017

XI
ZR
456/16, WM
2017, 2254 Rn.
13 und

XI
ZR
457/16, WM
2017, 2256 Rn.
21).
2. Außerdem weisen die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Falle der wirksamen Ausübung des Widerrufsrechts die Beklagte für die Schuldnerin der aus dem Rückabwicklungsverhältnis resultierenden Ansprüche gehalten hat, revisionsrechtlich erhebliche Rechtsfehler auf.
a) Allerdings kann eine Haftung nach §
242 BGB unter bestimmten Um-ständen in Betracht kommen, wenn sich der in Anspruch Genommene zunächst auf den geltend gemachten Anspruch einlässt und sich erst später zum Nachteil des Anspruchstellers auf das Fehlen seiner Passivlegitimation beruft. Es [X.] sich hierbei um Fälle der Rechtsscheinhaftung als Unterfall widersprüchli-chen Verhaltens, in denen der in Anspruch Genommene zurechenbar den Rechtsschein gesetzt hat, Schuldner der behaupteten Forderung zu sein, und der vermeintliche Gläubiger gutgläubig darauf vertraut (Senatsurteil vom 10.
Oktober 2017

XI
ZR
443/16, WM
2017, 2248 Rn.
21).
12
13
14
-
7
-
b) Die Voraussetzungen einer Rechtsscheinhaftung hat das Berufungs-gericht, was die Revision zu Recht rügt,
aber rechtsfehlerhaft
hergeleitet.
Zwar kann die Würdigung der konkreten Umstände anhand des §
242 BGB durch das Berufungsgericht vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erhebli-chen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfah-rungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. Senatsurteile vom
12.
Juli 2016

XI
ZR
501/15, BGHZ
211, 105 Rn.
18 und

XI
ZR
564/15, BGHZ
211, 123 Rn.
43 mwN).
Das
Berufungsgericht hat indessen wesentlichen Prozessstoff außer Acht gelassen, indem es das
Schreiben des vorinstanzlichen
Prozessbevoll-mächtigten
der Kläger vom 17.
Juni 2014 nicht in seine Würdigung einbezogen hat. In diesem Schreiben hat sich der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Kläger wegen der Widerruflichkeit und Rückabwicklung der Darlehensver-träge
nicht an die Beklagte, sondern an die [X.] gewandt. Er hat

ersichtlich nicht in der Vorstellung befangen, Vertragspartnerin
sei weiterhin die Beklagte

gegenüber der [X.], nicht gegenüber der Beklagten
ausdrücklich darauf [X.], Gegenstand seiner Mandatierung seien "die zwischen unserer [X.] und Ihrem Haus geschlossenen Darlehensverträge Nr.

001,

002 (und

003) vom [X.]". Dieses Schreiben vom 17.
Juni 2014 hat das Berufungsgericht bloß als vorhanden erwähnt, ohne in-haltlich darauf einzugehen und es zu den Schreiben aus dem [X.] in [X.] zu setzen.
15
16
17
-
8
-
III.
Das Berufungsurteil
stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Eine Mithaftung der Beklagten gemäß §
133 Abs.
3 [X.], die auch für [X.] aufgrund eines nach Wirksamwerden der Spaltung erklärten [X.] gölte (Senatsurteil vom 10.
Oktober 2017

XI
ZR
443/16, WM
2017, 2248 Rn.
16), kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat im Rechtsstreit einge-wandt, sie hafte nicht neben der [X.] für aus dem [X.] folgende Ansprüche der
Kläger, weil ihre Mithaftung nach §
8a Abs.
8 Nr.
5 FMStFG in der Fassung vom 17.
Juli 2009 ausgeschlossen sei. Dem sind die Kläger nicht
entgegen getreten.

IV.
Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO), weist der
Senat die Berufung der Kläger

soweit noch nicht geschehen
zurück. Da [X.] weiteren Feststellungen zu erwarten sind, die eine Rechtsscheinhaftung er-geben
könnten, kann der Senat selbst auf die mangelnde Passivlegitimation der Beklagten erkennen und das landgerichtliche Urteil wiederherstellen.
18
19
-
9
-
Für den
Feststellungsantrag bleibt es damit bei der Abweisung als unbe-gründet durch das [X.] (st. Rspr., zuletzt etwa Senatsurteile vom 4.
Juli 2017

XI
ZR
741/16, WM
2017, 1602 Rn.
31 und vom 10.
Oktober 2017

XI
ZR
457/16, WM
2017, 2256 Rn.
29).

Ellenberger
Grüneberg
Matthias

Menges
Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.10.2015 -
5 O 44/15 -

OLG
Koblenz, Entscheidung vom 07.10.2016 -
8 U 1132/15 -

20

Meta

XI ZR 548/16

15.05.2018

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2018, Az. XI ZR 548/16 (REWIS RS 2018, 9184)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9184

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XI ZR 548/16

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