Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2003, Az. III ZR 161/02

III. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4764

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:23. Januar 2003F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:jaBGHZ:[X.]:ja [X.] § 6 Abs. 2Zur analogen Abrechenbarkeit zahnärztlicher konservierender Leistungen(hier: Füllungen nach der [X.], Urteil vom 23. Januar 2003 - [X.]/02 -LG [X.] a.[X.] [X.] v.d.H.- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 23. Januar 2003 durch [X.] [X.] und die [X.]. [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts[X.] am [X.] - 16. Zivilkammer - vom 13. März 2002 unterZurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin inHöhe eines Betrages von 1.399,49 2.737,17 DM) nebst Zin-sen zurückgewiesen worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.] Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht einer Zahn-ärztin, die ihn vom 12. November 1996 bis zum 4. Februar 1997 als Privatpa-tienten behandelt hat, auf Zahlung restlichen Honorars in Anspruch. In der Re-visionsinstanz geht es nur noch um 14 Positionen aus der Rechnung Nr. 1621,- 3 -die Füllungen an verschiedenen Front- und Seitenzähnen betreffen. [X.] der Rechnung hat die Zahnärztin bei diesen Leistungen, die für einige [X.] als "Rekonstruktion" bezeichnet werden, die "Ätz-Adhäsiv-Bonding-Mehrschichttechnik" angewendet.Die Klägerin ist der Auffassung, diese Leistungen seien nicht in das Ge-bührenverzeichnis aufgenommen und müßten entsprechend einer nach Art,Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des [X.] werden; dabei seien die für Einlagefüllungen maßgebenden [X.] bis 217 des Gebührenverzeichnisses analog heranzuziehen. [X.] hat der Beklagte - über seinen privaten Krankenversicherer - [X.] nur nach den Nummern 205, 207 und 211 des [X.] honoriert. Die Differenz von 1.399,70 = 2.737,17 DM) nebst Zinsen ist Gegenstand der in den Vorinstanzen insoweiterfolglos gebliebenen Klage. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Re-vision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.[X.] Revision hat im wesentlichen - bis auf einen geringfügigen Rechen-fehler - Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils undzur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Aufgrund der bishe-rigen Feststellungen läßt sich die Frage der Honorierung von Leistungen, beidenen die [X.] angewendet worden ist,noch nicht abschließend [X.] 4 -1.Nach § 6 Abs. 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte ([X.]) vom [X.] ([X.] I S. 2316) können selbständige zahnärztliche Leistungen,die erst nach dem Inkrafttreten dieser Gebührenordnung am 1. Januar 1988(§ 12 [X.]) aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt werden, ent-sprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistungdes Gebührenverzeichnisses für zahnärztliche Leistungen berechnet werden.Der Regelung des § 6 [X.] liegt die Absicht des Verordnungsgebers zugrunde,mit den im Gebührenverzeichnis enthaltenen und nach § 6 Abs. 1 [X.] für ab-rechnungsfähig erklärten Leistungen das Spektrum der wissenschaftlich allge-mein anerkannten zahnärztlichen Leistungen zum damaligen Zeitpunkt [X.] abzudecken. Dazu gehörten auch Leistungen, die bis dahin analog [X.], aber nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen wurden (vgl.[X.]. 276/87, [X.]). Dementsprechend ist eine analoge Anwendung [X.] des Gebührenverzeichnisses nur für solche selbständigen zahn-ärztlichen Leistungen zulässig, die nach dem Inkrafttreten der Gebührenord-nung zur Praxisreife gelangt sind (vgl. [X.], Gebührenordnung für [X.], 2. Aufl. 1991, § 6 [X.]. 5).2.a) Das Berufungsgericht entnimmt verschiedenen gutachterlichen Stel-lungnahmen, die die Parteien im Verfahren vorgelegt haben, den Befund, daßin Fachkreisen die Abrechnung von Füllungen, die mittels der Ätz-Adhäsiv-Bonding-Mehrschichttechnik angebracht werden, grundsätzlich kontrovers dis-kutiert werde. Es legt seinen rechtlichen Überlegungen - ohne sich hinsichtlichdieser unterschiedlichen Auffassungen festzulegen und unter sachverständigerHilfe in eine Beweisaufnahme einzutreten - ferner zugrunde, daß Kunststoffe,die dem [X.] im Seitenzahnbereich standhalten, erst nach 1988 entwik-kelt worden seien und daß mit der [X.] ebenfalls erst nach- 5 -Einführung der Gebührenordnung für Zahnärzte vom 22. Oktober 1987 [X.] zur Verfügung gestanden habe, das eine großflächige und damitsichere Verankerung dieser neuen Kunststoffe im Seitenzahnbereich ermögli-che.Die Revision erhebt gegen diesen ihr günstigen Ausgangspunkt, derunter der Voraussetzung, daß diese Art der Füllungstechnik eine neue selb-ständige zahnärztliche Leistung ist, eine Analogberechnung rechtfertigen wür-de, im Grundsatz keine Einwände. Ihre Rüge in diesem Zusammenhang, dasBerufungsgericht habe die Stellungnahme der Hochschullehrer für Zahnerhal-tung und der [X.] von [X.] in [X.] im Hinblick aufihre Aufnahme und Bewertung in [X.] nicht beachtet, ist unbe-gründet. Der angeführten Stellungnahme ist zu entnehmen, daß vor der [X.] der Gebührenordnung für Zahnärzte der Entwicklungs-, Wissens- [X.] noch nicht hinreichend vorhanden war, um [X.] undKomposite im Seitenzahnbereich im Praxisalltag anwenden zu können. [X.] für die Zulässigkeit einer Analogbewertung, die auch das Berufungsge-richt zugrunde legt. Abgesehen von dem Hinweis, der Zeit-, Material- und Ge-räteaufwand zur Herstellung von Kompositfüllungen im Seitenzahnbereich seibeträchtlich größer als bei Amalgamfüllungen, ist der Stellungnahme [X.] nähere Aussage zur Bewertung in [X.] zu entnehmen.b) Im Rahmen der Analogbewertung hält das Berufungsgericht die Her-anziehung der Gebührennummern 215 bis 217 für (im Labor gefertigte) Ein-lagefüllungen, die zwei Behandlungssitzungen beim Zahnarzt erfordern, [X.] gerechtfertigt, sondern meint, das Dentin-Adhäsiv-Verfahren sei mit der- 6 -Schmelz-Ätz-Technik vergleichbar. Die Einbringung von [X.] dieser Technik im nicht kaubelasteten Bereich unterliege den [X.] 205 bis 211, so daß die Anwendung dieser Gebührentatbeständeauch auf das [X.]. Dem höheren Zeit- [X.] bei der [X.] könne im Einzelfall durchAusschöpfung des Gebührenrahmens bis zum 3,5-fachen Rechnung getragenwerden. Das Berufungsgericht stützt sich hierbei auf ein durch den Beklagtenvorgelegtes, in einem anderen gerichtlichen Verfahren erstattetes Gutachtendes Sachverständigen Dr. D., das nach seiner Auffassung zu der von der Klä-gerin eingereichten Stellungnahme der [X.] nicht in Widerspruch steht.Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Wider-sprüche zu dem Gutachten der [X.] ergeben sichbereits aus dem Umstand, daß dieses - vorwiegend im Hinblick auf den erhöh-ten Zeit- und Materialaufwand gegenüber einer Amalgamfüllung [X.] für den [X.] eine Analogberechnung nach den für Einlagefüllungen [X.] 215 bis 217 befürwortet. Da es bei der [X.] Beurteilung der beiden sachverständigen Stellungnahmen, soweitsie sich auf die Vergleichbarkeit von Art, Kosten- und Zeitaufwand der hier an-gewandten Arbeitsschritte mit anderen, analog heranzuziehenden zahnärztli-chen Leistungen beziehen, im wesentlichen um zahnmedizinische Fachfragengeht, konnte sich das Berufungsgericht nicht aus eigener Sachkunde ohneweiteres dem von ihm für richtig gehaltenen Gutachten anschließen, [X.] gehalten, mit sachverständiger Hilfe auf eine (weitere) Aufklärung hinzu-wirken (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 2002 - [X.]/01 - NJW 2002,3769, 3770). Zudem stand ein entsprechender Beweisantritt der Klägerin im- 7 [X.], wonach die analoge Abrechnung der für Einlagefüllungen geltendenGebührennummern für die Leistungen an allen hier betroffenen Zähnen - auchan den vom Berufungsgericht nicht eigens gewürdigten Frontzähnen, zu denensich nicht alle vorgelegten Stellungnahmen verhalten - wegen der angewen-deten [X.] gerechtfertigt sei.3.Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf folgendes hin:a) Für die Frage, ob die hier in Rechnung gestellten Leistungen analogabgerechnet werden dürfen, kommt es entscheidend darauf an, ob selbständi-ge zahnärztliche Leistungen vorliegen, die erst nach dem 1. Januar 1988 [X.] entwickelt worden sind. Leistungen, die Bestandteil oder eine be-sondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem [X.], dürfen nicht im Wege der Analogie berechnet werden (vgl. [X.], § 6[X.] [X.]. 4). Sollte die [X.] vor dem 1. Januar 1988 nochnicht eingeführt gewesen sein und auch die Art der hier verwendeten Kunst-stoffe im praktischen Einsatz noch nicht zur Verfügung gestanden haben,spricht einiges dafür, daß der Verordnungsgeber bei der Beschreibung undpunktmäßigen Bewertung der Leistungen in den Gebührennummern 205, 207,209 und 211 die hier erbrachten Leistungen nicht vor Augen hatte. [X.] auch indiziell sprechen, daß in der vertragszahnärztlichen [X.] wenn auch unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen der Abrechenbar-keit - unter der Nummer 13 Buchst. e bis g des [X.] seit 1996 Kompositfüllungen im Seitenzahnbereich, die entsprechendder Adhäsivtechnik erbracht werden, eine gesonderte, gegenüber sonstigenFüllungen höhere Bewertung erfahren haben.- 8 -b) Sollte das weitere Verfahren ergeben, daß eine analoge Abrechnungnach § 6 Abs. 2 [X.] gerechtfertigt ist, ist zu prüfen, ob die von der [X.] Leistung nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertig ist.Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung besonders auf die Vergleich-barkeit der Art der ausgeführten Leistung abgestellt, bei der das Ziel der [X.] oder der Ablauf der Behandlung im Vordergrund stehen. Grundsätzlichgleichrangig sind jedoch auch Kosten- und Zeitaufwand zu berücksichtigen, daes bei der Analogberechnung darum geht, den Zahnarzt für eine nicht in [X.] aufgenommene Leistung leistungsgerecht zu honorieren.Handelt es sich um eine analog berechenbare neue selbständige Leistung, istdie Honorierung über eine Nummer des Gebührenverzeichnisses nach [X.] des § 6 Abs. 2 [X.] vorzunehmen, die dann Grundlage für eine An-wendung des § 5 Abs. 2 [X.] ist.[X.][X.][X.][X.]Galke

Meta

III ZR 161/02

23.01.2003

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2003, Az. III ZR 161/02 (REWIS RS 2003, 4764)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4764

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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